Hab den Artikel mal für euch abgeschrieben:
Die Karibik. Ein sonniger Tag im Jahr 2020. „Das wird von Minute zu Minute seltsamer“, murmelt Hauptfigur Jack in seinen Dreitagebart. Der Mann vermisst nicht etwa seinen Rasierer, er hat unangenehmere Probleme. Sein Boot ist futsch, merkwürdige Männer sperrten ihn in einen verrotteten japanischen Weltkriegsbunker und Valerie, seine einzige und zahlende Passagierin, ist verschwunden. Fehlt nur noch, dass er vorbestraft oder HIV-Positiv ist und 20 Kinder durchfüttern muss. Was klingt wie die Geschichte eines Typen, der Ihnen an der Haustür ein Abo von Auto, Motor, Sport andrehen will, ist der Auftakt zu einem exzellenten Ego-Shooter. Ja, das können wir heute schon sagen, denn wir haben ihn gespielt.
Drei Wege für ein halleluja
Beim Spielablauf verlässt Far Cry den Genre-Trampelpfad und geht neue Wege. Sie wollen zum Beispiel einen Buggy aus einem Söldner-Camp klauen? Methode 1 ist, reinzustürmen, alle Gegner zu plätten und sich hinter das Steuer des Gefährts zu klemmen. Die Chance, bei der Aktion unter johlenden Rufen der Söldner („Knipst ihn aus!“, „gibt auf Kumpel!“) als Sieb zu enden, ist allerdings hoch.In Anbetracht der Tatsache, dass der Ego-Shooter mit einem Checkpunkt-System arbeitet und es keine Schnellspeicherfunktion gibt, ist eine solche Vorgehensweise also kaum ratsam. Wie wäre es im Gegenzug mit ein wenig Taktik? Immerhin verfügen Sie in den weitläufigen Levels fast über völlige Handlungsfreiheit. Fall Sie Ballermänner sprechen lassen möchten, dann bitte durchdacht! Können sie den Kerl im Wachturm ausschalten? Wie verhindern Sie, das jemand Alarm schlägt? Was bringt es Ihnen ein besseres Gewehr aus der Waffenkammer zu klauen? Können Sie den Treibstofftank in die Luft jagen, um mehrere Gegner auf einen Schlag zu erledigen? Legen Sie den zweiten Buggy lahm, damit niemand Sie verfolgt?
Die Nummer sicher
Die dritte Lösung wäre, dass Sie es machen wie in Splinter Cell: Lassen Sie sich erst gar nicht blicken! Wer muss schon durch das Lager latschen, wenn er über den Schleichpfad im Dschungel robben kann? Immer hilfreich: ein Blick durchs Fernglas. Und für dieses Spezialgerät würde der bayerische Innenminister vermutlich sein linkes Bein und jeder Profispanner eines seiner Augen hergeben! Zusätzlich zum 14fachen Zoom belauschen Sie über ein eingebautes Richtmikrofon die Gespräche verdächtiger Subjekte, als säßen Sie nebeneinander auf der Wohnzimmercouch. Kommt Ihnen trotz Spezial-Equipment ein Bursche zunahe, können Sie auch Steinchen werfen, um den Kerl von sich abzulenken. Ein Radarfeld in der rechten unteren Bildecke zeigt, ob Ihr Gegner noch ahnungslos ist (grün), Gefahr wittert (gelb) oder Sie bereits sieht (rot). Achten Sie darauf , dass Sie keinen Papagei aufscheuchen oder ein Schwein erschrecken, das bekommen Ihre Widersacher sofort mit. Dadurch, dass Crytek fast alle Aktionen der künstlichen Intelligenz (KI) der Computergegner überlässt, entwickelt sich jede Situation immer wieder anders. Ein echter Genuss! Wer das ganze Spiel mit allen Varianten sehen will, muss jeden der 22 Levels mehrmals spielen. Denn wer merkt schon beim ersten Mal, dass er etwa durch eine Höhle den Weg abkürzen kann? Eben.
