beginnende Demenz

omavoss

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Hallo,

ich habe einen Freund, er ist jetzt 77 Jahre alt und bei ihm gibt es erste Anzeichen von Demenz. Wenn ich mit ihm im Gespräch bin, sucht er öfter nach Wörtern oder Begriffen, um mir sein Anliegen zu beschreiben. Meistens fällt mir ein, was er eigentlich sagen will und nenne ihm den von ihm gesuchten Begriff. Manchmal ruft er nach seiner Frau und sie hilft ihm dann weiter, indem sie ihm den von ihm wahrscheinlich gesuchten Begriff zuruft.

Was sollte man tun? Den Freund längere Zeit nach dem von ihm gesuchten Begriff suchen lassen oder im quasi "auf die Sprünge" helfen? Denn wenn man ihn nach dem Begriff suchen lässt, kommt meist ein "aaaaach, wie hieß das doch gleich" und er wird immer ungehaltener, wenn ihm nicht gleich etwas passendes einfällt. Dann versucht er vom Thema abzulenken.

Ich weiß nicht mehr, was ich am besten tun soll; ihn einfach suchen lassen und ruhig bleiben oder doch nach einigen Sekunden weiter helfen?

Jegliche ärztliche Hilfe lehnt er ab, aber seit einigen Monaten merke ich, dass vor allem sein Kurzzeitgedächtnis erheblich nachlässt.

Was würdet ihr tun?

Danke und freundliche Grüße.
 
Ich würde weiterhin mit den Begriffen aushelfen. Ihm etwas Zeit geben, aber dann rechtzeitig "einspringen", falls Du seine Intention assoziieren kannst.

Begründung:
omavoss schrieb:
und er wird immer ungehaltener, wenn ihm nicht gleich etwas passendes einfällt.

Dieser Part ist Stress für ihn. Stress ist aber gerade hier nicht gut:
-> https://www.demenz-sh.de/demenz/behandlung-und-umgang-mit-den-betroffenen/
Menschen mit Demenz brauchen eine stressfreie Atmosphäre.
Diese schaffen wir am besten indem wir Halt, Sicherheit und Orientierung bieten. [...]
Somit entspannt die Worthilfe die Situation.

Unabhängig davon wäre hier ärztliche Begleitung, auch in psychologischer Hinsicht, schon sehr wichtig.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich suche schon seit Jahren (eigentlich schon seit Jahrzehnten) nach Begriffen in meinem Gehirn, auch Namen fallen mir schwer, und ich bin weit weg von 77. Ist das tatsächlich eine Art von Demenz, oder nur ein schlechtes Gedächtnis? Immerhin hält dieser Zustand jetzt schon mehrere Dekaden an, ohne schlechter oder besser zu werden.

Kann man Demenz tatsächlich an der Wortfindung festmachen? So ganz ehrlich jetzt?
 
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Es gibt ganz viele verschiedene Verlaufsformen. Es kann mit Wortfindungsschwierigkeiten anfangen, muss aber nicht. D.h. Umgekehrt müssen Wortfindungschwierigkeiten auch gar nicht eine beginnende Demenz anzeigen.
 
omavoss schrieb:
Den Freund längere Zeit nach dem von ihm gesuchten Begriff suchen lassen oder im quasi "auf die Sprünge" helfen?
Ich würde das noch mal verfeinern wollen. Wenn du ihm auf die Sprünge hilfst, ist dann alles wieder da? Wenn ja, hilf ihm weiter - wenn nein, deutet das eher auf Demenz hin. Aber mit 77 ist das auch eher normal.

