(Produkttest) Einhell Arcurra Heckenschere Preis-Leistungs-Überraschung

[[F]L4SH]

Hallo Computer Base User und alle Gastleser!

Wer kennt sie nicht die "Testen Bewerten Behalten" Aktionen?
Nach häufigen erfolglosen Versuchen hat es bei mir mit der Einhell Arcurra Heckenschere von Alternate geklappt. Die Freude war so groß wie das Interesse. Ich habe mir nicht all zu viel vom Gerät erwartet.
Überzeugen konnte das Alternate Team vielleicht die Tatsache, dass ich professioneller Gärtner bin und jährlich kilometerweise (yay ) Hecken schneide und nebenbei auch noch als Fachberater einer Kleingartenkolonie (wie spießig) tätig bin.
Ich habe ein ehrliches Review versprochen, auch wenn es weh tut aber ebenso einen fairen Vergleich. Vom Betrieb kenne ich zum Beispiel Stihl HSA 66 (Geizhals). Eine Maschine, die ohne Akku (den wahren Preistreiber) und Ladegerät schon teurer ist, als das Einhell Starter-Set mit Heckenschere und mit Zusatzakku. Aber ich finde auch das kann man fair vergleichen, wenn man den Preis zu Rate zieht.
Nach einem umfangreichen Einsatz im eigenen Garten und einer Woche, die mich die Arcurra jeden Tag auf Arbeit begleitet hat (auch wenn Anfang Mai jetzt nicht unbedingt DIE Heckenschnittsaison ist - aber ich konnte an einigen Hecken und Sträuchern testen), komme ich zu dem Schluss, dass es sich um einen Preis-Leistungs-Sieger mit kleinen Einschränkungen handelt.

Das Testgerät wurde von Alternate bereitgestellt und geht nach dem Test in mein Eigentum über. Darüber hinaus gab es keine Vorgaben zum Test oder weitere Bedingungen.

Die Eckdaten

Es handelt sich um eine 18V Akkuschere mit 62cm Schwertlänge und etwa 58cm realer Schnittlänge bei einem Gewicht von 2.8kg ohne Akku. Nicht schwer aber auch nicht unbedingt leicht.

Das Einhell Akku-Ökosystem
Der größte Pluspunkt ist meiner Meinung nach, dass wir endlich die wilden 00er Jahre mit inkompatiblen Insellösungen und schwächlichen Ni-Akkus, die nur bei voller Ladung mäßige Leistung gebracht haben, hinter uns gelassen haben.

Als die Schere kam dachte ich "Oh cool. Vielleicht kann man damit ja einen Akkuschrauber betreiben". Beim Besuch des lokalen Baumarktes war ich aber sehr überrascht. 10 Regalmeter voller Geräte vom Akkuschrauber über Kreissägen bis hin zum Baustellenradio. Positiv: Einhell sieht das Kombinieren zweier 18V Akkus vor, um 36V zu erreichen - eine Option die es von guter Spielerei hin zu einem System mit echten Leistungsreserven wandelt und statt 720W Leistung direkt 1440W ermöglicht. Eine Leistung mit der man die meisten Geräte im Hausgebrauch betreiben kann.

Im Starterset war eine Ladestation sowie der kleinste 2.5Ah Akku enthalten. Einhell selbst bietet Akkus bis hin zu 6Ah (etwa 100€) an.

So viel zur grauen Theorie - jetzt geht es an die Praxiserfahrungen!
Nach dem Auspacken war erst mal Warten angesagt - Dauerregen über mehrere Tage. Mir reicht es, dass ich auf Arbeit bei dem Wetter draußen sein muss. Darauf kann ich privat verzichten

Die erste Aufgabe war für mich viel anspruchsvoller als für die Schere. Mein Buchsbaumquader wollte gern mal wieder geschnitten werden. Etwas, das ich seit Jahren nicht richtig hin bekomme, obwohl der Formschnitt auf Arbeit für mich nie ein Problem ist.
Mit der Einhell ging diese Arbeit jedenfalls leicht von der Hand. Der ergonomische Griff mit Totmannschalter auf drei Seiten erlaubte es bequem aus allen Richtungen zu schneiden und das (nagelneue) Messer hat sehr sauber geschnitten.
An dieser Aufgabe habe ich gar nichts auszusetzen.

Zwischenfazit: sehr gut für feinen Formschnitt geeignet!

Rasenkanten - Fazit? Meh.
Spaßeshalber wollte ich auch die Eignung für Rasenkantenschnitt probieren. Das macht sich oft mit Heckenscheren sehr gut. Der Schnitt selbst geht sehr sauber von der Hand aber das Detail, dass die reale Schnittlänge etwa 3cm weniger lang ist, als das Schwert, sorgt dafür, dass man nicht an Mauern und Hindernissen sondern nur an frei stehendem Rasen sauber schneiden kann.
Schade - das lösen andere Hersteller besser, bei denen beinahe das komplette Schwert genutzt werden kann.
Aber es ist auch eine Heckenschere und keine Rasenkantenschere.

