Samsung Galaxy S21 Ultra im Test: Vier Kameras für ein Halleluja

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Nicolas La Rocco
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So neu Samsung die Kameras in die Rückseite integriert hat, so ähnlich wie bei anderen Herstellern ist letztlich doch das Vorgehen, um ein möglichst breites Spektrum an Aufnahmen zu ermöglichen. Mangels variabler Zoomobjektive bedarf es im Smartphone weiterhin mehrerer Linsen, um unterschiedliche Brennweiten abzudecken. Im High-End-Segment haben sich in letzter Zeit mindestens drei Objektive mit fester Brennweite etabliert: Weitwinkel, Ultraweitwinkel und Tele. Ausnahmen gibt es immer wieder, etwa bei Google mit dem Pixel 5 (Test), das mit Weitwinkel und Ultraweitwinkel auskommt. Beim Galaxy S21 Ultra gibt es einen Ausreißer, da zwei Teleobjektive mit unterschiedlicher Brennweite das Weit- und Ultraweitwinkel ergänzen. Gänzlich neu ist aber auch dieses Vorgehen nicht, wie zuletzt Huawei beim P40 Pro+ (Test) und Mate 40 Pro gezeigt hat.

Hauptkamera mit 108 Megapixel

Für die Hauptkamera setzt Samsung auf den eigenen ISOCELL HM3 mit 108 Megapixeln. Das zugehörige Objektiv arbeitet mit 24 mm Brennweite nach Kleinbildäquivalent und f/1.8-Blende sowie optischer Bildstabilisierung (OIS). Es handelt sich um die dritte Generation 108-Megapixel-Sensor, die mit dem Super PD Plus – wobei „PD“ für den Autofokus per Phasenvergleich („Phase Detection“) steht – die Genauigkeit des Autofokus mittels Mikrolinsen über den Fokuspunkten im Sensor um 50 Prozent im Vergleich zur vorherigen Generation (ISOCELL HM2) verbessern soll.

Die vier Kameras: 13 mm, 24 mm, 240 mm und 72 mm (rechts)
Die vier Kameras: 13 mm, 24 mm, 240 mm und 72 mm (rechts)

12 Megapixel sind ein sinnvoller Standard

Obwohl zur Ankündigung des Sensors noch erklärt wurde, dass dieser bei guten Lichtbedingungen mit vollen 108 Megapixeln arbeitet und erst bei Nacht das Nona-Binning für eine Zusammenlegung von neun auf einen Pixel für dann 12 Megapixel nutzt, arbeitet der Sensor standardmäßig immer mit 12 Megapixeln. Die vollen 108 Megapixel können wahlweise im Menü für die Auswahl des Bildformats (4:3, 16:9, 20:9, 1:1) ausgewählt werden, sinnvoll ist das aber nicht oder zumindest nur sehr selten. Mit der vollen Auflösung verliert der Sensor alle seine eigentlich sehr guten HDR-Fähigkeiten und scheitert bei der Belichtung, sobald ein breiter Dynamikumfang gefordert wird.

Alle Fotos wurden mit dem Automatikmodus durchgeführt, wie ihn die meisten Anwender im Alltag verwenden werden. Dasselbe gilt für die zum Vergleich herangezogenen Smartphones von Google und Apple. Das Pixel 5 und das iPhone 12 Pro Max messen sich in den nachfolgenden Aufnahmen bei Tag und Nacht mit dem Galaxy S21 Ultra.

Ultraweitwinkel mit 13 mm Brennweite

Zunächst aber ein Blick auf die weitere Hardware. Als zweite Kamera kommt ein vom Galaxy S20 Ultra und Galaxy Note 20 Ultra bekanntes Ultraweitwinkelobjektiv mit 13 mm Brennweite nach Kleinbildäquivalent zum Einsatz. Dahinter verbirgt sich wie im letzten Jahr ein Sensor mit 12 Megapixeln.

Zwei Teleobjektive mit 72 und 240 mm

Zweigeteilt fällt diesmal der Telebereich aus, denn Samsung deckt mit zwei Objektiven zwei unterschiedliche Brennweiten mit einmal dreifacher und einmal zehnfacher optischer Vergrößerung ab. Das sorgt zum einen dafür, dass bei eher kleiner Vergrößerung eine eigene Kamera zur Verfügung steht und kein Crop mehr vom Hauptsensor vorgenommen werden muss. Auf der anderen Seite erreicht Samsung bei der starken Vergrößerung ein besseres Ergebnis mit weniger Digitalzoom. Im Detail bietet das 3x-Tele eine Brennweite von 72 mm, das 10x-Tele kommt auf 240 mm – jeweils nach 35-mm-Kleinbildäquivalent. Warum es trotzdem nicht immer ganz einfach ist, die jeweilige Brennweite „in Hardware“ zu nutzen, wird im weiteren Verlauf erläutert.

