Coaching - eine amerikanische Mode?

Zimtziege

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11.500,oo Eulen pro Wochenende

Gerade war ich auf einem Kongress für Coaches und Personaltrainer.
Zum ersten Mal habe ich einen hautnahen Eindruck bekommen, was das überhaupt für Berufe sind und wie diese Menschen ihre Arbeit verstehen:
sie werden dafür bezahlt, anderen, zumeist Führungskräften aus Industrie und Politik, bei schwierigen Lebensphasen oder Entscheidungen zuzuhören und denen "auf die Sprünge" zu helfen.
Das ist , ganz vereinfacht, das Wesen des Coaching.
Der Bedarf ist riesig, gute Coaches sind rar.
Als unmittelbare Folge davon können Coaches astronomische Summen verlangen - wenn sie wirklich einen guten Ruf haben.
Ich habe erlebt, daß jemand für ein Wochenendseminar in einem Wellnesshotel 11.500,00 Eulen bekommt, von dem Einzelkunden, mit dem er dann arbeitet.
Was fällt euch dazu ein?
Ist das ein Zeichen allgemeiner Dekadenz?
Oder ist das ein Schritt in eine bessere Zukunft, nach dem Motto:
ich habe da einen, den kann ich mal fragen....dann sehe ich wieder klar...?
Mir fällt dazu ein: ich will ein guter Coach werden, und zwar über Nacht....
Zimtziege
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich halte dieses "Coaches" für eine neue Gattung von Gurus. Sie zu konsultieren bedeutet, Führung zu benötigen oder das zumindest zu glauben. Ein erwachsener, mündiger Mensch sollte sie eigentlich nicht brauchen, Probleme selbst zu lösen gehört schließlich zum Leben.
An den völlig utopischen Honoraren kann man eigentlich schon sehen, wer solche Coaches konsultiert. Ich sage jetzt besser nichts weiter, bevor ich wieder in Generalkritik am kapitalistischen Denken verfalle.
 
Mündigsein

Was heißt , erwachsen und mündig zu sein denn ganz konkret?
Immer genau zu wissen wo es lang geht,
alle Konflikte super lösen können,
die Orientierung im Job nicht verlieren,
selbst zu merken, wo es lang geht und, speziell im Hinblick auf
Coaches: nie an eine Grenze stoßen, seine Ziele genau zu definieren und alleine zu erreichen -
wer kann das von sich sagen?

Coaches werden dorthin geholt, wo ziemlich hoher Druck herrscht, daß etwas oder jemand sich verändert, und zwar zum Wohle des Ganzen. Ob das ein Unternehmen ist, eine Familie, eine Organisation oder was auch immer.
Und wo die Richtung zwar geahnt wird, aber der Weg unklar ist.
Einer von außen sieht dann oft mehr und gibt Hinweise, wie die
betreffende Person sich verhalten könnte.
 
Seit einige Mitglieder des homo sapiens sapiens die mesopotamische Kultur für sich entdeckt haben (ja, das ist aber auch schon verdammt lange her, für meine Begriffe gedacht) versuchen sich diese Individuen das Leben immer angenehmer und leichter zu machen durch z.B. Beherrschung der Natur, etc.!

Nur das "Beherrschen" des eigenen Ichs scheint offenbar nicht immer zu klappen, darum werden dann auch wohl aus Bequemlichkeit diese Art von Kindergärtnern für Manager eingesetzt. :)

Eine vollkommen normale Entwicklung.

PS: Ich studiere gerade den gesamten Werdegang des Menschen vom homo australopithecus africanus bis zum heutigen Mensch.
Fest steht für mich (stand es auch vorher, aber nun bestärkt), dass sich die nach mesopotanischer Basis lebende Menschheit in immer kürzeren Intervallen "weiterentwickeln" wird.

Und in ca. 5000-30.000 Jahren, dürften wir den nächsten Menschen erwarten dürfen... den homo ostfriesianus, oder so... nach mir benannt ... :lol: :D :D :D :)
 
Also ich pers. glaube nicht, dass irgendjemand auf diesem Planeten WIRKLICH diese Coaches braucht!

Tut es ein Freund/Freundin nicht auch?
Ein verständnissvoller Vorgesetzter? (soll es auch welche geben)
Das Team in dem ich arbeite?
Der Kollege/in neben an?
Ein ehrliches Selbstgespäch?
Eine Stunde spazierengehen?

