Sniper Elite 4 im Test: Scharfschütze mit Hang zum Maschinengewehr

Sasan Abdi
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Sniper Elite 4 im Test: Scharfschütze mit Hang zum Maschinengewehr

Auch im vierten Teil bietet Sniper Elite 4 solide Action. Auch die Grafik und Steuerung können mit deutlichen Verbesserungen aufwarten. Einzig bei der Handlung bleibt Sniper Elite 4 erneut blass. Ob Rambo oder lautloser Killer bleibt erneut die Wahl des Spielers.

Sniper Elite 4

Shooter gibt es wie Sand am Meer. Da ist es vorteilhaft, wenn eine Marke einen gewissen Ruf hat – auch wenn dieser nicht durchweg schmeichelhaft ist. Für die Sniper Elite Reihe gilt, dass sie stets solide Action bot, technisch und inhaltlich aber nie so richtig überzeugend war.

Mit dem vierten Teil der Reihe soll das zumindest teilweise besser werden. Entwickler Rebellion hat einiges in die Umsetzung investiert: Die Grafik soll sich auf Next-Gen-Niveau bewegen und auch andere Ärgernisse wie eine unpräzise Steuerung sollen der Vergangenheit angehören.

Spoiler-Warnung: Da ein Spieletest nicht immer gänzlich ohne die Wiedergabe einzelner wichtiger Handlungselemente der Geschichte möglich ist, bitten wir all jene, die vorab nichts über die Handlung des Spiels erfahren möchten, nur das Fazit zu lesen. Wir bemühen uns jedoch stets, die Wiedergabe auf absolut notwendige Erzählelemente zu beschränken.

Systemanforderungen

Bei den Systemanforderungen gibt sich Sniper Elite 4 trotzdem sehr moderat. Selbst auf älteren Systemen sollte der Titel problemlos laufen.

Testsystem und Herstellerempfehlung
Komponente Testsystem Herstellerempfehlung
Betriebssystem Windows 8.1 (64 Bit) ab Windows 7 (64 Bit)
Prozessor Core i7-4790 Core Core i3-2100, 3,1 GHz
Arbeitsspeicher 8 GByte 4 GByte
Grafik Radeon R9 290X GeForce GTX 660 / Radeon HD 7870
Festplattenspeicher ca. 20 GByte
Internetanbindung Für Steam-Aktivierung

Story

Inhaltlich bleibt Sniper Elite 4 den Grundsätzen der Reihe treu. Das ist schade, weil dies bedeutet, dass der Spieler mit einer Story zum Vergessen beglückt wird.

Was planen die Nazis?
Was planen die Nazis?

Im Jahr 1943 – und damit im direkten Anschluss an die Geschehnisse aus dem dritten Teil – wird Sniper-Held Karl Fairburne nach Italien versetzt. Während die Vorbereitungen der Allierten zur Invasion des Mussolini-Reichs laufen, soll Fairburne hinter den feindlichen Linien Verwirrung stiften. In diesem Kontext kommt der Elite-Scharfschütze einem geheimen Plan der Deutschen auf die Spur. Was genau planen die Nazis? Und welche Rolle spielen dabei Fraktionen wie die Mafia und Widerstandskämpfer?

Platte Umsetzung

Das klingt erstmal gut, ist allerdings durch die Bank platt umgesetzt. Das fängt schon beim Protagonisten an. Fairburne ist in jeder Hinsicht ein Klischee: Mit seinem makellos-kantigen Gesicht sieht er aus wie ein Actionheld aus der Retorte. In den wenigen Dialogen gibt er sich zu allem Überfluss auch als solcher. Hat er Angst, Zweifel, Skrupel? Ist er stolz, ein Patriot? Was beschäftigt ihn? Oder ganz rudimentär: Wie ist dieser Soldat so?

Sniper Elite 4 macht sich nicht die Mühe, auch nur eine dieser Fragen zu beantworten. Dabei gäbe es reichlich Gelegenheit und sogar Ansätze dazu. Als ein Partisane unseren aufrechten Recken fragt, ob er denn keine Angst vorm Sterben habe, könnte dieser antworten, sich erklären. Doch er belässt es einfach bei einem plumpen „natürlich nicht“.

Genauso blass bleiben auch die Nebencharaktere. Ob Mafiosi, Geheimagent oder Widerstandskämpferin: Jede Person in Sniper Elite 4 wirkt wie eine sprechende Schablone, die beliebig ausgetauscht werden könnte.

