Leserartikel Ironwolf 16TB im Leser-Test: Seit 2019 alternativlos groß

mgutt

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Einleitung

Ende 2018 brachte Western Digital die DC HC620 mit 15TB auf den Markt. Das sollte die letzte Ausbaustufe mit der konventionellen magnetischen Aufzeichnungsmethode (CMR) sein. Doch Toshiba und Seagate zeigten 2019, dass mit 16TB noch mehr möglich ist. Während Toshiba aber nur den Enterprise-Markt bediente, durften SOHO- und Endkunden über die Ironwolf-Serie auch in den Genuss dieser Größe kommen. Und seitdem hat sich daran auch nichts geändert. So müssen wir uns aktuell nur mit Ankündigungen zu ePMR, MAMR und HAMR zufrieden geben.

Mittlerweile ist ein Jahr vergangen und damit sie auch ja nicht in Vergessenheit gerät, rief Seagate eine Bewerberrunde für einen IronWolf-Lesertest aus, für den ich mich glücklicherweise zusammen mit @LieberNetterFlo qualifizieren konnte (der seinen Test übrigens schon fertig hat). Nun fragt ihr euch vielleicht, wo denn mein NAS-/RAID-Test bleibt. Leider hat eine der HDD den Versand wohl nicht überlebt und ich wollte in der Zwischenzeit nicht untätig sein und entschied mich die Festplatte einzeln einem Vergleichstest zu unterziehen. Dieser Test wurde dann doch etwas aufwendiger als ich dachte, wie ihr im Folgenden feststellen werdet. ^^

Spezialisiert für den NAS-Betrieb

Seagate bewirbt die IronWolf mit verschiedenen Funktionen, die besonders auf den NAS Betrieb zugeschnitten sein sollen:

AgileArray
Unter diesem Begriff fasst Seagate die Maßnahmen gegen Vibrationen und den effizienten Umgang mit Energie zusammen. Hierbei wird hervorgehoben, dass auf der Achse zwei Spindeln montiert sind um einen besonders vibrationsarmen Betrieb zu gewährleisten (dual-plane balancing). Oder aber auch die Fehlerkorrektur bei Stößen soll besonders schnell greifen, damit die Platte nicht als fehlerhaft aus dem RAID geworfen wird. Beim Stromverbrauch liegt der Fokus auf dem 24/7 Betrieb und nicht wie bei Desktop-Festplatten beim Wechsel zwischen Leerlauf und Betrieb. Eine vibrationsarme Festplatte ist in jedem Fall immer gut, denn das heißt auch, dass sie möglichst leise ist. Allerdings ist Dual Plane Balancing bei Festplatten mit vielen Plattern üblich und keine wirkliche Besonderheit.

IronWolf Health Management (IHM)
Der Industriestandard „S.M.A.R.T.“ zur Überwachung von Laufwerken reicht Seagate nicht und sie ermitteln mit „über 200“ Parametern den Zustand des Laufwerks und weisen den Nutzer so frühzeitig auf mögliche Laufwerksausfälle hin. Sollte das zuverlässig funktionieren, kann man sich jedenfalls schon vorher eine Ersatz-Festplatte bestellen und nicht erst, wenn sie bereits aus dem RAID rausgeflogen ist. Etwas bedauerlich ist allerdings, dass Synology immer noch nicht das IHM der 16TB Version unterstützt. Wenn das erst mit DSM7 kommt, dann könnte es bis 2021 (!) dauern.

Rotational Vibration sensors
Sensoren messen die Vibrationen und passen die Rotations-Geschwindigkeit so an, dass keine oder nur wenige Fehlerkorrekturen beim Lesen und Schreiben notwendig sind. So sollen sich mehrere Festplatten in einem NAS/Server nicht gegenseitig stören. Eine Festplatte die ungedrosselt Vibrationen ausgesetzt wird, soll im Schnitt langsamer sein, da sie mit Fehlerkorrekturen und den damit verbundenen Timeouts länger benötigt um eine Lese- / Schreib-Operation fertigzustellen. Das kommt für mich in die Kategorie „was man hat, das hat man“, denn ob die im Vergleich zu Storages in Rechenzentren eher wenigen Festplatten in einem Endverbraucher-NAS wirklich so viele Vibrationen verursachen bzw sich gegenseitig stören, wo die meisten auch noch mit Gummihalterungen „entkoppelt“ werden, ist nicht zu beantworten.

