ichwillgewinnen schrieb:
Ich denke man muss da den Begriff "Spaß" etwas breiter interpretieren und nicht zu eng im Sinne von "Man muss jeden Tag aufs Neue eine riesen Endorphin Ladung bekommen wenn man an seinem Arbeitsplatz ankommt". Ich denke, dass viele (wenn nicht gar die meisten) dir schon zustimmen werden, dass sie "Spaß an der Arbeit" primär definieren als "ich bekomm nicht gleich das Kotzen wenn ich nur an meine Arbeit/Firma/Kollegen/das Pendeln denke" Denn "Arbeit" ist ja nicht nur die Tätigkeit als solches, sondern finde ich auch alles drum herum spielt da ne Rolle. Aber ich bin mir sicher es gibt viele, denen ihre Arbeit auch im "engeren/echten" Sinne Spaß macht, die sich jeden Tag aufs Neue freuen, dass sie in ihrem Beruf auch ihre Berufung gefunden haben.
Ja, das sehe ich auch so. Mit "Spaß an der Arbeit" meinte ich eher etwas wie "ich freue mich, dass ich morgens zur Arbeit fahren darf" anstatt "Nicht schon wieder dieser Mist".
Ich erinnere mich an einen Artikel über Minimalismus, den ich mal gelesen habe. Leider finde ich ihn gerade nicht, deshalb gebe ich den Inhalt sinngemäß wieder. Es ging um eine Studie, die nahegelegt hat, dass materielle Dinge nicht glücklich machen, weil man sich sehr schnell daran gewöhnt (
Hedonistische Tretmühle). Die Dinge, die glücklich machen, sind Erlebnisse mit Menschen, die wir mögen. Die Empfehlung des Autors war es, sich von so vielen überflüssigen materiellen Dingen wie möglich zu trennen und sein Geld lieber für schöne Reisen und Erlebnisse mit Freunden auszugeben. Das ist ja soweit bekannt.
Doch dann kam ein Absatz, den ich sehr interessant fand. Er beschrieb, dass der tägliche Job nicht nur ein materielles Ding ist, dass wir ertragen müssen, um uns von dem verdienten Geld durch Konsum vermeintliches Glück zu kaufen, sondern dass der Job genauso ein tägliches Erlebnis ist wie eine Reise. Und die Studie hätte auch belegt, dass die Dinge, die uns unglücklich machen, nicht die Abwesenheit von materiellen Dingen ist, sondern schlechte Erlebnisse, denen wir nicht entkommen können.
Das Fazit des Autor war es, dass man lieber einen Job haben soll, der einem ein gewisses Maß an Befriedigung bringt (freundliche Kollegen, nicht zu stressiges Arbeitsumfeld, etc.) und man lieber ein niedrigeres Gehalt akzeptieren soll, als einen Job mit sehr hohem Gehalt, der dafür fast unerträglich ist. Man könne sich durch das Mehr an Geld nicht von der Folter des Berufs freikaufen.
ichwillgewinnen schrieb:
zu tun hat ist der Folgende: Es geht im Studium auch meiner Meinung nach gar nicht darum, dass man sich für einen ganz speziellen Fachbereich entscheiden muss und da der Spezialist wird bevor man sich auf macht in die Arbeitswelt, sondern die Spezialisierung und (Weiter-)Entwicklung kann/soll(?) sich dann im Laufe der "aktiven" Berufszeit abspielen. Dabei geht es mir jetzt nicht nur um weitere Aneignung von Wissen oder dem Vertiefen von bereits vorhandenen Kompetenzen, sondern mir geht's viel mehr darum, dass sich die Interessengebiete mit der Zeit einfach verschieben bei den meisten Leuten. Wenn ich irgendwo als Ingenieur anheuere und mich erst mal mit der eigentlichen Erzeugung/Konstruktion von Produkten befasse kann es gut sein, dass ich dann nach 5,10,15 Jahren auf einmal im Einkauf/Vertrieb lande und dann ganz andere Aufgabenbereiche habe als ich eigentlich anfangs dachte. Und solche Beispiele lassen sich in nahezu jeder Branche, bei nahezu jedem Arbeitgeber finden denke ich, gerade bei Berufssparten, die von Akademikern eingeschlagen werden. Gibt sicher auch Gegenbeispiele (wie das jetzt z.B. als Arzt ist, dass man nach 5 Jahren Augenarzt auf einmal umsteigt auf nen Ohrenarzt oder so was kann ich nat. nicht beurteilen), aber ich denke jeder kennt par Bekannte, die im Laufe ihres Berufslebens mehrere Stationen und damit verbundenen Aufgabenfelder durchlebt haben. Ich denke die allerwenigsten Menschen heutzutage bleiben ihr Leben lang beim selben Arbeitgeber, geschweige denn bei der exakt selben Tätigkeit.
