Standby-Verbrauch: Android M, iOS 9 und Windows 10 Mobile im Vergleich

Nicolas La Rocco
117 Kommentare
Standby-Verbrauch: Android M, iOS 9 und Windows 10 Mobile im Vergleich

Bisherige Erfahrungen

Die zur ersten Developer Preview von Android M durchgeführten Tests zu Googles neuen Energiesparoptionen waren extrem beliebt bei der Leserschaft. Im Forum gab es zahlreiche positive Kommentare, darunter aber auch Anmerkungen, wie man es hätte besser machen können. Deshalb geht es nun in eine umfangreichere zweite Runde.

Im ersten Test der neuen Energiesparoptionen Doze und App Standby aus Android M wurde ein Nexus 5 mit Android 5.1.1 Lollipop und der ersten Developer Preview von Android M bespielt, um den Standby-Verbrauch des Geräts unter gleichen Bedingungen zu überprüfen. Dabei sollte vor allem Googles Behauptung, ein Nexus 9 würde mit Doze und App Standby bei Nichtbenutzung bis zu doppelt so lang durchhalten, unter die Lupe genommen und bestätigt oder widerlegt werden. Weil das dafür benötigte Tablet aber nicht im Bestand der Redaktion war, wurde ein Nexus 5 ohne Mobilfunkverbindung ausschließlich mit WLAN als Netzwerkverbindung benutzt. Diese Vorgehensweise wurde teilweise als unrealistisches Alltagsszenario beanstandet.

Kommentiert wurde außerdem, dass Google mit Android M den Standby-Verbrauch nur wieder auf das Niveau von Android 4.4 KitKat gesenkt habe, nachdem Android Lollipop für eine Verschlechterung gesorgt habe. Zudem wurde behauptet, dass Windows Phone und iOS schon seit längerer Zeit ähnlich niedrige Standby-Verbräuche wie Android M vorweisen könnten. Der Vergleich zu diesen Betriebssystemen habe gefehlt.

Für Runde zwei des Tests kommen deshalb deutlich mehr Geräte und Betriebssysteme zum Einsatz, um ein besseres Bild zum Standby-Verbrauch abliefern zu können. In Runde zwei versammeln sich für Android das Nexus 5, 6 und 9, für iOS das iPhone 6 und iPad Air 2, sowie für Windows Phone das Nokia Lumia 830.

Konfiguration der Geräte

Telefone gehen dieses Mal als Telefone und Tablets als Tablets in den Vergleich. Die Simulation einer Geräteklasse durch das Weglassen von Funktionen findet somit nicht mehr statt. Alle Telefone waren für den Vergleich mit Prepaid-SIM-Karten von Lidl Mobile bestückt und befanden sich im O2-Netz von Telefónica. Lidl Mobile unterstützt maximal 3G mit bis zu 7,2 Mbit/s im Downstream, LTE wurde somit nicht genutzt.

Die Telefone waren für den Test zwar mit einem Mobilfunknetz verbunden, die Datenverbindung erfolgte aber wie schon im ersten Test über einen WLAN-Router, so wie es zu Hause üblich ist. Beim WLAN-Router handelt es sich erneut um eine Vodafone Easybox 904 xDSL mit VDSL-50-Anschluss, die im selben Zimmer der Geräte im Abstand von circa drei Metern ohne Hindernisse aufgestellt ist. Bei den Tablets Nexus 9 und iPad Air 2 handelt es sich jeweils um die WLAN-Variante, die deshalb nicht mit einem Mobilfunknetz verbunden waren.