Die Kandidaten
Das Testfeld besteht aus verschiedenen Modellen von Seagate und Western Digital, die mir zur Verfügung standen. Die WD140EMFZ bildet dabei eine Besonderheit, da sie eine aus einem WD My Book USB Gehäuse „geschälte“ HDD darstellt, die rein optisch einer Ultrastar ähnelt, aber gedrosselt zu sein scheint. Das „Schälen“ kommt von dem dafür gängigen englischen Begriff „HDD Shucking“. Auf die Art erhält man eine günstige HDD, riskiert aber den Verlust der Hersteller-Garantie.

P1080059.JPG



Technische DatenWD60EFAX SMRWD60EFRX CMRDC HC520WD140EMFZST14000VN008ST16000VN001
Hersteller​
Western DigitalWestern Digital
Western Digital​
Western Digital​
Seagate​
Seagate​
Speichertechnik​
SMR​
CMR​
CMR​
CMR​
CMR​
CMR​
Kapazität​
6TB​
6TB​
12TB​
14TB​
14TB​
16TB​
U/min​
5400​
5400​
7200​
5400​
7200​
7200​
Transferrate​
180MB/s​
175MB/s​
255MB/s​
kA​
210MB/s​
210MB/s​
Parkzyklen​
600k​
600k​
600k​
kA​
600k​
600k​
MTBF​
1M​
1M​
2.5M​
kA​
1M​
1M​
Leerlauf​
3.1W​
3.4W​
5.0W​
kA​
5.3W​
5.3W​
Betrieb​
4.8W​
5.3W​
6.9W​
kA​
7.3W​
7.3W​
Garantie​
3 Jahre​
3 Jahre​
5 Jahre (Bulk)
0 / 3 Jahre (WD_D10)²​
0 / 3 Jahre²​
3 Jahre​
3 Jahre​
Messwerte:​
Frequenz³​
90Hz​
98Hz​
119Hz​
119Hz​
123Hz​
119Hz​
Gewicht​
564g​
708g​
628g​
658g​
672g​
650g​
Preis​
179€
29,83€ / TB​
179€ ¹
29,83€ / TB​
348,26€ (Bulk)
29,02€ / TB
249,99€ (WD D10)
20,83€ / TB​
289,99€
20,71€ / TB​
449,96€
32,14€ / TB​
491,83€
30,74€​

¹ Es wurde der letztjährige Preis bzw der aktuelle Preis der SMR Version (WD60EFAX) angesetzt, da WD die CMR (WD60EFRX) scheinbar auslaufen lässt und durch die hohe Nachfrage / geringe Anzahl an Händlern nun unrealistisch hohe Preise entstanden sind.
² Wer die Festplatte ausbaut verliert seinen Garantie-Anspruch
³ Die Frequenz soll belegen, dass die WD140EMFZ in Wirklichkeit eine 7200 U/min Festplatte ist (Frequenz-Spektrum siehe Download unten)

Ich kann es nur vermuten, aber mir kommt es so vor, als würde Seagate absichtlich nur 210MB/s im Datenblatt angeben, um das Modell stärker von der Pro Version (250MB/s) abzugrenzen. In den zahlreichen Tests hebt sich die Pro jedenfalls nicht so deutlich ab. Meist eher nur durch wenige MB/s.

P1080060.JPG


Benchmarks

Das Testsystem besteht aus einem Asus Prime Z270-A mit i5-7600K, 32GB RAM und 970 Pro 512GB NVMe SSD. Gemessen wurde mit CrystalDiskMark 7.0.0 in den Standardeinstellungen.

Die WD60EFAX ist in diesem Test 2x gelistet, da man ihr in Benchmarks nicht vertrauen kann.

2020-06-08 12_44_55.png


2020-06-08 15_24_46.png


Da bei Festplatten bekanntlich die Geschwindigkeit abnimmt, umso mehr sie befüllt werden, wollte ich wissen ob die Leistung auch auf dem gesamten Speicherplatz hoch bleibt. Dazu habe ich den maximalen Lesewert mit dem Durchschnitt aus HD Tune Pro in Bezug gesetzt. Die 16TB IronWolf zeigt hier was in ihr steckt:

2020-06-08 11_06_59.png


Ich habe auch sehr viel Zeit in andere Benchmarks (Atto Disk Benchmark, CrystalDiskMark 5.0.0, HD Tune Pro 5.75) investiert, aber ich halte diesen Test übersichtlich, weshalb ihr die Screenshots dazu in dem separaten Download (siehe unten) findet.

