Renault: Google wertet Fahrverhalten für Versicherung aus

Nicolas La Rocco
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Renault: Google wertet Fahrverhalten für Versicherung aus
Bild: Renault

Renault vertieft die Kooperation mit Google und Qualcomm für das „Software Defined Vehicle“ (SDV). Qualcomm liefert die Hardware für Infotainment und Assistenzsysteme, während Google das Betriebssystem und Cloud-Dienste stellt. Dazu gehört auch die Auswertung des Fahrverhaltens, um das Versicherungsmodell zu bestimmen.

Die Kooperation zwischen Renault sowie Google und Qualcomm ist nicht grundsätzlich neu, setzt das Unternehmen doch bereits jetzt auf Android Automotive OS als Betriebssystem und Snapdragon-Chips für das Infotainmentsystem. Auch beim Cloud-Computing gibt es bereits seit 2018 eine Partnerschaft zwischen Renault und Google.

Diese Partnerschaften werden künftig weiter vertieft, wie die beteiligten Konzerne heute bekannt gegeben haben. Renault wird demnach auf das Snapdragon Digital Chassis von Qualcomm setzen, das eine Komplettlösung aller Automotive-Lösungen des Unternehmens darstellt. Dazu gehören Bereiche wie Snapdragon Ride, Snapdragon Auto Connectivity, Snapdragon Cockpit, Car-to-Cloud, C-V2X und die Standortbestimmung. Kunden können allerdings auch nur einzelne Aspekte des Snapdragon Digital Chassis beziehen. Renault geht es konkret um die Lösungen für das digitale Cockpit, Konnektivität und ADAS, also die Assistenzsysteme.

Renault setzt auf All-in-One-SoC von Qualcomm

Luca de Meo, CEO der Renault Group, will mit dem Schritt die Erwartungen an die Funktionalität und die Dienstleistungen der Kunden erfüllen. Zum Einsatz soll ab 2026 eine zentralisierte Physical Computer Unit (PCU) kommen, deren Funktionen per Software definiert werden. Die SDV-Architektur sei so konzipiert, dass sie auch für andere Fahrzeughersteller offen ist, erklärt Renault. Der zentralisierte Ansatz spricht für die Nutzung des neuen All-in-One-SoC, das vor kurzem zum Automotive Investor Day als „Snapdragon Ride Flex SoC“ vorgestellt wurde und in verschiedenen Abstufungen von bis zu 2.000 TOPS auf den Markt kommen soll. Bei den Assistenzsystemen respektive beim autonomen Fahren will Qualcomm alles von Level 2 bis Level 4 und 5 abdecken.

Parallel dazu möchte Qualcomm Technologies oder eine der Tochtergesellschaften in das von Renault gegründete neue Elektro- und Software-Unternehmen Ampere investieren.

Google stellt die Cloud-Architektur

Die zweite Kooperation betrifft die engere Zusammenarbeit mit Google, das aufseiten der Software und Cloud-Architektur das „Software Defined Vehicle“ ermöglichen soll. In der Cloud von Google soll dabei ein digitaler Zwilling (Digital Twin) des Fahrzeugs entstehen, um die Integration neuer Dienste zu vereinfachen und zu ermöglichen sowie neue Onboard-Services (im Auto) und Offboard-Anwendungen auf den Markt zu bringen. Die Renault Group will langfristig gesehen ihr gesamtes Betriebsmodell in die Cloud verschieben.

Neben begrüßenswerten Veränderungen wie kontinuierlichen Over-the-Air-Updates gibt es Bereiche, die kritisch gesehen werden können. Die Cloud-Architektur soll nämlich einen „optimierten Zugang zu Fahrzeugdaten“ ermöglichen. Der in Partnerschaft mit Google entwickelte SDV-Ansatz soll die Wertstabilität der Autos und die Kundenbindung erhöhen, zwei wichtige Faktoren für die Rentabilität, wie Renault ganz offen eingesteht.

Daten könnten Kosten bestimmen

Zu den ersten geplanten Einsatzbereichen zählt die Wartung der Fahrzeuge, die vorausschauend sowie mit einer zeitnahen Fehlererkennung und -behebung erfolgen soll. Im Auto soll ein personalisiertes Erlebnis geboten werden, das sich an das Fahrverhalten und häufige Ziele wie Ladestationen anpasst. Darüber hinaus seien Versicherungsmodelle auf Grundlage der tatsächlichen Nutzung und des Fahrverhaltens geplant.

Wie der Kunde das Fahrzeug bewegt, könnte unter den direkt von Renault angebotenen Versicherungen zukünftig demnach ausschlaggebend für die Versicherungskosten sein. Vielfahrer und Raser könnten demnach stärker zur Kasse gebeten werden. Grundsätzlich neu ist eine Auswertung der Fahrzeugdaten nicht in der Branche. Bei Tesla etwa ist ein persönlicher Score des Fahrers ausschlaggebend für den Zugriff auf Beta-Funktionen des Autopilot. Einfluss auf den Score können unter anderem starke Beschleunigung und Bremsmanöver haben.

Renault erklärt, mit der Kombination aus „Software Defined Vehicle“- und Car-Data-Plattform könne der Konzern die Fahrzeugnutzung noch näher am Kunden analysieren.