Galaxy S21 Ultra, Pixel 5 und iPhone 12 Pro Max im Vergleich

Die erste Galerie konzentriert sich auf den Vergleich von Hauptkamera (Weitwinkel) und Ultraweitwinkel, weil diese Kameras bei allen drei Smartphones vorhanden sind. Zunächst einmal sticht das Galaxy S21 Ultra mit der Brennweite von 24 mm hervor, da Pixel 5 und iPhone 12 Pro Max 26 respektive 27 mm nutzen und damit einen nicht ganz so großen Blickwinkel abdecken. Im Direktvergleich der drei Smartphones könnte man bei Samsung manchmal sogar meinen, ein Ultraweitwinkel komme zum Einsatz.

Der zweite Punkt betrifft die teils helleren Aufnahmen bei Samsung. Das neue HDR-Verfahren Smart ISO Pro erstellt simultan statt hintereinander zwei 10-Bit-Aufnahmen und fügt diese zu einem Foto zusammen. Im Ergebnis entstehen Aufnahmen mit großem Dynamikumfang, der aber durch eine zu starke Aufhellung über das gesamte Bild nachlässt. Wo Samsung aus dunklen Bildbereichen mehr Details holt, schafft es der Konzern nicht, diese Nachbearbeitung punktuell auf eben nur diese Bildbereiche zu beschränken, sodass auch helle Bereiche nachbearbeitet werden und an Details verlieren. An einem sonnigen Wintertag gerät das Galaxy S21 Ultra damit in Bredouille gegenüber Pixel 5 und iPhone 12 Pro Max. Insbesondere das Google-Smartphone bewahrt deutlich mehr Details in hellen Bildbereichen. Das erkennt man gut bei Fassaden oder der weißen Schneedecke.

Samsung Galaxy S21 Ultra im Test – Kamera (Tag)

Einschränkend muss man an dieser Stelle aber sagen, dass die Fotos auf dem Smartphone betrachtet eine andere Wirkung haben. Die OLED-Bildschirme der Mobilgeräte sind derart hervorragend, dass kaum ein Consumer-Desktop-Bildschirm mithalten kann. Die Fotos wurden alle auf einem HP ZR2440w verglichen. Vermutlich dürften die meisten Anwender ihre Aufnahmen aber auf demselben Gerät betrachten, mit dem sie geschossen wurden, oder maximal noch auf Social Media veröffentlichen.

Bildvergleich: Galaxy S21 Ultra (Ultraweitwinkel) (f/2.2, ISO 50, 1/1764 s) 
Pixel 5 (Ultraweitwinkel) (f/2.2, ISO 40, 1/1333 s) 

Das Galaxy S21 Ultra hat aber auch klare Vorzüge. Dramatisch überzeichnete Farben hat Samsung weitgehend abgestellt, sodass der Kamera mittlerweile eine durchaus natürliche Abbildung attestiert werden kann. Außerdem punktet der Hersteller mit einer allgemein hohen Schärfe über das gesamte Bild, sofern es sich nicht um Nahaufnahmen handelt. Der relativ große Sensor mit kleiner Optik hat wie beim iPhone 12 Pro Max das Problem, dass im Nahbereich kaum mehr ein scharfes Bild aus der Kamera zu holen ist. In diesem Fall sollte ein Schritt zurückgegangen und zum Tele gewechselt werden.

Samsung Galaxy S21 Ultra im Test – Kamera (Nacht)

Auch bei Nacht wurden alle drei Geräte im Automatikmodus genutzt, da alle Probanden eine Szenenerkennung besitzen und ihre Aufnahmen entsprechend der Umgebung anpassen. Im Direktvergleich sticht das Pixel 5 mit seiner effektiven Effekthascherei hervor, die jede Aufnahme zunächst einmal vermeintlich grandios aussehen lässt, da Google gezielt für ein intensives Leuchten sorgt. Die Aufnahmen erhalten schnell eine Blade-Runner- oder Cyberpunk-ähnliche Atmosphäre, vor allem in Bereichen von Straßenlaternen, Leuchtreklamen und anderen Beleuchtungen etwa von Gebäuden.