Daher ist die Frage zum Zeitpunkt des Studiums nicht "Oh Gott, welcher Beruf ist nun der Richtige, der mir bis ans Lebensende Spass macht?", sondern eher viel kurzfristiger ausgerichtet: "Ok, ausgehend von dem, was ich bisher gesehen/gelernt habe, was spricht mich da am meisten an?". Alles was danach kommt ist dann finde ich fast zweitrangig, denn viele solcher Chancen zur Weiterentwicklung oder auch zum Quereinstieg in ganz andere Bereiche ergeben sich erst im Laufe des Arbeitslebens, oft auch relativ spontan und unvorhersehbar. Ich denke das Schwierigste ist erstmal den Einstieg zu finden damit man sich an sein Arbeitsleben gewöhnt und dann kann man sehen, wohin die weitere Reise dann geht.
Das freut mich zu hören und nimmt doch ein wenig den Druck von mir.
Aus diesem Grund ist es meiner Meinung nach auch ziemlich riskant Dinge wie z.B. Lehramt zu studieren. Mit diesem Beruf kann man (offiziell) nämlich genau einen einzigen Beruf ausüben: Lehrer. Wenn einem dieser Beruf keinen Spaß mehr macht (nervige Kinder) oder man einen Burnout bekommt (sehr häufig bei Lehrern), dann kann man nicht mal eben den nicht mehr Lehrer sein.
Mit BWL ist man da meiner Meinung nach deutlich breiter aufgestellt. Aber vielleicht bilde ich mir das auch nur ein. Schließlich spezialisiert man sich im Laufe seines Berufslebens ja doch sehr. Ein Wechsel von Marketing zu Buchhaltung zu Management ist ja auch eher untypisch.
monimia schrieb:
Aus meiner Sicht ist das Studium der Fahrschein, wenn du in gewissen Bereichen ein Praktikum machen willst und du in bestimmten Berufen arbeiten willst. Und das was du lernst, ist jetzt auch nicht Nichts. Ich persönlich glaube aber nicht, dass du alles davon zu 100 % brauchst, sondern je nach Studiengang und Beruf nur einen Teil.
Nur ist es nicht gerade motivierend, wenn man beim Lernen für eine Klausur ganz viele Informationen auswendig lernen muss und schon weiß, dass diese eigentlich nicht so wichtig sind. Das ist Bulimie-Lernen pur.
Aber es traut sich ja auch kein Arbeitgeber zu sagen "Wir stellen auch Leute ohne Studium ein und bringen ihnen durch Learning by doing bei", weil das Unternehmen dann verlacht wird und eventuell als inkompetent gilt.
Fu Manchu schrieb:
Auf so einen Wisch wurde schon immer Wert gelegt, oder gab es Zeiten (welche?) in denen nicht nach einem Zeugnis gefragt wurde? Willst du lieber nach dem Stammbaum deiner Familie gefragt werden, um einen guten Job zu kriegen?
Zeugnisse sind das demokratischste Mittel um seine Leistungen zu belegen. Man hat gelernt, Klausuren geschrieben und Noten bekommen. Das ist überprüfbar und vergleichbar, ich kann mir keine bessere Möglichkeit vorstellen seine Leistungen für andere kostengünstiger und schneller sichtbar zu machen.
Was wäre die Alternative? Für jeden potentiellen Arbeitgeber Probearbeiten?
Das Problem ist, dass du in gewisser Weise ja auch recht hast...
Egal wie man das Bildungssystem auch ändert, man wird immer etwas zum kritisieren/ meckern finden. Würde man individueller auf jedes Kind eingehen, würden sich einige beschweren, dass die Kinder nicht einheitlich ausgebildet werden und nicht auf einem Level sind. Vereinheitlicht man die Tests, schreien alle nach mehr Individualisierung.
Gibt es zu wenig Inklusion (Inklusive Pädagogik), beschweren sich einige über, dass man auf alle Rücksicht nehmen müsse und die Kinder so nicht lernen, die Verschiedenheit zu akzeptieren. Gibt es mehr Inklusion regen sich die Eltern darüber auf, dass ihr hochbegabter Max durch den bildungsfernen Kevin im Lerntempo ausgebremst wird, weil beide unterschiedlich schnell lernen.
Ein einheitliches Bewertungsverfahren ist zumindest vergleichbar. Auf der anderen Seite finde ich auch folgendes Zitat sehr wichtig, dass Albert Einstein zugeschrieben wird:
"Everybody is a Genius. But If You Judge a Fish by Its Ability to Climb a Tree, It Will Live Its Whole Life Believing that It is Stupid."
Der Traum eines (für alle) perfekten Bildungssystems bleibt wohl eine Utopie.