Vergessen Domain zu verlängern

masterrob schrieb:
Grundsätzlich gilt bei Domains tatsächlich: "Wer zu erst kommt, malt zu erst". Was grundsätzlich nicht richtig ist, dass eine größere Firma oder ein Konzern - bspw. ein fiktiver Konzern "Postsammler AG" - Dir ohne weiteres Deine Domain "postsammler.de" einklagen kann. Sollte die Domain vor der Gründung des Unternehmens bereits registriert sein, hat der Konzern nur die Möglichkeit diese Domain von Dir freizukaufen.

Es geht immer nur um Patente und Markenrechte, sowie wann diese ausgestellt wurden. Der Fall ist bei shell.de eindeutig. SHELL wurde vor der Gründung des Klein-Unternehmens durch den Beklagten, bereits als Wort- und Markenname registriert. Dabei spielt es keine Rolle in wie weit sich die Tätigkeitsfelder unterscheiden.
Doch und das ist ja der Wirt an der Sache. Das Shell-Urteil war da der Wendepunkt.
Denn in dem Urteil wurde noch folgendes festgelegt:
In Weiterführung dieser Rechtsprechung wurde durch die BGH-Entscheidung defacto.de festgestellt, dass § 6 Markengesetz bei der Prioritätsbestimmung bei Domainregistrierungen keine Rolle spielt. Gemäß § 6 Abs. 2 Markengesetz ist der Tag der Anmeldung zur Eintragung beim deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) entscheidend bzw. die Verkehrsgeltung bei Benutzungsmarken gemäß § 6 Abs. 3, § 4 Nr. 2 Markengesetz. Von dem Prioritätsprinzip kann abgewichen werden, wenn der Kennzeicheninhaber überragend bekannt ist (wie bei shell.de). Grundsätzlich ist es so, dass das Prioritätsprinzip als erste Stufe der Prüfung betrachtet werden kann, ob einem Domainnamen eine Domain tatsächlich zusteht.

Die Tätigkeitsfelder sind bei Domains irrelevant, da gilt wer zuerst kommt, malt zu erst. Und wenn du gar keinen Anspruch auf die Domain hast, hast du eben verloren.


Aber in dem Urteil wurde eben gleich der neue Grundsatz für das Domainrecht festgelegt: Egal wer nach traditionellen Gesetzen mehr Anspruch hat, im Zweifelsfall kann der Richter immer dem deutlich bekannteren Unternehmen Recht geben, wenn er der Meinung ist unter der Domain shell.de sollte man die Shell AG und nicht so eine popelige Firma finden.


masterrob schrieb:
Jetzt kommt allerdings der Clou bei der Geschichte: Um sich solche Unkosten und Aufwendungen zu ersparen, lässt sich die Firma den Namen "Postsammler" patentieren
du hast da etwas gehötig durcheinander gebracht, du kannst keinen Namen patentieren. Du kannst nur ein Markenrecht auf den Namen beim Paten- und Markenamt anmelden. Ein Patent ist etwas ganz anderes, das benötigt nach §1 PatG eine erfinderische Tätigkeit, die könntest du durch eine Namens"erfindung" nichtmal erfüllen.

masterrob schrieb:
Alternativ kann eine Firma auch auf Verwechslungsgefahr plädieren, was für das Unternehmen jedoch mit Risiko verbunden ist und die Chancen 50/50 stehen diese Domain anerkannt zu bekommen.
Und genau das ist was ich bei shell.de angesprochen habe, die Weiche dafür wurde gelegt, dass es für eine übermäßig bekannte Firma gar kein Risiko mehr ist und diese somit eine deutlich bessere Machtposition hat - von den besseren Anwälten mal abgesehen.

masterrob schrieb:
Dabei spielt es keine Rolle in wie weit sich die Tätigkeitsfelder unterscheiden.
Doch, bei Domains spielt das Tätigkeitsfeld keine Rolle. Denn das Tätigkeitsfeld ist nur dazu da um die Verwechselbarkeit zu vermeiden, deswegen kann ich keine Firma namens Shell für Rohöl anmelden. Aber im Netz hat ein "generischer" Domainname wie shell.de kein Tätigkeitsfeld.

masterrob schrieb:
Es gibt sehr viele Seiten im Netz, die Beispielsweise "Battlefield" im Domain-Namen tragen - Foren, Communitys, Blogs, usw. Battlefield ist ein Markenname und ist auch als dieses beim Patentamt international registriert und ist eine Trendmarke. Sollte DICE/EA nun auf die Idee kommen, dass es besser ist diese Seiten aus dem Verkehr zu ziehen, können diese jederzeit Ihre Rechte geltend machen.
Nein, da besteht erstmal juristisch kein Risiko. Das Markenrecht gilt nur für den geschäftl. Verkehr (§14, §15 MarkenG) und der muss mit einer privaten Webseite nicht erfüllt sein, wenn man natürlich den Fehler macht und Werbung auf seine Seite stellt, kann da sehr schnell eine geschäftl. Tätigkeit argumentiert werden.

