Ich verstehe ja viele Reaktionen hier. Aber gerade deswegen möchte ich ein paar Zusatzinfos bieten; ich habe ein paar Jahre lang kommerzielle Radiostationen geleitet, fühle mich deswegen kompetent genug.
*sobald sich der Rauch verzogen hat, wieder einatmen*
Formatradio (wie beispielsweise "Das Beste aus ... und die Megahits ...") hat sich in den letzten Jahren im Kommerzfunk flächendeckend durchgesetzt. Warum ? Weil die Hörerzahlen in den allermeisten Fällen gestiegen sind. Höherer Marktanteil bedeutet höhere Werbeeinnahmen bedeutet besseres Geschäft für die Geldgeber.
Das dürfte allgemein nachvollziehbar sein - wenn auch unter Zähneknirschen.
Warum aber der Erfolg beim Publikum ?
In Sachen Musikgeschmack ist jedeR Experte oder Expertin, unabhängig von Ausbildung, Bankkonto, Zivilstand oder sexueller Orientierung. JedeR weiss genau, was ihm oder ihr gefällt. Wichtiger ist aber: JedeR weiss, was ihm oder ihr NICHT gefällt.
Radio-Sender verlieren das Publikum nicht durch Musik, die sie NICHT spielen, sondern durch Musik, die nicht gefällt. Die Toleranz bis zum Ausschaltimpuls können wir selbst testen: wenn in einem mir eigentlich zusagenden Musikprogramm ein (für meine Ohren) Sch*iss-Titel kommt, ärgere ich mich. Folgt darauf aber gleich noch so ein M"*ç!)"£-Titel, reicht's mir, ich steh auf und schalte um.
Die Publikumsforschung der Formatradios forscht nun gnadenlos nach solchen Ausschaltimpulsen - und eliminiert sie. Das führt zwangsläufig zu einer Nivellierung. Das Format muss aber nicht zwangsweise auf Mainstream ausgerichtet sein (auch wenn das meistens der Fall ist), sondern auf die Gemeinsamkeiten der Zielgruppe (mit andern Worten: es gibt auch Formatradios für Hardrock-Fans; dort kommen Robbie Williams oder Hansi Hinterseer aber eher selten vor

).
Aus anderer Sicht: Weil Formatradios durch ihre Musikauswahl möglichst wenig Publikum vergraulen, sind sie erfolgreich. Weil sie erfolgreich sind, stellen immer mehr Sender auf die gleiche Masche um. Wird die Vielfalt kleiner (und balgen sich immer mehr ähnlich formatierte Sender um die gleichen Publikumssegmente), schafft dies Lücken für neue/andere Sender. DAS ist die Hoffnung (und bis zu einem gewissen Grad die laufende Entwicklung).
Die Darstellung hier ist eingestandenermassen eine Vereinfachung; die Prinzipien dürften trotzdem erkennbar sein. Es bleibt das - traurige oder zumindest unbefriedigende - Fazit, dass es noch nicht genug Leute gibt, die die Ohren voll von Schmalz im Äther haben ...