Ehrlich gesagt sind diese Coaches für mich nichts anderes als eine Art von Religionsersatz.

Wer an starken Probs. leidet die o.a. Dinge nicht lösen können brauchen eh med. professionelle Hilfe. Sprich Psychater usw.

Das der Glaube Berge versetzten kann wissen wir ja auch nicht erst seit gestern, oder?
 
Moin Moin,

@graka0815 Recht hast Du.

Wir hatten in der Firma auch so einen Coach.
Frisch von der Uni wollte er sein erlerntes Wissen anbringen.
Ja, es gibt bestimmte Tricks, um ein angenehmes Betriebsklima aufzubauen.

Die Partys auf Malle funzen nach dem selben Prinzip.

Sein Coachen bestand im Zuhören beim Teleefonieren und anschließender Auswertung der Gesprächsführung.

Diesem Procedere mußte ich zustimmen, als ich an die Firma als Sklave verkauft wurde


Tja, es gefiel keinem , also ließ er es mit der Zeit.

Dann fragte sich jeder , was macht er hier ?

Nun ja, jetzt hat er sich entschieden (worden) , woanders sein Können einzubringen...

Es scheint aber immer mehr um sich zu greifen, studierte Leute auf Mitarbeiter anzusetzen, um das Letzte aus ihnen heraus zu holen.
 
Herausforderungen

Also ich sehe das anders.
Für mich ist es ganz klar, daß in den modernen Unternehmensleitbildern von sagenhaft vollkommenen Leuten ausgegangen wird. Die es einfach nicht gibt, und die deshalb ständig unter Strom stehen.
Coaching ist eine Methode, Druck aus der Leitung zu lassen, ohne andere zu treffen.
Was Graka meint, die Freunde, der Spaziergang, das Team - ist alles gut und schön. Aber ans Eingemachte komme ich damit nicht unbedingt. Meistens werden dort die Schwierigkeiten eher
verharmlost, als nach handfesten, neuen und noch nicht ausprobierten Lösungen zu suchen.
Ich denke nicht an Telefontraining, und schon gar nicht an Frischlinge von der Uni...
Mein Ansatz ist eine neue sehr effiziente Form von Zukunftsgestaltung im beruflichen Alltag.
Auch die Ausbeuterschiene greift mir nicht weit genug.
Wenn 80% der Führungskräfte in Deutschland schlichtweg menschlich und charakterlich ungeeignet sind, geht es nicht mehr um Effizienzsteigerung sondern um eine zeitgemäße Mitarbeiterführung. Weil gute Leute rar sind, wird diese immer wichtiger, sogar für den Pizzabäcker um die Ecke.
Es geht um die Arbeitswelt, die wir haben wollen.
Gut, Coaching kommt schlecht rüber:
Begriff nicht geschützt, Wischiwaschi-Methoden, Trittbrettfahrer - kann alles sein. Aber kein Politiker, kein Medienmacher, kein
Konzernchef arbeitet heute noch ohne Coach.
Oben wird es einsam und kaum jemand sagt einem die Wahrheit....
Zimtziege
 
Ist schon klar was Du damit meinst Zimtziege. Dennoch glaube ich, das hier ein Bedarf suggeriert wird, der garnicht vorhanden ist / sein braucht.

Jeder Chef wird heute Teamgeist / Mitarbeit im Team usw. fordern. Die jenigen, die in einem Team arbeiten, wissen aber auch allzuhäufig, das deren Erfolge durch Arschlöcher kaputtgemacht werden welche sich den Erfolg ganz alleine ins Heft schreiben wollen. Eben solche die auf Knochen von anderen nach oben kommen. Wieder andere werden zur Belastung des Teams, da sie seine nicht vorhandene Leistung mit kompensieren müssen. usw. usw.

All diese Prob. können und müssen auf andere Art und Weise gelöst werden.

Das die Luft oben enger wird ist logisch, da man sich als Vorgesetzter so gut wie UBERHAUPTNICHT mit Mitarbeitern unterhält um eine Problemlösung zu finden. Doch genau hier liegt der Fehler im System! Warum unterhalten die sich nicht? Hier liegt doch mein Kapital. Meine Mitarbeiter sind mein Kapital.
Warum sollte mir ein Außenstehender bei der Lösung eines firmeninternem Problems helfen können, wenn er gar keine Ahnung von der Materie hat?
Wenn ich bei einer Entscheidung über eine neue Werbeanzeige nicht weiter weiß soll der mir helfen können? Da kann ich dann aber auch die Putzfrau fragen!
 
