Eine Firma auf Linux - Ihr seid CEO/Admin! (Gedankenexperiment)

TomH22 schrieb:
EMail ist btw. ein aussterbendes Medium, das Einzige was sie am Leben erhält ist, dass sie Anbieter übergreifend funktioniert. Mittlerweile nutze ich im Job wesentlich häufiger den Teams Chat als EMail.
Der Satz tut so unheinlich weh zu lesen. Inhaltlich hast du sicherlich recht: Die Vorteile von E-Mails (Dezentralität, Anbieter-Unabhängigkeit, Offenheit, Robustheit) spielen zunehmend einfach keine Rolle mehr. Ich fürchte, dass uns diese Ignoranz noch um die Ohren fliegen wird.

fishraven schrieb:
Also bewegen wir uns auf dem Level Bedien-Fehler um das "Prinzip" Cloud zu disskreditieren ... okay.
Mmh, also grundsätzlich resultieren Probleme immer nur aus Bedienfehlern, Programmierfehlern oder Konzeptmängeln. In meinen Augen müssen Konzepte bereits Bedienfehler verhindern oder zumindest extrem unwahrscheinlich machen, sonst sind sie mangelhaft. Bedienfehler sind also vornehmlich ein Problem des Konzepts, denn es ist bekannt, dass sie ab und an gemacht werden. Im konkreten Fall kann ich das nicht beurteilen, aber: Wenn ich ein auf Zentralisierung angelegtes Cloudkonzept habe, dann muss ich in diesem Konzept natürlich penibel darauf achten, Bedienfehler auszuschließen oder deren Auswirkungen gering zu halten. Wenn simple Bedienfehler meine gesamte Infrastruktur lahmlegen, dann ist mein Konzept vielleicht einfach schlecht? Das gilt natürlich nicht ausschließlich für Cloudumgebungen...
 
andy_m4 schrieb:
Du brauchst ein Vorfall für die Cloud? Na gut. Ich nehm' mal was aus den letzten Tagen, damit wir aktuell bleiben und Du nicht kommst mit "ja damals!!!":
https://twitter.com/Atlassian/status/1511870509973090304

Mir war heute morgen schon klar, das dieses Beispiel in diesem Thread kommt (und auch logischerweise in diesem Thread kommen muss).
Zu dem Thema will ich zum einen allgemein und zum anderen speziell zu Atlassian was sagen.
Allgemein:
Ja so ein Ausfall ist bitter, im Worst case scheinen Kunden mit zwei Wochen rechnen zu müssen. Nur kann das bei onPremise genauso passieren, wir hatten vor ein paar Jahren einen Ausfall unserer kompletten Microsoft Exchange Infrastruktur für fast 5 Tage. Man muss sich einfach im klaren sein, das IT Systeme ausfallen können, unter Umständen auch mal tatsächlich für Tage. Meistens ist es die berühmte "Verkettung unglücklicher Umstände", sprich das sich mehrere Fehler/Unfälle/Versäumnisse zu einem großen Problem kumulieren. Man kann durch geeignete Maßnahmen die Wahrscheinlichkeit für solche Ereignisse senken, aber niemals auf Null.
Gute "Business Continutiy" Konzepte antizipieren diese Risiken.

Zu Altassian speziell:
Wir haben bei uns in der Firma Jira und Confluence im Einsatz, bei Jira sowohl die onPremise als auch die Cloud Variante.
Atlassian ist vor Jahren vielversprechend gestartet, ihre Produkte waren teilweise richtungsweisend. Mittlerweile gibt es Alternativen, und Atlassian nervt mit schlechter Qualität, hohen Preisen mangelnder Kundenorientierung. Das sie die Kunden in die Cloud treiben wollen, will ich ihnen dabei gar nicht vorwerfen, das machen zur Zeit alle.

Die OnPrem Version ist nach Aussage unserer IT ein Wartungs-Alptraum, das wir in einigen Geschäftsbereichen parallel die Cloud Lösung im Einsatz haben, hängt auch damit zusammen.

