flexibler Stromtarif sinnvoll?

spcqike

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Hallo zusammen,

wie einige wissen gibt es ja diverse Stromanbieter, die den Strompreis flexibel gestalten, also stündlich über den aktuellen Börsenpreis ermitteln.
aWATTar und Tibber beispielsweise.


Da wir nun auch eine Preiserhöhung bekommen haben (zwar "nur" auf 0,34€/kWh aber dennoch ~30% mehr), bin ich am überlegen, ob man nicht wechseln sollte.

Zu unserer Situation, wir wohnen in einem Haus auf 3 Etagen und haben eine Grundlast von 200-250W, ermittelt am freigeschaltenen smarten Stromzähler, aufgezeichnet dank Mikrocontroller, Tasmota und etwas Smart-Home-Magie. Den Verbrauch kann ich also ganz gut abbilden und auswerten.

in den letzten 2 Wochen habe ich nun den stündlichen Verbrauch in kWh gegen den Preis von aWATTar (also den per API abrufbaren Börsenpreis zzgl. 3% und 15,83Cent Aufschlag) und meinen tatsächlichen Kosten von 34Cent/kWh gerechnet und das Ganze einfach mal mit protokolliert.

Bei unserem Lastprofil (wie gesagt 200-250W 24/7, Geschirrspüler und Waschmaschine laufen oft Nachts, sodass sie frühs gegen 5 oder 6 Uhr fertig sind), komme ich beim flexbilen Tarif auf eine theoretische Ersparnis von ~1€ täglich (abhängig vom tatsächlichen Börsenpreis)

In Summe wäre aWATTar bei uns in den vergangenen 14 Tagen 11€ günstiger gewesen, als es beim aktuellen Anbieter ist.

hat jemand praktische Erfahrungen damit, die er gerne teilen möchte? Gibt es Fallstricke, die man in solch einer groben Planung nicht berücksichtigt? versteckte Kosten, die man so nicht sieht?

in Diagrammen ausgedrückt sieht es ungefähr so aus:
Leistungsbezug einer Woche
verbrauch.PNG

Kostenvergleich 2 Wochen
stündlich.PNG
Hier sieht man ganz gut, dass Nachts der Börsenpreis gering ist, da die grüne Linie niedriger ist. Das hat sich in den letzten Tagen etwas angeglichen, da wir wohl weniger Wind haben (zumindest sieht das auf der aWATTar Seite so aus)

Eine weitere Überlegung die ich in diesem Zusammenhang habe: die 40Cent/kWh Strompreisdeckel greifen auch hier, oder? Heißt: ich kann höchstens mal 6 Cent/kWh mehr zahlen (für ein paar Stunden), habe aber regelmäßig > 6Cent/kWh weniger (bspw Nachts, wo der Börsenpreis oft gegen 0 Cent/kWh läuft)

Oder auch extremer, jemand, der aktuell > 40Cent/kWh zahlen müsste, könnte mit solch einem Tarif nur gewinnen, oder? Nachts günstiger und tagsüber maximal auf 40 Cent gedeckelt, anstatt direkt 24/7 40Cent Deckel zu haben.


Wie gesagt, nutzt jemand von euch sowas bereits? wie sind eure Erfahungen? lohnt sich das wirklich so, wie man das "grob übern Daumen gepeilt" ausrechnet? Oder stecken dahinter noch diverse versteckte Kosten und Fallstricke?

(in meinem Fall wäre die Grundgebühr wohl noch 2€/Monat teurer, dem ja aber aktuell fast 20€/Monat Ersparnis beim Arbeitspreis entgegenstehen...)

Grüße

PS: mir fällt grad noch ein, mein Skript berücksichtigt die 40 Cent Deckelung noch gar nicht. Das muss ich mal noch einbauen. Ab einem Börsenpreis von ~23,5Cent/kWh sollte die dann ja greifen...
 
spcqike schrieb:
hat jemand praktische Erfahrungen damit, die er gerne teilen möchte? Gibt es Fallstricke, die man in solch einer groben Planung nicht berücksichtigt?
Man müsste sich m.M.n. mind. den Bördenpreis des gesamten letzten Jahres ansehen und nicht nur einen kleinen Ausschnitt von zwei Wochen.