Re: Mündigsein

Original erstellt von Zimtziege
Was heißt , erwachsen und mündig zu sein denn ganz konkret?
Ich denke, meine Definition ist etwas zu radikal für die meisten. ;)
Sagen wir, daß ein mündig-erwachsener Mensch sein Leben ohne Coach in den Griff bekommen und seine eigenen Entscheidungen treffen sollte. Das schließt ja nicht aus, daß man hin und wieder Freunde/Vertrauenspersonen um Rat fragt, aber auf kommerzieller Basis finde zumindest ich das ganz einfach nur krank. :freak:
 
Krank?

Krank finde ich eher diejenigen, die so tun, als änderte sich nichts.
In unserer Gesellschaft laufen dermaßen viele, tiefgreifende Veränderungen - von Dir übrigens vielerorts hier auf FB kommentiert - daß doch die meisten Leute überfordert sind, nur ihre Siebensachen in Ordnung zu halten.
Krank ist es, die eigenen Ängste und den eigenen Streß völlig blind auf Schwächere abzuschieben, zu mobben, destruktiv zu sein, zu trinken, zu rauchen wie Schlot, zum Zyniker zu werden und was es an sozial zerstörerischem Treiben noch so alles gibt...
Wer keine Lebensfreude mehr hat, keine Hoffnung auf verbesserte Umstände, der ist doch krank.
Und nicht die Leute, die sich aufmachen um nach Lösungen zu suchen.
Eines ist nicht zu vergessen:
große Veränderungen bringen immer Grenzgänger hervor, Pfadfinder, Pioniere und Wanderer zwischen den Kulturen - Coaches, wenn sie gut sind, verfügen über ganz ausgezeichnete Kenntnisse der menschlichen Natur, der Hirnforschung, der Lerntheorie, fremder spiritueller Traditionen und vieles mehr.
Ich finde es faszinierend und auf jeden Fall mutig, sich jemandem anzuvertrauen, mit dem ich für mich nach Lösungen siuchen kann.

Kennst Du den Holzfäller, der schwitzend, auf seinen Knien liegend einen Baumstamm mit der Säge bearbeitete?
Der vorüberkommende Mann sagte zu ihm: "Guter Mann, ihre Säge ist ja ganz stumpf!"
"Ich weiß," antwortete der Holzfäller, "aber ich kann nichts machen. Ich habe keine Zeit. Ich muß hier sägen."
Das ist ein klarer Fall von NICHT-Coaching....
 
Re: Krank?

Original erstellt von Zimtziege
Kennst Du den Holzfäller, der schwitzend, auf seinen Knien liegend einen Baumstamm mit der Säge bearbeitete?
Der vorüberkommende Mann sagte zu ihm: "Guter Mann, ihre Säge ist ja ganz stumpf!"
"Ich weiß," antwortete der Holzfäller, "aber ich kann nichts machen. Ich habe keine Zeit. Ich muß hier sägen."
Das ist ein klarer Fall von NICHT-Coaching....
Nö, das ist ein klarer Fall von Schwachsinn, Dummheit und damit (Berufs-) Leben pur! Ich habe nichts gegen Persönlichkeitsentwicklung, die man auch wunderbar in Seminarform beschleunigen kann. Diverse Trainings in dieser Richtung habe ich auch schon mitgemacht, und eine Menge dabei über mich, aber auch über die Kommunikation mit und das Funktionieren von Beziehungen zu anderen Menschen gelernt.

Aber eine Führungskraft, die u.U. dank des Peter-Prinzips ("jeder wird so lange befördert, bis die persönliche Grenze der Inkompetenz erreicht ist") eine Stelle erreicht hat, der sie nicht gewachsen ist, wird auch mittels Coaching nicht zu einer für den Job geeigneten Person. O.K., man kann sich vielleicht einige passende Reflexe antrainieren, aber das war´s dann auch schon.

Für die persönlichen Probleme müssen es imho in der Tat die zwischenmenschlichen Beziehungen (Familie, Freunde, Kollegen) sein, ersatzweise ein Therapeut. Oder hört es sich vielleicht einfach nur besser an, zu sagen "ich lasse mich coachen", als zu sagen "ich liege auf der Coach"?

