Gas- und Ölpreis

Leitwolf22

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Ich hätte da ein paar Fragen.

1. Versteh ich den Gaspreis an der Börse nicht. Die gehandelte Einheit heißt mmBTu, oder Mio. British Thermal Unit. Ein BTu entspricht 1055,6 Joule. Eine Million davon macht dann 1,0556 Mrd. Joule. Und da eine KWh 3,6 Mio Joule entspricht, ergibt sich für ein mmBTu 293KWh (= 105560000/3600000).
Nun steht der Gaspreis an dere Börse dzt. bei 9,3 USD und eine MWh müsste daher 9,3/0.293 = 31,7 USD kosten, bzw. den gleichen Betrag in Euro da Euro/USD Parität. Stattdessen gibt es aber Meldungen wonach der Gaspreis dzt. bei bis zu 350 Euro pro MWh läge. Ich kann mir schwer vorstellen, dass europäischer bzw. internationaler Gaspreis so weit auseinander liegen.
Es macht aber auch anders rum kaum Sinn, weil der Börsenpreis vor kurzem noch bei ca. 2 USD lag. Bei obiger Umrechnung wäre KWh dann nur auf 6,8 USD gekommen, bzw. ein KWh auf weniger als einen Cent. Irgendwie stimmt da die Umrechnung vermutlich nicht.

2. Wenn, wie gemeldet, der Gaspreis bei 350 Euro pro MWh liegt, dann bietet sich der Vergleich mit Erdöl an. Der Brennwert liegt bei 11,9KWh pro kg. Nehmen wir eine Dichte von 0,85 an, dann wären das rund 10KWh pro Liter, und 1590KWh pro Fass (159l). Da ein Fass bei 93 USD notiert, käme eine MWh auf einen Preis von 58,5 USD. Das heißt als Energie würde Gas 6 mal so viel Öl kosten. Unabhängig von allen Fragen des Wirkungsgrades, müsste man dann ja von Gas auf Öl umsteigen, wo immer das möglich ist. Abgesehen davon stellt sich die Frage, wie zwei an sich substituierbare Güter wie Gas und Öl so weit im Preis auseinander liegen können.

Kann mich jemand aufklären?
lg.
 
Energiesteuer, EBV-Beitrag, IWO Beitrag, Mehrwertsteuer .... sind alles noch Abgaben die du auf die Roh-Produktpreise mit draufschlagen musst.

Weiterhin kommen dann noch Transportkosten. Öl und alle Öl-Raffenerie-Produkte kannst du "einfacher" transportieren als Gas, somit auch günstiger transportieren.
 
Leitwolf22 schrieb:
(...)Nun steht der Gaspreis an dere Börse dzt. bei 9,3 USD und eine MWh müsste daher 9,3/0.293 = 31,7 USD kosten, bzw. den gleichen Betrag in Euro da Euro/USD Parität. Stattdessen gibt es aber Meldungen wonach der Gaspreis dzt. bei bis zu 350 Euro pro MWh läge. Ich kann mir schwer vorstellen, dass europäischer bzw. internationaler Gaspreis so weit auseinander liegen.
(...)
Das stimmt tatsächlich, Deine Rechnung stimmt. Zusätzlich verschärft wird das Problem, da der Strompreis mit dem derzeitigen Preisbildungsmodell Merit-Order direkt mit den teueren Gaskraftwerken gekoppelt ist.
Leitwolf22 schrieb:
(...)Unabhängig von allen Fragen des Wirkungsgrades, müsste man dann ja von Gas auf Öl umsteigen, wo immer das möglich ist. Abgesehen davon stellt sich die Frage, wie zwei an sich substituierbare Güter wie Gas und Öl so weit im Preis auseinander liegen können.(...)
Wer unmittelbar kann steigt derzeit auf Öl um, aber ganz so einfach ist es eben nicht, denn oft sind kostenintensive Umstellungsmaßnahmen notwendig. Die Preisexplosion beim Gas geschah ja relativ kurzfristig, kaum jemand hatte das in seiner Investitionsplanung drin.
 
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Und außerdem merkt man diese ganze Umstellerei dem Ölpreis auch schon an. Der ist schon wieder bei 1,7€/Liter, fast so teuer wie Diesel, dabei war Heizöl eine ganze Weile deutlich günstiger als Diesel (60ct/l noch 2019).
 
Danke, aber ich denke nicht, dass das Problem was mit Steuern und Abgaben zu tun hat.

Laut Wikipedia hätte Österreich zuletzt rund 200.000 Terajoule an Gas verbraucht (und D ca. 10fache). Umrechnen ergibt, dass das 55 Mio MWh sein sollten. Nicht alles, aber ein Großteil (70-80%) davon stammt aus Russland.