Wenn ich mir das hier ansehe (das war der erste Chart, den ich zufälig gefunden habe), dann war der Spotmarktpreis im letzten Monat relativ günstig:
https://www.bricklebrit.com/stromboerse_leipzig.html

spcqike schrieb:
Eine weitere Überlegung die ich in diesem Zusammenhang habe: die 40Cent/kWh Strompreisdeckel greifen auch hier, oder? Heißt: ich kann höchstens mal 6 Cent/kWh mehr zahlen (für ein paar Stunden), habe aber regelmäßig > 6Cent/kWh weniger (bspw Nachts, wo der Börsenpreis oft gegen 0 Cent/kWh läuft)
Dass die 40 Ct/kWh zum Glück nur für 80 % des (auf Basis des Vorjahresverbrauches berechneten) Abschlages gelten, sollte wohl hinlänglich bekannt sien. Wie das bei solchen dynamische Tarifen gehandhabt wird, ist mir nicht bekannt, Im Gesetz steht dazu m.W.n. nichts. Man müsste also beim Stromanbieter fragen, ob der dafür einen Durchschnittspreis heran zieht oder wie das gerechnet wird. Mir ist noch nicht einmal klar, wie der Anbieter einen monatlischen Abschlag berechnet.

Außerdem wird da bei Einheitstarifen nichts direkt gedeckelt. Der Stromanbieter berechnet des Abschlag mit dem aktuellen Preis, und der Staat schenkt den Leuten eine Gutschrift für 80% der Abschlages mit der Differenz von 40 Ct/kWh zum realen Einheitspreis.

spcqike schrieb:
Oder auch extremer, jemand, der aktuell > 40Cent/kWh zahlen müsste, könnte mit solch einem Tarif nur gewinnen, oder?
Dazu müsste man halt den zu erwartenden Strompreis an der Börse für das gesamt Jahr kennen. Und genau doie reale Entwicklung des Spotmarktpreises in der Zukunft.

Aber meine vermutung wäre, dass Du, solange der Spotmarktpreis nicht wieder durch die Decke geht, gewinnen solltest. Vermutlich genauso, wie wenn Du einen Tarif mit festen Preisen für Nacht- und Tagstrombezug hättest, da Du Deine Verbräuche wohl überwiegend in die Nacht legst.
 
Ich glaube, ein dynamischer Tarif lohnt sich eigentlich nur dann, wenn du deinen Bedarf tagsüber aus einer eigenen PV-Anlage decken kannst. Gerade dann schießen die Preise bei Tibber & Co. in die Höhe (stecke nicht so tief drin, las aber bereits von teil 90 ct/kWh).
 
gymfan schrieb:
Wenn ich mir das hier ansehe (das war der erste Chart, den ich zufälig gefunden habe), dann war der Spotmarktpreis im letzten Monat relativ günstig:
https://www.bricklebrit.com/stromboerse_leipzig.html
Der Markt ist auch wieder günstig. günstiger, als er vor 2022, aber noch nicht ganz auf dem Niveau von Q1/Q2 2021.
Eine schöne Übersicht findest du hier
https://energy-charts.info/charts/p...erval=year&year=2022&legendItems=000010000000
kosten2022.PNG

bei Bedarf kann man natürlich in den Monat oder die KW einsteigen und genauer nachgucken.

Ob der aktuelle Kurs als Trend vor das gesamte Jahr 2023 gesehen werden kann? keine Ahnung. wird sich zeigen. Fakt ist, die Versorger haben bereits Ende 2021 bedeutend mehr zahlen müssen als die Kunden dank ihrer Preisgarantie zahlen mussten. 2022 ging das Ganze weiter. Sodass die aktuellen Endkundenverträge nach oben korrigiert wurden. Verträge mit > 60Cen/kWh sind ja keine Seltenheit, wobei der Börsenpreis aktuell bei 0-25Cent/kWh liegt. Nachts weniger, tagsüber mehr. gemittelt würd ich schätzen so 15-20Cent/kWh.

Die Gasspeicher sind ja noch gut gefüllt, die Tage werden länger (mehr günstiger PV Strom kommt auf den Markt), ich sehe keinen Grund, warum der Preis wieder jenseits der 50Cent/kWh wachsen sollte.

Und auch 2022 lag der (geschätzte) gemittelte Preis irgendwo bei 30-40 Cent / kWh.
gymfan schrieb:
Dass die 40 Ct/kWh zum Glück nur für 80 % des (auf Basis des Vorjahresverbrauches berechneten) Abschlages gelten, sollte wohl hinlänglich bekannt sien. Wie das bei solchen dynamische Tarifen gehandhabt wird, ist mir nicht bekannt, Im Gesetz steht dazu m.W.n. nichts. Man müsste also beim Stromanbieter fragen, ob der dafür einen Durchschnittspreis heran zieht oder wie das gerechnet wird. Mir ist noch nicht einmal klar, wie der Anbieter einen monatlischen Abschlag berechnet.
Der monatliche Abschlag wird ganz genau berechnet. Der Stromzähler wird live ausgelesen, die stündlichen Verbräuche gemeldet / protokolliert und dann, mit dem zugrundeliegenden Börsenpreis verrechnet. Ganz genau auf die aktuelle Stunde. Kein Mittelwert, keine Schätzung.