Berater für spezielle Problemstellungen: Ja! Coaching in dem von Dir geschildertem Umfang: Was soll das?

@Zimtziege: Wenn Du im Coaching eine Chance für Dich als Coach siehst - mach das, klar, nutze den Trend! Aber Du hattest ja nach der Meinung gefragt ... ;)

Ciao, Tiguar
 
Zuletzt bearbeitet:
Re: 11.500,oo Eulen pro Wochenende

Original erstellt von Zimtziege
Gerade war ich auf einem Kongress für Coaches und Personaltrainer.
Zum ersten Mal habe ich einen hautnahen Eindruck bekommen, was das überhaupt für Berufe sind und wie diese Menschen ihre Arbeit verstehen:
sie werden dafür bezahlt, anderen, zumeist Führungskräften aus Industrie und Politik, bei schwierigen Lebensphasen oder Entscheidungen zuzuhören und denen "auf die Sprünge" zu helfen.
Das ist , ganz vereinfacht, das Wesen des Coaching.
Der Bedarf ist riesig, gute Coaches sind rar.
Als unmittelbare Folge davon können Coaches astronomische Summen verlangen - wenn sie wirklich einen guten Ruf haben.
Ich habe erlebt, daß jemand für ein Wochenendseminar in einem Wellnesshotel 11.500,00 Eulen bekommt, von dem Einzelkunden, mit dem er dann arbeitet.
Was fällt euch dazu ein?
Ist das ein Zeichen allgemeiner Dekadenz?
Oder ist das ein Schritt in eine bessere Zukunft, nach dem Motto:
ich habe da einen, den kann ich mal fragen....dann sehe ich wieder klar...?
Mir fällt dazu ein: ich will ein guter Coach werden, und zwar über Nacht....
Zimtziege

Das Coaching ist kein neues Instrument. Seit den 80er Jahren gehört es zum - amerikanisch geprägten - Managementstil Unternehmen durch Externe auf Schwachstellen zu durchleuchten lassen, bzw. gezielt Prozesse begleiten und steuern zu lassen. Fast gleichzeitig brachten die Unternehmensberater als Teillösung auch neue Instrumente für die Managementetagen mit. Eines ist das Coachingprinzip, dass lediglich von dem Prinzip ausgeht, dass eine 2. Person als Beobachter, Berater, Gesprächspartner zur Verfügung steht. Diese 2. Person kann sowohl ein Kollege als auch ein externer sein. In der Regel sind dies aber interne Personen. So gibt es das Juniormodell.

Ein Gestandener Manager, der meist schon länger in der Firma tätig ist, übergibt dabei seine Aufagben in einem fließenden Prozess an einen jungen (unerfahrenen) Kollegen, der sein Nachfolger werden soll. Vorteil für die Firma: Das KnowHow bleibt zum Teil in der Firma, krasse Fehler, wie Sie von jungen unerfahrenen Studienabsolventen gemacht werden, werden so vermieden. Coachingmodell kann es aber auch zwischen 2 Gleichrangigen Managern geben, um so Hilfen - unbemerkt von der nächsten Führungsetage - auszutauschen. Oder wie in einem Fall, der mich direkt betrifft: Ich habe als Controller (das betriebswirtschaftliche Gewissen) auch immer eine beratende/coachende Funktion gegenüber meinem Geschäftsführer gehabt (was aber auch stark mit der Persönlichkeitsstruktur des Geschäftsführeres zu tun hatte).

Das eigentliche Problem an der ganzen Sache, ist ja garnicht ein "Coaching"-Prozess, sondern die Köpfe der Leute (auch der Manager selbst).

Zitat Ostfriese:"Nur das "Beherrschen" des eigenen Ichs scheint offenbar nicht immer zu klappen, darum werden dann auch wohl aus Bequemlichkeit diese Art von Kindergärtnern für Manager eingesetzt"

Sorry, Du Forenkasper, aber genau das ist es nicht.

Wer selber erkennt, das Entscheidnungen ggf. schneller oder besser treffen kann, aus einer Coachingsituation heraus, der würde ja fast schon fahrlässig handeln, wenn er dieses Instrument nicht benutzen würde.

