Rechtsextreme Inhalte: IBM, Apple, Disney und weitere Unternehmen stoppen Werbung auf X

Update 3 Andreas Frischholz
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Rechtsextreme Inhalte: IBM, Apple, Disney und weitere Unternehmen stoppen Werbung auf X
Bild: Twitter: Elon Musk

IBM hat die Anzeigenschaltung auf X (Twitter) gestoppt, weil Werbung des Konzerns neben rechtsextremen Inhalten aufgetaucht ist. Das bestätigte IBM gegenüber der Financial Times und The Verge. In der Kritik steht auch Musk für das Verbreiten extremistischer Inhalte.

Rechtsextreme und Pro-Hitler-Inhalte neben Anzeigen

Vorausgegangen war ein Bericht der Non-Profit-Organisation Media Matters. Demnach erschienen rechtsextreme und Pro-Hitler-Inhalte direkt neben Anzeigen von Konzernen wie Apple, Bravo, Oracle, Xfinity (Comcast) und IBM. Konkrete Beispiele liefert Media Matters in dem Bericht.

IBM hat nun bereits reagiert. In einer Stellungnahme gegenüber der Financial Times erklärte der Konzern: „IBM hat keine Toleranz für Hate Speech und Diskriminierung und wir haben sofort sämtliche Werbeschaltungen auf X gestoppt, während wir diese völlig inakzeptable Situation untersuchen.“ Comcast erklärte auf Anfrage, dass man sich die Vorgänge anschaue. Apple und Oracle hatten noch nicht direkt reagiert, so die Financial Times.

X kämpft seit Monaten mit extremistischen Inhalten

Werbeschaltung neben rechtsextremen Inhalten waren schon in den vergangenen Monaten ein Problem auf X. Mehrere Werbekunden hatten sich deswegen (zeitweise) zurückgezogen. CEO Linda Yaccarino hatte in der Folge öffentlich zugesagt, die Firmenauftritte besser zu schützen. Ihr Ziel war, die Werbekunden zurückzuholen. Die sogenannte Brand safety – also das Schalten von Anzeigen in einem passenden Umfeld – spielt dabei eine entscheidende Rolle.

Vor allem infolge des Terrorangriffs der Hamas am 7. Oktober sowie dem dann eskalierenden Nahostkonflikt verschärfte sich aber die Lage auf der Plattform. Neben den rechtsextremen Inhalten wurde auch Desinformation zum Problem. Nach Vorwürfen aus der EU und den USA versprach zumindest Yaccarino mehr Bemühungen. Zudem kündigte X an, dass Inhalte mit Desinformation nicht mehr von dem Monetarisierungsprogramm profitieren sollen.

Angesichts der jüngsten Berichte steht erneut die Frage im Raum, ob X die richtige Strategie verfolgt und die Maßnahmen effektiv genug sind. Hinzu kommt noch das Verhalten von Musk selbst.

Musk und der Antisemitismus

Denn die Vorwürfe richten sich nicht nur gegen X als Plattform, sondern auch direkt gegen Musk, der in dieser Woche erneut antisemitische und verschwörungsideologische Inhalte verbreitet hat. So befürwortete Musk einen X-Beitrag mit der Aussage, Juden würden Hass gegen Weiße fördern. Er antwortete, der X-Nutzer – bei dem es sich um einen White Nationalist handeln soll – sage die „tatsächliche Wahrheit“. Der Beitrag, auf den sich Musk bezieht, ist mittlerweile nicht mehr zugänglich.

Für diesen Beitrag wurde Musk massiv kritisiert, The Atlantic ordnet diesen im Kontext antisemitischer Verschwörungsideologien ein. Musk selbst erklärte später, er beziehe sich mit dem Beitrag auf die Anti-Defamation League.

Bei dieser handelt es sich um eine amerikanische Organisation, die gegen die Diskriminierung von Juden vorgeht. Musk streitet sich mit der Organisation seit Monaten, er macht diese für die fallenden Werbeeinnahmen von X verantwortlich. Das galt allerdings auch für weitere Organisationen, die sich mit Hate Speech befassen. Dazu zählt das Center for Countering Digital Hate (CCDH), mittlerweile bezeichnet Musk auch Media Matters als „evil organization“.