HisN schrieb:
Kann man Demenz tatsächlich an der Wortfindung festmachen?
Jein. Kommt auch drauf an wie dein Gehirn funktioniert. Ich bin 69 - mein Hirn funktioniert primät "fotografisch". Namen konnte ich mir noch nie merken. Also, wenn ich jemanden sehe, weiß ich wer er ist. Wenn mir jemand nen Namen nennt - k.A. wer das ist.
 
gimmix schrieb:
D.h. Umgekehrt müssen Wortfindungschwierigkeiten auch gar nicht eine beginnende Demenz anzeigen.
Richtig, guter Hinweis. Hatte ja auch @HisN schon in #3 quasi vergleichbar eingewandt. Ich kenne z.B. Fälle bei älteren Menschen, die hatten Wortfindungsschwierigkeiten aus ganz anderen Gründen: Sie hatten, vor allem im Somme bei Hitze, latent zu wenig getrunken. Dies führt zu teils deutlich Konzentrationsschwierigkeiten und somit auch in der äußeren Symptomatik zu Wortfindungsstörungen.

-> https://www.gesundheitsamt.bremen.de/fluessigkeitsmangel_im_alter-7978
Einige der Symptome treten im Alter ohnehin vermehrt auf, so dass nicht immer unterschieden werden kann, ob die Symptome durch Wassermangel verstärkt oder verursacht wurden.

Mögliche Symptome und Folgen von Flüssigkeitsmangel im Alter:​

  • eingeschränkte Wahrnehmungsfähigkeit und Beeinträchtigung des Kurzzeit-Gedächtnisses, Verwirrtheitszustände

Es ist also wichtig, die Ursachen der bemerkten Symptome zu ermitteln.
 
omavoss schrieb:
Was würdet ihr tun?
Ich würde auf mein Bauchgefühl achten.
Es gibt Situationen, wo man Dementen helfen kann, ihnen bestimmte Dinge erleichtern kann. (In der Frühphase wissen sie selbst, dass es losgeht mit der Demenz. Und wollen das natürlich nicht wahrhaben.)
Ob das bei deinem Freund nun der Einwurf des gesuchten Wortes ist, oder ob es besser ist, zu warten, bis er selbst drauf kommt - das hängt von der konkreten Situation ab, aber auch von dem Verhältnis, das ihr beide zueinander habt. Da können dir die Erfahrungen anderer Menschen (in anderen Situationen) nicht wirklich viel weiter helfen.
Am meisten hängt hängt es davon ab, wie leidensfähig du selbst bist.
Wieviel Zeit du mit einem Menschen mit beginnender Demenz verbringen kannst und willst.
Und dabei zuschaust, wie es immer schlimmer wird, Monat für Monat.
 
Man kann hier nicht abschließend von einer Demenz reden. Dazu ist wie bereits richtig bemerkt, eine ärztliche Einschätzung (Neurologe) und verschiedene Tests nötig.

Es ist auch typisch, das der Freund sich gegen den Arzt wehrt, weil man will seine Defizite nicht wahrhaben und verdrängen.
Als aussenstehender kannst du fast nix machen leider.

Ich würde dem Freund einfach weiter auf die Sprünge helfen. Zu nichts drängen oder überreden
 
Am besten, du führst Protokoll, wie wenn der Nachbar lärmt. Schreibe dir konkrete Situationen auf, wann welche Dinge dich zu der Annahme führen, dass es beginnende Demenz ist. Vielleicht sieht man daran dann auch schwarz auf weiß, dass es immer öfter vorkommt. Und irgendwann mal tacheles mit ihm reden, aber nicht ihm Vorwürfe machen, sondern so dass rüberkommt, dass du dir ernsthaft Sorgen machst.

Was sagt denn seine Frau dazu? Sie hat vermutlich auch noch mehr Einfluss.

Unabhängig davon gibt es sehr viele Studien, die sich mit der Wirkung von Blaubeeren auf das Gehirn auseinandersetzen. Ich werde jedenfalls im Alter weiterhin jeden Morgen Blaubeeren ins Müsli kippen, so gut es geht.
https://www.zentrum-der-gesundheit.de/news/gesundheit/allgemein-gesundheit/blaubeeren-alzheimer
 
tnfftw schrieb:
Eingangspost gelesen?

