Camcorder Frame-Drops: Sind die schnellsten CFast 2.0-Karten schneller als sehr gute SATA 6 Gb/s-SSDs?

@rg88

Ich bin zwar auch ein Freund von zynischem Sarkasmus (leider durch entsprechende Erfahrungen geprägt, nicht nur einfach so aus dem Bauch heraus), aber hier würde ich tatsächlich Blackmagic 99 % die Schuld zuschieben:

1) Es ist eigentlich hirnrissig, im Jahr 2019 einen Camcorder auf den Markt zu bringen, bei dem der USB-C-Anschluss nicht 10 Gbit/s unterstützt;

2) Es ist wahrscheinlich ein Firmware-Bug, wodurch der Hardware-Encoder des Camcorders eine Bitrate erzeugen kann, die zuviel für das SATA III/6 Gbit/s-Interface des CFast 2.0-Slots ist.

Das bedeutet egal, was man da an Speichermedium anschließt, das Interface des Camcorders ist der limitierende Faktor;

3) Dass bei so einem Produkt von 2019 kein (nativer) NVMe-Speicher möglich ist, ist ebenso Blackmagic's "Versagen";



Man muss aber sagen, für die gebotene (optische) Leistung ist der Camcorder sehr günstig, d. h. irgendwo müssen die Einschränkungen für die Markt-Segmentierung platziert werden, damit Kunden auch die höherpreisigen Camcorder kaufen "wollen".

Es ist ja nicht so, dass die "schlechteren" Blackmagic RAW-Stufen mit konstanter Bitrate 5:1 oder konstanter Qualität Q5 mit 5744 x 3024 oder 6144 x 3456 ab 50 fps ein "schlechtes" Bild erzeugen würden, aber natürlich ärgert es mich schon etwas, immer daran denken zu müssen, niemals 3:1 oder Q0 bei diesen Auflösungen bei 50 oder 60 fps auszuwählen.

Aber dennoch, aus Kundensicht bin ich davon natürlich insgesamt etwas enttäuscht.

Finde es auch schade, dass dies bei Tests zu dem Camcorder nie offen angesprochen wurde, hat aber auch mein Bauchgefühl bestätigt, dass viele "Profis" eher Schwätzer sind, die Marketing-Material nachblappern und sich eher weniger mit der Computer-Technik in einem solchen Gerät auskennen.

Ist mir verstärkt ins Auge gesprungen, da ich quasi umgekehrt, rein von Computer-Technik kommend in den Camcorder-Sektor eingestiegen bin und als "Laie" wird man da leider häufig dumm angemacht als dass auf die eigentlichen technischen Argumente eingegangen wird.
 
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Habe der Vollständigkeit halber noch die Angelbird 1 TB-USB-C-SSD des Sets getestet und hier ist das Ergebnis etwas schlechter als bei der CFast 2.0-Karte (wie es das USB-C-Interface auch erwarten ließ):

Der längste mögliche Schnippsel mit 3:1 oder Q0 war knapp unter 3 Sekunden, bevor die Aufnahme abgebrochen wurde (SSD noch unbenutzt und kühl).

"Lustiger" Test: Aufnahme mit Deckel auf der Linse starten, man filmt also eine einfach zu komprimierende schwarze Fläche und die Aufnahme geht 20 min ohne Probleme durch - nimmt man dann den Deckel ab und das Bild wird entsprechend komplexer, wodurch natürlich die Bitrate steigt, kommt der Abbruch wieder nach wenigen Sekunden... 😤

Ein interessantes Detail, von dem ich nicht weiß, ob es Marketing ("Engel-Vogel") oder den Ritualen des kürzlichen Jahreswechsels zu verdanken ist: Der Karton des Angelbird-Sets war in einer luftdichten Kunststoff-Folie verpackt und beim ersten Öffnen der Sendung duftete es nach Weihrauch...
 
JBG schrieb:
Wahrscheinlich braucht man hier göttliche Unterstützung und sehr intensiven Glauben um die Marketingwerte zu erreichen. Dir fehlt das offenbar, deshalb laufen die bei dir wie ein Sack Nüsse ;)
 
Das wurde jetzt ungeplant bissl länger, also sorry für die Wall of Text.
rg88 schrieb:
Das zeigt Mal wieder gut, dass Patriotismus meist gewaltiger Schwachsinn ist.
Herrlich, ich bringe eine Empfehlung und unterlege sie mit einem augenzwinkernden Kommentar und als Antwort von einem Außenstehenden gibts dann erstmal Gesabbel, ohne sich mit einer Lösung befassen zu wollen.