Wir werden auf jeden Fall mittelfristig von Jira weggehen, allerdings weniger wegen der Ausfälle, sondern mehr wegen der ausufernden Kosten. Wir werden auch nicht alle Daten migrieren, sondern nur die aktiven Backlogs. Confluence ist da eine andere Sache, zum einen weil dort auch der "alte" Inhalt interessiert und die Alternativen auch bzgl. Features und - besonders - Usability schlechter sind.

BTW: Der aktuelle Ausfall hatte bei uns keine Auswirkungen, es hat wohl nur einen Teil der Kunden getroffen, wir waren nicht dabei.

Web-Schecki schrieb:
Der Satz tut so unheinlich weh zu lesen. Inhaltlich hast du sicherlich recht: Die Vorteile von E-Mails (Dezentralität, Anbieter-Unabhängigkeit, Offenheit, Robustheit) spielen zunehmend einfach keine Rolle mehr.

Das hat einfach damit zu tun, wofür EMail verwendet wird. Privat sind 99% mit EMails reine Statusbenachrichtgungen (z.b. hier von Computerbase;), oder das DHL mein Paket gerade am Ablageort abgelegt hat).

Im Job sind 80%: heute z.B. das mein Passwort in 14 Tagen abläuft, das sich der Status meines AzureDevOps Boards geändert hat, usw. Irgendwas wichtiges war heute glaube nicht dabei...

Wenn ich Kollegen eine EMail schreibe bekomme ich die Antwort nach 3-4 Tagen, wenn sie zufällig diese Mail zwischen dem ganzen Rauschen entdecken. Im Teams Chat sehe ich hingegen ob ich den Kollegen gerade störe oder ob er "Verfügbar" ist, sehe ob er meine Nachricht gelesen hat, usw. Instant Messaging ist die neue Form der Kommunikation, durch Homeoffice wurde das beschleunigt.

Das sind Entwicklungen bei denen es völlig egal ist, ob man die gut findet oder nicht. Sie sind einfach da, da ist alles.
 
TomH22 schrieb:
wir hatten vor ein paar Jahren einen Ausfall unserer kompletten Microsoft Exchange Infrastruktur für fast 5 Tage
...und habt (vermutlich) eigene Mitarbeiter an die Lösung des Problems gebunden, das darf man eben nicht vergessen.
 
TomH22 schrieb:
Ja so ein Ausfall ist bitter, im Worst case scheinen Kunden mit zwei Wochen rechnen zu müssen. Nur kann das bei onPremise genauso passieren, wir hatten vor ein paar Jahren einen Ausfall unserer kompletten Microsoft Exchange Infrastruktur für fast 5 Tage. Man muss sich einfach im klaren sein, das IT Systeme ausfallen können, unter Umständen auch mal tatsächlich für Tage.
Das sehe ich etwas anders. Während ich onPremise die Ausfallsicherheit durchaus abschätzen kann und Redundanz einfach mit mehr Geld erkaufen kann, hab ich beim Cloudanbieter in aller Regel das Werbeversprechen von "bessere Verfügbarkeit als onPremise".
Die zwei Wochen von Atlassian finde ich deswegen so drastisch, weil Atlassian sein onPrem-Produkt absichtlich vernachlässigt hat, um die Kunden in die Cloud zu zwingen. Ob es wirklich Schadenersatz gibt, ist ja auch immer so eine Sache. Oftmals stellt sich der Anbieter gern auf den Standpunkt "Softwareproblem. Kann man nix machen."
 
Evil E-Lex schrieb:
Während ich onPremise die Ausfallsicherheit durchaus abschätzen kann und Redundanz einfach mit mehr Geld erkaufen kann


Ich sehe super häufig, dass die 99,99% SLA der Cloud Anbieter schlecht geredet werden. Selber hat die Firma dann eine Internetleitung, 1 Anbieter, das RZ gibt's auch nur 1* ... Und keiner garantiert irgendwas und Redundanz ist viel zu teuer und komplex.

