Streit um iPhone: Hacker-Code ist ein Verstoß gegen die Redefreiheit

Andreas Frischholz
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Streit um iPhone: Hacker-Code ist ein Verstoß gegen die Redefreiheit

Apple wehrt sich nun auch juristisch gegen die Hacker-Software, die es dem FBI ermöglichen soll, Sicherheitsfeatures für die Sperrfunktionen eines iPhones auszuhebeln. In einem Schreiben an das kalifornische Bezirksgericht fordern Apples Anwälte, dass der Gerichtsbeschluss aufgehoben wird.

Zwangs-Code verletzt Redefreiheit

Demnach ist der Gerichtsbeschluss illegal, verfassungswidrig und zudem gefährlich. „Kein Gericht hat jemals zugelassen, was die Regierung nun fordert. Kein Gesetz unterstützt so ein unbegrenztes und umfassendes juristisches Verfahren – und die Verfassung verbietet es“, heißt es in der Stellungnahme (PDF-Datei), die NPR veröffentlicht hat. Die Anwälte von Apple argumentieren dabei mit dem 1. Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung: Wenn der Konzern gezwungen wird, einen bestimmten Code für das FBI zu schreiben, wäre das ein Verstoß gegen die Redefreiheit.

Zudem gefährde der aktuelle Gerichtsbeschluss die Sicherheit von Millionen Nutzern. Dass Verschlüsselungsverfahren nötig sind, zeigen die zahlreichen Hacker-Angriffe in der Vergangenheit. Als Beispiel nennt Apple etwa den Angriff auf Office of Personnel Management (OPM), bei dem mehr als 20 Millionen Datensätze von Regierungsbediensteten erbeutet wurden.

Um die Daten der Nutzer zu schützen, dürften daher keine Hintertüren wie das vom FBI geforderte Hacker-Tool geschaffen werden. „Seit iOS 8 hat Apple zusätzliche Sicherheitsfunktionen hinzugefügt, indem etwa das Passwort in das Verschlüsselungssystem integriert wurde“, so die Apple-Anwälte. Doch es sind solche Schutzmechanismen, die die US-Regierung mit dem aktuellen Gerichtsbeschluss wieder verbannen will.

Gerichtsbeschluss als Vorbild für andere Verfahren

Vom FBI und der US-Regierung wird diese Argumentation allerdings abgelehnt. Bei dem Gerichtsbeschluss handele es sich um einen Einzelfall. Zudem soll die Hacker-Software nie direkt von Behörden eingesetzt werden, sondern nur von Apple. Auf diese Weise werde auch sichergestellt, dass niemand außerhalb des Unternehmens darauf zugreifen kann, erklärte etwa das US-Justizministerium in einer Stellungnahme in der letzten Woche.

Mit diesem Code will das FBI die Sicherheitsfeatures eines iPhones 5C ausschalten, sodass sich der PIN knacken lässt. Das Gerät hatte einer der Attentäter von dem San-Bernardino-Anschlag im Dezember genutzt, doch die Ermittler können derzeit nicht auf die verschlüsselten Inhalte zugreifen – unter anderem wegen einem Passwort-Desaster, was die Behörde selbst verschuldet hatte.

Doch mit dem Gerichtsbeschluss wurde eine neue Dimension erreicht. Apple-Chef Tim Cook hat bereits in der letzten Woche erklärt, dass das Hacker-Tool auch für andere Geräte genutzt werden würde, wenn der Code erst einmal in der Welt ist. Hinzu komme die Gefahr, dass der Code in die falschen Hände gelangt.

Und auch in dem aktuellen Schreiben erklärt Apple wieder, dass es sich bei dem Gerichtsbeschluss definitiv um keinen Einzelfall handele. Die Regierung wisse, dass diese Stellungnahmen nicht wahr sind. „Tatsächlich hat die Regierung mehrere Anträge mit ähnlichen Forderungen eingereicht, von denen einige bei anderen Gerichten vorliegen.“ Und wenn das FBI nun mit einem Gerichtsbeschluss durchkommt, habe das auch Auswirkungen auf die anderen Verfahren. Allein in den letzten Monaten soll es über ein Dutzend Anträge gegeben haben, die mehr als Hundert Smartphones betreffen.

Stellungnahmen von Facebook, Google und Microsoft erwartet

Unterstützt wird Apple bei dem Verfahren von praktisch der kompletten Tech-Branche. Mehrere Firmen – darunter Branchengrößen wie der Google-Mutterkonzern Alphabet, Facebook und Microsoft – wollen ebenfalls Stellungnahmen an das Gericht abgeben, um die Position von Apple zu stärken.

Derweil haben die Anwälte der Regierungsseite noch bis zum 10. März Zeit, um auf die Stellungnahme von Apple zu reagieren. Für den 22. März ist dann die Verhandlung vor dem kalifornischen Bezirksgericht angesetzt.

Schon am 1. März sollen FBI-Direktor James Comey und Apples Chefjustiziar Bruce Sewell bei einer Anhörung vor dem Justizausschuss im US-Kongress aussagen. Da wird es auch um die Frage gehen, ob die amerikanische Regierung doch noch ein Gesetz lanciert, um Behörden den Zugriff auf verschlüsselte Daten zu ermöglichen.

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