Wir müssen uns hier mal klar machen, dass es nicht immer nur um die Farbe von Gardinen (oder andere unwichtige Entscheidungen) geht, sondern auch mal um Entscheidungen von denen nicht nur eine Menge Geld abhängt, sondern auch direkt oder indirekt Arbeitsplätze.

Wenn der Vater vom Ostfriesen seinen Job verlieren würde, nur weil ein Manager eine vermeidliche Fehlentscheidung getroffen hat, würden wir schnell weg von dem "Phrasendreschen" kommen, wie "das "Beherrschen" des eigenen Ichs"...

Letztendlich hat doch ein Manager, der von sich selber sagt, das er es für möglich hält, Fehler zu machen und deswegen ein weiteres Führungsinstrument nutzt schon durch die darin enthaltene Selbstkritik an Charakter und Stärke gewonnen. (dies sind meist auch jüngere Menschen).

Der alte Schlag von Führungskräften, die glauben Sie müßten immer und jederzeit Stärke durch scheinbare Unfehlbarkeit ausstrahlen sterben doch aus. Diese Herren (bei den Jahrgängen sind defakto keine Frauen vertreten) - so um die 55-60 Jahre - regieren aber noch an vielen Stellen der Wirtschaft (Aufsichtsräte, Vorstände etc.) und Sie sind der Grund dafür, dass das Instrument des Coaching nicht immer richtig öffentlich praktiziert werden kann.
(Denn Sie würde das als Führungsschwäche misinterpretieren, und das kann sich eine junge Führungskraft nicht erlauben)

Wenn also eine Führungskraft einen Nutzen in dem Instrument erkennt, aber seine Firma dies nicht anbietet (weil sie glauben, ihre komplette Führungsriege muß alles können und macht keine Fehler und kann deshalb auch nicht besser werden) muß ein externer Coach her.

Hier nur zum Verständnis: Sicher gibt es auch Firmen, für die das oben gesagte NICHT gilt, und die für Ihre Führungskräfte externe Trainer engagieren (exteren gelten als weniger Betriebsblid und unabhängiger. Beides ist bei dieser Art von Prozess wichtig, weil sonst der gecaochte leicht den Eindruck gewinnen kann, er wird "beaufsichtigt" und auf Schwächen durchleuchtet).

Dennoch ist es nicht selten, dass die Coaches - ohne Kenntnis der Firma - direkt von dem Manager angeheuert werden
(ein ehemaliger Chef von mir ist so ein externer Coach für Führungskräfte).

Vielleicht liegt aber auch das Problem darin, dass viele Leute eine falsche Vorstellung von diesen Prozessen haben und nicht genau wissen, wie so ein Prozess abläuft.

Mit Dekadenz hat dies alles sicher soviel zu tun, wie ein eine Computermaus mit einem Hamsterrad.

Noch etwas zum Honorar: 12.000 EUR für ein Wochenende ist ein guter Satz, aber sicher noch lange nicht das Ende von dem,was hier gezahlt wird. Es ist auch nicht unbedingt zu viel.

Wenn man weiß, das ein normaler Seminarleiter (Standardseminare) schon Tagessätze von 1.000-2.500 EUR nimmt relativiert sich die Zahl deutlich. Wer jetzt glaubt, dass er damit schon seinen Traumjob gefunden hat, den muß ich warnen:

Zunächst steht natürlich jeden frei seine Dienste anzubieten (zu jedem Preis). Geld verdient hat man allerdings erst, wenn man auch jemanden findet, der diesen Preis bezahlen will.

Die Qualifikationen, die diese Leute ausmachen, kann man allerdings nicht auf der Uni lernen (4 Semester BWL oder so). Die Coaches sind meist selber langjährig hochrangige Manager gewesen, die sich über Ihre eigene Geschichte und Lebenslauf qualifizieren.

Wer also gerne mal ein Streitgespräch zu seiner privaten Ausgabensituation mit einem ehemaligen Vorstandsmitglied der deutschen Bank führen möchte, der wird für so ein Wochenende sicher mehr als 12.000 EUR bezahlen müssen.

