Monatliche Exponentielle Verzinsung mit Inflation - wo ist der Fehler?

Kagee

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Hallo zusammen,

eigentlich wollte ich nur eine recht einfache Zinsrechnung aufmachen und bin aber auf ein Problem gestoßen, dass ich bis jetzt nicht lösen konnte. Entweder eine meiner Annahmen ist falsch oder eine der Berechnungsformeln.

Ausgangsituation: Ich möchte eine Zinsrechnung aufstellen, die die Verzinsung monatsgenau ausgeben kann. Dabei berücksichtigt werden soll nicht nur eine Verzinsung einer Guthabensumme sondern auch deren Inflation - auch monatsgenau. Für eine einfache Beispielrechnung setze ich folgende Werte fest:
  • Anfangsbetrag: 1000€
  • Zinsen: 6% eff. pro Jahr
  • Inflation (als negative Zinsen): -2% eff. pro Jahr
Folgende Annahmen habe ich für den Betrag nach 12 Monaten getroffen um zu prüfen, ob die verwendete Formel korrekt ist:
  1. Ist die Inflation 0% und die Zinsen 6%, muss die Summe nach 12 Monaten 1060,00€ betragen (1000€ * 1,06/1)
  2. Ist die Inflation -2% und die Zinsen 0%, muss die Summe nach 12 Monaten 980,39€ betragen (1000€ * 1/1,02)
  3. Sind Inflation und Zinsen gleich, muss die Summe nach 12 Monaten 1000,00€ betragen (1000€ * 1,02/1,02)
  4. Der Wert nach 12 Monaten muss stehts dem einfach berechneten Jahreszins entsprechen, wenn man die Inflation vom Zinssatz abzieht: 1000,00€ * (1+0,06-0,02) = 1040,00€
Um die jährlichen Zinsen/Inflation in monatliche umzurechnen habe ich folgende Formel angewandt:
f1.png

ZMonat,Zinsen = f(0,06) =0,0048675505653431
ZMonat,Inflation = f(-0,02) =-0,0016515813019202

Die Verzinsung wird mit folgender Formel berechnet:
f2.png


Die Ergebnisse sind wie folgt, abzulesen auch hier: https://dotnetfiddle.net/ohl9Qf
ZinsInfl.PNG


AnnahmeErwartungErgebnisÜbereinstimmung?
11060,00€1060,00€ja
2980,39€980,36€nein
31000,00€1000,00€ja
41040,00€1039,28€nein

Nun meine Frage: Ist eine meiner Annahmen oder einer der Berechnungsformel falsch? Oder eventuell beides? Da beide Werte mit Inflation falsch sind, denke ich dort ist irgendwo der Wurm drin.
 
In Annahme 2 rechnest du guthaben * 1/(1+|inflation|),
In der Verzinsungsformel rechnest du guthaben * (1 + inflation)

Für ZMonat,Inflation = f(-0,02) =-0,0016515813019202 macht das in Annahme 2
guthaben * 0,998351142,
in der Verzinsungsformel guthaben * 0,998348419
 
Fall 1 und Fall 3 sind auf jeden Fall (ebenfalls) falsch (okay, Fall 3 mit Realzins=0 ist dadurch - eher zufällig - trotz falscher Berechnung richtig). Bei monatlicher Verzinsung muss ein höherer Wert als 1060 herauskommen, Stichwort Zinseszins. In Fall 1 dementsprechend 1000×(1+0,005)12=1.061,68.

Deine Formeln für Monatszinssatz/-inflation sind falsch und unnötig kompliziert. Richtig wäre ein ganz einfaches Jahreszins/12, also in dem Beispiel 0,5% pro Monat. Gut, genaugenommen müsste man statt 12 als Divisor den Ausdruck [Tage_pro_jeweiligem_Monat/Tage_pro_Jahr] verwenden, um es wirklich monatsgenau abzubilden. Inflationsrate dementsprechend genauso.

Deine Werte sind nur deshalb "annähernd" bzw. fast richtig, weil bei den verwendeten Jahreszinssätzen (1+Zins)1/12 ungefähr gleich 1+Zins/12 ist. Sieht man hier sehr schön, wie bei höheren Zinsen (x-Achse) die Abweichung immer größer wird:
Screenshot_2018-07-08 Wolfram Alpha Making the world’s knowledge computable.png


Ich würde dir zudem nahelegen, die Inflationsrate als positiven Wert (den sie nun einmal ihrer Bedeutung nach hat) zu behandeln. Die akzeptierte Berechnungsmethode für den Realzins ist "Sollzins minus (positive Inflationsrate)", nicht "Sollzins + (-Inflation)", auch wenn es mathematisch natürlich dasselbe ist. Eine Inflationsrate von bspw. -2% impliziert eine Deflation und damit 6-(-2)=8% Realzins.
 
