Washington Post für 250 Millionen US-Dollar verkauft

Ferdinand Thommes
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Gestern Nachmittag wurden die Journalisten der Washington Post über den Besitzerwechsel der renommierten Zeitung unterrichtet. Jeff Bezos, seines Zeichens Amazon-Chef, hat das traditionsreiche Blatt für 250 Millionen US-Dollar gekauft.

Printmedien stecken in der Krise. Wer das noch nicht realisiert hat, kommt nach dem Verkauf der Washington Post nicht mehr um diese Erkenntnis herum. Neben der New York Times ist die Post die renommierteste Tageszeitung der USA, hat den Watergate-Skandal aufgedeckt und war unlängst zusammen mit dem britischen Guardian an der Spitze der Berichterstattung über Prism und die NSA-Abhöraffäre.

Seit sieben Jahren hat das Blatt sinkende Gewinne verzeichnen müssen, die Verlegerfamilie fand kein Mittel, der Krise zu entgehen und musste nun, wie andere Printmedien in den USA und weltweit in letzter Zeit auch, die Konsequenzen ziehen und das Traditionsblatt veräußern. In Deutschland etwa verkaufte die Axel Springer AG das Hamburger Abendblatt und die Berliner Morgenpost. Die Washington Post befand sich acht Jahrzehnte lang in Familienbesitz.

Kurios an diesem Geschäft erscheint der Käufer: Jeff Bezos hat wie kaum ein Anderer dem Abwärtstrend von bedrucktem Papier Vorschub geleistet mit E-Book-Readern wie dem Kindle, auf denen neben Büchern auch digitale Zeitungsausgaben gelesen werden können. Er betreibt außerdem die digitale Verlags-Plattform Kindle Direct Publishing, die Autoren den Selbstverlag in digitaler Form ermöglicht.

Jetzt kauft er eines der bekanntesten Printmedien weltweit, will aber nach eigenen Aussagen das Tagesgeschäft nicht bestimmen. Es werde keine Entlassungen und Gehaltskürzungen geben, Veränderungen seien aber unumgänglich. Das Internet bedinge ständigen Wandel und es gebe keine Landkarte mit gangbaren Wegen in die Zukunft. "Wir werden experimentieren müssen.", so Bezos.

Im November 2012 gab Bezos der Berliner Zeitung ein ausführliches Interview, in dem es auch um die Zukunft der Printmedien ging. Bezos beschreibt dort die Branche als in einer andauernden Krise und einer notwendigen Wandlung begriffen, die noch nicht abgeschlossen sei. Die Online-Angebote der Printmedien seien nicht in der Lage, die Verluste, die mit gedruckten Auflagen gemacht werden, auszugleichen. Die Kunden seien nicht bereit, für Inhalte im Internet zu bezahlen.

Dagegen sieht er aus seiner Erfahrung durchaus die Bereitschaft, für Zeitungsabonnements auf Tablets zu zahlen. Wenn die jetzige Übergangsphase vorüber ist, Tablets noch mehr zum Alltag gehören, sieht Bezos gute Chancen für qualitativ hochwertigen Journalismus, aber kaum Überlebenschancen für gedruckte Zeitungen. Im Interview ließ er an seiner Überzeugung keinen Zweifel, wenn er sagte: „Über eines bin ich mir sicher: In zwanzig Jahren wird es keine gedruckten Zeitungen mehr geben. Wenn doch, vielleicht als Luxus-Artikel, den sich bestimmte Hotels erlauben, als extravaganten Service für ihre Gäste. Gedruckte Tageszeitungen werden in zwanzig Jahren nicht mehr normal sein“. Angesichts dieser Überzeugung passt der jetzt getätigte Kauf der Washington Post vielleicht doch in Bezos Portfolio.