Am weiteren Aufbau des neuen Tests hat sich gegenüber dem alten nichts verändert. Die exakte Konfiguration jedes Smartphones und Tablets ist aufgrund der unterschiedlichen Betriebssysteme aber immer etwas anders, da nicht für jedes System die gleichen Apps zur Verfügung stehen. Unter allen Android-Versionen wurde mit folgenden Einstellungen getestet:

  • Prepaid-SIM-Karte des Anbieters Lidl Mobile im 2G/3G-Netz (nicht bei Tablet)
  • Bluetooth, NFC, Android Beam deaktiviert
  • WLAN, GPS (hohe Genauigkeit, nicht bei Tablet) aktiviert
  • Status-LED, Inaktivitätsdisplay, Daydream sowie alle Töne deaktiviert
  • Einstellungen auf Werkszustand von Android 4.4.4, 5.1.1, M DP1
  • drei IMAP-Mail-Konten, ein Gmail-Konto mit Standard-Einstellungen konfiguriert
  • ein CalDAV-Konto konfiguriert
  • Facebook und Facebook Messenger installiert und angemeldet
  • Talon for Twitter (Plus) installiert und angemeldet
  • Google+ installiert und angemeldet
  • außerdem folgende Apps abseits der System-Apps installiert: 9GAG First, AirDroid, Android Wear, BeyondBod, CalDAV-Sync, Chrome Beta, Chrome Remote Desktop, Chromecast, ES Datei Explorer, Feedly, Google Handschrifteingabe, Hangouts Dialer, IMDb, Inbox, VLC, Yahoo Wetter, Wikipedia

Unter iOS 8.3 und iOS 9 Beta 1 wurden die gleichen Konten konfiguriert, wobei im Gegensatz zu Android, wo das Gmail-Konto gleichzeitig auch als Google-Konto für die Einrichtung des Smartphones agiert, zusätzlich noch ein iTunes-Konto hinterlegt war.

  • Prepaid-SIM-Karte des Anbieters Lidl Mobile im 2G/3G-Netz (nicht bei Tablet)
  • Bluetooth deaktiviert
  • WLAN, GPS (nicht bei Tablet) aktiviert
  • Alle Töne deaktiviert
  • Einstellungen auf Werkszustand von iOS 8.3 und 9 Beta 1
  • drei IMAP-Mail-Konten, ein Gmail-Konto mit Standard-Einstellungen konfiguriert
  • ein CalDAV-Konto konfiguriert
  • Facebook und Facebook Messenger installiert und angemeldet
  • Twitter installiert und angemeldet
  • Google+ installiert und angemeldet
  • außerdem folgende Apps abseits der System-Apps installiert: Google Play Movies, Google Play Books, Google Docs, Google News & Wetter, Chromecast, Google, Feedly, YouTube, Google Fotos, Chrome Remote Desktop, Infuse 3, Yahoo Wetter, Google Präsentationen, Google Play Kiosk, Google Play Music, Google Tabellen, Google Drive, Wikipedia, 9GAG First, IMDb, Google Maps

Unter Windows Phone 8.1 und Windows 10 Mobile fällt die Anzahl der installierten Apps geringer aus als noch bei Android und iOS. Dies liegt schlichtweg daran, dass zahlreiche Anwendungen nicht im Store von Microsoft verfügbar sind. Auf inoffizielle Alternativen wurde nicht ausgewichen. Relevant für die Laufzeit sind die nachträglich installierten Apps ohnehin nicht, es soll Lesern lediglich ein Einblick in die Konfiguration des Smartphones ermöglicht werden. Unter Windows Phone kommt neben drei IMAP- und einem Gmail-Konto zusätzlich noch ein Microsoft-Konto per Live Mail zum Einsatz.

  • Prepaid-SIM-Karte des Anbieters Lidl Mobile im 2G/3G-Netz
  • Bluetooth deaktiviert
  • WLAN, GPS aktiviert
  • Blick-Bildschirm sowie alle Töne deaktiviert
  • Einstellungen auf Werkszustand von Windows Phone 8.1 und 10 Mobile
  • drei IMAP-Mail-Konten, ein Gmail-Konto mit Standard-Einstellungen konfiguriert
  • ein CalDAV-Konto konfiguriert
  • Facebook und Facebook Messenger installiert und angemeldet
  • Twitter installiert und angemeldet
  • außerdem folgende Apps abseits der System-Apps installiert: Dateien, Google, IMDb, VLC, Wikipedia, YouTube

