Leserartikel Zusatzradiator: Bringt kaum bessere Kühlung, aber deutlich weniger Lüfterlärm

Naturtrüb

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Dieser Text ist eine Fortsetzung von diesem hier:
https://www.computerbase.de/forum/t...uehlung-und-nur-einem-240er-radiator.1820983/

Eigentlich wollte ich bei meinem Mini-ITX-System ja bei einem einzigen 240er Lüfter bleiben:

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Die Kiste ist auch unter Last durchaus leise, jedenfalls deutlich leiser und kühler als die luftgekühlte Konfiguration mit Radiallüfter auf der Vega, die ich davor genutzt habe. Die Kühlleistung des einen 45mm dicken 240er Hauptradiators reicht auch für Volllastbetrieb, mich begann jedoch der noch ungenutzte Platz unter der Graphikkarte zu stören – hier ist doch Platz für einen weiteren Radiator! Ich war hin- und hergerissen: Weil ich simple und klare Lösungen mag, hat die Ein-Radiator-Kühlung für mich ihren gewissen Charme. Andererseits lockte das Verbesserungspotential und die Möglichkeit, den Nutzen von parallel geschalteten Radiatoren zu testen.

Ich konnte nicht anders und beschloß, doch einen zusätzlichen 240er Radi mit 30 mm Höhe einzubauen. Dessen Lüfter finden ihren Platz im Sockel unterhalb des neuen Radiators und saugen Frischluft durch das Gehäuse und durch den Radiator wieder hinaus. Die gesamte Frischluftzufuhr für beide Radiatoren erfolgt ausschließlich auf der Gehäuserückseite, um dort zusätzliche Öffnungen zu schaffen verzichte ich auf die Blende bei den Mainboardanschlüssen. Über die Rückseite der Nebenkammer und über das gelochte Seitenblech beim Netzteil kann ebenfalls Luft angesaugt werden, diese strömt dann durch zwei Öffnungen in der Kammertrennwand zwischen unterem Radiator und Graphikkarte in die Hauptkammer. Zusätzlich wurden alle weiteren Löcher im Bodenblech abgeklebt, damit keine Warmluftzirkulation zwischen dem Sockel und der Nebenkammer des Gehäuses entsteht. Beide Radiatoren erhalten so aus dem Gehäuse Zuluft mit nahezu Zimmertemperatur und und die warme Abluft wird direkt aus dem Gehäuse geschafft.
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Aufgrund meiner guten Erfahrungen mit Noctua kommen im Sockel zwei 15 mm dicke NF-A12x15 PWM zum Einsatz. Da Lüfter dazu neigen, bei Hindernissen in der Nähe der Lüfterschaufeln auf der Ansaugseite recht laut zu werden und um die Durchlüftung zu verbessern, entfernte ich das gelochte Bodenblech unterhalb des Radiators, so daß nun ca. 8 mm Abstand zwischen den Lüfterschaufeln und den Radiatorlamellen sind.

Vergleich

Vor dem Umbau wurde zunächst die Kühlleistung mit einem Radi bestimmt. Hierzu wurden drei Lastszenarien vermessen:
  • Last 1: Nur CPU-Last (Ryzen 7 2700X mit Prime95 mit 8k FFTs), ~ 140W
  • Last 2: Nur GPU-Last (Vega 56 mit Unigine Heaven Benchmark FullHD im Fenstermodus in Standardsettings), ~ 190 W
  • Last 3: Gleichzeitig Last 1 und 2., ~ 330W

Randbedingungen:
  • Frontglas entfernt
  • oberer Gehäusedeckel entfernt
  • Turbo-Setting in AMD-Wattman
  • Pumpe auf 50%
  • Lüfter auf 80%
  • Messung der Raumtemperatur (zwischen 22 – 24,4 °C)


Ergebnis mit einem Radiator (Werte in Klammern sind die Temperaturdifferenzen zur Raumluft):

  • Last 1: CPU 63 (41) °C, GPU 29 (7) °C, Wasser 29,5 (7,5)
  • Last 2: CPU 49,2 (27,2) °C, GPU 45.8 (23,8) °C, Wasser 33,9 (11,9) °C
  • Last 3: CPU 73,8 (51,8) °C, GPU 50,1 (28,1) °C, Wasser 38,6 (16,6) °C

Zusätzlicher Radiator (in Reihenschaltung):

