Bundestag-Gutachten: Vorratsdatenspeicherung nicht mit EU-Recht vereinbar

Andreas Frischholz
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Bundestag-Gutachten: Vorratsdatenspeicherung nicht mit EU-Recht vereinbar

Nach zahlreichen Juristen kommt nun auch der wissenschaftliche Dienst des Bundestags in einem Gutachten zu dem Schluss, dass die aktuelle Regelung zur Vorratsdatenspeicherung nicht mehr mit dem EU-Recht vereinbar ist. Im Dezember hatte der Europäische Gerichtshof den Spielraum für nationale Gesetze deutlich eingeschränkt.

In Auftrag gegeben wurde das Gutachten von der Linken. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestags sollte prüfen, ob das im Herbst 2015 beschlossene Gesetz der Bundesregierung noch die Auflagen des Europäischen Gerichtshof (EuGH) erfüllt, die im Dezember 2016 verschärft wurden.

Aktuelle Vorratsdatenspeicherung erfüllt nicht die Auflagen des EuGH

Nun liegt das Gutachten der Mitteldeutschen Zeitung vor. Und die Antwort lautet: Nein, die aktuelle Vorratsdatenspeicherung erfüllt nicht die Auflagen des Europäischen Gerichtshofs. Das zentrale Problem ist, dass Verkehrs- und Standortdaten laut dem deutschen Gesetz ohne Anlass gesammelt werden. Das widerspricht aber dem EU-Recht, denn die Vorgaben besagen, dass die „Speicherung von Vorratsdaten nur bei Vorliegen des Verdachts einer schweren Straftat zulässig ist“.

Will die Bundesregierung also eine Vorratsdatenspeicherung rechtlich vorschreiben, müsse die „auf geografisch eingegrenzte Gebiete beschränkt bleiben“, heißt es in dem Gutachten. Ebenso sind Ausnahmen für Berufsgeheimnisträger erforderlich.

Forderung: Aktuelle Vorratsdatenspeicherung zurücknehmen

Die Linke fordert, dass die Bundesregierung jetzt handeln soll. Jan Korte, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Linken, erklärt in der Mitteldeutschen Zeitung: Das deutsche Gesetz verstößt gegen Grundrechte und „würde daher vor Gericht so keinen Bestand haben“. Deswegen müsse die aktuelle Vorratsdatenspeicherung vorerst gestoppt werden, auch um den Providern die Kosten zu ersparen, die für Investitionen in die Speicher-Infrastruktur nötig wären.

Denn bis zum finalen Start der Datenspeicherung haben die Provider noch eine Frist bis zum Juli dieses Jahres, um die Infrastruktur aufzubauen. Aufgrund der Anforderungen der Bundesnetzagentur ist das aber nicht billig.

Alternativen zum Status Quo

Dass die allgemeine Vorratsdatenspeicherung – und damit auch das deutsche Gesetz – nicht mehr mit den EU-Recht vereinbar ist, erklären Juristen bereits seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Dezember. Vertreter der Bundesregierung halten sich aber nach wie vor bedeckt, offenbar will man die Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht abwarten, die ohnehin schon laufen.

Derweil stellt sich aber schon die Frage, wie Alternativen aussehen können. Denn der Europäische Gerichtshof hat lediglich einer allgemeinen Vorratsdatenspeicherung eine Absage erteilt, gezielte Datenerfassung ist möglich, wenn bestimmte Auflagen eingehalten werden. Beschränkt werden müssen demnach etwa die von der Überwachung betroffenen Personen, die Speicherdauer der Daten sowie die Kommunikationsmittel. Zudem muss ein konkreter Verdacht vorliegen. Denkbar wären künftig also noch Maßnahmen wie das Quick-Freeze-Verfahren.