Studie: Fake-News generieren mehr Aufmerksamkeit
In den Monaten vor der amerikanischen Präsidentschaftswahl haben Falschmeldungen auf Facebook mehr Aufmerksamkeit erhalten als die Meldungen der klassischen Medien. Das geht aus einer Analyse von Buzzfeed hervor, die nun erstmals anhand von konkreten Zahlen belegt, wie weit sich gefälschte Nachrichten verbreiten.
Fake-News schlagen echte Nachrichten
Demnach erreichten die 20 erfolgreichsten Fake-News in den letzten drei Monaten vor der Wahl insgesamt 8.711.000 Shares, Reaktionen und Kommentare. Die entsprechenden Meldungen stammen dabei von Seiten, die auf Fake-News spezialisiert sind, um Klicks und damit einhergehend auch Werbegelder zu generieren. Hinzu kommen aber auch noch Blogs von den politischen Rändern. In derselben Periode kamen die 20 am weitesten verbreiteten Meldungen klassischer Medien hingegen nur auf 7.367.000 Shares, Reaktionen und Kommentare.
Damit hat sich das Verhältnis im Verlauf des Wahlkampfs vollends gewandelt. Zwischen Februar und April kamen die Top-Meldungen der klassischen Medienanbieter noch auf 12 Millionen Reaktionen, zwischen Mai und Juli immerhin noch mehr als 9 Millionen. Die erfolgreichsten Fake-News erreichten in beiden Phasen hingen nur rund 3 Millionen Reaktionen.
Die erfolgreichste Falschmeldung war, dass der Papst angeblich Donald Trump unterstützt – knapp eine Millionen Reaktionen. Danach folgt noch die Meldung, dass Hillary Clinton angeblich Waffen an den IS verkauft habe. Bei den klassischen Medien erreichte die Washington Post mit 849.000 Reaktionen den ersten Rang: In der entsprechenden Meldung ging es um die Korruptionsvorwürfe gegen Clinton und Trump. Danach folgt eine Meldung von Huffington Post, die sich mit dem Hass gegen Clinton befasst.
Teilen von Inhalten ist Facebooks zentrales Element
Buzzfeed weist nochmals explizit darauf hin, dass nicht sämtliche Reaktionen erfasst werden, sondern nur die Aufmerksamkeit, die die jeweiligen Top-Meldungen erhalten haben. Dennoch geben die Zahlen einen Eindruck von dem Ausmaß des Problems. Daher erklärt auch Brendan Nyhan, der Politikwissenschaftler am Dartmouth College: „Ich bin beunruhigt, wie wenig Facebook macht, um Falschmeldungen zu bekämpfen.“
Ein Facebook-Sprecher erklärt hingegen: „Es scheint, dass die Top-Meldungen viel Zugkraft haben, allerdings sind die auch nur ein winziger Teil der Gesamtmenge“. Zumindest bei den öffentlichen Stellungnahmen ist Facebook weiterhin in der Abwehrhaltung. Noch am Wochenende erklärte der Chef Mark Zuckerberg: 99 Prozent der Inhalte auf Facebook wären authentisch. Zudem sei es eine „ziemlich verrückte Idee“, dass Falschmeldungen den Wahlausgang beeinflusst hätten.
Dass man das selbst innerhalb von Facebook anders sieht, sickerte allerdings nur wenige Tage später durch. Namentlich nicht genannte Facebook-Mitarbeiter hatten erklärt: Verrückt sei nur, wenn man leugnet, dass Falschmeldungen sich während des Wahlkampfs wie ein Buschfeuer verbreitet haben.
Die Frage ist nur, wie Facebook nun gegen entsprechende Meldungen vorgeht. Experten erwarten zunächst nicht viel. Clay Shirky, Professor für neue Medien an der New York University, erklärt gegenüber dem Guardian: Auf gar keinen Fall wolle Facebook verhindern, dass Nutzer die Inhalte „teilen, die sie teilen wollen“. Denn das ist das zentrale Element des sozialen Netzwerks, so Clay.
Google-CEO meldet sich zu Wort
Nun betrifft das Problem mit den Falschmeldungen nicht nur Facebook, sondern auch die Konkurrenz von Google und Twitter. Und zumindest Google-CEO Sundar Pichai hat sich nun im Interview mit der BBC zu Wort gemeldet. Er formulierte es zwar äußerst zurückhaltend, aber aufgrund des knappen Wahlausgangs sei es seiner Ansicht nach durchaus möglich, dass das Wahlergebnis durch Falschmeldungen beeinflusst wurde.
Google will künftig aber verhindern, dass gefälschte Meldungen in den Suchergebnissen landen. Das Problem sei allerdings komplex, eine Lösung existiere noch nicht.
Als erste Maßnahme hatten sowohl Google als auch Facebook Anfang dieser Woche angekündigt, dass auf Falschmeldungen spezialisierte Webseiten künftig aus den Werbenetzwerken der beiden Konzerne fliegen sollen. Den Anbietern will man auf diese Weise die finanzielle Grundlage entziehen.