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striker159 schrieb:
In Annahme 2 rechnest du guthaben * 1/(1+|inflation|),
In der Verzinsungsformel rechnest du guthaben * (1 + inflation)

Für ZMonat,Inflation = f(-0,02) =-0,0016515813019202 macht das in Annahme 2
guthaben * 0,998351142,
in der Verzinsungsformel guthaben * 0,998348419
Der Punkt ist, dass die Zinsen real sind, die Inflation aber nicht. Bei den Zinsen ist klar, dass wenn ich heute 1000€ haben und 6% p.a. bekommen, dann haben ich in einem Jahr 1060€, die man auch so auf dem Kontoauszug sieht. Die Inflation erscheint aber auf keinem Kontoauszug, denn es ist kein real fassbarer Wert. Daher muss man sich überlegen was man hier berechnen möchte, denn es gibt hier zwei Optionen:
a.) Wenn ich heute 1000€ habe, wie viel muss ich in einem Jahr haben um die gleiche Kaufkraft zu haben?
b.) Wenn ich in einem Jahr 1000€ habe, welcher Betrag hat heute die gleiche Kaufkraft?

In Annahme 2 soll das Ergebnis 980,39€ sein, 980,39€ * 1,02 = 1000€ ergibt, bedeutet hier die Option b. gewählt wurde, nur dazu passt dann die Erwartung von Annahme 4 nicht da 1060€ / 1,02 = 1039,22€ ergibt. Der Unterschied ist eben, von welcher Basis man ausgeht und die Rechnung im Quellcode:
guthaben[n] = guthaben[n]*(1.0+zMonatZinsen[n]+zMonatInflation[n]);
geht als Basis jeweils vom aktuellen Guthaben aus, was etwas anderes ist als wenn sie so wäre:
guthaben[n] = guthaben[n]*(1.0+zMonatZinsen[n]);
guthaben[n] = guthaben[n]*(1.0+zMonatInflation[n]);
Damit wäre jeweils das Guthaben um den Zins höher und es wird berechnet welcher Kaufkraft dieser Betrag zu Beginn der Zinsperiode entsprochen hat.

Kagee, überlege Dir ob Du die Frage zur Inflation nach der Option a oder b stellen willst, ob Du also vom aktuellen Zeitpunkt ausgehen und in die Zukunft schauen willst welcher Wert dann der aktuelle Kaufkraft entspricht, oder ob Du Dich rückwärts gewandt fragen willst vor einem bestimmten Zeitpunkt der heutigen Kaufkraft entsprach, was jeweils eine unterschiedliche Berechnungsbasis ergibt.
Plutos schrieb:
Fall 1 und Fall 3 sind auf jeden Fall (ebenfalls) falsch (okay, Fall 3 mit Realzins=0 ist dadurch - eher zufällig - trotz falscher Berechnung richtig). Bei monatlicher Verzinsung muss ein höherer Wert als 1060 herauskommen, Stichwort Zinseszins. In Fall 1 dementsprechend 1000×(1+0,005)12=1.061,68.
Nein, Du liegst falsch, denn die Frage ist ja, wie sieht es bei 6% p.a. im Jahr aus, wenn die Zinsen monatlich ausgezahlt werden. Wegen des Zinseszins muss der monatliche Zinssatz natürlich geringer als der jährliche/12 ausfallen.
Plutos schrieb:
Deine Formeln für Monatszinssatz/-inflation sind falsch und unnötig kompliziert.
Nein, die Formel stimmt.
Plutos schrieb:
Richtig wäre ein ganz einfaches Jahreszins/12, also in dem Beispiel 0,5% pro Monat.
Nein, denn dann wäre der Jährliche Zinssatz ja auch höher als angegeben und Du würdest eben ausrechnen wie viele Zinsen man bei 0,5% monatlichen Zinsen bekommt, was aber eben mehr als 6% pro Jahr sind. Die Frage des TE ist aber eine andere, man kennt den jährlichen Zinssatz und berechnet den sich aufgrund des Zinseszins dabei angewendeten monatlichen Zins.
 
striker159 schrieb:
Für ZMonat,Inflation = f(-0,02) =-0,0016515813019202 macht das in Annahme 2
guthaben * 0,998351142,
in der Verzinsungsformel guthaben * 0,998348419

Holt schrieb:
Daher muss man sich überlegen was man hier berechnen möchte, denn es gibt hier zwei Optionen:
a.) Wenn ich heute 1000€ habe, wie viel muss ich in einem Jahr haben um die gleiche Kaufkraft zu haben?
b.) Wenn ich in einem Jahr 1000€ habe, welcher Betrag hat heute die gleiche Kaufkraft?