Bildvergleich: Galaxy S21 Ultra (Weitwinkel) (f/1.8, ISO 500, 1/50 s) 
iPhone 12 Pro Max (Weitwinkel) (f/1.6, ISO 500, 1/50 s) 

Samsung und Apple fangen bei genauer Betrachtung aber mehr Details ein. Schaut man beim Pixel 5 ganz genau hin, gibt es in vielen Bildbereichen einiges an Pixelmatsch zu entdecken. Gegen die größeren Sensoren von Samsung und Apple kommt Googles „Computational Photography“ dann doch nicht mehr an. Der Automatikmodus des Galaxy S21 Ultra sorgt bei Nacht für realistische Aufnahmen, die den tatsächlichen Lichtbedingungen entsprechen. Das Pixel 5 leistet sich manchmal Ausreißer mit zu starker Aufhellung und Farbverfälschung, etwa entlang des Portikus der Nationalgalerie.

Galaxy S21 Ultra und iPhone 12 Pro Max nehmen sich im Direktvergleich nicht viel – mal gelingen Samsung, mal Apple die etwas besseren Aufnahmen. Samsung fängt noch etwas mehr Licht mit dem Sensor ein, Apple holt hingegen mehr Details und Schärfe heraus. Ein Vorteil von Samsung ist aber wiederum, dass es seltener zu Reflexionen innerhalb des Objektivs kommt. Am Hamburger Bahnhof produziert zum Beispiel nur das Galaxy S21 Ultra keine Reflexionen der Fassade auf der Treppe im Vordergrund. Die Fassade ist hier auch wieder ein gutes Beispiel dafür, wie Google mit dem intensiven Leichten über das Ziel hinaus schießt und Apple mehr Details abbildet als Samsung.

Den Vergleich unter den Ultraweitwinkelobjektiven bei Nacht gewinnt dann aber das Pixel 5 für sich, weil der automatisch zugeschaltete Nachtmodus am besten funktioniert. Galaxy S21 Ultra und iPhone 12 Pro Max sind im Direktvergleich zu dunkel und zeigen weniger Details bei gleichzeitig deutlicher Unschärfe. Kritikpunkt beim Ultraweitwinkel des Pixel 5 ist aber definitiv das eingeschränkte Sichtfeld. Die Bezeichnung Ultraweitwinkel verdient das Objektiv im Vergleich zu Samsung und Apple kaum.

Zwei Teleobjektive für mehr Flexibilität

Als Besonderheit bietet das Galaxy S21 Ultra zwei Teleobjektive, davon eines mit dreifacher (72 mm) und ein weiteres mit zehnfacher Vergrößerung (240 mm). Für die starke Vergrößerung des zweiten Teles vertraut Samsung auf einen Periskop-Zoom, der mit umlenkenden Spiegeln das Licht durch weitere im Smartphone installierte Linsen leitet. Dieses Design hat den Vorteil, dass es die Bautiefe des Mobilgeräts weniger beeinflusst, als wenn Samsung alle Linsen klassisch übereinanderstapeln würde. Vergleichbare Lösungen gibt es auch bei Anbietern wie Huawei und Vivo.

Samsung Galaxy S21 Ultra (Zoom)

Zwei Teleobjektive sind eine logische Weiterentwicklung, um mehr Brennweiten in einem Smartphone abzudecken und für mehr Flexibilität beim Knipsen zu sorgen. Wo eine zweifache Vergrößerung häufig auch noch mit einem Crop (vor allem bei 108 Megapixeln) auf der Hauptkamera möglich ist, sorgt die dreifache Vergrößerung für einen größeren Schritt, der eher ein eigenes Objektiv verlangt. Zwischen 72 und 240 mm folgt dann allerdings eine größere Lücke, die Samsung mit digitalem Zoom ausfüllen muss.

Bildvergleich: Galaxy S21 Ultra – 10x (f/4.9, ISO 50, 1/343 s) 
iPhone 12 Pro Max – 10x (f/2.2, ISO 20, 1/1429 s) 

Wann kommt welches Objektiv zum Einsatz?

Im Detail kommt für alle Aufnahmen bis zu den 24 mm der Hauptkamera das Ultraweitwinkelobjektiv zum Einsatz (0,6x–0,9x). Bis zu den 72 mm des ersten Teleobjektivs wird das Weitwinkelobjektiv genutzt (1,0x–2,9x), bis 240 mm das erste Teleobjektiv (3,0x–9,9x) und ab 240 mm das zweite Teleobjektiv (10x–100x), über das dann auch für den sogenannten „Space Zoom“ eine digitale Vergrößerung stattfindet.