Liguster - DIE Heckenpflanze
Ob man Ligustrum vulgare jetzt mag oder nicht, ist jedem selbst überlassen. Dennoch macht dieses Gewächs gut und gern 80% aller geschnittenen Hecken aus. Also sollte die Schere damit gut klar kommen.
Mein Liguster machte es der Schere dabei besonders schwer. Im Januar wurde die Hecke mit einer schweren Profi-Benzinschere abgesetzt, da sich im Laufe der Jahre der eine oder andere unerwünschte Zentimeter eingeschlichen hatte.
Das heißt, die Schere musste testweise gegen Dicke Äste antreten und nicht gegen zarte einjährige Triebe.
Um meine Hecke nicht zu sehr zu verunstalten, beließ ich es bei einem kleinen Probeschnitt.

Das war der Moment, in dem mir dämmerte, dass ich die Schere wirklich dauerhaft behalten möchte. Natürlich war der Schnitt dieser dicken Triebe nicht wirklich mühelos aber wie man sieht, kommt die Einhell Arcurra problemlos auch durch dickere Liguster Triebe und das Schnittbild glich dabei im großen und ganzen der 750€ teuren Stihl HS82R vom Winter mit dem Unterschied, dass etwas mehr Zeit nötig war und man nicht wie die Axt im Walde arbeiten konnte.
Dennoch war ich begeistert von den sauberen glatten Schnitten und positiv überrascht von der Leistung.

Thuja - das nadelige wuchernde Gedöns
Auf der anderen Seite meines Gartens findet sich eine "wundervolle" und niemals von ihren Besitzern gepflegte Thujahecke von 3m Höhe. Die Aufgabe war das Freischneiden meines Lichtraums am Gartenhaus und ein Probeschnitt der Spitzen.

(man möge die mäßigen Fotos entschuldigen - die Lichtbedingungen waren ungünstig)
An diesem Punkt nach den Thuja Fotos möchte ich ein Wort des Trauerns aussprechen. Beim waghalsigen Balancieren zwischen Leiter und Hecke stürzte mein HTC U11 in die Tiefe und den Tod. Möge es in Frieden ruhen

Die Thuja wurde ebenso wie der Liguster problemlos gemeistert. Das Schnittbild ist gleichmäßig und sauber und wie im letzten Bild zu erkennen, wurden auch dicke mehrjährige Triebe bewältigt. Das zweijährige Holz war kein Problem, das dreijährige wäre mit etwas Überzeugungskraft und Zeit auch ohne größere Probleme gegangen aber beim vierjährigen streikte die Schere.
Das sehe ich aber nicht weiter kritisch. Bei vierjähriger Thuja bewegen wir uns ohnehin in den Sphären einer Kettensäge und man sollte es niemals so weit kommen lassen. Auf Nachfrage berate ich gern zu Thuja-Alternativen, die den Klimawandel überstehen und der Natur auch noch irgend etwas bieten ;-)

In meinem Garten war es das dann schon mit Gehölzen. Die Schere hat mich allerdings eine Woche auf der Arbeit bei einer Stadtgärtnerei begleitet. Dabei sind allerdings keine Fotos entstanden. Mein Chef hat kein Problem damit, wenn ich Werkzeuge teste aber längere Fotoshootings im öffentlichen Raum werden nicht gern gesehen

Folgend eine Übersicht der geschnittenen Gehölze:
Fünffingerstrauch - problemlos auch im zweijährigen Holz. Sauberer Schnitt, ohne dass die faserige Rinde ausfranst.
Hainbuche, Carpinus betulus - Einjähriges perfekt, zweijähriges gut, dreijähriges mäßig gut aber noch okay
Spierenstrauch - verspeist die Schere im Schlaf zum Frühstück
Berberitze - problemlos außer dicke Triebe
Feldahorn, Acer campestre - aussichtslos. Hier scheitert aber auch die Stihl Akkuschere

Ergonomie und Haptik
Hält man sie in der Hand, weiß man, dass man ein preisgünstiges Gerät vor sich hat. Allerdings kein billiges. Insgesamt macht alles einen weniger wertigen Eindruck, als man es von der hochpreisigen Konkurrenz kennt aber man hat nie den Eindruck, etwas Schlechtes zu benutzen.
Knöpfe und Akkueinschub wirken allerdings robust genug, um einige Jahre Dienst zu verrichten.
Sehr angetan hat es mir die Balance der Schere. Im Foto kann man sehen, wie gleichmäßig die Schere mit Akku in der Hand liegt, auch wenn sie nur mit zwei Fingern gehalten wird. In der Praxis bedeutet dieses kleine Detail, dass es bedeutend weniger ermüdend ist, die Schere für längere Zeit zu nutzen.