Messungen

Für die Messungen wurde jedes Smartphone oder Tablet ein einziges Mal nach 24 Stunden für wenige Sekunden aktiviert, um die Restkapazität des Akkus abzulesen. Eine Ausnahme bildet das iPhone 6 mit iOS 9 Beta 1, dessen Akku nach dem ersten Durchlauf von 24 Stunden bereits erschöpft war. Deshalb wurden im zweiten Durchgang bereits nach acht und zwölf Stunden die Werte ausgelesen. Des Weiteren wurden beim Nexus 6 mit Android M nur zwei Messungen vorgenommen, weil das Smartphone mit der Developer Preview nicht länger auf oder über 72 Stunden gekommen ist.

Bei allen gesammelten Zahlen handelt es sich dieses Mal um tatsächlich abgelesene Werte. Im ersten Vergleich wurde dies nur nach 48 Stunden durchgeführt und, wie in der alten Tabelle auch angemerkt, die Werte für 24 und 8 Stunden runtergerechnet. Mit insgesamt 72 Stunden wurde dieses Mal zudem länger gemessen, um weitere Werte sammeln zu können. Ausnahmen bilden auch hier das Nexus 6 mit Android M und iPhone 6 mit iOS 9 Beta 1. Die tatsächlich abgelesenen Werte des Nexus 5 ohne Mobilfunkverbindung wurden dem neuen Vergleich hinzugefügt.

Hochrechnungen finden sich ausschließlich nur noch im Bereich der theoretischen Maximallaufzeiten im Standby. Die Werte wurden auf Basis der Restkapazität jedes Smartphones und Tablets nach 72 Stunden ermittelt – erneut abgesehen vom Nexus 6 mit Android M und iPhone 6 mit iOS 9 Beta 1. Hinzu kommt, dass beim iPad Air 2 mit iOS 8.3 auf eine Hochrechnung verzichtet wurde, weil das Tablet selbst nach 72 Stunden noch keine Verringerung der Kapazität anzeigte.

Restkapazität des Akkus nach Stunden
8 12 24 48 72
Nexus 5
2.300 mAh/8,74 Wh
Android 4.4.4 86 % 70 % 51 %
Android 5.1.1 88 % 73 % 55 %
Android 5.1.1 (ohne Mobilfunk) 76 %
Android M DP1 95 % 89 % 81 %
Android M DP1 (ohne Mobilfunk) 91 %
Nexus 6
3.220 mAh/12,2 Wh
Android 5.1.1 86 % 70 % 54 %
Android M DP1 65 % 24 % leer
Nexus 9
6.700 mAh/25,46 Wh
Android 5.1.1 91 % 80 % 70 %
Android M DP1 96 % 90 % 85 %
iPhone 6
1.810 mAh/6,91 Wh
iOS 8.3 97 % 86 % 76 %
iOS 9 Beta 1 62 % 37 % leer
iPad Air 2
7.340 mAh/27,62 Wh
iOS 8.3 100 % 100 % 100 %
iOS 9 Beta 1 100 % 98 % 95 %
Lumia 830
2.200 mAh/8,3 Wh
Windows Phone 8.1
GDR2 – 8.10.15148.160
87 % 73 % 55 %
Windows 10 Mobile
Build 10136 – 10.0.12634.131
78 % 64 % 48 %
Hochgerechnete Maximallaufzeit im Standby
Nexus 5 Android 4.4.4 147 Stunden
Android 5.1.1 160 Stunden
Android M DP1 379 Stunden
Nexus 6 Android 5.1.1 157 Stunden
Android M DP1 63 Stunden
Nexus 9 Android 5.1.1 240 Stunden
Android M DP1 480 Stunden
iPhone 6 iOS 8.3 300 Stunden
iOS 9 Beta 1 19 Stunden
iPad Air 2 iOS 8.3 nicht berechenbar
iOS 9 Beta 1 1.440 Stunden
Lumia 830 Windows Phone 8.1
GDR2 – 8.10.15148.160
160 Stunden
Windows 10 Mobile
Build 10136 – 10.0.12634.131
138 Stunden