Bildvergleich: Galaxy S21 Ultra – 1x (f/1.8, ISO 50, 1/564 s) 
Galaxy S21 Ultra – 10x (f/4.9, ISO 50, 1/100 s) 

Die vier Objektive lassen sich über einen Direktzugriff im unteren (respektive seitlichen) Bereich des Suchers auswählen, was sicherstellt, dass nicht mit digitalem Zoom gearbeitet wird. Wischt man jedoch über die vier Symbole, erscheint eine Zoomleiste, die in 0,1er-Schritten das Zoomen von 0,6x bis 100x erlaubt. In diesem Fall gilt es darauf zu achten, dass bei Zwischenstufen wie 2x oder 2,5x, aber auch 5x oder 7x jeweils digital mit dem zuvor erläuterten zugehörigen Objektiv gezoomt wird. Geht man also auf „48 mm Brennweite“, entspricht dies einem zweifachen digitalen Zoom mittels Hauptkamera und keiner Vergrößerung „in Hardware“. Diese erhalten Anwender unter Garantie immer nur dann, wenn auf die vier Piktogramme als Vorauswahl gedrückt wird. Bei freier Einstellung wird unter Umständen mit viel digitalem Zoom gearbeitet.

Bildvergleich: Galaxy S21 Ultra – 1x (f/1.8, ISO 50, 1/1356 s) 
Galaxy S21 Ultra – 10x (f/4.9, ISO 50, 1/338 s) 

Die zwei Teleobjektive sind Samsung gut gelungen und sorgen für einen echten Mehrwert gegenüber anderen Smartphones. Die Qualität fällt mit einer tatsächlich in Hardware verfügbaren Brennweite von bis zu 240 mm sichtbar besser aus als zum Beispiel beim iPhone 12 Pro Max, das nur bis zu einer 2,5-fachen Vergrößerung mithält. Aber auch in den Zwischenstufen, bei denen Samsung nicht die native Brennweite des jeweiligen Objektivs nutzen kann, sehen die Aufnahmen noch gut aus. Hilfreich ist die hohe Auflösung der Hauptkamera, die einen schnellen Crop bis 2,9-facher Vergrößerung ohne merklichen Qualitätsverlust erlaubt. Etwas anders sieht bei den Zwischenstufen ab 3x aus, da hinter den Teleobjektiven Sensoren mit nur noch 10 Megapixeln sitzen.

Bildvergleich: Galaxy S21 Ultra – 1x (f/1.8, ISO 50, 1/932 s) 
Galaxy S21 Ultra – 10x (f/4.9, ISO 50, 1/405 s) 

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass Zoomstufen oberhalb von 20x nur noch eingeschränkt zu gebrauchen sind, weil die Qualität deutlich nachlässt. Aufnahmen mit 30-facher Vergrößerung sind selten noch zu gebrauchen und der volle „Space Zoom“ mit 100x ist mehr Spielerei als sinnvoll. Loben muss man Samsung allerdings für die neue Zoom-Stabilisierung, die selbst enorme Vergrößerungen oberhalb von 10x noch völlig sorgenfrei aus der Hand möglich macht, wo früher ein Stativ benötigt wurde.

Bildvergleich: Galaxy S21 Ultra – 30x (f/4.9, ISO 50, 1/366 s) 
Galaxy S21 Ultra – 100x (f/4.9, ISO 50, 1/668 s) 

Bei Nacht schneiden die Telekameras aufgrund ihrer eingeschränkten Blende nicht mehr ganz so gut ab wie bei Tag, wobei das erste Teleobjektiv mit Blende f/2.4 gar nicht so sehr eingeschränkt ist und noch entsprechend brauchbare Ergebnisse liefert. Blende f/4.9 beim zweiten Teleobjektiv verlangt aber deutlich höhere ISO-Werte und eigentlich auch längere Belichtungszeiten. Bei den Nachtaufnahmen versuchte das Galaxy S21 Ultra im Automatikmodus allerdings, bei der Belichtungszeit nicht über 1/33 Sekunde zu gehen und stattdessen über ISO die Helligkeit anzuheben. Werte von ISO 3200 sind deshalb bei Nacht keine Seltenheit und bringen entsprechendes Rauschen mit. Besser als bei Apple sind die Aufnahmen dennoch, obwohl das Endergebnis in diesem schwierigen Szenario dann auch bei Samsung bereits sehr weichgespült wirkt.

Bildvergleich: Galaxy S21 Ultra – 10x (f/4.9, ISO 3200, 1/33 s) 
iPhone 12 Pro Max – 10x (f/2.2, ISO 800, 1/25 s) 
25 Jahre ComputerBase!
Im Podcast erinnern sich Frank, Steffen und Jan daran, wie im Jahr 1999 alles begann.