Ganz schön scharf, der Schütze
Doch egal was kommt, Sie sollten gerüstet sein. Sammeln Sie also immer fleißig die Wummen und kugelsicheren Westen Ihrer Gegner ein. Auf diese Weise häufen Sie nach und nach von der Machete bis zum Raketenwerfer ein ordentliches Arsenal an. Hand-, Rauch- und Blendgranaten inklusive. Wer stehend mit dem Scharfschützengewehr versucht, seine Ziele zu treffen, hat übrigens schlechte Karten: Zwar können Sie kurz per Knopfdruck die Luft anhalten, doch schon bald wackelt das Zielfernrohr wie der Schwanz eines gut gelaunten Hundes. Besser Sie knien oder legen sich hin! Wieder zwei Tasten mehr, die Sie im Griff haben müssen. Wer rennen möchte, muss ebenfalls eine Extra-Taste drücken. Während dieser Zeit sprinten Sie wie Carl Lewis – so lange die Ausdauerleiste reicht. Kleiner Tipp: Je leichter die ausgewählte Waffe, desto schneller sind Sie. Wer nicht gern läuft, tauscht Schusters Rappen gegen Fahrzeuge. Vom Schlauchboot über Jeeps bis hin zu Paraglidern – Sie finden massig Vehikel. Die steuern sich derzeit aber noch etwas hakelig. Ungeübte heizen mit dem Buggy momentan durch die Gegend, als hätten Sie selbst zu viel Benzol getankt, oft macht der Kühlergrill Bekanntschaft mit der nächsten Palme. Daran sollten die Coburger noch feilen. Wer möchte, darf übrigens währen der Fahrt ausnahmsweise die Cockpitperspektive verlassen und die Verfolgerkamera einschalten.
Keine Macht den doofen
Auf den Grips der Spielfiguren darf Crytek stolz sein. Kein anderes Spiel präsentiert sich bislang so fortschlittlich. Allein einen Gegner ordentlich vor die Flinte zu bekommen, ist gar nicht so leicht. Und das liegt nicht nur daran, dass die Cry-Engine auf Hitboxen verzichtet und deshalb genau registriert, welches Polygon Sie treffen. Einmal aufgescheucht, halten die Fiesewichte genauso still wie ein hyperaktive Kind, das heimlich am Kaffee seiner Mutter genippt hat – gar nicht. Die Kerle verschanzen sich hinter Palmen, Kisten und in Hauseingängen, lösen Alarm aus, umlaufen Ihre Stellung, dass es ein wahrer Genuss ist. Anhand des Kastens auf Seite 56/57 demonstrieren wir Ihnen, wie das im Einzefall ablaufen kann. Wir sagen bewusst „kann“, denn wie gesagt: Durch die Gegner-KI entwickelt sich eine Spielsituation selten zweimal gleich. Und bei den im Kasten vorgestellen Herren handelt es sich um das einfache Fußvolk! „Wenn der Spieler auf eine ganze Gruppe von Feinden trifft, geben sie ihre Beobachtungen weiter und arbeiten mit Anführern, um effektiver anzugreifen“, erläutert FarCry-Produzent Christopher Natsuume. „Sie umzingeln zum Beispiel den Spieler oder greifen in Wellen an, indem sie sich gegenseitig Feuerschutz geben.“ Hartnäckige Einzelkämpfer und gut koordinierte Mini-Trupps sind aber nicht die einzigen Gegner, die auf Sie warten. Wir wünschen Ihnen jetzt schon ein ruhiges Händchen, wenn Sie auf die Sam-Fisher-Verschitte mit Nachtsichtgeräten treffen! Zu allem Überfluss machen Mutanten Teil der Insel unsicher. Momentan tüftelt CryTek am finalen Erscheinungsbild der Monsterarten. So viel steht fest: Die bestien wollen Sie tot sehen! Verantwortlich für all das Unheil ist übrigens ein gewisser Doktor Krieger. Der stellt auf seiner Insel offensichtlich nicht bloß Rezepte gegen Fußpilz aus.