(Rechnet doch mal ein Jahresgehalt - ohne Bonifikationen etc - von 5 Mio. bei 365 Tagen, und ich muß dazu sagen, dass das Jahr natürlich nur 220 Arbeitstage hat. Dann kommt Ihr schnell auf die "Tagessätze" solcher Leute)
 
Zuletzt bearbeitet:
Insider

@ NoName
Für mich ist der Bericht von Dir recht informativ, könnte aus einem einführenden Lehrbuch sein.
Mich interessiert nicht so sehr das Manager-Coaching. Dazu bin ich nicht versiert genug in allgemeiner BWL, was ab einem bestimmten Level des Klienten einfach mit gebraucht wird.
Mein Ansatz ist das Potential der Person, die gecoacht wird, und zwar ihr kreatives und psychisches. Es geht immer um eine Erweiterung der persönlichen Handlungsspielräume und letztendlich um ein Wachsen von Bewußtheit.
Unter http://www.art-meets-coaching.de/ kann jeder nachlesen, was zum Beispiel am Rande der Dokumenta im Rahmen einer Open-Space-Konferenz erarbeitet wurde.
Solche Entwicklungsprozesse erlebe ich als sehr spannend und
bereichernd.
Auch dabei geht es keineswegs um Gardinenstangen.... schönes Bild!
Zimtziege
 
@ NoName:
Sehr interessant, dein Bericht.
Dem kann ich nur zustimmen.
Wie oft hört man denn von Freunden oder Bekannten, dass sie einem bei einem Problem nicht helfen könne, weil sie überfordert sind, oder einfach keine umfassende Erfahrung besitzen (können).

So denke ich sind Coaches ein gutes Mittel, sich neue Wege aufzeigen zu lassen und Hilfen für Entscheidungen zu erhalten.

Aber nicht mehr und weniger sollen sie sein, sonst sind wir echt schnell bei den Gurus angekommen, die anderen ihre Meinung aufdrücken und eigentlich "selbst" durch den anderen entscheiden.

Mit Dekadenz hat das auch nichts zu tun, aber sicherlich damit, dass unserer kranke Gesellschaft dies für nötig hält und hervorgebracht hat.
 
Aufdrücken

Das ist ein wichtiger Aspekt des Coachings:
daß nämlich ein Coach nicht in die persönlichen Lösungen des Klienten reinregiert, ihm nicht den eigenen Willen aufdrückt oder, noch viel schlimmer, sich als alleiniger Inhaber der Weisheit darstellt.
Das wäre ein gravierender Fehler.
Es soll ja gerade keine neue Abhängigkeit, sondern Selbständigkeit und Souveränität geschaffen werden.

Es gibt in der Therapie den Begriff der "friendly frustration" -
freundliches Vor-den-Kopf-stoßen. Damit ist gemeint, daß niemand für jemand anderen etwas erledigen oder tun sollte, was dieser nicht auch selbst zu leisten imstande ist.

So wie eine Mama, die ihren lieben Kleinen die Schulbrote jahrelang hinterher trägt ihre Kinder nicht wirklich selbständig macht, darf auch ein Erwachsener, und ein Coych schon gar nicht, einen anderen Menschen künstlich klein halten.

Zimtziege
 
@noname

Um meinen Standpunkt noch mal darzulegen:

Manager-Coaching ist aus egozentrischem Gedankengut des den zu unterstützen geltenden Managers entdeckt worden:

Der Manager will eine Arbeitserleichterung, aber nicht durch Einführung eines ihm gleichgestellten Zweitmanagers oder ähnlichem, sondern durch einen ihm gleichzusetzend kompetenten Coaches, der aber hierarchisch unter ihm steht, und dem er sich nicht fügen MUSS, sondern der nur eine Option darstellt.

Anstatt Rat in einem Team von gleichgestellten managerähnlichen Menschen zu suchen, wird die Macht des Managers bewahrt.

Und glaube mir:
Arbeitsplätze zu behalten kann einen Manager zwar populär machen, aber es ist keine Frage, dass wenn es aus Kostengründen daran geht tausende Menschen zu entlassen. dieses auch getan wird. Jeder ist sich im heutigen System der nächste. Und irgendwann wird wie immer ein Randsystem, dass heute eine unbedeutende Rolle spielt, oder gar noch Theorie ist, die Welt erobern. So wie der Kapitalismus langsam aber sicher dem Feudalismus entwuchs...

Ein Satz noch:
DER KAPITALISMUS STINKT! Sic est!

Meine Meinung ist die meinige und kann jederzeit auch vom Gegenteil überzeugt werden. Durch Offenheit kommen wir ja alle weiter...
 