Zum Problem: die Karten performen offenbar nicht so wie gewollt. Im folgenden ein Bild von der Blackmagic-Website, man beachte, was dort mit der Kamera abgebildet ist und mich zur Empfehlung des o.g. Herstellers bewogen hat:

https://images.blackmagicdesign.com...pocketcinemacamera/landing/media/media-xl.jpg

Nun gibt es offenbar nur zwei Möglichkeiten: entweder sind die Angelbird-Karten tatsächlich Grütze (dann stellt sich die Frage, wieso BMD dann diese Dinger als kompatibel führt und sogar explizit im Marketingmaterial bewirbt), dann auf schnellstem Weg zurück in die Skihütte damit und z.B. was von ProGrade ausprobieren. Was mich an der ganzen Sache jedoch stutzig macht, ist ein Blick ins Datenblatt der BMPCC6K, und zwar:

6144 x 3456 (6K)
Blackmagic RAW 3:1 – 323 MB/s
Blackmagic RAW Q0 – 194–483 MB/s

Die Angelbird kann am Papier maximal 498MB/s schreiben, die ProGrade sogar "nur" 450MB - auch die SanDisk Extreme Pro "nur" 450MB. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Angelbird die 498MB immer unter jeder Bedingung klaglos erreichen kann (Spoiler Alert: nein, genau wie jeder andere Flash-Speicher natürlich nicht), ist das für die Spitzenlast verdammt wenig Luft nach oben.

Die Alternative wäre natürlich, dass die Kamera was hat. Wer ein bisschen im Videobereich tätig ist, kennt den Ruf von Blackmagic, zwar gute Ideen zu haben, die aber oft in Produkten resultieren, die nicht wirklich ausgereift sind - darum wirst du z.B. in keinem professionellen Fernsehstudio viel Technik von Blackmagic sehen, außer an Punkten, wo ein Ausfall egal ist. Auch im Kameramarkt ist Blackmagic nicht ohne Grund eher ein Nischenhersteller - die BMPCC6k liefert natürlich exzellentes Material, ist ergonomisch dafür ziemlich mies und bei wenig Licht ziemlich schnell am Ende. Es kann also schon sein, dass die Kamera schlicht und einfach überzüchtet ist und man aus Kostengründen drauf verzichtet hat, die schnellere Anbindung XQD/CFexpress einzubauen - schnelle CFexpress-Karten schaffen 1.700MB/s und schneller schreibend, also mehr als genug Puffer. Nur sind CFe-Karten halt noch teurer als die eh schon schweineteuren CFast-Karten, und man hätte vermutlich das ganze Mainboard neu konstruieren müssen - dann ist es Essig mit dem "Preisbrecher".

Im Forum von Blackmagic ist das Thema übrigens auch kein Unbekanntes, und ein User schreibt dazu, dass die Datenraten in BRAW 6k eher so aussehen:

@ 50fps
BRAW 3:1 needs 506 MB/s
BRAW Q0 needs 304 to 759 MB/s
ProRes HQ needs 471 MB/s

Quelle: https://forum.blackmagicdesign.com/viewtopic.php?f=2&t=105025#p635893

In diesem Thread geht es vorrangig um externe SSDs (die, wie wir ja eh geklärt haben, noch schlechter performen als die CFast-Medien, weil das Interface nach außen nur 5GBit kann), aber wenn die 506 bzw. 759MB/s stimmen, dann ist das schlicht und einfach mehr, als das CFast-Interface wegschreiben kann, bzw. die Speichermedien verkraften. Und zwar alle Speichermedien dieses Standards, nicht nur die "Schrott-Karten aus der Skihütte".

Fun Fact: die Ursa Mini Pro 12k hat ebenfalls nur CFast, die Datenraten lt. Datenblatt übersteigen bei komplexen Motiven die Schreibrate des Interfaces um ein Vielfaches - d.h. auch hier wurde vermutlich von Beginn an einkalkuliert, dass die höchsten Qualitätsstufen bestenfalls Glücksspiel sind oder über einen großzügigen Buffer abgefedert werden.

JBG schrieb:
Finde es auch schade, dass dies bei Tests zu dem Camcorder nie offen angesprochen wurde, hat aber auch mein Bauchgefühl bestätigt, dass viele "Profis" eher Schwätzer sind, die Marketing-Material nachblappern und sich eher weniger mit der Computer-Technik in einem solchen Gerät auskennen.
Ein professioneller Kameramann verdient sein Geld auch nicht damit, IT-Datenblätter auswendig zu kennen, sondern damit, in dem er Filme dreht. Und als solcher muss man sein Equipment kennen und sich drauf verlassen zu können, und wissen, wo die Limits sind. Im Fall der BMPCC6K dürfte das scheinbar also der Fall sein, dass diese Kamera die höchsten Aufnahmestufen schlicht und einfach nicht stabil bewältigt, wenn man die 1:1 aus dem Marketingmaterial übernommene Aufnahmesituation rekonstruiert. Das ist die gleiche Diskussion wie mit den Schreibtischexperten, die über Canon hergezogen sind, weil der EOS R5 und 8k und 4k120 sehr schnell warm wird - weil die Kamera nunmal passiv gekühlt und abgedichtet ist und der primäre Einsatzzweck Fotografie ist. Dafür hat die R5 CFexpress, damit sie keine Dropframes hat ;)

Genau dafür gibt es bei BMD und Angelbird einen Support - du verwendest die Kamera mit den empfohlenen Speichermedien und innerhalb der offiziellen Möglichkeiten, die das Gerät bietet und es funktioniert nicht gescheit.

