Prism: USA bestätigt Existenz des Überwachungsprogramms

Maximilian Schlafer
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Prism: USA bestätigt Existenz des Überwachungsprogramms
Bild: universalist | CC BY 2.0

Neun namhafte US-Internetdienstleister sollen mit dem FBI und der NSA kooperieren, berichten die „Washington Post“ und der „Guardian“, die sich auf ihnen zugespielte Geheim-Dokumente stützen. Die Internetdienste haben im Zuge dieser Zusammenarbeit angeblich Nutzerdaten im großen Umfang zur Sichtung und Analyse bereitgestellt.

Bei den betroffenen Unternehmen soll es sich um Microsoft (als erstes), Yahoo, Google (und daher auch YouTube), Facebook, Skype, AOL, PalTalk und seit 2012 – nach mehrjähriger Verweigerung – auch Apple handeln. Dropbox sollte in den kommenden Monaten ebenso angeworben werden. Deren offenbar durch gesetzliche Grundlagen abgesicherte Kooperation mit der NSA erfolgt über das im Jahr 2007 ins Leben gerufene sogenannte PRISM-Programm.

Dessen Name soll laut Washington Post eine Referenz an die Fähigkeit eines Prismas sein, Licht in seine einzelnen Spektralfarben (= Informationen) aufzuteilen. Selbiges geschehe hier im metaphorischen Sinne mit den Daten, die über Glasfaserleitungen mittels Licht übertragen werden. Die Existenz des Programms wurde mittlerweile von Vertretern der US-Administration und vom Director of National Intelligence James Clapper bestätigt. Letzterer verurteilte die Publizierung jedoch im selben Atemzug und betonte, dadurch würden die Fähigkeiten zur Erkennung von potentiellen Bedrohungen „langanhaltend und unumkehrbar“ gefährdet.

Das PRISM-Programm an sich fällt, wenn man es geschichtlich einordnen möchte, unter die bereits in den 1970er Jahren begründeten „Special Source Operations“, deren Ziel es laut Andeutungen in den besagten Dokumenten sein dürfte, Informationen aus dem Ausland zu sammeln und auszunutzen. Gegründet wurde es im Jahr 2007 unter dem ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush als Reaktion auf das Scheitern der bis dahin möglichen und äußerst umfangreichen Überwachung von US-Bürgern – zum Teil sogar ohne Gerichtsbeschluss. Der Fokus verlagerte sich hinsichtlich dieser Art der Informationsbeschaffung nun weg von Personen in den USA hin zu der verfügbaren Kommunikation aus dem Ausland.

Die Blütezeit des Programms fällt logischerweise in die letzten Jahre, in denen die Nutzung ein exponentielles Wachstum verzeichnete – einhergehend mit den steigenden Datenmengen im Internet. Die zunehmende Effektivität dieser Maßnahme soll auch durch ein Gesetz begünstigt worden sein, das Mitarbeitern von privaten Unternehmen rechtliche Immunität zusichert, wenn letztere freiwillig mit der Regierung zusammenarbeiten. Allerdings muss ein solches Unternehmen bereit sein, neben einem Zugriff auf seine Informationen auch bestimmte Direktiven von Seiten einzelner Behörden zu akzeptieren.

Die Reihenfolge der angeblichen Eintritte der Unternehmen in das Programm stellt folgende, von der Washington Post publizierte Folie aus einer geheimen Präsentation dar:

PRISM, Eintrittsreihenfolge
PRISM, Eintrittsreihenfolge (Bild: washingtonpost.com)

Die genannten US-amerikanischen Behörden sollen angeblich direkten Zugriff auf die zentralen Datenserver der Unternehmungen haben und dort Voice-over-IP-Kommunikation ebenso unter die Lupe nehmen können wie auch Audio- und Videochats, Fotografien, E-Mails, Datenübertragungen, gespeicherte Daten, Aktivitäten von bestimmten Accounts und Verbindungsdaten. Laut besagten Geheim-Dokumenten soll der Grad der Partizipation der Unternehmen derzeit sehr ungleich verteilt sein, 98 Prozent der weiterverwerteten Informationen stammen demnach von Microsoft, Google und Yahoo. Der direkte Zugriff wird allerdings von allen bislang dazu befragten Unternehmen bestritten, teilweise allerdings nur indirekt.

So erklärte etwa Google, angesprochen auf für die US-Regierung bereitstehende „Backdoors“ in seinen Diensten, dass derartiges nicht existiere und man niemals einen solchen Zugang zu den Nutzerdaten bereitgestellt habe. Microsoft wiederum legte Wert auf die Feststellung, dass man niemals freiwillig Daten herausgebe und derlei nur aufgrund von rechtskräftigen Anordnungen erfolge. Apple verneinte die Anschuldigungen ebenfalls: Man habe noch nie etwas von PRISM gehört und man würde auch keiner einzigen Regierung direkten Zugriff auf die eigenen Server gewähren, zumindest nicht ohne eine entsprechende Gerichtsentscheidung. Facebook negierte die Berichte ebenso und meinte, dass man nur im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß Daten bereitstellen würde. Auch Yahoo gab bekannt, dass man die Privatsphäre der Nutzer sehr ernst nehme und der Regierung keinen direkten Zugriff auf die eigenen Server gewähren würde.

Ziel des Programms soll die Informationsbeschaffung über „ausländische Ziele“ sein, allerdings wurden und werden Befürchtungen geäußert, dabei könnten – mit oder ohne Absicht – auch Daten über US-Bürger gesammelt werden. Dieser Umstand sorgt derzeit in den USA selbst für Kontroversen, da die Hürden für solche Aktivitäten stark reduziert wurden. Das Programm selbst macht sich den Umstand zunutze, dass ein nicht unbeachtlicher Anteil an aus US-Sicht „ausländischer“ Kommunikation auch dann noch über US-Server läuft, wenn sowohl weder Absender noch Empfänger ihren Aufenthaltsort in den USA haben. Dieser „Standort“-Vorteil führte neben anderen dazu, dass mittlerweile jeder siebente Geheimdienstbericht auf PRISM-Daten aufbauen soll und auch die täglichen Berichte an den US-Präsidenten durchschnittlich vier Verweise auf solche Daten enthalten.

Die bereits eingangs erwähnten geheimen Dokumente, datiert mit April 2013, wurden den Zeitungen von einem Geheimdienstmitarbeiter zugespielt, der sein Handeln mit seinem Entsetzen über diese groben Verletzungen der Nutzerprivatsphäre begründete. Das ist insofern bemerkenswert, als dass es normalerweise außerordentlich selten vorkommt, dass derart aktuelle Geheimdienstpapiere an die Öffentlichkeit gelangen.

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