Neue S-Klasse vorgestellt: MBUX 2.0, Level 3 und DLP-HD-Scheinwerfer ziehen ein

Nicolas La Rocco
90 Kommentare
Neue S-Klasse vorgestellt: MBUX 2.0, Level 3 und DLP-HD-Scheinwerfer ziehen ein
Bild: Mercedes-Benz

Nach Wochen der Informationshäppchen hat Mercedes-Benz heute die neue S-Klasse der Baureihe 223 in Gänze vorgestellt. Der Name steht für „Sonderklasse“ und ist auch dieses Mal Programm. Was technisch möglich ist, verbaut Mercedes-Benz im neuen Modell, darunter das MBUX 2.0, DLP-HD-Scheinwerfer und bald ein Level-3-System.

Dass es sich bei der Weltpremiere der neuen S-Klasse auch für Mercedes-Benz nicht um eine normale Vorstellung eines neuen Automobils handelt, zeigt schon die Pressemitteilung mit erschlagenden 81 Seiten an Informationen. Details, wie dass es die flauschigen Plüschkissen, die bisher den hinteren Passagieren vorbehalten waren, nun auch vorne gibt, geraten angesichts interessanterer technischer Innovationen ins Hintertreffen, die ohnehin der Zielgruppe auf ComputerBase gerechter werden.

MBUX 2.0 mit neuem Nvidia-Chip

Das fängt beim neuen MBUX der zweiten Generation an, das ComputerBase bereits im Detail vorgestellt hat. Dessen auffälligstes Merkmal ist ein bis zu 12,8 Zoll großes OLED-Touch-Display in der Mittelkonsole, dessen Rechenleistung von einem Nvidia Xavier mit sechs „Carmel“ getauften CPU-Kernen aus eigener Entwicklung und einer Volta-GPU beigesteuert wird. Das System bietet 50 Prozent mehr Rechenleistung als der Tegra X2 der ersten MBUX-Generation (Test), die 2018 mit der A-Klasse eingeführt wurde.

3D-Fahrer-Display mit Autostereoskopie

Bis zu fünf Bildschirme sind über den gesamten Innenraum verteilt in der S-Klasse verbaut. Das Zentral-Display misst mindestens 11,9 Zoll in der Serie, optional ist ein 12,8-Zoll-Display mit OLED-Panel und haptischem Touch-Feedback. Auch das Fahrer-Display gibt es in zwei Abstufungen: Optional wird ein 3D-Panel mit Autostereoskopie angeboten, das zudem mit zwei integrierten Kameras für die Gesichtserkennung ausgestattet ist. ComputerBase konnte vor der heutigen Weltpremiere zur Probe hinter dem Steuer Platz nehmen und sich von der Tiefenwirkung ähnlich der eines Nintendo 3DS, jedoch in deutlich höherer Auflösung überzeugen. Der 3D-Effekt stellt sich vor allem bei in die Tiefe gehenden Grafiken wie denen der Fahrerassistenzsysteme ein.

Welche Bildschirme serienmäßig in der neuen S-Klasse verbaut sind und welche als optionale Sonderausstattung angeboten werden, zeigt folgende Tabelle auf.

Fahrer-Display Zentral-Display Fond-Displays Fond-Tablet
Serie Option Serie Option
Diagonale 12,3 Zoll 11,9 Zoll 12,8 Zoll 11,6 Zoll 7,0 Zoll
Auflösung 2.400 × 900 1.624 × 1.728 1.888 × 1.728 1.920 × 1.080 1.280 × 800
Touch Nein Ja
Sonstiges 3D-Darstellung mit Tiefenwirkung, zwei integrierte Kameras für Gesichtserkennung OLED-Panel mit haptischem Feedback Anschluss für Kopfhörer Laden über USB in Dockingstation, WLAN- und Bluetooth-fähig

Head-up-Display mit Augmented-Reality-Overlay

Nicht zu den klassischen Displays des Innenraums zählt das neue Head-up-Display (HUD), das ebenfalls in zwei Varianten angeboten wird. Neben einem normalen HUD wird eines mit Augmented-Reality-Darstellung angeboten, das in optisch wahrgenommenen 10 Metern Entfernung vor dem Fahrzeug einen 77 Zoll entsprechenden Monitor projiziert, der unter anderem animierte Abbiegepfeile virtuell und passgenau über die Fahrbahn legt. Bei den Assistenzfunktionen werden Informationen etwa für den aktiven Abstands-Assistenten im AR-HUD angezeigt.

Mercedes-Benz S-Klasse (Baureihe 223)
Mercedes-Benz S-Klasse (Baureihe 223) (Bild: Mercedes-Benz)

Digital Light mit DLP-Modul geht in die Großserie

Das Thema Projektion spielt auch bei den neuen, optionalen Scheinwerfern eine wichtige Rolle. Erstmals kommt die unter dem Namen Digital Light entwickelte Projektionstechnik auf Basis der DLP-Technologie von Texas Instruments in einem in Großserie gebauten Fahrzeug von Mercedes-Benz zum Einsatz. Seine Premiere hatte das System vor knapp vier Jahren in einem Technologieträger auf Basis der damaligen S-Klasse, 2018 waren die DLP-HD-Scheinwerfer in den Maybach-Modellen verfügbar.

