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Snapdragon 8 Gen 3: Schneller, effizienter und mit Generative AI noch schlauer

Nicolas La Rocco
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Snapdragon 8 Gen 3: Schneller, effizienter und mit Generative AI noch schlauer

Der Snapdragon 8 Gen 3 ist für die nächste Generation von Flaggschiff-Smartphones ausgelegt und soll in den kommenden Wochen in ersten Geräten zu finden sein. Qualcomm legt abermals in allen Kategorien nach, bündelt mehr Leistung und eine höhere Effizienz für CPU und GPU und stellt vor allem Generative AI in den Mittelpunkt.

Viele Zusagen vorab, nur Samsung fehlt

Zusagen für den Snapdragon 8 Gen 3 kann Qualcomm zum diesjährigen Snapdragon Summit bereits von Asus, Honor, iQoo, Meizu, Nio, Nubia, OnePlus, Oppo, Realme, Redmi, RedMagic, Sony, Vivo, Xiaomi und ZTE vorweisen. Erste Smartphones mit dem Chip sollen bereits in den kommenden Wochen an den Start gehen. Nicht alle der genannten Unternehmen spielen in Europa und bei den BBK-Electronics-Marken vor allem nicht in Deutschland eine Rolle, mit Xiaomi hat Qualcomm nach dem Wegfall von Huawei aber frühzeitig einen der größten Android-Anbieter Deutschlands ins Boot geholt. Nur der Größte fehlt: Samsung. Gerüchten zufolge soll Samsung für die Galaxy-S24-Serie ebenso auf den Snapdragon 8 Gen 3 setzen, jedoch nicht in allen Märkten. Für Europa soll der Exynos 2400 bestimmt sein, sofern die Gerüchte stimmen.

Ein SoC für Generative AI

Für das neue Topmodell stellt Qualcomm das Thema AI noch stärker in den Fokus als bei vorherigen Snapdragon-Generationen. Insbesondere Generative AI, AI-gestützte Dienste wie Assistenten, AI-gestützte Kamera-Features und Multimodale AI-Funktionen rücken in den Mittelpunkt und sollen effizient und schnell direkt auf dem Smartphone ausgeführt werden können, ohne vorher auf einen Hochleistungsrechner in der Cloud geladen werden zu müssen.

Leistung der Hexagon-NPU verdoppelt

Die dafür benötigte „AI Engine“ ist ein Oberbegriff für die Zusammenlegung der Rechenleistung aus mehreren Funktionsblöcken des Chips. Im Zentrum steht dabei die Hexagon-NPU, die Neural Processing Unit, die Qualcomm für den Snapdragon 8 Gen 3 in der Leistung praktisch verdoppelt und zugleich die Effizienz um 40 Prozent gesteigert hat. Maßnahmen dafür waren eine neue Mikroarchitektur, neue Performance-Kerne, höhere Taktraten und eine verdoppelte Bandbreite zum dedizierten Speicher der NPU. Hinzu kommen die Verbesserungen aus den Bereichen CPU, GPU, Sensing Hub und Arbeitsspeicher, die im Zusammenspiel die neue „AI Engine“ ergeben.

Neue Hexagon-NPU mit fast doppelter Leistung
Neue Hexagon-NPU mit fast doppelter Leistung (Bild: Qualcomm)

Meta Llama 2 ist an Bord

Das Resultat dieser Veränderungen ist laut Qualcomm die erste AI Engine des Unternehmens, die multimodale Generative-AI-Modelle unterstützt, darunter beliebte Large Language Models (LLM), Language Vision Models (LVM) und die Transformer-Netzwerk-basierte automatische Spracherkennung (ASR) mit über 10 Milliarden Parametern – und das alles lokal auf dem Gerät. So sollen sich effizient und schnell mit Text, Sprache und Bildern neuer Text, neue Sprache und neue Bilder generieren lassen. Multimodal bedeutet, dass das über Kreuz und in alle Richtungen auf dem Smartphone funktioniert. Dabei bietet der Chip explizite Unterstützung für Metas Sprachmodell Llama 2 und kann dieses mit 15 Tokens/s bei 7 Milliarden Parametern ansprechen. Stable Diffusion soll im Bruchteil einer Sekunde statt längerer Wartezeit ein Bild generieren, in Sekunden mehrere generierte Bilder zur Auswahl stellen oder selbst Social-Media-Beiträge kreieren.

