Offene CPU-Architektur: ARMs FUD-Kampagne gegen RISC-V zurückgezogen

Update Volker Rißka
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Offene CPU-Architektur: ARMs FUD-Kampagne gegen RISC-V zurückgezogen
Bild: Western Digital

Microsofts Hetzkampage gegen Linux zur Jahrtausendwende zeigte den Kampf von David gegen Goliath in der Softwaresparte. ARM, als Platzhirsch für SoCs fast aller Art, schießt ab sofort gegen einen kleinen und aufstrebenden Mitbewerber mittels FUD-Kampagne: RISC-V.

Goliath ARM gegen David RISC-V

RISC-V ist so etwas wie das Linux unter den Prozessorarchitekturen. Es ist frei, offen und lässt sich schnell erweitern. Bereits dies dürfte ein Dorn im Auge von ARM sein, deren Geschäftsmodell zum größten Teil auf Lizenzeinnahmen ihres geschlossenen System basiert – und folglich direkt auf Punkt 1 der „Analysen“ von ARM gegenüber RISC-V steht.

Denn die erst seit wenigen Jahren in der Entwicklung begriffene offene Befehlssatzarchitektur RISC-V findet Jahr für Jahr deutlich mehr Akzeptanz und auch Unterstützer. Der medial größte Auftritt bisher ist Western Digitals (teilweiser) Abgang von ARM-Kernen hin zu RISC-V in einer Größenordnung von zu Beginn einer und später bis zu zwei Milliarden möglichen CPU-Kernen pro Jahr. Dies ließ ARM aufhorchen. Passend dazu sollen die ersten 64-Bit-Prozessoren auf Basis von RISC-V in diesen Tagen auf Entwicklerplatinen verfügbar werden.

Mit dabei ist dann auch die Unterstützung für Linux, Unix und FreeBSD – und das Ökosystem, welches ARM im Punkt 2 kritisiert, wächst stetig weiter. Zumal ARM auch selbst nicht vor Herausforderungen dieser Art gefeit ist: Im Server-Umfeld macht ausgerechnet die mangelhafte Software und das Ökosystem drumherum dem Vorhaben, den Kampf gegen x86 aufzunehmen, einen Strich durch die Rechnung.

ARMs Sicht auf RISC-V
ARMs Sicht auf RISC-V (Bild: ARM)

Viele Parallelen zu Microsofts Kampagne

Wenngleich ARM einige Punkte anspricht, die in Zukunft auf dem Programm der Unterstützer stehen müssen und wie dem Punkt 4 Sicherheit mit der in der letzten Woche neu gegründeten Security Standing Committee begegnet wird, erinnert die Kampagne an den früheren Microsoft-Feldzug gegen Linux. Zumal ARM vor Sicherheitslücken auch nicht gefeilt ist: Spectre und Meltdown sind auch bei ARM ein Thema, bei RISC-V hingegen nicht.

Punkt 3 mit der Fragmentierung der Software durch die unzähligen Anpassungsmöglichkeiten wirkt nahezu identisch. Einer der Höhepunkte der Microsoft-Linux-Auseinandersetzung war seinerzeit, als Microsoft-Chef Steve Ballmer erst behauptete „Linux is communism“ und später „Linux is a cancer“ von sich gab. 15 Jahre später gab er zu Protokoll, dass er Linux nun anders sehe: I may have called Linux a cancer but now I love it.

Update

Die negative Berichterstattung hat ARM dazu gebracht, die Webseite offline zu nehmen. Wie The Register berichtet, hätten selbst eigene Angestellte gegen die Aktion gestimmt. Denn am Ende trat genau das ein, was bereits der Co-Founder von GNOME und Xamarin, Miguel de Icaza, am Montag erklärte:

Our intention in creating a webpage to offer key considerations around commercial RISC-V based products was to inform a lively industry debate. Regretfully, the result was something different, a page that wasn’t in line with Arm’s collaborative culture, so we’ve taken it down. Indeed, many of our own people also told us they didn’t like it.

One thing to clear up immediately is we absolutely did not want to give the impression we were attacking open source as we are highly committed supporters of open source communities in many different areas. Our intention is to cultivate a healthy discussion around architectural choices as it is one of many subjects critical to our industry’s future.

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