Gearbox: Partnerschaft mit G2A angekündigt und aufgelöst

Update Max Doll
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Gearbox: Partnerschaft mit G2A angekündigt und aufgelöst
Bild: Gearbox

Mit einer rapiden Kehrtwende hat Gearbox auf die Kritik an der am Anfang der Woche angekündigten Partnerschaft mit dem Keyseller G2A reagiert. Eigentlich sollte das Unternehmen eine Sonderversion der HD-Neuauflage „Full Clip Edition“ des Ego-Shooters Bulletstorm vertreiben.

G2A wird seit längerer Zeit vorgeworfen, auch Aktivierungsschlüssel von Spielen zu verkaufen oder den Verkauf solcher Schlüssel über den eigenen Marktplatz zu dulden, die mit gestohlenen Kreditkarten erworben wurden. Daraus erwächst sich vor allem für Indie-Studios, die ihre Spiele auch über ihre Homepages verkaufen, ein Problem: Sie setzen Titel ab, für die sie nicht bezahlt werden und profitieren nicht von ihrem Verkaufserfolg.

G2A profitiert vom Betrug

Dem Händler wird jedoch nicht nur vorgeworfen, vom Verkauf dieser Aktivierungsschlüssel zu profitieren, sondern aus illegalen Praktiken im Allgemeinen Nutzen zu ziehen: Der Shop bietet Endkunden und Entwicklern kostenpflichtige Versicherungen und Programme gegen Betrug an – die Absicherung gegen negative Folgen betrügerischer Tätigkeiten lässt sich G2A also vergüten. Dies sei effektiv „Schutzgelderpressung“, urteilt etwa John Bain (TotalBiscuit), weil G2A nicht gegen Ursachen vorgehe, aber am Kurieren von Symptomen verdienen wolle. Dies seien keine Praktiken einer seriösen Plattform.

Am zweifelhaften Ruf der Plattform hat sich allen Beteuerungen und Programmen, mit denen sich das Unternehmen mehr Seriosität verleihen wollte, in den vergangenen Monaten nichts geändert.

Laute Kritik, prompte Reaktion

Bain verlieh mit seinen Äußerungen der Meinung vieler Nutzer gebührenden Ausdruck und kündigte öffentlichkeitswirksam an, aufgrund der Geschäftspraktiken von G2A keine Spiele von Gearbox mehr auf seinem YouTube-Kanal zu zeigen, woraufhin Gearbox das Gespräch suchte. Darauf folgte ein konstruktives Gespräch, das nach Darstellung von Bain im Endeffekt einer Aufklärung über die Praktiken von G2A und die daraus erwachsenden Probleme für die Spieleindustries als Ganzes gleichkam. Die Dokumentation dieser Aspekte belegte Bain mit Links, die auch unter dem entsprechenden YouTube-Video zu finden sind.

Gearbox zog daraus Konsequenzen: G2A wurden vier Forderungen präsentiert, deren Erfüllung vor der Veröffentlichung der Full Clip Edition von Bulletstorm zugesagt werden sollte. Erstens soll G2A Shield, mit dem sich Endkunden gegen Betrug versichern können, kostenlos werden. Zertifizierten Entwicklern und Publishern muss zweitens darüber hinaus eine kostenlose Möglichkeit zur Verfügung gestellt werden, nach in betrügerischer Weise erlangten Aktivierungsschlüsseln zu suchen und sie zum Entfernen vorzumerken.

Nicht-Zertifizierte Entwickler und Publisher sollen drittens gemäß den Wünschen von Gearbox nur eine begrenztes Handelsvolumen abwickeln dürfen. Auch hier steht der Gedanke im Hintergrund, Betrügern das Leben schwer zu machen, weil selbst ein neues, noch sauberes Nutzerkonto nicht dazu genutzt werden kann, „große Mengen gestohlener Güter“ in Umlauf zu bringen, so Gearbox. Viertens verlangt das Unternehmen nach einer einfach zu verstehenden Zahlungsstruktur ohne versteckte Kosten – wie in andere Marktplätzen.

Forderungen als Ultimatum

Verbunden wurde die Forderung mit der Drohung, die Partnerschaft ansonsten zu beenden, bevor sie wirklich begonnen hat. Reagiert hat G2A allerdings nicht auf das Ultimatum. Dass es sich um keine leere Drohung handelt, bestätigte ein Sprecher von Gearbox gegenüber Waypoint: Die Partnerschaft werde derzeit abgewickelt – ein Signal auch für die Branche, weil es G2A Legitimität entzieht.

Gearbox-CEO Randy Pitchfort unterstrich auf Twitter, dass der Publishing-Arm des Unternehmens so entwicklerfreundlich wie möglich sein solle, die Partnerschaft sei jedoch noch von den Entwicklern des Spiels, People Can Fly, angebahnt worden. Warum Gearbox potentielle Geschäftspartner nicht näher unter die Lupe nimmt, bleibt unklar. G2A selbst ließ gegenüber der Seite verlauten, dass sich das Unternehmen in Gesprächen mit dem Publisher befinde, gab jedoch nicht an, mit welchem Ziel oder potentiellen Ergebnis. Zumindest für Bulletstorm hat sich eine etwaige Partnerschaft aber in Luft aufgelöst.