Ah! Danke euch beiden. Im Grunde führt dies zur Frage der Definition der Inflation. Ist es:
Inflation = (Neuer Preis - Alter Preis) / Alter Preis
oder
Inflation = (Neuer Preis- Alter Preis) / Neuer Preis

Dies führt für mein Beispiel zu leicht abweichenden Ergebnissen und scheinbar habe ich beides vermischt.
Ich habe jetzt mal im Internet geschaut und man findet beide Definitionen. Die Bundeszentral für politische Bildung nennt Definition 1 (http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/19724/inflationsrate).

Das muss ich mir in der Tat noch einmal überlegen. Eigentlich hatte ich geplant die Erkenntnisse heute in meine Daten einzupflegen, aber ich bin nicht dazu gekommen. Ich hoffe, dass ich diese Woche dazu komme. Auf jeden Fall habe ich nun einen Punkt, an dem ich ansetzen kann. Ich poste weitere Erkenntnisse dann hier :)

@striker159: Wie kamst du eigentlich auf die 0,998351142? Im Grunde is das ja der Zinssatz, den ich für die Inflation monatlich ansetzen müsste. Hast du den über eine Formel berechnet oder den Quotient aus meinem Zielwert und meiner Ergebnis gewonnen?
 
Holt schrieb:
Nein, Du liegst falsch, denn die Frage ist ja, wie sieht es bei 6% p.a. im Jahr aus, wenn die Zinsen monatlich ausgezahlt werden. Wegen des Zinseszins muss der monatliche Zinssatz natürlich geringer als der jährliche/12 ausfallen.
Nein, die Formel stimmt.
Nein, denn dann wäre der Jährliche Zinssatz ja auch höher als angegeben und Du würdest eben ausrechnen wie viele Zinsen man bei 0,5% monatlichen Zinsen bekommt, was aber eben mehr als 6% pro Jahr sind. Die Frage des TE ist aber eine andere, man kennt den jährlichen Zinssatz und berechnet den sich aufgrund des Zinseszins dabei angewendeten monatlichen Zins.
Doch, alles richtig und du liegst falsch. Ein Zinssatz von 6% p.a. bei monatlicher Zinszahlung (und daraus resultierendem Zinseszinseffekt) ist exakt dasselbe wie ein Zinssatz von 6/12=0,5% pro Monat (bei selbstverständlich ebenfalls monatlicher Zinszahlung).

https://de.wikipedia.org/wiki/Zinsrechnung#Unterjährige_Verzinsung
 
Kagee schrieb:
Die Bundeszentral für politische Bildung nennt Definition 1
Dann kannst Du einfach die Inflation von den Zinsen abziehen.
Plutos schrieb:
Doch, alles richtig und du liegst falsch.
Nein und Du widersprichst Dir ja schon selbst:
Plutos schrieb:
Ein Zinssatz von 6% p.a. bei monatlicher Zinszahlung (und daraus resultierendem Zinseszinseffekt) ist exakt dasselbe wie ein Zinssatz von 6/12=0,5% pro Monat
Plutos schrieb:
Bei monatlicher Verzinsung muss ein höherer Wert als 1060 herauskommen, Stichwort Zinseszins. In Fall 1 dementsprechend 1000×(1+0,005)12=1.061,68.
Damit ergeben 0,5% im Monat eben nicht 6 sondern etwa 6,17% pro Jahr.
Das Problem hier ist, den jährlichen Zinssatz in einen monatlichen umzurechnen unter Berücksichtigung des Zinseszins.
 
@TE

Kannst Du mit Excel arbeiten?
Dafür gibt es schon fertige Formeln für Dein Anliegen.
Leider kann ich aus Zeitgründen erst morgen wieder genauer antworten.
 
So, ich habe die Gedanken nun einmal eingearbeitet. Unglüchlicherweise konnte ich keine befriediegende Lösung finden. Aber der Reihe nach.

