Radeon Vega Frontier Edition: Einordnung der Spekulationen zur Spiele-Performance

Wolfgang Andermahr
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Radeon Vega Frontier Edition: Einordnung der Spekulationen zur Spiele-Performance
Bild: klaudiuszkaczmarzyk

AMD hat die Radeon Vega Frontier Edition mit der neuen Vega-GPU veröffentlicht. Sie richtet sich nicht an Spieler sondern Prosumer, AMD nennt Spieleentwickler als Beispiel. Die sollen mit der Grafikkarte auch spielen können. Jetzt gibt es erste Spiele-Benchmarks im Netz – mit durchwachsenem Ergebnis. Wie sind sie einzuordnen?

Bisher nur Benchmarks ohne Standard

AMD hat im Vorfeld der Markteinführung der Frontier Edition keine Muster verteilt, der Auftritt bei PCWorld am Montag war die einzige PR-Maßnahme. Benchmarks der Grafikkarte sind deshalb noch rar gesät und stammen aus dem privaten Umfeld.

Ein Käufer der Radeon Vega Frontier Edition hat Benchmarks im 3DMark FireStrike sowie in The Witcher 3 erstellt, auf einem System mit älterem Haswell-Prozessor und mit nach eigenen Angaben wenig Kenntnis von der Materie. Beide Ergebnisse deuten vorerst darauf hin, dass die Performance der „Prosumer“-Grafikkarte in den zwei Programmen zwischen der einer GeForce GTX 1070 und einer leicht übertakteten GeForce GTX 1080 liegt – und damit nicht dort, wo Vega als High-End-Grafikkarte eigentlich landen muss.

Wie sind die Ergebnisse zu deuten?

Die Einordnung der Ergebnisse ist allerdings schwer. Der 3DMark-Testlauf ist zwar grundsätzlich vergleichbar, den Benchmark im Spiel versuchen Nutzer weltweit allerdings derzeit mit anderen Grafikkarten überhaupt erst einmal nachzustellen. Doch selbst wenn durch weitere Benchmarks der Frontier Edition Klarheit über deren aktuelle Leistung in Spielen geschaffen werden sollte, bleibt die Frage: Was hat das für die Radeon RX Vega für Spieler, die für Ende Juli erwartet wird, zu bedeuten? Eine Möglichkeit ist, dass Vega in Spielen tatsächlich nicht schneller ist. Aber es gibt auch Alternativen, die aktuell nicht ausgeschlossen werden können.

Vega für Spieler soll (in Spielen) schneller sein

So hat Raja Koduri, Chef der Radeon Technologies Group, mehrfach davon gesprochen, dass die Radeon RX Vega in Spielen schneller sein soll als die Radeon Vega Frontier Edition. Die maximal mögliche Taktrate der Frontier Edition hat er damit vermutlich nicht gemeint. Denn 1.600 MHz scheint allen derzeitigen Informationen zur Folge generell das Maximum für die Vega-10-GPU zu sein.

Die Radeon Vega Frontier Edition taktet bei dem Nutzer in Spielen aufgrund des gesetzten Power Targets allerdings herunter, AMD selbst gibt 1.382 MHz als typischen Takt an. Möglicherweise deutet Koduri also an, dass die Radeon RX Vega ein höheres Power Target hat und entsprechend näher an den 1.600 MHz arbeitet, während die Radeon Vega Frontier Edition mit etwa 1.350 MHz in 3D-Titeln ohne Modifizierungen läuft. Da die vom Nutzer erstellten Benchmarks nach eigenen Aussagen bereits mit modifiziertem Power Target durchgeführt worden sind, wäre dies jedoch immer noch keine gute Nachricht.

Inwiefern ist der Frontier-Edition-Treiber für Spiele optimiert?

Nun gibt es noch eine weitere Möglichkeit: den Treiber. Der mit der Radeon Vega Frontier Edition genutzte Treiber ermöglicht einen Wechsel zwischen Profi- und Spiele-Modus per Software-Schalter. Im Moment macht es den Anschein, als würde dieser jedoch in erster Linie oder gar ausschließlich das Power-Target und die Lüfterkurve verändern.

Und so bleibt offen, in wie weit der „Prosumer-Treiber“ überhaupt sämtliche Spieleoptimierungen für Vega enthält. Denn es handelt sich um eine stark überarbeitete Architektur, sodass ein Großteil der alten Optimierungen in den bisherigen Radeon-Treibern nicht mehr funktionieren und neu entwickelt werden dürften. Gerüchten zufolge ist das ein wesentlicher Grund für die Verzögerungen bei Vega.

Eine weitere Frage: Laufen alle neuen Hardware-Features schon?

Darüber hinaus stellt sich die Frage, in wie weit die neuen Hardware-Features von Vega in Spielen überhaupt schon aktiviert sind. So ist es zum Beispiel möglich, dass der Draw Stream Binning Rasterizer – und damit einer der wichtigsten Änderungen in Vega – noch gar nicht genutzt wird. Einen Fallback-Modus auf die alte Methode muss es geben, denn nicht in allen Spielen funktioniert die neue Technik. Möglicherweise kommt er aktuell noch immer zum Einsatz, oder zumindest in den genutzten Programmen. Für diese Theorie spricht, dass die bisherigen Benchmarks eher einer auf 1,6 GHz übertakteten Fiji-GPU entsprechen – und ohne Optimierungen an der Architektur lässt sich Vega theoretisch auf dieselben 4.096 Shader reduzieren.

Zu guter Letzt sollte man nicht vergessen, dass auf der Radeon Vega Frontier Edition die ECC-Speicherkorrektur aktiviert ist, die auf der Radeon RX Vega nicht genutzt werden wird. Diese erhöht die Latenz und kostet etwas Leistung. Wie viel genau? Auch das bleibt unbekannt.

Wirkliche Gewissheit wird es erst mit der Radeon RX Vega geben

Derzeit heißt es, Spiele-Benchmark-Ergebnisse der Radeon Vega Frontier Edition bis zum Erscheinen der Radeon RX Vega mit einer großen Portion Vorsicht zu genießen, gleichzeitig aber die in Vega gesetzten Erwartungen zu dämpfen – auch AMDs Umgang mit dem Thema Spieleleistung von Vega gebietet das. In rund einem Monat sollten aber endlich alle Fragen geklärt sein.