Ja, wie die Verträge von atlassian sind, die 99,99% dürften sie gerissen haben
 
Was ich vermeiden würde ist der Fehler den Münchens Behörden meiner Meinung nach begangen haben: Zuviel auf einmal ändern.
Ich glaube Salamitaktik und stufenweises Vorgehen ist der Schlüssel zum Erfolg.
Du schaust dir deine Prozesse an, schaust welche Dateiformate genutzt werden, welche Software am Start ist und vereinheitlichst das über die Abteilungen und Standorte hinweg erst einmal.
Wenn verschiedene Teile deines Unternehmens über die Jahre teilweise ihren eigenen Stiefel gemacht haben musst du erstmal aufräumen bevor du an eine Umstellung denkst.

Dann würde ich sagen , Leuten im bestehenden Kontext Anwendungen anbieten die auch auf Linux verfügbar sind für Office, E-Mail, Chat, Meetings, Browser, Medien et cetera.
Wenn ich die Nutzer erfolgreich auf die Software die plattformübergreifend verfügbar ist geschult habe, ist die Sache deutlich angenehmer am Ende. Die Nutzer kennen sich aus und schieben nicht alle Probleme auf das "böse Linux". Entlastet ungemein. Auch die Tatsache dass weniger Dinge auf einmal zu lösen sind :)

Desktop Environment und Linux?
Ich würde tendieren zu Ubuntu LTS Version. Wir sind hier keine Gamer die ständig neue Hardware haben und deren Spiele stets die frischesten Treiber und Kompatibilitätsschichten benötigen. Möglichst wenig Aufwand.

Oberfläche: KDE
Wir haben in der Firma eh grade frisch Geräte gekauft und die Steinzeitteile ausgemustert, insofern ist Leistung kein Thema und eine Oberfläche die flexibel eingestellt werden kann und ähnlich dem bestehenden Windows gestyled werden kann eine gute Idee. Leute lieben was sie kennen und je weniger sie fremdeln desdo einfacher wird eine Umstellung.
 
pseudopseudonym schrieb:
Ich war aber auch schon mal in einem Startup, das bloß nichts mit Cloud machen wollte und alles selbst hosten wollte. Wie das gerade bei jungen Unternehmen so ist, gab es quasi nie genug Arbeitskraft, was dann so aussah, dass das Cluster monatelang keine Updates gesehen hat und bei einem Update mächtig Probleme aufgetreten sind. Instabilitäten und daraus resultierende gelegentliche Datenverluste waren auch nicht soooooo besonders.
Gerade für Startups ist natürlich eine Cloud besonders interessant. Weil die Eintrittsschwelle niedrig ist und man erst mal nicht so viel Investieren und (Mitarbeiter-)Ressourcen vorhalten muss.

pseudopseudonym schrieb:
Deswegen verstehe ich das grundsätzliche Gerante von einigen gegen die Cloud im Unternehmensbereich auch nicht so richtig. Lieber eine ordentliche Cloud-Lösung, als etwas hingefrickeltes, für das man gar nicht wirklich die Arbeitskraft hat.
Da bin ich auch durchaus auch bei Dir. Allerdings gibts halt auch den umgekehrten Fall. Da wird eine funktionierende IT in die Cloud migriert weil irgendein BWLer ausgrechnet hat, das man da zwei Euro fuffzig sparen kann und dann hat man am Ende es sogar schlechter, hat sich in eine Abhängigkeit begeben und das mit dem sparen kommt ja auch nicht unbedingt immer so hin.

pseudopseudonym schrieb:
Ja, Cloud birgt Risiken, man selbst ist aber auch nicht unbedingt die perfekte Lösung.
Ja eben. Von daher ist es halt wichtig, das man die Sache differenziert betrachtet und das nicht als "silver-bullet" hinstellt.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: pseudopseudonym
andy_m4 schrieb:
Da wird eine funktionierende IT in die Cloud migriert weil irgendein BWLer ausgrechnet hat, das man da zwei Euro fuffzig sparen kann und dann hat man am Ende es sogar schlechter, hat sich in eine Abhängigkeit begeben und das mit dem sparen kommt ja auch nicht unbedingt immer so hin.
Was die reinen Infrastrukturkosten (also Kosten für Rechenkapazität und Speicher) angeht, ist die Cloud fast immer teurer, zumindest für konstante Lasten. Wenn wenn es ums Abfangen von Peaks oder temporäre Projekte geht, sieht es natürlich wieder anders aus. Zur Zeit kann der Grund auch häufig lange Lieferzeiten von On-Premise Hardware sein.