Noch mehr AI für Fotos und Videos

AI dringt unweigerlich auch immer weiter in den Bereich der Fotografie vor, wie zuletzt vor allem das Pixel 8 (Test) gezeigt hat. Photo Expansion nennt Qualcomm eine neue Option des Bildprozessors (ISP), die ein aufgenommenes Foto mittels Generative AI erweitert, also die Aufnahme rund um das eigentliche Bild mit Inhalten vergrößert, die zum Zeitpunkt des Fotos nicht im Sucher zu sehen waren. Vom Software-Anbieter ArcSoft zieht ein „Video Object Eraser“ ein, der in einem Video zum Beispiel unerwünschte Personen einfach entfernen kann. Was bei Google mit dem Magic Eraser für Fotos genutzt werden kann, setzt Qualcomm bereits mit Videos um. Qualcomms „kognitiver ISP“ kann eine Aufnahme jetzt in bis zu zwölf Bereiche segmentieren, die sich anschließend mittels automatischer oder manueller Bildbearbeitung verändern lassen. Um klassische Fotos von solchen mit Generative-AI-Inhalten zu unterscheiden, unterstützt Qualcomm das Signaturverfahren der C2PA-Allianz (Coalition for Content Provenance and Authenticity), die von Adobe, Arm, Intel, Microsoft und Truepic gegründet wurde.

Bildprozessor für Dolby-HDR-Fotos

Qualcomms Triple-Bildprozessor legt nach der bisherigen Unterstützung von 10-Bit-HEIF-Aufnahmen mit einem von Dolby für Fotos entwickelten HDR-Format nach, das den noch größeren Rec-2020- anstelle des DCI-P3-Farbraums nutzt. Das mit Android 14 eingeführte Ultra-HDR-Format mit DCI-P3- statt sRGB-Farbraum ist jedoch ebenso an Bord und dürfte schneller Verbreitung finden. Dolby Vision ist zudem neben HDR10, HDR10+ und HLG eines der gebotenen HDR-Formate für Videoaufnahmen, die jetzt von drei Sensoren gleichzeitig angefertigt werden können. Im „Vlogger's View“ lässt sich parallel eine Videoaufnahme von vorderer und hinterer Kamera auf Social Media teilen. Rein auf die Zahlen reduziert unterstützt Qualcomm Sensoren mit bis zu 200 MP, 8K-HDR-Video und gleichzeitige 64-MP-Fotos, 4K mit 120 FPS und 720p mit 960 FPS. Der Fotomodus mit Zero-Shutter-Lag, der verzögerungsfreie Serienaufnahmen mit 30 FPS erstellt, arbeitet mit dreimal 36 MP, parallel 64 MP und 36 MP oder mit einzeln 108 MP.

Dolby-HDR-Fotos als neues Format
Dolby-HDR-Fotos als neues Format (Bild: Qualcomm)

Kryo-CPU mit neuem 1+5+2-Aufbau

Der Snapdragon 8 Gen 3 legt abseits von AI und Kamera auch in den eher klassischen Bereichen eines SoCs, nämlich CPU und GPU nach. Während die Compute-Plattform für Notebooks mit der eigenen Oryon-CPU den nächsten großen Schritt für Qualcomm macht, ist das Unternehmen bei der Mobile-Plattform für Smartphones noch nicht so weit. Stattdessen setzt Qualcomm bei der „Kryo“ getauften CPU auf die jüngsten Entwicklungen von Arm: Cortex-X4, Cortex-A720 und Cortex-A520. Dabei kommt ein neuer 1+5+2-Aufbau für die CPU zum Einsatz, den Arm zur Vorstellung diesen Mai angesichts der Effizienz- und Fertigungsfortschritte als praktikable Alternative mit mehr Leistung zum bisherigen 1+4+4-Aufbau erklärte, wobei Qualcomm zuletzt auf 1+2+2+3 setzte.

1+5+2-Aufbau wird möglich und liefert mehr Leistung
1+5+2-Aufbau wird möglich und liefert mehr Leistung (Bild: Arm)

Qualcomm legt 32-Bit-Altlasten ab

Hintergrund des speziellen 1+2+2+3-Aufbaus aus dem letzten Jahr war, dass sich Qualcomm mit dem Snapdragon 8 Gen 2 noch nicht vollständig von der 32-Bit-Unterstützung trennen wollte, da diese auf dem für den Konzern wichtigen chinesischen Markt weiterhin eine Rolle spielte, weil dort aufgrund der nicht einheitlichen App Stores, die im Gegensatz zum EU- und US-Markt mit dem Google Play Store noch nicht flächendeckend 64-Bit-Apps vorschreiben, sodass weiterhin zwei Performance-Kerne mit 32-Bit-Unterstützung zum Einsatz kamen, damit 32-Bit-Apps nicht nur (langsam) auf den Efficiency-Kernen laufen. Der Snapdragon 8 Gen 2 kam demnach mit 1 × Cortex-X3, 2 × Cortex-A715, 2 × Cortex-A710 und 3 × Cortex-A510. Damit ist jetzt allerdings endgültig Schluss und im Snapdragon 8 Gen 3 steckt eine reine 64-Bit-CPU nach Armv9.2-ISA.