masterrob schrieb:
Dies gilt dann aber auch nur für den Medien und Spielebereich welche explizit dem Tätigkeitsfeld rund um das Spiel zu zuordnen sind. Bspw. würde der Blog "Battlefield" welcher sich um Kriegsberichte aus der realen Welt dreht, davon nicht betroffen sein. Battlefield ist allgemeiner Sprachgebrauch im englischen und kann daher nicht als Wortmarke geschützt werden.
Merkst du den Widerspruch? Shell ist ebenso ein allgemeiner Begriff des englischen Sprachgebrauchs und wurde nicht für Rohöl verwendet ;)

masterrob schrieb:
Du kannst Dir Deine Domain zurück holen, indem Du ein Patent anmeldest welche genau dem Namen der Domain entspricht und kannst einen Transfer bei bspw. der Denic (wenn deutsches Patent und deutsche Domain), unter Vorlage des Auszugs aus dem Patentregister DPMA, in die Wege leiten.
Eine Wortmarke! Kein Patent!
Und dann hat der TE immernoch das Problem, dass die Domain vor der Wortmarke existierte:
Im Laufe der Zeit werden naturgemäß die Domain Names selbst markenrechtlich geschützt, ohne dass es auf das Freihaltebedürfnis bzw. das Verbot der Gattungsbegriffe ankäme. Infolge dessen können Inhaber von Domain Names gegen andere, sogar neu anzumeldende Marken oder Titel vorgehen, wenn sie insoweit das ältere Recht haben (zur Entstehung des Kennzeichenrechts nach $5 MarkenG über Internetangebote und Domainnutzung s. BHG v. 9. 9. 2004, CR 2005, 362 - mho.de; BGH v. 22. 7. 2004, CR 2005, 264 - soco -).

IT- und Computerrecht, Deutscher Taschenbuch Verlag, 10. aktualisierte und ergänzte Auflage, Stand 1. Juli 2012, Seite XLI)
Der Beantragung der Marke kann also auf Grund der vorher existierenden Domain widersprochen werden.
 
Das ist zwar jetzt OT, aber es heißt: "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst". Das kommt nämlich vom Müller, der in der Mühle etwas mahlt ;)

Ansonsten finde ich das ganz schön undurchsichtig für Ottonormaldomainbesitzer. Aber ist ja leider immer öfter so.
 
@Ice-Breaker: Oha, da hab ich wohl das Wort "Patent" zu sehr vor meinen Augen schwirren gehabt. Danke für die Korrekturen, ich sollte demnächst wohl nicht mitten in der Nacht irgendwelche juristische Angelegenheiten behandeln :)

Ich selbst hatte schon einige Fälle mit genau diesem Bezug, was ich jedoch dabei am besten gelernt habe war, dass lediglich der Richter am Ende das Ergebnis bestimmt. Defakto ist es immer Auslegungssache, ein Geschäftspartner selbst verlor vor kurzem eine ausdrucksstarke Domain vor Gericht, obwohl der Kläger erst nach Schaltung der Domain eine Wortmarke angemeldet hatte. Der Kollege konnte explizit einen Nachweis vorführen, dass die besagte Domain und der dazugehörige Name bereits geschäftliche Anwendung fand - was gerade bei solchen Sachen ein wichtiger Punkt ist, dass eine ausführende Beschäftigung im Bezug zur Domain besteht.
Dennoch wurde entschieden, dass die Domain freizustellen und zu übertragen ist. Es wurde Revision eingelegt um eine höhere Instanz zu beauftragen, eine Spekulation über den Ausgang kann nicht getroffen werden. Die Denic selbst agiert in der Zwischenzeit lediglich als Mittelsmann - hätte jedoch die Domain schon bei Vorlage des DPMA Auszugs übertragen können, wäre kein Widerspruch eingelegt worden.

Die Moral aus der Geschichte ist, dass es sich bei starken Domains lohnen kann nachträglich beim DPMA einen Auftrag auszuführen, es allerdings keinerlei Garantie gibt auch Erfolg zu haben, da das letzte Wort immer der Richter zu treffen hat und ob der (neue) Inhaber Widerspruch einlegt oder nicht.
 
Jap, es ist sehr undurchsichtig. Die gesetzlichen Grundlagen und Urteile passen nicht wirklich immer zusammen.
Und solange jeder Richter in Deutschland anders entscheiden darf und nicht an vorherige Urteile gebunden ist, bleibt weiterhin diese Rechtsunsicherheit und der Kampf um eine Domain bleibt ein Glücksspiel.
 
Zurück
Oben