Bäumchen wechsle dich
Wir vermuten aber, dass der Doktor verbotene Amphetamine verschreibt, denn seine Muskelmänner sehen alle aus wie Superman. Und zwar nicht wie der ehemalige Superman-Darsteller Christopher Reeves, sondern wie das Comic-Original. Vielleicht befindet sich im Maya-Tempel im Dschungel oder den unterirdischen Labors ein geheimes Fitness-Center? Als wir Firmengründer Cevat Yerli auf den kernigen Körperbau seiner Inselbewohner ansprechen, zieht er die Stirn in Falten. „Stimmt schon, die Figuren wirken alle sportlich. Wenn du unseren Charakter-Designer kennen würdest, wüsstest du, woher das kommt. Der hat genauso viele Muskeln.“ Hoffentlich tauchen später auch ein paar normalere Kerlchen auf. Kleine Dicke mit Knollennasen wären toll.
Nicht so stürmisch, Herr Doktor
Wer Doktor Kriegers Geheimnis gelöst hat, braucht FarCry nicht gleich in die Ecke zu pfeffern: Für die Zeit danach gibt es den Mehrspielermodus. Damit der kein schlag ins Wasser wird, holte sich Crytek erfahrene Mehrspieler-Koryphäen ins Boot. „Wir planen zwei Deathmatch- beziehungsweise Team-Deathmatch-Karten und sechs Levels für unseren Assault-Modus“, verrät Chris Auty, der vor seiner Arbeit an Far Cry für Counter-Strike, Day of Defeat, James Bond 007: Nightfire und die Gearbox-Version von Condition Zero Kampfplätze entwarf. Das Mehrspieler-Team von Chris und Richard Tsao (Asheron’s Call 2, Dungeon Siege) optimiert momentan die zu übertragenden Datenmengen während der Matches. „Ob das so weit geht, dass es selbst mit alten Modems adäquat läuft, lässt sich momentan noch nicht abschätzen“, sagt Auty. Zugegeben: Die Levels machen technisch eine Menge her und fordern garantier das Letzte von Ihrem Rechner und dessen Grafikkarte. Besonders mit dem Assault-Modus beschreitet Crytek (halbwegs) neue Wege. Das entsprechende Konzept klingt nach einem Mix aus Enemy Territory und Unreal Tournament 2003. Und ein bisschen ist es auch so. Zu Spielbeginn wählen Sie, ob Sie als Soldat, Scharfschütze oder Helfe ins Spiel einsteigen. „Die Klasse entscheidet über die Waffen, die man trägt“, erläutert Auty. Ob Sie als Angreifer die gegnerischen Schlüsselpositionen erobern oder als Verteidiger Ihre Einrichtungen schütze, liegt an Ihrem Geschick. Ein großer Unterschied zu anderen Ego-Shootern: Kämpfe in Far Cry führen Sie häufig aus größerer Distanz. Dass das möglich ist, unterstreicht die technische Qualität der Cry-Engine, die Sichtweiten von mehr als 800 virtuellen Metern erlaubt. Wer mehr zum Thema Mehrspieler-Modus wissen möchte, sollte sich das oben stehende Interview mit Chris Auty zu Gemüte führen.
Hier kommen die Beachboys
Dass Hauptdarsteller Jack auf der Insel keiner mag, könnte vielleicht an seinem Jügern-von-der-Lippe-Outfit liegen: So ein rot getupftes Hawaiihemd ist eben nicht jedermanns Sache. Apropos „Mann“: Dem Thema misst CryTek offensichtlich große Bedeutung bei: Es ist wirklich auffällig, dass außer der brünetten Journalistin, die Jack mit auf die Insel brachte und die Ihnen an einigen Stellen zur Seite steht, weit und breit kein weibliches Wesen in Sicht ist. Nimmt die Story vielleicht am Ende eine weitere geheimnisvolle Wende und es stellt sich heraus, dass hier still und heimlich der Schwulenporno „Die Homo-Insel des Doktor Krieger“ gedreht wird? Unwarscheinlich, aber bei Far Cry müssen Sie wohl mit allem rechnen.