Man muss auch wirklich unterscheiden, ob es um IaaS, PaaS oder SaaS geht. Um mal am Beispiel Altassian zu bleiben, auch wenn es eigentlich kein ideales Beispiel ist:
Wir haben in-House schon große Schwierigkeiten mit der On-Premise Version von Jira, weil das alles Java basiert ist und wir nun mal kein Java Know-How haben. Wegen eines Softwareproduktes dieses Know-How aufzubauen ist einfach wenig wirtschaftlich.
In solchen Fällen hilft SaaS eben, Risiken durch mangelndes In-House Know-How zu minimeren.
Bei den meisten IT Managern ist der Treiber für die Cloud nach meiner Erfahrung eben, das sie die Anforderungen des Business aufgrund des Mangels an verfügbaren Fachkräften im kompletten Eigenbetrieb nicht mehr erfüllen können.

Übrigens: Wenn man IT "irgendeinem BWLer" überlässt hat man was fundamental falsch gemacht. Eine professionelle IT (inkl. CIO) sollte dir wirtschaftlichen und die technischen Aspekte des IT Betriebes gleichermaßen verstehen.
 
Bei Servern kann man schauen, ob man auf ne Distribution ohne Support geht wie Ubuntu, Debian oder RockyLinux/AlmaLinux.

Man muss dann aber schon VIELE Server haben, damit sich das lohnt. Wegen <100 Servern würde ich nicht ernsthaft drüber nachdenken, wenn davon das tägliche Geschäft abhängt.

Wenn es Mission critical ist gehen eh nur Distributoren mit Support wie RedHat/Suse/Ubuntu-Server.

Mein Favorit ist RedHat.

Wenn man mal so 500+ Server hat kann man das Geld für den Distributor Support nehmen und selbst machen. Aber auch da sollte es nicht hart Mission critical sein. Denn wenn es nen Security Issue gibt schaltest du das System im Zweifel ab bzw sperrt zumindest die User aus. Alles schon erlebt in den letzten 10 Jahren und nicht nur einmalig...

Dann macht es schon einen Unterschied ob du auf den open source Support warten musst oder eben druck machen kannst beim bezahlten Support...

Mordenkainen schrieb:
Ich arbeite in einer Firma so großen Teilen Linux nutzen. Lösung bei uns ist: Jede*r Mitarbeitende darf die Distro nutzen die gefällt mit dem WM/DE des Geschmacks, bei manchen ist das Arch, bei anderen Ubuntu, bei mir Fedora mit Gnome. Und als Server recht bunt gemischt Ubuntu, Debian und CentOS-ähnliche.

Nicht-IT Mitarbeitende nutzen aber geschlossen Windows und MacOS.
Finde es jedenfalls nicht sinnvoll den Mitarbeitenden da eine Distro mit ner bestimmten Oberfläche vorzuschreiben.
Und wie gewährleistet ihr die Sicherheit. Im Prinzip musst du ja bei CentOS nach jedem Minor Release sofort Updaten. Und dann hat es auch schon Tage/Wochen gebraucht bis mal nen Minor Release da war mit Security Fixes...

Also bei nem Desktop, der ja ins Netz geht das den Usern zu überlassen halte ich für fahrlässig.

fishraven schrieb:
Kann man machen, wenn man nichts kritisches betreibt und sparen muss.
Du wirst dich wundern wieviel kritische Infrastruktur auf Linux läuft und das hat seine Gründe....
 
Zurück
Oben