"Der Manager will eine Arbeitserleichterung":
Der Dialog mit einem Coach ist sicher keine Erleichterung sondern bedeutet letztendlich nur die Bereitschaft sich verbessern zu wollen und ggf. einzelne Entscheidungen über längere Prozesse zu fällen.

"nicht durch Einführung eines ihm gleichgestellten Zweitmanagers": Das ist naiv. An entscheidenen Stellen ist Kompetenz nicht teilbar (bsp: Ein Beraterstab des Kanzlers ist ok und steigert sicher die Entscheidungskompetenz des Kanzlers. ABer niemand will 2 oder mehr Kanzler. Wie auch? Wer sollte letztendlich bei Uneinigkeit entscheiden?

Das ein Manager "sich selbst der nächste ist" will ich noch akzeptieren. Das hat aber sicher nichts mit Egoismus zu tun, sondern mit dem Auftrag den der Manager erhält: Nämlich den, das Unternehmen nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu führen. Also Gewinnmaximierung und Existenzsicherung des Unternehmens.

Und ehe jetzt der Einwand kommt: ich glaube auch, das auf den Etagen des deutschen Management genauso viele Fehler gemacht werden wie überall sonst. Ich glaube allerdings auch nicht, das es besonders viele (im Vergleich) sind.

"Und irgendwann wird wie immer ein Randsystem, dass heute eine unbedeutende Rolle spielt, oder gar noch Theorie ist, die Welt erobern. So wie der Kapitalismus langsam aber sicher dem Feudalismus entwuchs..."

Sorry, aber das ist mir einfach ein zu abgehobenes BlaBla, bei dem ich mich nur frage: Was hat das mit dem Thread zu tun?
Welche qualifizierte Aussage steckt darin? Welche Fakten?

Und da ich alles auch mit viel gutem Willen nicht erkennen kann, ignorier' ich das doch einfach...:D
 
@Ostfriese
Sic est, Francus!
Quod erat demonstrandum. ;)

So wie Zimtziege es versteht, ist Coaching wirklich nicht falsch, aber ich betrachte dergleichen -auf mich selbst bezogen - immer noch als persönlichen Kreuzzug gegen die eigenen Schwächen, ganz besonders gegen das Steckenbleiben in Gewohnheiten und geistige Verkrusten. Ein wacher, lebendiger Geist, ist sein eigener Coach. Aber es ist wohl unmöglich, meinen Begriff jetzt kurz und präzise zu definieren, also taugt er für die Diskussion wohl leider nicht. Mir reicht er jedenfalls. :)
 
abgewixt

es geht beim Coaching nur darum noch abgewixter und brutaler im Business zu werden, es geht darum Hemmschwellen abzubauen und mit gutem Gewissen ins Bett zu gehen und morgens in den Spiegel zu schauen und sich einfach "great" zu finden.
Wir können ja mal all die Brutalitäten und Gemeinheiten der z.B. deutschen Topmanager auflisten und nachlesen, Quellen gibt es genug.
Hunzinger hat auch gecoached und 60.000 Top / Elite Typen hatte er in seiner Datenbank.
Auf Phoenix und im ZDF gab es ein älteres Hunzinger Portrait dort tauchten die deutschen Manager auf und liessen Ihre unglaublichen Statements vor offenen Mics und laufender Kamera ab, es war grotten pervers.
Coaching ist mal wieder typisch für eine nicht funktionierende Gesellschaft und soll dem Entscheider nur seine schmutzige Seele pflegen.
 
hmm

Irgendwie wird hier aneinander vorbeigeredet, oder es kommt wieder ein Kommunismus/Kapitalismus/Anarchie - Thread zustande, in dem der eine über das System des anderen schimpft.

Oder ich lenke die Diskussion in eine andere Richtung:

Bringt es etwas, nur mit Worten zu diskutieren, und dabei die Mimik und Gestik als wichtiges unbewussten Übermittlungsfaktor ausser acht zu lassen?

Oder führt das zwangsläufig zu Missverständnissen?

Ich denke schon.
Aber egal, so bleibt es wenigstens lustig.
Und da hier eh nur intelligentere und interessierte Leute posten, bringt der Meinungsaustausch sicherlich vielen etwas.
Und sei es nur, dass man in der nächsten Diskussion schon die Argumente seines Gegners kennt und gnadenlos entwerten kann :)
 
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