  1. Ich habe nun eine Formel, mit dem ich die Inflation monatlich korrekt berechnen kann:
    form4.png

    Leider lässt sich mit dieser Formel keine geschlossene Lösung konsturieren, da sie nur für negative Verzinsung eingesetzt werden kann. Benutzt man für positive Verzinsung eine andere Formel, stimmen die Aussagen auch nicht überein. Benutzt man die Formel auch für positive Verzinsung sind die Ergebnisse für diese Fälle nicht korrekt.
  2. Die einzige geschlossene Lösung, die ich finden konnte war folgende:
    Formel für Verzinsung:
    form5.png

    Ergebnisse:
    res2.PNG

Diese Ergebnisse werden nur dann erreicht, wenn die Gesamtverzinsung berechnet wird, bevor die monatliche Verzinsung berechnet wird. Dies ist insofern logisch, alsdass mein Ansatz oben bei der Berechnung der monatlichen Verzinsung nicht berücksichtigt, dass jeweils ein weiterer Effekt mit einbezogen wird. Die Verzinsung oben fragt also nur: Was für eine monatliche Verzinsung sorgt für die vorgegebene jährliche Verzinsung, wenn sonst nichts passiert. Die Inflation fügt aber einen Einfluss hinzu. Die Ergebnisse für Fall 2 sind aber nicht korrekt.

Ich habe die Sache nun anders angegangen. Ich habe meine Daten dahingehend angepasst, dass stets die absoluten Werte berechnet werden - also ohne Inflation. Dann habe ich eine Spalte mit der Inflation für jeden Monat. Durch eine dynamisch berechnete Referenz kann ich nun meinen Referenzzeitpunkt einstellen. Für mein konkretes Problem habe ich also eine Lösung. Dennoch bleibt dieses Problem - zumindest Akademisch - interessant.

@ ThomasK_7: Ja, ich mache das mit Excel.
 
Ich bin, auch wenn @Holt widerspricht und du @Kagee dich nicht explizit dazu äußerst, weiterhin von der universellen Korrektheit meiner Lösung überzeugt.
 
Dies ist traurig, da auch Dir auffallen müsste, dass 0,5 pro Monate eben wegen des Zinseszins mehr sind als 6% pro Jahr. Es wird aber nach dem Zinssatz gesucht bei der monatlicher Zinszahlung und dementsprechenden Zinseszins dann zum gleichen Ergebnis führt.
 
@Plutos: Dein Ansatz ist nicht falsch. Viele Banken rechnen glaube ich so Tagesgenau die Zinsen aus. Der Unterschied ist, dass sie dies bis zur Gutschrift der jährlichen Zinsen nur virtuell tun. So entstehen keine Zinsensinsen und die Jahressumme stimmt wieder.

Ich wollte die Werte allerdings gleich den einzelnen Positionen zuordnen, da es meiner Meinung am ehesten die "Wirklichkeit" wiedergibt und ich jeden Monatan die "echten" Werte sehen kann und nicht erst nach der Jahresabrechnung. Totzdem vielen Dank auch für deine Antworten.
 
Kagee schrieb:
Der Unterschied ist, dass sie dies bis zur Gutschrift der jährlichen Zinsen nur virtuell tun. So entstehen keine Zinsensinsen
Das entspricht dann den aufgelaufenen Zinsen, also z.B. dem Stückzins bei Anleihen, die Zinsen werden eben nicht ausbezahlt und damit fällt kein Zinseszins an.
Kagee schrieb:
da es meiner Meinung am ehesten die "Wirklichkeit" wiedergibt
Welche Wirklichkeit? Wenn die Zinsen jährlich bei Fälligkeit ausbezahlt werden, dann ist die Berechnung ohne Zinseszins der Wirklichkeit entsprechend, dann berechnet man ja die ausgelaufenen Zinsen. Da Du ja eine Jahresabrechnung bekommst, dürfte dies der Fall sein.

Werden Dir die Zinsen aber monatlich gutgeschrieben und entsprechend danach auch verzinst, fällt also Zinseszins an, dann stimmt die einfache Rechnung den jährlichen Zinssatz durch 12 zu teilen eben nicht mehr mit der Wirklichkeit überein.
 
@Holt

Gut, um es zu präzisieren und damit hoffentlich alle Klarheiten aus dem Weg zu räumen: 0,5% pro Monat ergäben einen Nominalzins von 6% p.a. (und diesen geben bspw. Banken i.d.R. an; bzw. gibt es bei der üblichen jährlichen Zinszahlung ja keinen Unterschied zwischen nominal und effektiv). Der Effektivzins läge dann durch den Zinseszinseffekt natürlich höher. Und dieses
Kagee schrieb:
Zinsen: 6% eff. pro Jahr
kleine und vor allem unerwartete "eff." habe ich tatsächlich überlesen.
 
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