Ja. "Studien" gelesen? Sich mal die Seite angesehen?

tnfftw schrieb:
... weil jetzt genau?

Okay, ich mache es mal.

Faule Lösung:
https://de.trustpilot.com/review/zentrum-der-gesundheit.de

Aufwändige Lösung, mit dem Verdacht "Perlen für die Säue":
-Keine wissenschaftliche Basis für die Artikel
-Keine neutrale Aufbearbeitung, weil gewinnorientiert, weil die Seite Nahrungsergänzungsmittel uvm verkauft.

Zu den Studien:

Zunächst einmal sind beide Quellenangaben mit demselben Inhalt.
Beide Quellenangaben führen nicht zu den beiden Studien. Sie sind nicht veröffentlicht und die Ergebnisse dadurch nicht nachvollziehbar und nicht verifizierbar.

Ich beziehe mich jetzt darauf als Quellenangabe:
https://www.acs.org/content/acs/en/pressroom/newsreleases/2016/march/blueberries.html

1:
One study involved 47 adults aged 68 and older, who had mild cognitive impairment, a risk condition for Alzheimer’s disease. The researchers gave them either freeze-dried blueberry powder, which is equivalent to a cup of berries, or a placebo powder once a day for 16 weeks.


“There was improvement in cognitive performance and brain function in those who had the blueberry powder compared with those who took the placebo,” Krikorian says. “The blueberry group demonstrated improved memory and improved access to words and concepts.” The team also conducted functional magnetic resonance imaging (fMRI), which showed increased brain activity in those who ingested the blueberry powder.

1) Die Personen haben keine Demenz.
2) Es sind 47 Testpersonen. Also ~23 Leute pro Gruppe. Damit ist eine statistische Relevanz nicht belegbar.
3) Es wird nicht gesagt, unter welchen Bedingungen die "kognitive Leistung" und "Hirnfunktion" getestet worden ist. Welche Tests sind verwendet worden? Und wie sind die quantitativen Ergebnisse?
4) Wo sind die fMRI-Aufnahmen? Unter welchen Bedingungen sind diese entstanden?
Bspw., wenn ich nichts gegessen habe, die eine Gruppe nichts bekommt, und die andere etwas, was Fruchtzucker enthält, kurbelt das natürlich die Hirnaktivität an.


2:
The second study included 94 people aged 62 to 80, who were divided into four groups. The participants didn’t have objectively measured cognitive issues, but they subjectively felt their memories were declining. The groups received blueberry powder, fish oil, fish oil and powder or placebo.


“The results were not as robust as with the first study,” Krikorian explained. “Cognition was somewhat better for those with powder or fish oil separately, but there was little improvement with memory.” Also, fMRI results also were not as striking for those receiving blueberry powder. He says that the effect may have been smaller in this case because these participants had less severe issues when they entered the study.

1) 94 Leute, 4 Gruppen. Wieder 23 pro Gruppe. Einfach zu wenig.
2) Keiner der Teilnehmer hatte Demenz. Eine kognitive Einschränkung war rein subjektiv. Entweder gab es keine, oder sie können beliebig stark und beliebige Ursachen haben. Bspw. Kreislaufprobleme oder Hydrationsprobleme.
3) Es wird selber gesagt, dass die Resultate nicht so "aussagekräftig wie in der ersten Studie" gewesen wären.
4) Die Gruppe, die beides genommen hatte, hatte keine "nachweisbaren" Verbesserungen. Wieso? Neutralisieren sich die Inhaltsstoffe? Welche wissenschaftliche Basis gibt es dafür?
5) Auch hier werden die Testmethodik und die Resultate nicht veröffentlicht. Nicht nachvollziehbar, nicht quantifiziert.

Wir wissen aus beiden Studien, dass sie nicht belegen können, dass die Präperate in gesunden Menschen helfen die "kognitive Leistung etc." zu steigern. Zusammenhänge mit Demenz gibt es keine. Wirkungsnachweise gibt es keine.

