BAR86 schrieb:
Das war aus einer Zeit wo der 7nm Prozess schon Spruchreif war, weil der 10nm Prozess ja angeblich schon in den Laboren lief (ca 2013-15) und man natürlich auch schon den Nachfolger "fertig" hatte - zumindest auf dem Papier
In dieser Zeit war nicht klar wann EUV tatsächlich für die HVM zu gebrauchen ist. EUV war eine technische Herausforderung und es ist eine große Leistung von ASML dies hinbekommen zu haben. Aber es ist eine Geschichte der Verzögerungen und Verschiebungen.
Die Halbleiterindustrie musste sich ständig was neues einfallen lassen, weil EUV Mal wieder ein paar Jahte nach hinten gerutscht ist.
Sagt man in solchen Situationen, da brauchen wir unbedingt EUV, sonst wissen wir nicht weiter?
BAR86 schrieb:
Prinzipiell ist die jüngere Historie von Intel eine Geschichte der verpassten Chancen.
Was meinst Du mit jüngere Historie? 25 Jahre?
BAR86 schrieb:
Man hat
a) verpasst den Fertigungsvorteil den man bis 2015 hatte zu Geld zu machen.
Dazu ist ein IDM prinzipiell nicht in der Lage. Es läuft ganz einfach darauf hinaus, was hat Priorität, die Anforderungen der eigenen Produkte oder die der Kunden?
Intel hat Mitte der 2000er die Anfrage von Apple abgelehnt einen Arm-Chip für sie zu fertigen. Rückblickend ist dies ein ganz großer Fehler gewesen, weil dies der IPhone SoC war. Aber die große Frage ist, hätte sich zwischen Intel und Apple eine ebenso gute Zusammenarbeit wie zwischen TSMC und Apple entwickelt? Es hätte nur funktioniert, wenn sich Intel von Grund auf verändert hätte. Wäre Intel dazu bereit gewesen?
Den Fertigungsvorteil muss man auch ein Stück weit relativieren. Intel hat hervorragende Prozesse für PC und Server CPUs entwickelt. Samsung und TSMC mussten ein breiteres Spektrum abdecken. Und haben sich auf andere Märkte konzentriert.
Durch den Vorsprung konnte Intel die Prozesse auf stark Performance optimieren und doch hatten die CPUs keine tiefgreifenden Nachteile bei Power und Area. Mit anderen Produkten hätte diese Prozesse nicht so gut funktioniert. Außerdem waren die Prozesse von Intel auch sehr teuer. Das damals keine Rolle gespielt, da Intel damals gigantische Margen mit CPUs gemacht hat.
Intel hat es in den 2010er Jahren als "Foundry" versucht, ist aber letztendlich an sich selbst gescheitert. Dies kann man keinem einzelnen CEO anlasten sondern eher der dysfunktionalen Firmenkultur, die sich infolge des überragenden Erfolg des IBM PCs bei Intel entwickelt hat.
Außerdem hatte zu dieser Zeit TSMC bereits eine breite Allianz von Tool- und IP-Anbietern um sich geschart. Etwas ähnliches zu machen hielt Intel damals nicht für nötig und ist auch ein wichtiger Grund warum Intels Foundry scheiterte.
BAR86 schrieb:
Schon früher hätte man wohl auf ASML setzen sollen (hat sogar über 30% Anteil gekauft in der Zeit...)
Falls Du die Lithographietools in der Fertigung meinst, ist das was Paolo Gargini dem Computer History Museum erzählt sehr interessant. Die Japaner haben das geliefert, was laut Zeiss unmöglich war. Daraus entwickelte sich eben eine langjährige Kundenbeziehung.
Wenn Du nur die Geschichte mit der Beteiligung meinst, da wird meist der entscheidende Teil ausgelassen. ASML drohte beim Marathon EUV zu entwickeln das Geld auszugehen. Also hat ASML die größten Interessenten an EUV Intel, TSMC und Samsung aufgefordert bei einer Kapitalerhöhung Anteile zu erwerben. Intel hat den größten Anteil erworben TSMC und Samsung jeweils einen kleineren. Das ganze hatte aber nur den Sinn ASML zusätzliche Mittel zu verschaffen und war für keinen der 3 eine strategische Investition.
ASML zu übernehmen war für Intel unmöglich. Und wenn man betrachtet was üblicherweise aus den von Intel übernommenen Firmen wurde, ...
BAR86 schrieb:
und die Foundry Strategie damit vorwärts bringen können. Hätte wäre wenn... aber mit der führenden Technologie hätten schon damals die Kassen klingeln können, dazu hätte es aber auch ein Management gebraucht, dass sich das traut
Was heutzutage großspurig als Foundry Strategie bezeichnet wird, unterscheidet sich nicht zu sehr von der althergebrachten Praxis nicht selbst genutzte Kapazitäten an andere Halbleiterunternehmen zu vermieten.
TSMC hat das Nutzen von Überkapazitäten anderer Halbleiterhersteller durch ein neues Geschäftsmodell überflüssig gemacht. War der Kunde, der von den IDM die Restkapazitäten wollte, für die IDMs nur ein Bittsteller, war er bei TSMC tatsächlich Kunde. Und daraus hat TSMC eine enge Zusammenarbeit mit den Kunden entwickelt. Ziel dieser Zusammenarbeit ist es uneingeschränkt die Kunden erfolgreich zu machen. TSMC ist sich zu tiefst bewusst, dass TSMC nur erfolgreich sein kann wenn die Kunden erfolgreich sind. Und solange TSMC die Kunden erfolgreich machen will, gibt es an TSMC kein vorbeikommen.
BAR86 schrieb:
b) etwa Grafikkarten: ...
Die Liste der verbockten Projekte bei Intel ist viel länger. Im Grunde war der Servermarkt der letzte neue Markt in dem sich Intel etablieren konnte. Intel hat seit dem zig Milliarden verbraten, um in neuen Märkten Fuß zu fassen.
Aber wie sagte es Bryan Catanzaro so treffend: ... Intel lacked vision and execution.
Der Abstieg von Intel ab der Jahrtausendwende war zuerst nur langsam und unmerklich. Das Versagen von AMD in der 2. Hälfte der 2000er und die Zersplitterung der Konkurrenz im Markt für Server CPUs ermöglichten Intel noch Mal eine späte Blühte. Dabei hat vor allem die Halbleiterfertigung geholfen. Kein Konkurrent im CPU-Markt konnte eine halbwegs vergleichbare Fertigung nutzen.
Meines Erachtens begann der Abstieg der Halbleiterfertigung, als Intel damit anfing, alte Produkte bei TSMC fertigen zu lassen. Er beschleunige sich als Mitte der 2010er Jahre die Veteranen der Halbleiterfertigung mehr oder weniger freiwillig gingen.