Ich könnte zur WD60EFAX noch viel mehr Tests machen, die die Nachteile der SMR Technik aufzeigt, aber hier soll es ja primär um die 16TB IronWolf gehen.

Latenz

Wenn sich eine Festplatten im Standby befindet, dauert es immer eine Weile bis sie wieder verfügbar ist. Diese Zeit habe ich gemessen, in dem ich mit Teracopy im Standby eine 500MB große Datei auf die Festplatte kopiert habe. Vom Prinzip spiegeln die Werte eigentlich nur wieder, dass viele Plattern zusammen genommen eine große Masse darstellt, die erstmal in Bewegung versetzt werden muss:

2020-06-08 13_02_40.png


Vergleicht man das nun mit dem maximalen Stromverbrauch beim Hochfahren der Festplatten, dann sieht man auch, warum die IronWolf länger brauchen. Sie geben einfach nicht so viel Gas (und benötigen daher kein so großes Netzteil):

2020-06-08 14_00_50.png


Schade, dass man als Kunde nicht selbst einstellen kann welches Verhalten man bevorzugt. Bei Unraid würde ich mir eine möglichst kurze Latenz wünschen und der Stromverbrauch wäre mir in den Moment egal, weil dass dann ja nur einzelne Platten betrifft.

Stromverbrauch

Und damit sind wir auch gleich beim nächsten Thema. Den Verbrauch habe ich mit einem Fritz!DECT 200 gemessen. Die Stromversorgung erfolgte über eine PicoPSU-80 mit externem 12V 1A Netzteil:

IMG_20200530_131731_1 Strom.jpg


Dessen Gesamtverlust liegt bei 0,57W, die ich aber nicht in Abzug gebracht, da ich nicht weiß wie viel das noch bei einem angeschlossenen Verbraucher ausmacht.

2020-06-08 11_28_19.png


2020-06-08 15_35_13.png


2020-06-12 00_38_24.png




Zum Schluss dann noch, welche Festplatte die meisten MB/s pro Watt überträgt, also am effizientesten mit der Energie umgeht:

2020-06-08 15_37_02.png


Laustärke

Gemessen habe ich mit einem Samson G Track Pro und die Auswertung erfolgte mit Audacity. Den korrekten Abstand habe ich mit der defekten 16TB IronWolf gemessen ^^

IMG_20200608_081054.jpg


Damit ich ja auch ja keine Störgeräusche produziere habe ich bei jeder Messung den Raum verlassen und per Fernwartung meinen PC bedient ;)

Auf Basis des Audactiy Aufnahme-Balkens habe ich den Messwert von 60 dB (Gesamtlänge des Balkens) abgezogen und um 9 dB erhöht. Auf die Art hat die WD60EFRX im Betrieb den selben Messwert wie im WD Datenblatt. Das ist zwar nicht wissenschaftlich korrekt, aber man kann die Festplatten an Hand dessen besser vergleichen:

2020-06-08 12_17_36.png


2020-06-08 16_15_57.png


Frequenz

Die WD140EMFZ wird mit 5400 U/min beworben. Viele vermuten aber, dass sie eine per Firmware gedrosselte Ultrastar ist, die in Wirklichkeit mit 7200 U/min läuft. Den "Beweis" soll die gemessene Frequenz von 119 Hz im Leerlauf liefern (die Frequenz-Spektren der anderen Festplatten befinden sich im Download):

2020-06-08 10_09_37.png


Vibrationen

Da sowohl die IronWolf als auch die Ultrastar über RV-Sensoren verfügt, wollte ich dies mal prüfen. Dazu habe ich erst einen Read-Benchmark mit HD Tune gemacht und Vibrationen, Stöße und Schräglagen-Wechsel verursacht. Nichts. Dann habe ich einen Write-Benchmark gemacht und das ganze wiederholt. Nun konnte ich Leistungseinbrüche feststellen. Dann habe ich das während der Aufnahme mit dem Mikrofon wiederholt. Wenn sich die Drehzahl reduziert, sollte man das ja im Frequenz-Spektrum feststellen können. Nichts. Direkt nachdem zu starke Vibrationen Schreibfehler produzierten (hört man ja durch die Kopf-Bewegung) und ich dann aufhörte auf die Festplatte einzuwirken, lag die Frequenz wie gehabt bei 120Hz. Es scheint als könnte man das auf diesem Wege leider nicht herausfinden. Falls jemand andere Ideen hat wie man das testen könnte, dann immer her damit.