Sniper-Protagonist Fairburne
Sniper-Protagonist Fairburne

Gleiches gilt für die Story. Schnell wird deutlich, dass sie in letzter Linie als verbindendes Element für die einzelnen Missionen gedacht ist. Dementsprechend wenig Energie verwenden die Entwickler darauf, die Geschehnisse stringent miteinander zu verbinden. Im Hintergrund wabert stets der fiese Nazi-Plan; ansonsten bleibt aber relativ unklar, warum Fairburne sich nun gerade in dieses oder jenes Gebiet begibt, um dort eine Aufgabe zu verfolgen.

Natürlich muss bei dieser Kritik auch deutlich gemacht werden, dass hier nie der Anspruch von Sniper Elite lag. Trotzdem darf man im Jahr 2017 etwas mehr Liebe zur Handlung erwarten, zumal dann, wenn die Anlagen eigentlich vorhanden sind und nur mit etwas mehr Anspruch mit Leben gefüllt werden müssten.

Spielwelt

Wesentlich überzeugender ist dagegen die Spielwelt gelungen. Um Fairburnes Abenteuer in Szene zu setzen, verwenden die Entwickler je Mission eine Karte, auf der in aller Regel mehrere Ziele verfolgt werden können. In dieser Hinsicht fällt zum einen auf, dass die Areale tatsächlich wie vorab versprochen größer ausfallen, sodass der Spieler genügend Platz zum Erkunden und Ausprobieren hat.

Ein weiterer Pluspunkt ist, dass die Gebiete abwechslungsreich und mit Liebe zum Detail in Szene gesetzt wurden. Wir schleichen durch malerische Küstenorte, robben durch Wälder, durchsuchen alte Abteien und schießen uns durch einen weitläufigen Hafen.

Dabei bietet einem die Szenerie immer wieder unterschiedliche Wege an. Nehmen wir einen Umweg in Kauf, um eine Patrouille zu umgehen? Versuchen wir es ebenerdig oder zieht es uns eher auf die Dächer? In Sniper Elite 4 führen tatsächlich viele Wege zum Ziel, was unterstützend auf die unterschiedlichen Spielstile wirkt.

Die Spielwelt überzeugt
Die Spielwelt überzeugt

Gameplay

„Spielstile“, das ist ohnehin eines der wichtigen Stichwort im Zusammenhang mit Sniper Elite 4. Genau genommen ermöglicht der Titel zwei klassische Vorgehensweisen, die gleichermaßen gut funktionieren: Die lautlose und die actionreiche.

Von der Anlage her sollte ein Sniper Elite immer lautlos, als Geist, gespielt werden, denn erst so kommt der „Thrill“ des Gameplays auf. Dazu haben die Entwickler einige unterstützende Elemente integriert: Fairburne kann Unterschallmunition und schallgedämpfte Waffen benutzen und geräuschlos im Nahkampf töten. Mit ein wenig Geschick kann man an vielen Stellen zudem ganz ohne Gewalt weiterkommen, was trotz Minikarte samt markierten Gegnern die eigentliche Herausforderung darstellt.

Hilfreich ist bei einer solchen Vorgehensweise auch, dass die Umgebungen dazu genutzt werden können. In einer Karte donnern beispielsweise regelmäßig Kampfflugzeuge über das Gebiet, in einer anderen lärmt beständig ein großes Geschütz – ideale Momente, um von erhöhter Position einen tödlichen Schuss abzugeben. Der Lärm kann sich aber auch gegen den Spieler richten, wenn er etwa auf einem Dachboden zu laut trampelt oder auf einem Dach Vögel aufschreckt.

Bei Bedarf Rambo

Doch auch für den Action-Teil ist gesorgt. Im Notfall verteilt Fairburne Sprengstoff, Minen und Stolperfallen, greift auf Maschinengewehre zurück und wirft Granaten. Das funktioniert in aller Regel fast etwas zu einfach. Da sich an jeder Ecke Panzerminen und Verbände finden, ist unser Elite-Sniper bei Bedarf auch ein echter Panzer zerfetzender Rambo, sodass Shooter-Freunde von Beginn an mindestens den dritten von vier Schwierigkeitsgraden wählen sollten, um sich nicht unterfordert zu fühlen.

Lautlos ist Trumpf
Lautlos ist Trumpf

Inhaltlich unlogisch, dem Spielspaß aber durchaus zuträglich ist dabei, dass die Entscheidung für einen der beiden Spielstile immer nur für den jeweiligen Bereich einer Karte gilt. Setzen wir bei der Verfolgung des ersten Ziels einer Mission auf ein lautes Vorgehen, bedeutet dies nicht, dass unsere Gegner beim zweiten Ziel über uns informiert wären. Funkgeräte und ein normales Gehör haben die Nazis in Sniper Elite 4 nämlich nicht. Das ist natürlich unplausibel, hat spielerisch aber den Charme, dass die Vorgehensweise innerhalb der einzelnen Karten variiert werden kann.