Zu Flavonoiden:
Flavonoide wirken antioxidant, heißt, sie fangen freie Radikale auf.
Das ist an sich etwas, was man möchte, denn freie Radikale beschädigen den Körper.
Das heißt aber nicht, dass die Zufuhr von Flavonoiden hilft den oxidativen Stress zu reduzieren.
Der Körper stellt selbstständig Antioxidantien her.
So lange kein nachweislicher Mangel vorliegt, ist eine Supplementation wirkungslos, je nach Dosierung sogar schädlich. Im harmlosesten Falle produziert man nur sehr sehr teueren Urin (bspw. Multivitaminpräparate).


Mit ein bisschen Skepsis kann man sich schon die Frage stellen, wieso dann nicht bereits Alzheimer, oder andere Demenzformen mit Radikalfängern behandelt werden?

Des Weiteren:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5971291/
Moreover, it was possible to verify that there is a lack of translational research and clinical evidence of these promising compounds.

tnfftw schrieb:
"Jegliche ärztliche Hilfe lehnt er ab".

Das ist ein großes Problem, ja.
Rechtfertigt aber nicht "alternativwissenschaftliche" Interventionen.
Er muss das ärztlich evaluieren lassen, wenn er Hilfe haben möchte. Das ist der einzig evidenzbasierte Weg, um unter Umständen tatsächlich helfen zu können. Alles andere ist fahrlässige, gefährliche Körperverletzung.
Wenn ich einen potenziell Krebskranken, der Angst vor einer Diagnose hat, sage, dass er wegen der "anticancerogenen" Wirkung von Flavonoiden Kaffe trinken soll, habe ich ihm dann etwas gutes getan, wenn er nachher an einem Krebsleiden stirbt, weil er nicht zum Arzt gegangen ist?
 
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Das nenne ich mal eine ordentliche Antwort, die mir auch weitergeholfen und die Augen geöffnet hat. Danke! Wesentlich besser als das davor hingeworfene.

TriggerThumb87 schrieb:
Wenn ich einen potenziell Krebskranken, der Angst vor einer Diagnose hat, sage, dass er wegen der "anticancerogenen" Wirkung von Flavonoiden Kaffe trinken soll, habe ich ihm dann etwas gutes getan, wenn er nachher an einem Krebsleiden stirbt, weil er nicht zum Arzt gegangen ist?
So meinte ich das ja nicht. Es sollte klar sein, dass das maximal unterstützend wirken kann und keinesfalls einen Arztbesuch ersetzen soll!

Blaubeeren esse ich trotzdem.
 
Hallo Omavoss,
tut mir leid das mit deinem Freund, das muss echt hart sein wenn es einem Menschen den man liebt nicht so gut geht. Du hast ja gefragt was wer anderes in deiner Situation machen würde. Wenn dein Freund wieder mal etwas vergisst, dann würde ich ihm auf liebevolle Art und Weise sagen das er wieder mal etwas vergessen hat, und danach würde ich ihm ans Herz legen etwas für seine geistige Gesundheit zu tun. Ich an deiner Stelle würde das sogar mit ihm zusammen tun, du kannst nur davon profitieren. Das Gehirn ist ja ein Muskel den man trainieren kann und manchmal sogar trainieren muss. Wenn ich dein Freund wäre, dann würde ich den Tag über ganz viel Kopfrechnen, viel Lesen, ein Instrument spielen lernen, eine Fremdsprache lernen und und und. Hauptsache das Gehirn wird beansprucht. Geistiges Training würde ich zur täglichen Routine machen. Wenn man das konsequent jeden Tag durchzieht, dann wüsste ich nicht was dagegen spricht, dass sich der Zustand deines Freundes wieder verbessert. Ich hoffe ich konnte irgendwie helfen.
Alles Gute!
 
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