Bulletstorm: Full Clip Edition wird seit dem 7. April für Windows-PCs auf Steam sowie für die Xbox One und die PlayStation 4 im Handel angeboten. Erstmals ist das Spiel auch in Deutschland unzensiert, wenngleich ohne Jugendfreigabe, erhältlich.

Update

Am Wochenende hat G2A eine Stellungnahme zu den erhobenen Vorwürfen und dem Ultimatum veröffentlicht. Darin weist das Unternehmen beides zurück, John Bain und Gearbox hätten vorschnell und ohne Kenntnisse aller Fakten gehandelt. Tatsächlich seien die Forderungen des Publishers „seit langem Teil unseres Marktplatzes“, so G2A, das Ultimatum würde damit „vollständig unnötig“.

We do everything in our power to uphold the best possible relationships with developers and ensure the highest standards in the fight against dishonest sellers.

G2A

Käuferschutz auch ohne Shield-Abo

Käuferschutz gebe es auch ohne den Kauf des Shield-Services. Trete ein Problem – das Unternehmen spricht von „sehr seltenen Fällen“ – mit dem Aktivierungsschlüssel auf, könne sich ein Nutzer zunächst an den Händler wenden und eine Erstattung oder einen neuen Schlüssel anfragen. Helfe das nicht, stehe der Kundenservice von G2A zur Verfügung. Das hauseigene „Resolution Center“ nehme dann Kontakt mit dem Verkäufer auf und tue alles in seiner Macht stehende, um „für beide Parteien eine zufriedenstellende Lösung zu finden“. Dies geschehe normalerweise innerhalb weniger Stunden.

Shield nennt G2A lediglich eine Komfortoption. Gebe es ein Problem, stehe ein Live-Chat zur Verfügung, dessen Nutzung „sehr wahrscheinlich“ innerhalb von wenigen Minuten zu einer Erstattung des Kaufpreises führe. Alles weitere kläre G2A mit dem Verkäufer. Außerdem biete der Dienst 10 Prozent Cashback auf Käufe, wer alle paar Monate ein Spiel erwerbe, habe den Kaufpreis bereits wieder eingespielt, argumentiert das Unternehmen, das zugleich „viele neue Lösungen“ und Verbesserungen für die kommenden Monate ankündigt.

Transparenz

Den Vorwurf mangelnder Transparenz weist G2A ebenfalls zurück. Alle Kosten und Gebühren würden klar und deutlich beschrieben. Steuern berechne die Seite in Abhängigkeit des Herkunftslandes des Käufers, die Gebühren für die Zahlungsmethode hängen von der Wahl der Zahlungsmethode ab und seien diejenigen des gewählten Anbieters. Auch darauf würden Kunden „deutlich informiert“. Auch hier betont das Unternehmen, „dauerhaft“ an Verbesserungen des Marktplatzes zu arbeiten. Solche Verbesserungen würden derzeit getestet und sollen „bald“ implementiert werden.

Datenbank-Zugang für Entwickler

Von „größter Wichtigkeit“ ist es für G2A sicherzustellen, dass nur legal erworbene Aktivierungsschlüssel verkauft würden. Unter Betrug leiden Marktplatz und Unternehmen, da G2A Käufer selbst anderthalb Jahre nach dem Kauf „aus eigener Tasche“ entschädigen würde, obwohl es keinerlei rechtliche Grundlage dafür gebe. Tatsächlich behauptet G2A, dass die Betrugsraten im eigenen Marktplatz „eine der niedrigsten in der gesamten Branche“ seien.

Das eigentliche Problem sieht das Unternehmen an anderer Stelle: Einige Entwickler hätten ein Problem damit, dass ihre Spiele im eigenen Marktplatz zu kaufen wären und würden deshalb auf „grundlose und unbewiesene Anschuldigungen“ zurückgreifen.

Dass Entwickler dabei keinen Zugriff auf Datenbanken erhalten, hat laut G2A einen einfachen Grund: Manche Entwickler würden versuchen, den Markt zu kontrollieren und den Weiterverkauf ihrer Schlüssel zu unterbinden, die beispielsweise als Teil von Bundles ausgegeben wurden. Deswegen werde weder unbegrenzter Zugriff auf die Datenbanken noch die Möglichkeit zum Löschen von Schlüsseln gewährt. Zumindest letzterer Punkt war von Gearbox allerdings nicht gefordert worden.

Jeder Entwickler kann Missbrauch melden

Um solchem Missbrauch vorzubeugen, dürften nur Entwickler, die ein Abkommen mit G2A unterzeichnen (Direct-Programm), auf die Datenbank des Marktplatzes zugreifen – es handle sich um eine Schutzfunktion, die ehrlichen Verkäufern und dem Markt insgesamt zu Gute komme, so die Argumentation. In Anbieter, die Teil des Direct-Programms seien, habe G2A hingegen uneingeschränktes Vertrauen

Aber auch unabhängig davon „kooperiert G2A gegenwärtig mit allen interessierten Entwicklern um sicherzustellen, dass nur legal erworbene Schlüssel verkauft werden“. Nach Darstellung des Unternehmens müssen Studios lediglich nachweisen, dass ein Schlüssel illegal in den Verkauf gelangt ist, etwa durch einen Nachweis einer Bank. Die betroffenen Kopien würden dann entfernt und Informationen über die Verkäufer an Behörden weitergeleitet.

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