Irgendwo hab ich gelesen, dass wohl tatsächlich auf 40Cent/kWh pro Stunde gedeckelt wird. Hab aber nichts offizielles dazu bekommen (nur so Foren bla bla... daher die Frage hier, ob jemand sowas bereits hat / aus eigener Erfahrung berichten kann)

gymfan schrieb:
Außerdem wird da bei Einheitstarifen nichts direkt gedeckelt. Der Stromanbieter berechnet des Abschlag mit dem aktuellen Preis, und der Staat schenkt den Leuten eine Gutschrift für 80% der Abschlages mit der Differenz von 40 Ct/kWh zum realen Einheitspreis.
Das wird hier ähnlich sein. nur eben nicht bei der Jahresrechnung, sondern mit der Monatsrechnung.
Auch die 80% stimmen, sollten aber nicht so "ins Gewicht fallen". Anders als bei einem "normalen" Stromtarif mit Festpreis, bei dem der Preis >40Cent/kWh ja für das gesamte Jahr gilt, hat man bei dem flexiblen Stromtarif ja nicht dauerhaft >40Cent, die subventioniert werden müssen. aktuell sind das bei aWATTar wenige Stunden am Tag (alles, wo im "Hourly" Tarif der Börsenpreis bei >=23,4Cent/kWh hausiert. zzgl. der 3% AUfschlag und der 15,83Cent Entgelte kommt ein Gesamtpreis von ~40Cent heraus.)

Die 80% beziehen sich, wie du schreibst, auf den Vorjahresverbrauch. 80% des Vorjahresverbrauchs werden subventioniert. Meines Verständnisses nach, ist es mit einem flexiblen Stromtarif aktuell unmöglich dies zu knacken / überschreiten. Das wäre erst der Fall, wenn > 12h am Tag der Börsenpreis >24 Cent liegt. Und dann muss dort ja noch betrachtet werden, wie viel kWh tatsächlich in dieser Zeit verbraucht wurden. Ist der Preis zur Mittagszeit hoch, wo ich gar nicht zu Hause bin und nichts verbrauche (bis auf Grundlast), fällt das ja bei den "80% des Vorjahres" nicht ins Gewicht.

gymfan schrieb:
Aber meine vermutung wäre, dass Du, solange der Spotmarktpreis nicht wieder durch die Decke geht, gewinnen solltest. Vermutlich genauso, wie wenn Du einen Tarif mit festen Preisen für Nacht- und Tagstrombezug hättest, da Du Deine Verbräuche wohl überwiegend in die Nacht legst.
Naja, der Großteils meines Verbrauchs ist gleichmäßig über den Tag verteilt :) und zwar die 200W Grundlast. größere Verbräuche (Aufheizen der Waschmaschine und des Geschirrspülers) werden, wenn möglich, nachts gemacht. Das aber auch eher aus praktischen Gründen. (tagsüber mit den Kindern kommen wir selten dazu. Wenn die dann im Bett sind wird etwas im Haushalt geschafft, also eben Abends und Morgens. und damit das Geschleuder und Gerummse Abends nicht stört, muss es eben Nachts laufen :D )

trabifant schrieb:
Ich glaube, ein dynamischer Tarif lohnt sich eigentlich nur dann, wenn du deinen Bedarf tagsüber aus einer eigenen PV-Anlage decken kannst. Gerade dann schießen die Preise bei Tibber & Co. in die Höhe (stecke nicht so tief drin, las aber bereits von teil 90 ct/kWh).
Warum genau glaubst du das?
Ich denke, selbst wenn ich tagsüber autark bin, ist der Preis auf der Börse nachts noch immer günstiger, als es bei meinem (und wahrscheinlich allen) aktuellen Tarifen mit Festpreis der Fall ist.
Auch für dich, weiter oben ist der Link zu energy-charts. Da siehst du die Börsenpreise ganz gut. am teuersten ist der Strom meistens 8Uhr und 18 Uhr. Mittags ist er teilweise sogar günstiger. (niemand zu Hause, auch die Industrie hat vielerorts MIttagspause und verbraucht weniger und womöglich scheint die Sonne am stärksten, sodass auch PV Leistung rüber kommt)

90Cent gab es gewiss auf den Märkten. auf dem Inter-Day Markt sogar aktuell noch. Für die tatsächliche Endkundenpreisbildung wird jedoch der Day-Ahead Markt genommen. Differenzen sind wohl Unternehmerisches Risiko, was eben 1 Jahr im Voraus eingepreist werden muss (bzw. im Falle von flexiblen Tarifen 1 Tag im Voraus, damit begründe ich mir bspw, auch die 3% Aufschlag, wenn auch ein Teil davon Gewinn für den Anbieter sein müssten :), der will ja auch von etwas leben)
 
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