Selbstständig machen und die Krankenkassenbeiträge

Acrylium

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Ich war bisher hauptberuflich angestellter Arbeitnehmer, und nebenbei war ich noch selbstständig und habe mir damit an den Wochenenden ein paar Euro dazu verdient. Jetzt möchte mich mein Arbeitgeber entlassen damit ich zukünfitg auch für ihn als Selbstständiger arbeite, da das für ihn billiger ist.

Wenn ich aber nicht mehr hauptberuflich Arbeitnehmer bin, muss ich ja meine Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung selbst zahlen. Da ich in der Selbstständigkeit aber monatlich nicht viel verdiene - es handelt sich ja nur um kleine Tätigkeiten die mir nebenbei was einbringen sollten - frage ich mich wie das gehandhabt wird. Mir wurde gesagt ich müsse mindestens 400 Euro Beiträge zur Krankenversicherung zahlen, da wenn ich weniger als rund 2200 Euro monatlich verdiene, würde ich ja nicht selbstständig arbeiten. Das klingt für mich ziemlich absurd, natürlich gibt es Selbstständige die weniger verdienen. In meinem Fall ist es sogar so, dass ich monatlich in der Selbstständigkeit sogar weniger als 400 Euro verdiene.

Heißt dass, dass ich gar nicht selbstständig bleiben kann, da ich in der Selbstständigkeit zu wenig verdienen würde um die Beiträge zur Krankenversicherung zu bezahlen?

Angenommen ich gebe dann mit der Kündigung meines Angestelltenverhältnisses auch meine Selbstständigkeit beim Gewerbeamt auf, was passiert mit den Dingen die ich im Rahmen der Selbstständigkeit über die Jahre gekauft habe und dafür die Mehrwertsteuer vom Finanzamt zurück erhalten habe? Muss ich diese Arbeitsgeräte nachträglich irgendwie versteuern?
 
Also ich denke hier herrscht ein Beratungsbedarf der über das hinaus geht was dieses Forum leisten kann und darf.
 
Holt hat da völlig recht, denn hier kommen mehrere Punkte zusammen.

Auch z.B. das Thema Scheinselbstständigkeit, wenn Du als angeblich Selbstständiger ausschließlich für einen Auftraggeber arbeitest.
Dein Arbeitgeber spart sich bei der Nummer sämtliche Sozialversicherungsbeiträge (anteilige Krankenversicherung usw.), die Du jetzt selbst tragen darfst.
Zudem hast Du keine Rentenversicherung und darfst für die Altersvorsorge also auch selber aufkommen.

Dies alles musst Du von Deinen Einnahmen selber tragen.
Da muss dann also schon deutlich mehr bei rumkommen, als es in einem Angestelltenverhältnis der Fall wäre.
Ansonsten macht es Null Sinn (für Dich, Dein Arbeitgeber reibt sich natürlich die Hände)

Vielleicht solltest Du Dir als erstes mal einen Businessplan erstellen (und prüfen lassen) und durchrechnen, ob sich das für Dich ausgeht.
Du scheinst etliche Dinge noch nicht berücksichtigt zu haben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Du musst dir doch mal die Frage stellen warum du als Selbstständiger "günstiger" sein sollst???

Die Sozialversicheurngsbeiträge entfallen für dein Arbeitgeber - du musst somit selbst Vorsorge betreiben, auch sollte das "Risiko" Selbstständigkeit in den Preis mit eingerechnet werden.

Sehr grobe Daumenregel:
-> verdienst du als Arbeitnehmer 60.000€ Jahresbrutto, so solltest du mindestens 120.000€ Einnahmen als Selbstständiger machen

Kommst du damit nicht hin, dann schenk dir die Selbstständigkeit und such dir ein anderes Angestelltenverhältnis.

Und ja - wenn du ernsthaft mit dem Gedanken der Selbstständigkeit spielst- dann lass dich richtig beraten.
 
So ganz stimmt das mit den Beiträgen der Krankenkasse übrigens auch nicht. Es gibt da Möglichkeiten wie z.B. Existenzgründerzuschuss, dazu muss man aber einige Kriterien erfüllen wie z. B. den Zuschuss von der Agentur für Arbeit zu kriegen. Ansonsten geht man halt davon aus, dass du als Selbständiger mindestens 2300 € verdienst und danach wird die Krankenkasse berechnet.

Am Jahresende wird dann der tatsächliche Verdienst berechnet und wenn du dann drüber liegst, kann da noch eine nette Nachzahlung der Beiträge kommen. Aber das geht jetzt schon sehr ins Detail.

Du solltest dich lieber fragen, warum du noch für diesen Chef arbeiten solltest. Als Selbständiger bist du im Endeffekt frei, er dagegen spart sich die Sozialversicherungsbeiträge, Kosten im Krankheitsfall usw. ich würde mir das seeeeeehr gut überlegen ob ich für solch einen Ausbeuter arbeiten will, denn was anderes ist das da nicht. Scheinselbständigkeit ist hier eben auch ein Thema.

Man kann übrigens auch in der Arbeitslosigkeit Selbständig bleiben, wenn man nachweist, dass man dies vorher war und auch monatlich einen gewissen Verdienst dadurch erwirtschaftet hat, darf einem das nicht zum Nachteil ausgelegt werden.
 