Fazit

Die 16TB IronWolf ist wie gesagt von der Größe her für Endkunden alternativlos, aber damit alleine begnügt sie sich nicht, denn sie hat nicht nur eine gute Performance, sondern hält diese über dem gesamten Speicherbereich auf dem im Vergleich höchsten Niveau. Während des Benchmarks ist sie ähnlich schnell wie ihr 14TB Vorgänger, verbraucht dabei aber ca 1W weniger. Natürlich gönnt sie sich bei der Arbeit auch mal mehr Energie und wird was lauter, aber dafür ist sie sparsamer als eine WD Red - und ähnlich leise - wenn diese erledigt ist. Enttäuscht bin ich, dass sie nicht schneller als der Vorgänger ist, denn bekanntlich dauert ein RAID-Rebuild umso länger, umso größer die Festplatte ist. Als nächstes folgt dann der Test im NAS. ;)

Download

Hier wie versprochen das komplette Paket mit allen Benchmarks, Messungen, Videos, Fotos, Diagrammen usw:
https://gutt.owncube.com/index.php/s/8sfN2ZJcK5zafft
 

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Wow, genialer Test! Verbaue zwar keine HDDs mehr aber trotzdem Danke dafür!
 
Klasse Test, nur eines macht mich stutzig: Sicher, dass durch deinen Aufbau beim Lautstärketest keine Vibrationen an das Mikro übertragen werden? Zum einen steht das Mikrofon auf dem gleichen Tisch wie die zu messende Platte und zum anderen sieht es auf dem Bild so aus, als würde die kaputte Platte ebenfalls eine Verbindung zwischen zu messenden Produkt und dem Mikrofon herstellen...
 
@Demon_666
Die Platten sind mit Gummi-Füßen entkoppelt:
IMG_20200608_170318.jpg


Und die kaputte Platte war immer nur zur Abstandsmessung da. Die habe ich dann natürlich wieder weggenommen:
IMG_20200608_013729.jpg
 
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netter test, aber hast du zufällig auch den durchscnittsverbrauch während des benchmarks?
max und min werte finde ich persönlich nicht sehr ausssagekräftig
 
Butzi schrieb:
netter test, aber hast du zufällig auch den durchscnittsverbrauch während des benchmarks?
max und min werte finde ich persönlich nicht sehr ausssagekräftig

Da müsste man fragen welchen Durchschnitt man ermitteln möchte. Das Benchmark umfasst ja Lesen, Schreiben und das ganze dann noch mal mit 4K Random. Die Testdatei ist dazu gerade mal 1GiB groß und CDM baut zwischen den Tests noch kurze Pausen ein, die den Durchschnitt dazu verfälschen würden.

Ich könnte nun hingehen und die Testdatei zB auf 16GiB vergrößern und die Pause entfernen. Dann könnte ich dir sagen was die jeweiligen Tests verbrauchen. Addiert man dann die 4 Werte und teilt das Ergebnis durch 4, hätte man einen Durchschnitt. Meinst du so? (Das setzt natürlich voraus, dass es keine Schwankungen bei den einzelnen Tests gibt).

Anbei ein Video von der Lautstärke-Messung, wo ich einen Benchmark gestartet habe und parallel die Verbrauchsmessung offen war. Da siehst du auch, dass die Messergebnisse etwas träge dargestellt werden. Größere Spitzen sind also in dem Maximalwert gar nicht enthalten.

 
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@Butzi
So, ich habe die Verbrauchstests beim Benchmark wiederholt. Diesmal wiederholt CrystalDiskMark7 jeden Benchmark 9x und zwischen den Benchmarks ist eine Pause von 30 Sekunden. Die daraus resultiertenden 8 Verbrauchswerte habe ich live vom "Sägezahn" abgelesen:
2020-06-09 09_44_55.png


und notiert:
2020-06-09 09_45_14.png


Die Werte habe ich dann addiert und durch 8 geteilt um einen Durchschnitt zu erhalten. Das entsprechende Diagramm ergänze ich dann später noch im Test. Das mit Maximum fliegt raus. Das Diagramm mit dem Verbrauch im "Betrieb" bleibt aber. Es ist zwar ein "Minimum"-Wert, aber damit ist einfach nur gemeint, dass in den Pausen zwischen den Benchmarks dieser Wert erreicht wurde, wo der Schreib- und Lesekopf nichts zu tun hatte, sich aber noch nicht im Leerlauf (Kopf parkt) befand. Ich denke ich lasse das Wort "Minimum" aus dem Diagramm daher einfach raus.
 
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