Gut gefällt auch die grundsätzliche Aufteilung der Aufgaben. Im Prinzip steht es dem Spieler frei, welchen Missionsteil er wie und wann angeht. Schalten wir als erstes den wichtigsten General aus? Kümmern wir uns erstmal um seine Offiziere? Oder widmen wir uns einer von mehreren Nebenmissionen? Innerhalb der Karten ist Fairburne völlig frei.

Multiplayer

Der Mehrspielerpart ist auch bei Sniper Elite 4 wieder ein Gimmick, das potenziell für viele weitere Stunden unterhalten kann. Über die Güte können wir an dieser Stelle aber noch nichts sagen: Da wir eine Vorab-Version getestet haben, funktionierte das Matchmaking noch nicht.

Insgesamt scheint die Anlage aber durchaus vorhanden zu sein. Die Spielerstellung bietet zahlreiche Einstellungsmöglichkeiten, bei den Modi warten immerhin die Standardgenres. Auch ein Koop steht bereit, in dem die Kampagne zu zweit gespielt oder in einem Survival-Modus gegen zunehmend starke Gegnerwellen gekämpft werden kann.

Technik

Ein weiteres Lob verdient sich Sniper Elite 4 für die technische Umsetzung. Mit richtig modernen Konkurrenten kann der Titel zwar nicht mithalten. Für ein signifikantes Update im Vergleich zum Vorgänger inklusive neuer, auf Dauer aber eher nerviger „Killcam-Ansichten“ reicht es aber allemal. So steht am Ende ein Shooter, der sich optisch im soliden Mittelfeld bewegt und sich so deutlich vom angestaubten Sniper Elite 3 abhebt.

Die Treffer-Cam darf nicht fehlen
Die Treffer-Cam darf nicht fehlen

Die Darstellung ist dabei sehr hardwareverträglich. Auf unserem Testsystem läuft Sniper Elite 4 in einer Auflösung von 1.920 × 1.080 Pixeln unter maximalen Details flüssig bei 60 Bildern pro Sekunde.

Hinzu kommt, dass die Schauplätze nicht nur ansehnlich in Szene gesetzt sind. Auch viele andere Kinderkrankheiten wurden behoben. So fühlt sich die Bewegung von Fairburne endlich flüssig an. Selbst mit der auf das Gamepad optimierten Maus-Tastatur-Steuerung am PC bleibt man kaum noch an Mauervorsprüngen und Ecken hängen. Und auch sonst sind wir über keine nennenswerten Bugs gestolpert.

Mäßig ist aus technischer Perspektive allerdings die KI geglückt. Die Nazis von Sniper Elite 4 sind zwar nicht ganz so dumm wie in den Vorgängern. Wirklich umsichtig gehen sie aber nicht vor, sodass sie selbst in den höheren Schwierigkeitsgraden nur dann richtig gefährlich werden, wenn sie in größeren Gruppen auftreten.

Kopier- & Jugendschutz

Sniper Elite 4 funktioniert über Steam, sodass der Key über die Valve-Plattform aktiviert werden muss. Dazu ist einmalig eine Internetverbindung nötig; ein Wiederverkauf ist durch die Bindung an das Konto nicht möglich. Für Kritik sorgt die Verwendung des Kopierschutzes Denuvo, der ein Aktivierungslimit von fünf Konfigurationen innerhalb von 24 Stunden vorsieht.

Die USK hat für den Titel keine Jugendfreigabe erteilt, sodass der Titel ab 18 Jahren erhältlich ist.

Fazit

Sniper Elite 4 ist kein besonderes Spiel. Inhaltlich wird man den Titel aufgrund einer flauen Story und flachen Charakteren schnell vergessen – episch geht anders. Für solide Action reicht es aber allemal, was durchaus eine Grundlage für ordentlichen Spielspaß sein kann.

Basis dafür ist ein Dreiklang, der aus einer gelungenen Spielwelt, einem abwechslungsreichen Gameplay und einer merklich verbesserten Technik besteht. All das ist kein Grund zur Euphorie, denn auch aus diesen Perspektiven betrachtet ist Sniper Elite 4 kein herausragender Titel. Und doch entfaltet er einen eigenwilligen Bann, der stark mit der Herausforderung zusammenhängt, möglichst elegant durch die Karten und Aufgaben zu gelangen.

Wer locker über die inhaltlichen Unzulänglichkeiten hinwegsehen kann, wird mit Sniper Elite 4 sicher glücklich werden. Allerdings schadet es in diesem Fall nicht, die erste Preissenkung abzuwarten: Für ein Must-Have zum Vollpreis reicht es aufgrund der schwachen Handlung nicht.

Schnelle Action für zwischendurch
Schnelle Action für zwischendurch

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