Einhell Hedge Raker
Keine Ahnung wozu das gut sein soll. Aber es ist optional und stört nicht.

Akkulaufzeit
Der 2.5Ah Akku ist der kleinste der Serie aber hat mir persönlich ausgereicht. Alle Spielereien im eigenen Garten waren erledigt als der Akkufüllstand gerade eben 2 von 3 Lichtern angezeigt hat (praktische Funktion übrigens!).
Leider hat die Jahreszeit niemals einen richtigen Heckenschnitt hergegeben. Dafür muss ich im Juni oder September nachtesten.
Ein Durchlauf mit fixiertem Gas und Stoppuhr war mir dann doch etwas zu heikel, da mir die Schere noch ein paar Jahre treue Dienste leisten soll und die meisten Elektromotoren nicht auf lange Dauerlast ausgelegt sind.
Leer gelaufen ist mir der Akku auch im dienstlichen Einsatz nie. Ich möchte die Akkulaufzeit des kleinen Akkus dennoch nicht schönreden. Für einen richtigen Heckenschnitt auf drei Seiten einer 2mx15m Hecke wird man ziemlich sicher einen zweiten Akku oder eine kleine Pause benötigen. Mit dem 6Ah Akku hätte ich da allerdings wiederum keine Bedenken. Die universelle Natur des Systems rechtfertigt die Anschaffung sowieso.

Akku gegen Benzin, Einhell alt gegen Einhell neu.
Seit bald 10 Jahren leistet mir eine Einhell Benzinschere treue Dienste. Aber ich bin unendlich froh, diese endlich in den verdienten "Ruhestand" schicken zu können. Sie ist laut, sie stinkt, Benzin leckt und die Leistung entspricht auch nicht mehr unbedingt der großen blauen Dunstwolke.
Persönlich bin ich aus beruflicher Erfahrung schon lange von der "Brumm Brumm Fraktion" geheilt. Anreißen und um Winter abgewürgte Motoren müssen im Jahr 2021 nur noch bei ganz wenigen Geräten wirklich sein. Man lernt erst im Vergleich dem Komfort, mit Knopfdruck sofort volle Leistung abrufen zu können, ohne an einem Kabel zu hängen zu schätzen.
Das erheblich geringere Gewicht und die Möglichkeit ohne Gehörschutz zu arbeiten, sprechen für sich.

Nachbarschafts-Akzeptanz-Faktor (NAF)
Wie viel Nervpotential hat die Arcurra Heckenschere?
Gering aber vorhanden! Ich würde die Schere nicht anwerfen, wenn auf der anderen Seite der Hecke der Nachbar seinen Kaffee trinkt aber sie ist definitiv leiser als ein elektrischer Rasenmäher und aus 10m Entfernung nur noch leise säuselnd wahrzunehmen. Kurzen Einsätzen an Sonntagen steht damit nichts im Wege.

Wer wird mit dem Gerät glücklich und wer nicht?
Eine klare Empfehlung spreche ich jedem aus, der für einen Kleingarten oder Hausgarten ein preiswertes Gerät sucht, um einige gezähmte Sträucher und Hecken zu schneiden. Insbesondere mit Hinblick auf das große Einhell-Ökosystem ein guter Kauf.

Eingeschränkt zu empfehlen ist die Schere jedem, der größere Arbeiten erledigt und regelmäßig schneidet. Die Schere wird ihre Aufgabe ordentlich und zuverlässig erledigen aber auf lange Sicht kann ich mir vorstellen, dass Begehrlichkeiten nach stärkeren Maschinen wach werden.

Nicht empfehlen würde ich die Schere extrem anspruchsvollen Gärtnern und beruflichen Anwendern. Hier muss der Griff zu einem Premiumgerät gehen. Als Backuplösung wäre die Einhell aber auch in diesem Einsatzgebiet in Ordnung.

Fazit
Nach Tests im eigenen Garten und einer Woche Einsatz im Beruf ziehe ich ein positives Fazit.
Das Gerät hat mich am Ende doch positiv überrascht, weil ich im Vergleich zu den Premiumgeräten, mit denen ich sonst hantiere, eine Enttäuschung erwartet hatte. Auch zum vollen Kaufpreis wäre es für mich ein guter Kauf gewesen.
Chapeau!
Danke ans Alternate Team, die das möglich gemacht haben und danke an alle Leser*innen, die sich durch diesen Erfahrungsbericht gekämpft haben!

Ich hoffe, dass diese Zeilen jemandem bei der Auswahl helfen, interessant zu lesen waren und Mitleid für mein Telefon geweckt wurde.

Fragen beantworte ich gern und ich freue mich auf Feedback!