Digital Light nutzt pro Scheinwerfer eine Hochleistungs-LED, deren Licht über das DLP-Modul mit jeweils 1,3 Millionen Mikrospiegeln gebrochen und gerichtet wird. Die Scheinwerfer haben in Summe somit eine Auflösung von 2,6 Millionen Lichtpixeln, was mehr als Full-HD-Auflösung entspricht. Zum einen soll dadurch der Fernlichtassistent beim Ausblenden von Gegenverkehr oder Verkehrsschildern über 100-mal genauer als das bisherige 84-Pixel-Licht arbeiten, zum anderen sind damit Projektionen auf der Straße vor dem Fahrzeug möglich. Beispiele dafür sind ein Baggersymbol bei erkannten Baustellen, Warnungen und Markierungen von Fußgängern am Fahrbahnrand, Hinweise auf Ampeln, Stoppschilder oder Einfahrverbote sowie Führungsmarkierungen bei verengten Fahrbahnen.

Sensorik und Fahrerassistenzsystemen im Überblick

Das Licht kann somit durchaus zu den Fahrerassistenzsystemen gezählt werden, die bei der neuen S-Klasse gemäß Level 2 erstmals alle serienmäßig verbaut sind. In der zweiten Jahreshälfte 2021 will Mercedes-Benz nach aktueller Planung den Drive Pilot als Level-3-System für hochautomatisiertes Fahren anbieten, sodass auf Autobahnen bei zähem Verkehr und in Stausituationen bis 60 km/h dauerhaft die Hände vom Lenkrad genommen werden können. Das setzt eine erweiterte Umfeldsensorik bestehend aus Lidar, einer weiteren Kamera in der Heckscheibe und Mikrofonen sowie neue HD-Karten voraus. Zum Start der S-Klasse zum Ende des Jahres ist folgende Sensorik verbaut:

  • Multimoderadar vorne: 2 Radarsensoren mit Öffnungswinkel 130°
  • Fernbereichsradar vorne: 1 Radarsensor mit Öffnungswinkel 90° und 9°
  • Stereo-Multi-Purpose-Kamera vorn: 1 Kamera mit Öffnungswinkel 70°
  • Multimoderadar hinten: 2 Radarsensoren mit Öffnungswinkel 130°
  • 360°-Kamera (Nahbereich): 4 Kameras mit Öffnungswinkel 180°
  • Ultraschall (Nahbereich): 12 Sensoren mit Öffnungswinkel 120°

Die Sensorik ermöglicht folgende Fahrerassistenzsysteme mit folgenden Neuerungen. Aufgrund des Umfangs der Systeme sind die Informationen im Klapptext versteckt. Mit den jeweils beschriebenen Funktionen sind ausschließlich die Neuerungen gemeint.

Mehr Informationen

Ambientebeleuchtung mit bis zu 263 LEDs und 64 Farben

Zu den Fahrerassistenzsystemen zählt Mercedes-Benz auch die aktive Ambientebeleuchtung, bei der es sich um eine Sonderausstattung handelt. Die Beleuchtung des Innenraums ist in die Fahrassistenzsysteme eingebunden und kann deren Warnungen optisch unterstützen. 247 LEDs in der normalen S-Klasse (W 223) und 263 LEDs in der Langversion (V 223) sind ausgeschaltet nicht sichtbar hinter einer Black-Panel-Fläche verbaut. 64 Farben können in 20 Helligkeitsstufen bis 200 cd/m² dargestellt werden. Das sei zehn Mal heller als bisher, erklärt Mercedes-Benz.

Vollautomatisiertes Parken gemäß Level 4

Beim Parken spielen die Assistenzsysteme und deren Umfeldsensorik ebenfalls eine Rolle. Serienmäßig ist der aktive Park-Assistent im Park-Paket mit Rückfahrkamera verbaut, optional erhältlich ist das erweiterte Park-Paket mit 360°-Kamera, dessen drei zusätzliche Kameras in den Außenspiegeln sowie vorne im Fahrzeug in Verbindung mit den serienmäßigen Kameras ein Bild der Fahrzeugumgebung zeichnen. Es stehen sieben verschiedenen Ansichten samt Zoom und ein in Echtzeit gerendertes Fahrzeugmodell zur Auswahl, um Einschränkungen beim Parken zu visualisieren.

Über das Smartphone und nur in unmittelbarer Nähe zum Auto lässt sich dieses mit Hilfe der Remote-Parkfunktion in enge Parklücken und Garagen bugsieren. Im nächsten Schritt soll der Intelligent Park Pilot das vollautomatisierte Parken gemäß Level 4 erlauben, wie es bereits in Stuttgart getestet wird. Dabei wird das Fahrzeug in einer Drop-off-Area des Parkhauses abgestellt, woraufhin dieses nach Bestätigung auf dem Smartphone vollautomatisiert zur Parklücke fährt. Das „Automated Valet Parking“ setzt ein mit Sensorik bestücktes Parkhaus voraus.

Marktstart Ende 2020

Die neue S-Klasse kann in Deutschland ab Mitte September 2020 zu bislang nicht kommunizierten Preisen bestellt werden und wird zum Start als S 450 4MATIC und S 500 4MATIC (Benziner, M 256, R6) sowie S 350 d, S 350 d 4MATIC und S 400 d 4MATIC (Diesel, OM 656, R6) angeboten. Kurze Zeit später soll ein Modell mit V8-Motor verfügbar sein. Der Marktstart ist für Dezember dieses Jahres geplant. 2021 soll ein Plug-in-Hybrid mit einer rein elektrischen Reichweite von rund 100 Kilometern folgen. Für Februar 2021 ist die Markteinführung in den USA und China angesetzt.

ComputerBase hat Informationen zu diesem Artikel von Mercedes-Benz im Vorfeld im Rahmen einer Veranstaltung des Herstellers in Fellbach unter NDA erhalten. Die Kosten für An- und Abreise wurden von Mercedes-Benz getragen. Eine Einflussnahme des Herstellers oder eine Verpflichtung zur Berichterstattung bestand nicht.

25 Jahre ComputerBase!
Im Podcast erinnern sich Frank, Steffen und Jan daran, wie im Jahr 1999 alles begann.