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  • Last 1: CPU 60,4 (38,4) °C, GPU 27 (5) °C, Wasser 27,1 (5,1)
  • Last 2: CPU 45,5 (23,5) °C, GPU 45 (23) °C, Wasser 30,3 (8,3) °C
  • Last 3: CPU 68 (46) °C, GPU 47 (25) °C, Wasser 33,1 (11,1) °C

Last1.pngLast2.pngLast3.png

Vergleicht man die Temperaturänderungen nach dem Hinzufügen des Zusatzradiators, so fällt auf, daß die Kühlleistung an CPU und GPU zwar zunimmt, die deutlichsten Änderungen sich aber bei der Wassertemperatur ergeben: Während bei der CPU-Last die dT (Temperaturdifferenz des gekühlten Elements zur Kühlluft) lediglich um 6,35 % zurück geht und bei der GPU-Last sogar nur um 3,37%, sind es bei den Temperaturdifferenzen Wasser-Kühlluft bei der CPU-Last 32 % Reduktion und bei der GPU-Last 30,2 %. Bei der kombinierten Last sinkt die Wassertemperatur-Differenz sogar um 33,14 %.

Fazit: Der zusätzliche Radiator senkt (für mich tatsächlich überraschend) hauptsächlich die Wassertemperatur, jedoch kaum die Temperatur von CPU und GPU. Erstaunlich, das hatte ich so deutlich nicht erwartet. Macht aber nichts, denn schon vorher waren diese Werte deutlich im grünen Bereich. Die niedrigere Wassertemperatur erlaubt jedoch ein Absenken der Lüfterdrehzahlen auf knapp unter 50%: Manuell in der Aquasuite herunter geregelt, erreiche ich nun mit 50% PWM-Leistung die Wassertemperaturwerte, die ich in der oben genannten Ausgangskonfiguration mit 80% Lüfterleistung hatte. Die Kiste ist nun nochmals spürbar leiser, leider habe ich kein Gerät für Lautstärkemessungen.

Auch interessant: Die Skalierung mit den technischen Daten des Zusatzradiators und der Lüfter: von allem zusätzlichem Geraffel ein Drittel weniger macht ein Drittel weniger Wassertemperatur (...aaah – oooh! :D ). Der Aquacomputer airplex Pro 240 ist 30 mm dick und damit 33% dünner als der 45 mm dicke Hauptradiator. Die zusätzlichen 15 mm dünnen Lüfter (Noctua NF-A12x15 PWM) haben mit diesem ein leichteres Spiel als sie es mit dem dicken Hauptradiator hätten, leisten im Gegensatz zu dessen Noctua NF-A12x25 PWM (statischer Druck 2,34 mm H₂O) mit ihren 1,53 mm H₂O aber auch 34% weniger.

Langer Rede kurzer Sinn (zumindest bei meinem System!): Viel hilft viel und führt zu Lärmminderung, ansonsten bringt‘s eher wenig. Ich find's ganz nett, die Auswirkungen einer Modifikation mal in Zahlen zu sehen...

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Aufmerksame Beobachter werden bemerkt haben, daß die Radiatoren auf dem letzten Bild parallel geschaltet sind. Warum dem so ist, kann hier nachgelesen werden:

https://www.computerbase.de/forum/threads/reihen-vs-parallelschaltung-von-radiatoren.1829166/
 
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Für deine Rahmenbedingungen überraschen mich die Verbessungen eher positiv.
Die Wassertemperatur ist ja das einzige, was der Radiator direkt beeinflusst. Und die ist ordentlich gesunken.
Die CPU- bzw GPU-Temperaturen hängen auch viel vom Durchfluss ab (den der Radiator nur unwesentlich beeinflussen sollte).

Ich selbst hätte den Radiator wahrscheinlich eher auch noch an die Decke geschraubt und die Lüfter im Sandwich zwischen beiden Radis.

Die Vergleichswerte sind für mich aber sehr interessant.
Die Hardware darunter ist bei mir nicht ganz unähnlich, nur meine Wasserkühlung wird mit 3*360 ein *bisschen* größer.
Bin mal gespannt, was das dann für einen Unterschied macht...
 
Naturtrüb schrieb:
Vergleicht man die Temperaturänderungen nach dem Hinzufügen des Zusatzradiators, so fällt auf, daß die Kühlleistung an CPU und GPU zwar zunimmt, die deutlichsten Änderungen sich aber bei der Wassertemperatur ergeben
Wenn die Kühlleistung erhöht wird, dann ist zunächst zu erwarten, dass die Temperaturen im gesamten System gleichmäßig abfallen. Den Sinn deiner Prozentrechnung verstehe ich ehrlich gesagt nicht.