Das ist mir schon klar warum mein Arbeitgeber das will, und auch dass er ein mießer Ausbeuter ist. Tatsächlich habe ich auch sehr wenig Lust darauf, zukünftig für ihn zu arbeiten, egal ob angestellt oder selbstständig. Nur ist es nun mal so, dass er mir kündigen wird und dagegen kann ich praktisch nichts machen. Also muss ich zusehen wie ich danach weiter Geld verdiene, und dafür würde sich meine ja ohnehin schon seit Jahren existierende Selbstständigkeit eignen. Nur erwirtschafte ich darin bei Weitem einfach keine 2000 Euro im Monat, so dass ich mit Krankenkassenbeiträgen in Höhe von 400 Euro deutlich überfordert wäre.

nebulein schrieb:
Man kann übrigens auch in der Arbeitslosigkeit Selbständig bleiben, wenn man nachweist, dass man dies vorher war und auch monatlich einen gewissen Verdienst dadurch erwirtschaftet hat, darf einem das nicht zum Nachteil ausgelegt werden.
Danke, das ist ein sehr guter Hinweis. Ich werde mich mal auf der Agentur für Arbeit näher dazu informieren!
 
Ähm, die erwirtschafteten 'unter 2.000 Euro' sollten am Ende das sein, was nach all den Abzügen (Krankenversicherung, Sachausgaben, Büromiete, KFZ, Gewerbeversicherungen, Steuern, Steuerberater, Buchhaltung, freiwilliger Rentenversicherung usw.pp.) für Dich übrig bleibt.

Wenn das auf Dauer Deine monatlichen Bruttoeinnahmen sind, sehe ich schwarz.

Mach einen tragfähigen Businessplan für die nächsten 3-4 Jahre.
Der ist für einen Existenzgründerzuschuss eh notwendig.
 
hamju63 schrieb:
Der ist für einen Existenzgründerzuschuss eh notwendig.
Richtig, und mit dem was du hier schilderst, wirst du ihn nicht bekommen. Den du bist damit 100% nicht lebensfähig als Selbstständiger. Wie willst du den mit dem Bruttoeinkommen deine Kosten decken geschweige den davon leben ohne staatliche Stütze?
 
Als ich mich im Jahr 2011 selbständig machte, hab ich auch anfangs zu wenig verdient, um die Krankenkasse bezahlen zu können. Deshalb hab ich's einfach gelassen. Als die Einnahmen stiegen, hab ich mich später wieder angemeldet und bin dazu in die Künstlersozialkasse reingekommen. Rein theoretisch hatte ich damit einen hübschen Berg an Schulden angesammelt durch die nicht gezahlten Beiträge. Den hat die KK mir aber netterweise einfach erlassen, weil ich auch zwischenzeitlich nie beim Arzt war.

Aber versteh das nicht falsch, empfehlen will ich das jetzt nicht, wollte nur mal mitteilen, wie das bei mir lief. Auch hatte ich nie einen Chef, sondern halt mehrere Auftraggeber. Was du im Eingangspost beschreibst, klingt tatsächlich nach Scheinselbständigkeit. Soweit ich weiß, ist das verboten. Also sag deinem Chef, er soll dich weiter normal beschäftigen oder halt nicht. Selbständig lohnt da nicht. Mit nur einem Auftraggeber hast du ja gar keine Möglichkeit, dein Einkommen irgendwie zu steigern. Ich würd das nicht machen.
 
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Ich empfehle dir vorher eine Beratung bei deiner Krankenkasse und einem Steuerberater in Anspruch zu nehmen.
 
Der Mindestbeitrag bei der freiwilligen gesetzlichen KV fängt bei 180,-€ (darin enthalten die gesetzliche Kranken und Pflegeversicherung ohne Krankengeldzahlung im Krankheitsfall) an und erhöht sich dann je nach Einkünften. Wenn du also als selbstständiger nicht viel verdienst (z. B. 2000,- ,müssten unter Mindesteinkommen sein) wirst du vielleicht auch nicht so arg viel höher als dieser Mindestbetrag liegen? Denke aber daran rechtzeitig den Antrag zu stellen, denn ansonsten fallen monatlich Schulden zuzüglich Zinsen an und die Leistungen der KV würden auf das notwendige Mininum (Notfälle) reduziert. Aufgelaufene Schulden werden mittlerweile auch nicht mehr erlassen (nur noch Ratenzahlung).
 
Zuletzt bearbeitet:
Acrylium schrieb:
Jetzt möchte mich mein Arbeitgeber entlassen damit ich zukünfitg auch für ihn als Selbstständiger arbeite, da das für ihn billiger ist.

Gib ihm aber auch gleich mit, dass deine Dienste als Selbstständiger das Dreifache (das doppelte um die Fixkosten zu decken + Risikozuschuss/Ausfallzeiten durch Krankheit, Urlaub etc.) deines Bruttolohnen für ihn kosten werden, vllt überlegt er sichs dann nochmal. Da ihr eh kein gutes Verhältnis habt, sollte eine klare Ansage kein Problem sein.
 
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