Gestern kam dazu die Meldung, dass Österreich 2021 noch 3,5 Mrd Euro für Gas an Russland zahlte, es heuer aber an die 10 Mrd Euro sein dürften (Daumen rauf für die intelligenten Sanktionen!). Wenn Österreich 2021 für sagen wir 40 Mio MWh 3,5 Mrd zahlte, dann lag der Gaspreis bei 87,5 Euro/MWh. Heuer hingegen läge der Preis im Schnitt bei rund 250 Euro/MWh (=10000/40). Wir zahlen aber wohl keine Steuern bzw. Abgaben an Russland.

Kurz um, die medial kolportierten Preise stimmen einfach nicht mit den oben errechneten Börsenpreisen überein. Letztere sind einfach unrealistisch niedrig, weshalb ich nach wie vor vermute die Umrechnung kann so nicht stimmen. Zum anderen konterkariert der medial berichtete Gaspreis die Mär vom "billigen russischen Gas". Das scheint mir im Vergleich zu Erdöl schon vor der aktuellen Krise eher sehr teuer gewesen zu sein.
 
Du Ignorierst den Transport.
Wenn es keine passende Pipeline gibt, wird der Transport kompliziert und sehr teuer.

Die Transportkosten siehst du logischerweiße nicht an den Börsenpreisen.

Leitwolf22 schrieb:
Gestern kam dazu die Meldung, dass Österreich 2021 noch 3,5 Mrd Euro für Gas an Russland zahlte, es heuer aber an die 10 Mrd Euro sein dürften (Daumen rauf für die intelligenten Sanktionen!).
Du verwechselst da was.
Wir haben Russland den Technologiehahn zugedreht.
Russland hat uns den Gashahn zugedreht.
Nur weil Russland noch gut an seinen Energieexporten verdient, heißt das nicht, dass die Sanktionen nutzlos sind.
 
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florian. schrieb:
Du verwechselst da was.
Wir haben Russland den Technologiehahn zugedreht.
Russland hat uns den Gashahn zugedreht.
Nur weil Russland noch gut an seinen Energieexporten verdient, heißt das nicht, dass die Sanktionen nutzlos sind.

Ich mein auch nicht die Sanktionen per se, sondern die Idee russisches Gas zu "sanktionieren". Das bedeutet für sich halt eine Angebotsverknappung und dadurch steigende Preise, und damit mehr Geld an Russland. Genau das Gegenteil dessen was man wollen sollte. Stattdessen hätte man wohl eher auf alternative Bezugsquellen und eigene Förderung setzen müssen, was zu mehr Angebot und niedrigeren Preisen geführt hätte. Dazu vielleicht eine Senkung der Abgaben, dafür aber Zölle auf russisches Gas usw.

Will ich aber gar nicht diskutieren, ist eine andere Bausstelle. Ich würde nur gern mal wissen, was es mit der geschilderten Diskrepanz bei den Gaspreisen auf sich hat..
 
Die Diskrepanz ergibt sich daher, dass es langfristige Abnehmverträge für Gas gab (20 Jahre und mehr zu quasi Fixpreisen). Dieses Gas landete nie an den Börsen. Deswegen war der Börsenpreis immer schon höher, da er nur zur Abdeckung von Spitzen verwendet wurde.

Sprich das meiste Gas wurde mit billigem Fixpreis gekauft und deckte den Großteil des Verbrauchs. Der Rest wurde an der Börse zugekauft zu deutlich höherem Preis.
Deswegen geht sich deine Rechnung nicht aus.

Die Mehrkosten jetzt sind die zusätzlichen Gasreserven die man kauft - obwohl das Fixpreis Gas immer noch kommt, wenn auch manchmal verringert, aber die Lieferverträge werden im Prinzip eingehalten ("technische Störungen" die zu Unterbrechungen führen mal ausgenommen).
Also auch jetzt wird nicht alles über die Börse gehandelt. Es gibt auch neue Lieferverträge für LNG mit anderen Ländern zu fixen Preisen, welches zwar teurer, aber nicht so teuer wie an der Börse gekauft wird.

Man darf auch nicht vergessen, dass die Lagerung von Gas sehr teuer ist und sich eigentlich nicht rentiert und man die Gasförderung von einem Feld nicht einfach abdrehen kann. Man braucht also für die Gasfelder möglichst konstante Verbraucher - deswegen langfristige Verträge.
 
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Leitwolf22 schrieb:
(...)Will ich aber gar nicht diskutieren, ist eine andere Bausstelle. Ich würde nur gern mal wissen, was es mit der geschilderten Diskrepanz bei den Gaspreisen auf sich hat..
Du kannst derzeit nicht den US Markt...
1661843841482.png

link

mit dem europäischen Markt...
1661843921864.png

link
vergleichen. Es gibt wie bereits mehrfach erwähnt die Transportkapazitäten nicht um diese Diskrepanz auszugleichen.