Fazit

Für das Fazit zu beachten ist, dass erneut ausschließlich der Standby-Verbrauch der an einem Ort ruhenden Geräte betrachtet wurden. Die Messungen zeigen nicht auf, wie sich Smartphone oder Tablet verhalten, wenn sie unbenutzt in Hosentasche oder Rucksack durch die Stadt getragen werden. Interessante Erkenntnisse fördert der Vergleich dennoch zutage, vor allem mit Blick auf die verschiedenen Betriebssysteme.

Zunächst einmal lässt sich festhalten, dass das Nexus 5 mit aktiver Mobilfunkverbindung trotz gleichzeitiger WLAN-Verbindung etwas mehr verbraucht als ohne SIM-Karte. Die Differenz liegt unter Android 5.1.1 bei drei Prozentpunkten nach 48 Stunden und unter Android M bei zwei Prozentpunkten nach 48 Stunden. Doze und App Standby wirken aber nach wie vor. Das Nexus 5 erreicht durch Android M im Standby eine 2,4 Mal so lange Laufzeit. Nach 72 Stunden Laufzeit stehen 55 Prozent Restkapazität mit Android 5.1.1 Lollipop 81 Prozent Restkapazität mit Android M gegenüber.

Die Behauptung, Android M hole nur das wieder heraus, was Android Lollipop nach KitKat verschlechtert habe, stimmt hingegen nicht. Unter Android 4.4.4 ist der Standby-Verbrauch des Nexus 5 in jedem Fall höher als bei Android 5.1.1 oder Android M.

Die zweite Erkenntnis ist, dass Google mit seiner Behauptung, das Nexus 9 könne mit Android M eine bis zu doppelt so lange Standby-Laufzeit vorweisen, goldrichtig liegt. Im Test wird mit 480 zu 240 Stunden sogar exakt dieser Wert erreicht.

Schweift der Blick aber rüber zu iOS, wird schnell klar, dass das iPad nach wie vor der Standby-König unter den Tablets ist. Bei vergleichbarer Nennladung des Akkus kommt das iPad Air 2 mit iOS 8.3 selbst nach drei Tagen Laufzeit noch auf eine volle Restkapazität von 100 Prozent. Unter iOS 9 Beta 1 ist das Tablet etwas schlechter gestellt. Hier steht ein Verbrauch von fünf Prozent nach 72 Stunden auf der Uhr.

Überhaupt nicht gut mit Beta-Versionen umgehen können das Nexus 6 und das iPhone 6. Sowohl unter Android M als auch iOS 9 Beta 1 kommt es auf beiden Smartphones zum frühzeitigen Ende des Tests. Das Nexus 6 hält hochgerechnet nur noch 63 statt 157 Stunden durch, das iPhone 6 sogar nur noch 19 statt 300 Stunden. Hier werden Tests mit der jeweils zweiten Vorschau des Betriebssystems zeigen müssen, welche Veränderungen sich einstellen. Am iPhone 6 mit iOS 8.3 zeigt sich aber, dass Apple schon jetzt die Standby-Werte von Android M auf dem Nexus 5 erreicht.

Für Windows Phone 8.1 lässt sich festhalten, dass die Laufzeit des Lumia 830 ziemlich genau der des Nexus 5 mit Android 5.1.1 Lollipop entspricht. Da die Akkus der beiden Smartphones sehr gut miteinander vergleichbar sind, lässt sich nicht behaupten, dass Windows Phone derzeit einen Vorteil gegenüber Android hat. Mit dem aktuellen Build von Windows 10 Mobile geht die Standby-Laufzeit um rund 14 Prozent zurück. Hier bleibt abzuwarten, ob Microsoft mit den nächsten Builds und vor allem der finalen Version im Herbst wieder auf das alte Niveau zurückkehren kann. Eine eklatante Verbesserung wie von Android Lollipop zu M ist aber nicht mehr zu erwarten.

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