Cortex-X4, A720 und A520

Im Detail werden ein Cortex-X4 mit bis zu 3,3 GHz als Prime-Kern, fünf Cortex-A720 als Performance-Kerne, davon drei mit bis zu 3,2 GHz und zwei mit bis zu 3,0 GHz, sowie zwei Cortex-A520 mit bis zu 2,3 GHz als Efficiency-Kerne genutzt. Während die Angaben für L1- und L2-Cache noch ausstehen, gibt es 12 MB L3-Cache. In Summe soll die neue CPU 30 Prozent mehr Leistung und gleichzeitig eine 20 Prozent höhere Effizienz im Vergleich zum Snapdragon 8 Gen 2 abliefern. Der Snapdragon 8 Gen 3 wird erneut in 4 nm gefertigt und stammt dabei wie die vorherige Generation aus der Foundry von TSMC.

Der CPU-Aufbau des Snapdragon 8 Gen 3
Der CPU-Aufbau des Snapdragon 8 Gen 3 (Bild: Qualcomm)

LPDDR5X-9600 und UFS 4.0

Das Speicherinterface trägt zum Leistungsplus bei, indem es von LPDDR5X-8533 auf LPDDR5X-9600 angehoben wurde, das Maximum für den RAM liegt bei 24 GB. Nicht-flüchtiger Speicher wird ausschließlich nach schnellem UFS-4.0-Standard unterstützt.

Adreno-GPU mit mehr Raytracing-Leistung

Eine neue Adreno-GPU steckt ebenfalls in dem Chip. Nachdem Qualcomm zuletzt bereits das Feld angeführt und sich jüngst nur Apples A17 Pro (Test) in der Raytracing-Leistung geschlagen geben musste, legt der Hersteller explizit in der Disziplin Raytracing jetzt mit einem Plus von 50 Prozent nach. Dabei hat das Unternehmen mit Epic kooperiert, um deren Lumen mit Global Illumination und Reflexionen aus der Unreal Engine 5.2 vom Desktop kommend für das mobile Segment zu optimieren.

Das Feature-Set der GPU erweitert Qualcomm mit der „Adreno Frame Motion Engine 2.0“ um die eigene Frame-Interpolation der zweiten Generation, die es erstmals mit dem Snapdragon 8 Gen 1 vor zwei Jahren gab. Ein Single-Pass-Upscaling-Verfahren für höhere Auflösungen ähnlich wie FSR 1.0 von AMD bietet Qualcomm seit diesem Frühjahr mit Snapdragon Game Super Resolution (GSR). Die GPU-Rohleistung sei insgesamt um 25 Prozent, die Effizienz ebenso um 25 Prozent gestiegen, erklärt Qualcomm.

Externe Bildschirme mit bis zu 240 Hz

Die Bildausgabe auf dem Smartphone kann wie in den Jahren zuvor in bis zu 4K-Auflösung mit 60 Hz oder QHD+ mit 144 Hz erfolgen, die Unterstützung externer Bildschirme erweitert Qualcomm neben 8K mit 30 Hz um eine neue Option mit 1080p bei 240 Hz. Das zeigt, das Qualcomm das Smartphone immer mehr auch als mobile Spielkonsole vergleichbar mit einer Nintendo Switch sieht, die Spieler an ihren hochfrequenten Gaming-Monitor oder einen Fernseher anschließen.

Support externer Monitore mit 240 Hz
Support externer Monitore mit 240 Hz (Bild: Qualcomm)

5G, Wi-Fi 7 und Bluetooth 5.4 aus eigenem Haus

Hinzu kommt beim Snapdragon 8 Gen 3 abschließend ein großer vollständig integrierter Bereich für die mobile Konnektivität, da im Gegensatz zu den Notebook-Lösungen beim Smartphone-Chip das 5G-Modem direkt im SoC unterkommt, um den OEMs eine Ein-Chip-Lösung anzubieten. Dabei vertraut Qualcomm mit dem eigenen Snapdragon X75 auf eine zum Frühjahr vorgestellte neue Lösung, die alle Mobilfunkstandards von 2G bis 5G Advanced abdeckt und beim aktuellen 5G-Standard mittels mmWave bis zu 10 Gbit/s im Downlink und bis zu 3,5 Gbit/s im Uplink erreichen kann, sofern im Smartphone die dafür benötigten Antennen verbaut werden, die Qualcomm ebenso anbietet. Wi-Fi 7 und Bluetooth 5.4 inklusive aller Snapdragon-Sound-Features wie aptX Lossless, aptX Adaptive und das neue XPAN, das WLAN einbeziehen kann, kommen hingegen über das externe Fast-Connect-7800-Modul auf die Plattform.

ComputerBase hat Informationen zu diesem Artikel von Qualcomm im Vorfeld und im Rahmen einer Veranstaltung des Herstellers auf Maui unter NDA erhalten. Die Kosten für Anreise, Abreise und vier Hotelübernachtungen wurden von dem Unternehmen getragen. Eine Einflussnahme des Herstellers auf die oder eine Verpflichtung zur Berichterstattung bestand nicht. Die einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungszeitpunkt.

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