Derweil sind antisemitische Beiträge von Musk nicht neu, obwohl er selbst immer wieder sagt, er sei kein Antisemit. Entsprechend äußerte er sich etwa bei einem Treffen mit Israels Premier Benjamin Netanyahu im September. Kurz vor diesem Gespräch schrieb Musk jedoch, George Soros Stiftung wolle die westliche Zivilisation „zerstören“. Soros ist amerikanisch-ungarischer Hedgefondsmanager und jüdisch-stämmig, als Philanthrop unterstützt er mit seiner Open Society Foundation verschiedene Gruppen. Damit ist er aber oftmals das Ziel von Antisemitismus. Musk attackierte ihn auch schon zuvor.

Danke an Jakop für den Hinweis zu dieser Meldung.

Update

Neben IBM soll auch Apple die Werbeschaltungen auf X gestoppt haben, berichtet Axios unter Berufung auf namentlich nicht genannte Quellen. Zu den Gründen zählen demnach neben dem Schalten von Anzeigen im Umfeld von rechtsextremen Inhalten auch Musks antisemitische Beiträge.

Derweil hat sich auch X-CEO Linda Yaccarino nochmals offiziell zu Wort gemeldet. Die klare Position von X ist ihrer Aussage nach, dass auf der Plattform kein Platz für Diskriminierung sei. Man bemühe sich, sowohl diskriminierende Inhalte als auch Antisemitismus zu bekämpfen. So etwas sei „hässlich und falsch“, so Yaccarino.

Update

Weitere Unternehmen stoppen die Werbeschaltungen auf X. Neben IBM und Apple umfasst die Liste nun unter anderem noch Disney, Comcast, Warner Bros Discovery, Paramount Global und das Filmstudio Lions Gate Entertainment, berichtet CNBC. Auch ein Sprecher des Weißen Hauses verurteilte die Aussagen, die Musk befürwortete. Es sei „inakzeptabel, eine der abscheulichsten Lügen zu wiederholen, die hinter einem der tödlichsten Akte des Antisemitismus in der amerikanischen Geschichte“ stehe, so der Sprecher Andrew Bates laut CNBC.

Damit nimmt er Bezug auf einen Terroranschlag im Jahr 2018. Ein Attentäter tötete elf Menschen in einer Synagoge in Pittsburgh, in einem Manifest bezog er sich auch auf die Verschwörungsideologie von einem jüdischen „white genocide“.

Musk kündigt Klage an

Derweil äußerte sich auch Musk. Zunächst verurteilte er selbst antisemitische Äußerungen, Aussagen wie „decolonization“ und „from the river to the sea“ beinhalten demnach auch eine Aufforderung zum Genozid an Juden. Dementsprechend handele es sich um Aufrufe zur Gewalt, die nicht mit den Nutzungsbedingungen auf X vereinbar wären und daher zu Sperren führen, erklärte Musk.

Zudem kündigte er an, am Montag eine Klage gegen Media Matters – also die Non-Profit-Organisation, die den aktuellen Fall ins Rollen brachte – einzureichen. Diese hätten die Vorfälle bewusst provoziert, heißt es in einem Schreiben, das Musk teilte. Außerdem wären solche Anzeigenschaltungen nicht repräsentativ für normale Nutzer.

Neu ist es nicht, dass Musk gegen Organisationen vorgeht, die sich mit Hate Speech auf X befassen. Entsprechende Schritte kündigte er – wie zuvor in dieser Meldung erwähnt – bei der Anti Defamation League und Center for Countering Digital Hate (CCDH) an, bis dato aber noch ohne nennenswerte Resultate. Beim CCDH lautete der Vorwurf allerdings, die Organisation habe massenhaft Daten über die API erfasst und systematisch ausgewertet – das bewertete Musk ebenfalls als Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen. Aufgrund der API-Restriktionen sind quantitative Analysen für externe Forschende mittlerweile kaum noch möglich, mehr als 100 Forschungsprojekte wurden gestoppt.

Update

Wie erwartet hat X die Klage eingereicht, der Vorwurf sind „potenziell betrügerische Aktivitäten“. Das geht aus der Mitteilung von Texas Generalstaatsanwalt Ken Paxton hervor, der die Ermittlungen eingeleitet hat.

Media Matters bezeichnet die Klage als Versuch von Musk, Kritiker von X zum Schweigen zu bringen. Die Organisation stehe „hinter der Berichterstattung und freue sich, vor Gericht zu gewinnen“, so Media-Matters-Präsident Angelo Carusone zu The Verge.