Amazon: Sonntagsschutz wichtiger als Lieferversprechen

Michael Schäfer
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Amazon: Sonntagsschutz wichtiger als Lieferversprechen
Bild: Ravi Shah | CC BY 2.0

Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verbot für die Sonntagsarbeit bei Amazon in der Weihnachtszeit in dritter Instanz erneut bestätigt. Das Urteil dürfte weitreichende Folgen für den Online-Handel haben. Kritik ließ nicht lange auf sich warten.

In der Weihnachtszeit 2015 hatte Amazon für mehrere seiner Standorte Sonntagsarbeit im Advent beantragt, darunter auch für das Versandlager in Rheinberg in Nordrhein-Westfalen, um das es in der jetzigen juristischen Auseinandersetzung ging. Amazon führte als Grund für den Antrag an, dass ohne die Mehrarbeit rund 500.000 Bestellungen bis Weihnachten nicht bearbeitet werden könnten. Daher sollte die Belegschaft des Logistikzentrums auch am 3. und 4. Advent arbeiten. Das Land NRW hatte die Arbeit an beiden Sonntagen genehmigt, wogegen die Gewerkschaft Ver.di mit Verweis auf den vom Grundgesetz besonders geschützten arbeitsfreien Sonntag klagte.

Vorinstanzen mit gleicher Entscheidung

Bereits in den Vorinstanzen urteilte das Verwaltungsgericht Düsseldorf (29 K 8347/15 ) zu Gunsten von Ver.di und damit gegen den Online-Riesen. Jetzt hat nach dem Oberverwaltungsgerichts (OVG) in Münster (Az.: 4 A 738/18) auch in letzter Instanz das Bundesverwaltungsgericht dem Ansinnen von Amazon eine Abfuhr erteilt. Laut Urteilsbegründung kann dem Arbeitszeitgesetz zufolge nur dann in Ausnahmefällen eine Bewilligung an bis zu fünf Sonn- und Feiertagen im Jahr ereilt werden, wenn „besondere Verhältnisse zur Verhütung eines unverhältnismäßigen Schadens“ dies nötig machen. Das BVerwG stellte aber ebenso klar, dass es sich bei dieser gesonderten Situation aber um eine außerbetriebliche Ursache handeln muss, diese somit also nicht vom Arbeitgeber selbst geschaffen worden sein darf.

Für diesen Umstand habe Amazon mit seinem Lieferversprechen, viele Bestellungen noch am selben Tag zu versenden, gerade in der Vorweihnachtszeit gesorgt und damit zu einem selbstverschuldeten hohen Aufkommen an Bestellungen. Somit hätten die entsprechenden Ursachen nicht von außen auf das Unternehmen eingewirkt.

Kritik und Zuspruch

Die Kritik an dem Urteil lies indes nicht lange auf sich warten: So forderte der Bundesverband Onlinehandel (BVOH) durch seinen Verbandspräsident Oliver Prothmann gegenüber dem Handelsblatteine höhere Flexibilität in den Öffnungs- und Arbeitszeiten im Handel “. Ver.di hingegen sieht sich in seiner Klage bestätigt: „Das Bundesverwaltungsgericht hat mit diesem Urteil bestätigt, dass die Lieferversprechen des Onlinehändlers nicht ausreichen, um den Anspruch der Beschäftigten auf einen freien Sonntag auszuhebeln.“.

Gegenüber Golem.de gab Amazon-Sprecher Michael Schneider an, dass das Urteil keinen Einfluss auf die jetzigen Betriebsabläufe hätte. Man werde das Urteil sorgfältig prüfen. „Das Gerichtsurteil geht auf den Antrag auf ausnahmsweise Bewilligung von Sonntagsarbeit bei Amazon Rheinberg an zwei Sonntagen im Dezember 2015 zurück. Amazon hatte nach dem Land Nordrhein-Westfalen Revision eingelegt, um als beteiligte Partei seine eigenen Rechte am Verfahren zu wahren.“, so Schneider.