Es ist tatsächlich so, dass derzeit eine MWh Gas auf dem US Markt ca. 32 € und in Europa ca. 315 € kostet.
1661844179828.png

Umrechnung

Und es dürfte auch klar sein, dass unsere Wettbewerbsfähigkeit damit den Bach runtergeht. Denn in vielen Wertschöpfungsketten stecken erhebliche Energiekosten.
 
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@Binalog

Vielen Dank für den Chart zu den EEX Daten. Leider ist der Zeitraum etwas kurz geraten.

Ich habe da aber noch was anderes gefunden, was etwas Licht in die Sache bringen dürfte, und zwar der Börsenpreis für Holländisches Gas in MWh (offenbar).

https://www.theice.com/products/27996665/Dutch-TTF-Gas-Futures/data?marketId=5419234&span=3

Demnach schaut es tatsächlich so aus, als hätte sich der Preis 2020 um die 15Euro (Dollar?, wurscht) bewegt, und ist seit dem erst auf astronomische Höhen geklettert. So betrachtet war Gas als Energieträger tatsächlich günstiger als Öl. Nur, dass sich das jetzt eben ins extreme Gegenteil verkehrt hat.
 
Es ist ein ungünstiges Unterfangen, ohne Vorkenntnisse ein Gut mit länderbezogenen zum Teil hohen Steuer- und Nebenabgaben, anhand seines nackten Börsenpreises + Umrechnungsfaktoren für den Endkunden beurteilen zu wollen.
Als Gas z. Bsp. noch preiswert war, lag der reine Börsenpreis Heizgas schon für den mittelgroßen deutschen Abnehmer bei nackten rund 2 Cent/kWh und der Endkundenpreis inkl. Umst. bei rund 4,5-5 Cent/kWh + Grundgebühren.

Da hilft es wenig, jetzt Börsencharts aus anderen Ländern für eine Preisbeurteilung des deutschen Marktes heran zu ziehen.
Bei Öl sind die Preisnotierungen für bestimmte Rohölsorten auch eher Spielerei/Nebenschauplätze, weil z. Bsp. von mir geschätzte 90% unseres Ölimportes gar nicht darüber abgerechnet werden.
 
Die Öl- und Gaspreise sind abhängig vom Weltmarkt aber auch immer von der Situation vor Ort.

Es bringt bspw. nichts, wenn der Ölpreis auf dem Weltmarkt fällt, jedoch der Rhein Niedrigwasser hat und somit keine Schiffe fahren können um Ölprodukte zu transportieren. Damit gibt es vor Ort eine Verknappung der Produkte und damit steigt dann auch der Preis.

M.E. gibt es so viele Einflussfaktoren am endgültigen Preis, dass man sich dies nicht einfach so mal eben nebenbei herleiten kann. Selbst einfache Korrelationen können ja aufgehoben werden, durch Sonderereignisse vor Ort.
 
Wenn wir Neukunde werden würden, wüsste ich im Moment nicht wie wir das bezahlen sollten. 🤷‍♂️
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Leitwolf22 schrieb:
Unabhängig von allen Fragen des Wirkungsgrades, müsste man dann ja von Gas auf Öl umsteigen, wo immer das möglich ist.
Und genau das machen derzeit ganz viele Firmen. Sie steigen von Gas auf Öl um wenn machbar. Problem dabei, es gibt derzeit kaum Brenner zum umrüsten und wenn liegt die Lieferzeit bei 20 Wochen und länger.
 
JimmyTheApe schrieb:
Wenn wir Neukunde werden würden, wüsste ich im Moment nicht wie wir das bezahlen sollten. 🤷‍♂️
Anhang anzeigen 1255391
Wie sieht’s eigentlich mit den Grundversorgern aus? Wie dürfen die ihre Preise anpassen?
Ich will im Prinzip nächstes Jahr ins Elternhaus ziehen. Beim Grundversorger zahle ich heute was um die 18c/kWh. Macht ca. 200€. Bekommt man noch gestemmt, wenn’s weiter hoch gut ist dann aber Paris Athen auf Wiedersehen.
 
Die dürfen meist innerhalb von 4 oder 6 Wochen jederzeit die Preise in beliebiger Höhe erhöhen.
Die Grundversorger haben meist längerfristige Gasbeschaffung und somit noch Preisvorteile durch billigeren Einkauf von vor 36 oder 48 Monaten, welche aber auch irgendwann einmal auslaufen.
Im Trend steigender Einkaufspreise gut für den Endkunden, im Fall des fallenden Preistrends schlecht für den Endkunden.
 
Soweit ich weiß ist auch der Grundversorger ja an keine Preise gebunden nur weil er Grundversorger ist.
Grundversorger sein heißt doch nur, dass ich niemanden ablehnen darf, oder? So mein Verständnis bisher.
 
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