Wenn du bei Audi 50.000€ für eine neue Karre hinblätterst und z.B. das Infotainment nicht so spielt wie angepriesen, bringst du das Ding ja auch in die Werkstatt...

Ich würde mal an den BMD-Support herantreten und die sollen sich die Kamera anschauen, ob es vielleicht auch ein Problem deines Gerätes ist - aber die Mathematik spricht halt eine andere Sprache.
 
@M.Ing

Ich hoffe Du dachtest nicht, dass ich Dich mit meinen "Profis" meinte, das war eher allgemein auf andere Kommentare auch in anderen Foren gemünzt, deren Inhalt ist nicht von technischer Natur sondern eher ein Grunzen à la "Wie dumm bist du denn wenn du dir so 'ne Kamera holst und dann nicht 'n dutzend 512 GB-Karten für mehrere hundert Euro das Stück dazu kaufst?!"

Bin auch nicht von der Angelbird-Anschaffung angepieselt, da ich mir beim Ergebnis fast schon vorher sicher war, dass das elektrische Interface des Camcorders der tatsächliche Flaschenhals ist, da könnte man auch ein NVMe-RAID0 dranhängen und es würde nichts verbessern, wenn zum Camcorder nur 6 Gbit/s zur Verfügung stehen.

Durch die Angelbird-Dinger habe ich aber jetzt das "Recht", BMD zu nerven, auch wenn meine Adapter-Lösung vorher technisch sauber war, wie man es an den SMART-Werten sehen konnte, verstehe ich aber, dass so etwas nicht unterstützt wird.

Bei Angelbird werde ich mich wegen der fast irreführenden Artikelbeschreibung beschweren, das einzige, was sie da gegenwärtig rettet, ist, dass sie bei RAW-Aufzeichnung nur "4K+" als Symbol auf der Seite haben, der Rest liest sich so, als könnten die Medien alles aufzeichnen, was man an dem Camcorder auswählen kann.
 
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Genau solche Sachen stören mich bei Blackmagic. Anderes Beispiel: Der erste Blackmagic Video Assist war eigentlich ein cooles Teil, abgesehen von der Tatsache, dass man sich für die Canon LP-E6 Akkus zum Betrieb entschieden hat - und das Teil Akkus zum Frühstück verputzt hat. Atomos setzt mit seinen Produkten seit jeher auf Sony NP-Akkus, die es prinzipbedingt in verschiedenen Kapazitäten gibt.
 
Das ist mir bei BMD auch ein Rätsel:

Zusammen mit der PCC 6k habe ich mir eine HDMI-Capture-Karte (DeckLink Quad HDMI Recorder) besorgt, sobald diese mit Strom versorgt wird, gibt es folgendes Geräusch, aufgenommen 2 m Enternung.

Das Geräusch kommt dabei nicht vom sich drehenden Lüfter mit einem defekten Lager oder einem Kabel, das hineinhängt (Geräusch ändert sich nicht, wenn man den Lüfter von Hand anhält), sondern von der Lüfter-Elektronik. Zum Glück verschwindet es durch ein Ausstecken des Lüfters, so dass ein Noctua für bessere Kühlung und Stille sorgen kann.

Habe die Karte zunächst austauschen lassen, da ich mir das nicht vorstellen konnte, die versiegelte Ersatzkarte hat jedoch genau das gleiche Verhalten.
 

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  • Blackmagic_DeckLink_Quad_HDMI_Recorder_Non-Luefter-Elektronik.mp3
    810 KB
JBG schrieb:
Das ist mir bei BMD auch ein Rätsel:
Dafür ist dat Zeuch halt billich!

Meine vorherige Firma hat einen Blackmagic-Mischer im kleinen Ü-Wagen eingebaut, der war auch schon mehrere Male in Reparatur - dazu muss man sagen, dass die Belastung im Ü-Wagen auch hoch ist, weil das Auto halt einfach über Stock und Stein tuckert und im Winter -10°C kalt und im Sommer +40°C heiß ist. Trotzdem sind die Sony-Mischer, die im professionellen Sektor verwendet werden, halt deutlich robuster.
Ergänzung ()

Bissl offtopic, aber passt dann doch irgendwie:

https://www.reddit.com/link/lgriz6/video/wqeoltphvmg61/player
 
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