„Angst“ und „GPU-Kartell“: Nvidia soll Dominanz im AI-Geschäft missbrauchen

Andreas Frischholz
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„Angst“ und „GPU-Kartell“: Nvidia soll Dominanz im AI-Geschäft missbrauchen
Bild: Nvidia

Nvidia soll die marktbeherrschende Stellung im Geschäft mit dem AI-Chips ausnutzen, um den Konkurrenten zu schaden. Entsprechende Vorwürfe stammen vom AI-Chip-Startup Groq und vom ehemaligen AMD-Vorstand Scott Herkelman, sind aber noch äußerst vage.

Groq-CEO Jonathan Ross äußerte sich im Wall Street Journal, allerdings waren seine Aussagen nur ein Abschnitt in einem Bericht über die Herausforderungen, mit denen Nvidia angesichts des aktuellen Erfolgs konfrontiert ist.

Groq – nicht zu verwechseln mit Elon Musks AI-Chatbot Grok – arbeitet an einer Chip-Infrastruktur, die Large Language Models (LLM) und generative AI-Anwendungen deutlich schneller als herkömmliche Hardware beschleunigen soll. Eine Demo mit Mistrals Mixtral-8x7B-Modell sorgte in den letzten Wochen für Aufsehen in der Branche. Details zur Architektur liefert Stratechery.

Kunden sollen Angst haben

Groq zielt also klar auf einen Markt, den Nvidia mit dem H100-GPUs sowie dem Software-Ökosystem dominiert. Der Marktanteil soll bei rund 80 Prozent liegen, Umsatz und Gewinn explodieren, die Nachfrage bleibt enorm. Allein Meta will in diesem Jahr laut Medienberichten den Bestand um rund 200.000 H100-GPUs aufstocken.

Nvidias Lösungen gelten also als Goldstandard, die Konkurrenz hat es schwer. Laut Ross hätten Nvidias Kunden demnach Angst, abgestraft zu werden, wenn sie mit konkurrierenden AI-Chipherstellern ins Geschäft kommen. Sie müssten ein Jahr im Voraus bezahlen, um dann oder irgendwann später die Hardware zu erhalten. Und wenn Nvidia mitbekomme, dass Gespräche mit alternativen Anbietern stattfinden, würde sich die Lieferzeit verzögern.

The problem is you have to pay Nvidia a year in advance, and you may get your hardware in a year or it may take longer, and it’s, ‘Aw shucks, you’re buying from someone else and I guess it’s going to take a little longer.’

John Ross im Wall Street Journal

Der Zugang zu Nvidias Chips wäre zu wertvoll, die Angst der Kunden wäre spürbar. Sie würden Treffen im Nachklang sogar verleugnen, sollten diese publik werden.

Dieser Abschnitt verbreite sich in den sozialen Medien, insbesondere weil dieser vom ehemaligen AMD-Vorstand Scott Herkelman geteilt wurde. Er leitete bis Ende 2023 die Radeon-Sparte, befand sich also im unmittelbaren Konkurrenzkampf mit Nvidia. Herkelman erklärte nun auf X, solche Vorfälle gebe es auch in weiteren Bereichen. Nvidia sei das „GPU-Kartell“ und „kontrolliere das Angebot“.

Wettbewerbshüter werfen bereits Blick auf das AI-Geschäft

Noch sind die Vorwürfe vage und stammen von der direkten Konkurrenz – wie sich der Fall entwickelt, lässt sich also noch nicht absehen. Ungewöhnlich wäre es aber nicht, wenn solche Aussagen der Start für Ermittlungen von Wettbewerbshütern in den USA und der EU sind, die dann in offiziellen Ermittlungen münden. Zumal es bereits im September 2023 schon eine Razzia in Paris gab, die in den Geschäftsräumen von Nvidia stattgefunden haben soll. Französische Wettbewerbshüter ermittelten damals schon wegen wettbewerbswidrigen Praktiken.

Wettbewerbswidrige Praktiken der dominierenden Konzerne sind in der Tech-Branche immer wieder ein Thema, das gilt auch für die Chip-Sparte. Intel kassierte etwa 2009 in der EU eine Rekordstrafe in Höhe von 1,09 Milliarden Euro, nach mehreren Berufungsverfahren wurde die Summer im Jahr 2023 aber auf 376,36 Millionen Euro reduziert. Die Zeitspanne zeigt aber bereits, wie langwierig solche Wettbewerbsverfahren sein können.

Wettbewerbshüter nehmen das boomende AI-Geschäfts ohnehin ins Visier. In der EU stehen derzeit zwar Microsoft und OpenAI im Mittelpunkt, die Untersuchungen begrenzen sich aber nicht auf einzelne Anbieter, sondern umfassen generell die Abkommen in der AI-Branche. Es wäre also nicht überraschend, wenn Nvidia ebenfalls in den Fokus rückt.