Je nachdem, wie du die Kühlleistung erhöhst, hast du natürlich Störeffekte, die sich auf die Temperatur auswirken (Durchfluss, Gehäuseinnentemperatur, ...).

Sind die Temperaturen eine Momentaufnahme oder der Durschnitt über einen bestimmten Zeitraum?
 
Wenn du die Drehzahlen der Lüfter gleich lassen würdest wäre die Kühlleistung auch höher. Also verstehe ich den SInn nicht so ganz. Ist doch klar das wenn es leiser wird ( weniger rpm) der Kühlleistungszuwachs nicht so hoch ist. Enteder gleiche Lautstärke mit mehr Kühlleistung oder eben selbe Temps mit weniger Lärm. Ist doch nur logisch !?
 
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0-8-15 User schrieb:
Wenn die Kühlleistung erhöht wird, dann ist zunächst zu erwarten, dass die Temperaturen im gesamten System gleichmäßig abfallen.
...ein gleichmässiger Temperaturabfall findet nur bedingt statt - am ehesten noch bei der CPU, wie Du ja an den Messwerten siehst.

0-8-15 User schrieb:
Den Sinn deiner Prozentrechnung verstehe ich ehrlich gesagt nicht.
Die ganze Prozentrechnung habe ich gemacht, um den Temperaturabfall in Relation zum Temperaturniveau zu setzen: 5 °C weniger bei einer CPU die unter Systemvollast schon bei einer dT von über 50 °C ist, ist wenig verglichen mit 5 °C weniger bei der Wassertemperatur, bei der die dT von 16,6 auf 11,1 °C fällt.

Die Temperaturverbesserung bei der CPU und GPU juckt mich überhaupt nicht, da waren die Temps auch vorher schon völlig ok. Die über 30% Temperaturabfall beim Wasser erlauben mir aber, die Lüfterleistung von 80% auf 50% zu reduzieren - das ist die relevante Verbesserung hier.


0-8-15 User schrieb:
Sind die Temperaturen eine Momentaufnahme oder der Durschnitt über einen bestimmten Zeitraum?
Faktisch momentaufnahmen, aber in einem eingeschwungenen System. Viel tut sich bei den Temperaturen nicht, nur der Heaven Benchmark sorgt für eine Schwankung der Wassertemperatur von ca. 2 °C über seinen Zyklus.

.uNited schrieb:
Wenn du die Drehzahlen der Lüfter gleich lassen würdest wäre die Kühlleistung auch höher. Also verstehe ich den SInn nicht so ganz. Ist doch klar das wenn es leiser wird ( weniger rpm) der Kühlleistungszuwachs nicht so hoch ist. Enteder gleiche Lautstärke mit mehr Kühlleistung oder eben selbe Temps mit weniger Lärm. Ist doch nur logisch !?

"Ach?!" (Loriot). Siehe oben. Selbstverständlich ist es so. Ich will wissen, wievel es bringt. Im *eigenen* System-Setup. Quantifizierbar.
 
Naturtrüb schrieb:
Fazit: Der zusätzliche Radiator senkt (für mich tatsächlich überraschend) hauptsächlich die Wassertemperatur, jedoch kaum die Temperatur von CPU und GPU.
Wie gesagt, die Temperaturen sinken gleichmäßig.
Naturtrüb schrieb:
...ein gleichmässiger Temperaturabfall findet nur bedingt statt - am ehesten noch bei der CPU, wie Du ja an den Messwerten siehst.
Das liegt aber mit hoher Wahrscheinlichkeit am Testablauf:
Naturtrüb schrieb:
nur der Heaven Benchmark sorgt für eine Schwankung der Wassertemperatur von ca. 2 °C über seinen Zyklus.
Wenn die Wassertemperatur um zwei Grad schwankt, dann schwankt auch die Leistungsaufnahme von CPU und GPU und damit die Temperaturdifferenz, die du eigentlich messen möchtest.
 
Dann ist der Wärmeübergang "schlecht". Meine 1080Ti hat so ziemlich immer das gleich Delta zum Wasser egal wie warm das Wasser ist.
 
Aber auch nur dann, wenn die Verlustleistung einigermaßen konstant bleibt. Die Temperaturdifferenz zwischen GPU und Wasser hängt maßgeblich von der Durchflussgeschwindigkeit und der Verlustleistung, nicht aber von der Wassertemperatur ab.
 
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