Vorwurf von Verbraucherschützern: Telekom soll absichtlich das Netz verlangsamen

Die Deutsche Telekom soll absichtlich das Netz verlangsamen, um Gebühren beim direkten Peering mit Internetdiensten zu verdienen, lautet der Vorwurf von Verbraucherschützern. Der vzbv hat nun gemeinsam mit weiteren Organisationen eine Beschwerde bei der Bundesnetzagentur eingereicht, berichtet der Spiegel.
Hintergrund des Streits sind Interconnect-Abkommen, die die Telekom mit Dienstanbietern wie Meta hat. „Die Telekom schafft künstliche Engpässe am Netzeingang und verkauft bezahlte Überholspuren, auf denen finanzstarke Dienste den Datenstau umfahren können“, sagt Barbara van Schewick, Professorin für Internetrecht an der Stanford Universität.
Telekom soll Netz absichtlich verlangsamen
Konkret lautet der Vorwurf der Verbraucherschützer: Finanzstarke Dienste, die die Telekom bezahlen können, würden schnell durch und gut laufen. Dienste, die sich das nicht leisten könnten, würden ausgebremst und oft langsam oder gar nicht laden. Für van Schewick ist es ein Verstoß gegen die Netzneutralität und ein „Frontalangriff auf das offene Internet“. Die Vorgaben zur Netzneutralität untersagen eigentlich, dass Netzbetreiber bestimmte Dienste bevorzugen oder benachteiligen.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Epicenter.works, die Gesellschaft für Freiheitsrechte sowie van Schewick haben daher bereits im Januar 2025 einen Aufruf gestartet. Telekom-Kunden sollten melden, wenn bestimmte Web-Dienste nicht laden. Hunderte Beschwerden haben die Organisationen laut dem Spiegel-Bericht seitdem gesammelt.
Meta kündigte im September das Interconnect-Abkommen mit der Telekom
Ausgelöst wurde die aktuelle Kampagne durch einen Streit zwischen der Deutschen Telekom und Meta, der im September 2024 einen Höhepunkt erreichte, berichtet Golem. Damals kündigte Meta an, die direkte Peering-Partnerschaft mit der Telekom zu beenden. Man sprach von „beispiellosen und unakzeptablen Gebühren“, die der Netzbetreiber für den direkten Datenaustausch verlange.
Ein Novum, denn mit zahlreichen anderen Netzbetreibern weltweit habe Meta Abkommen, die ohne Gebühren auskommen. Kurz nach der Ankündigung veröffentlichte van Schewick einen Blog-Beitrag, in dem sie Meta mit Verweis auf die Netzneutralität unterstützte.
Die Telekom verteidigt sich
Die Telekom erklärte hingegen in einer Reaktion im September 2024, Meta verdrehe die Fakten. Bis zur Corona-Krise habe der US-Konzern demnach für eine kostenpflichtige Direktverbindung gezahlt. Erst in der Krise wurden die Zahlungen eingestellt, Meta wollte dann auf einen Transitanbieter wechseln, um Daten ins Netz der Telekom zu leiten. Entsprechende Kapazitäten am Übergabepunkt habe die Telekom laut einer Aussage auch aufgebaut und man wollte dafür auch weiterhin Rechnungen stellen – dass diese legitim sind, habe ein Gericht bestätigt. Meta verweigert diese aber wie gehabt.
An diesem Standpunkt hält die Telekom auch fest. „Die erhobenen Vorwürfe sind falsch und zeugen von rechtlichem und technischem Unverständnis. Die Telekom verletzt nicht die Netzneutralität“, sagte ein Telekom-Sprecher zu Golem. Man erwarte, dass das auch die Bundesnetzagentur bestätige.
Netzneutralität? Vor allem ein Streit zwischen Konzernen
Wie Golem berichtet, steht aber auch das Vorgehen der Telekom in der Kritik. So sei die Telekom etwa kaum am Frankfurter Internetknotenpunkt DE-CIX aktiv, den zahlreichen Anbieter und Unternehmen nutzen, um Netzwerke zusammenzuschalten und Daten auszutauschen.
Laut Golem gehe es bei dem Streit aber weniger um die Netzneutralität. Insbesondere Meta verteidige nicht die Interessen der Allgemeinheit, sondern habe vor allem auch das eigene Geschäft im Blick. Auch die DE-CIX-Betreiber hatten im September erklärt, der Interconnect-Vertrag beider Konzerne verletzte nicht unbedingt die Netzneutralität.
Verbraucherschützer beobachten das Vorgehen dennoch mit Skepsis. Die Regeln zur Netzneutralität wären demnach wichtig, um den demokratischen Diskurs zu schützen, erklärt Malte Spitz, Generalsekretär der Gesellschaft für Freiheitsrechte, im Spiegel. Große Plattformen würden ihre Macht nutzen, um bestimmte Meinungen zu stärken und andere zu verdrängen. „Wir sehen immer mehr Versuche von großen Unternehmen, sich mit mehr Geld mehr Publikum zu erkaufen“, so Spitz.

