Mercedes-Benz: MBUX 2.0 der neuen S‑Klasse mit Volta im Detail vorgestellt

Nicolas La Rocco
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Mercedes-Benz: MBUX 2.0 der neuen S‑Klasse mit Volta im Detail vorgestellt
Bild: Mercedes-Benz

tl;dr: Die Premiere der neuen S-Klasse ist für September angesetzt. Heute zeigt Mercedes-Benz die zweite Generation von MBUX auf einem 12,8 Zoll großen Display in der Mittelkonsole. Vor dem Fahrer sitzt ein 3D-Display und auf die Scheibe wird das AR-HUD projiziert. Zahlreiche Sensoren sollen die Bedienung vereinfachen.

12,8 Zoll großes OLED-Display im Hochformat

Die zweite Generation MBUX folgt auf das 2018 mit der A-Klasse (Test) eingeführte und seitdem in weiteren Baureihen angebotene erste MBUX. Im Mittelpunkt der Ankündigung steht das große, wenngleich optionale Display der überarbeiteten Mittelkonsole. Es ist 12,8 Zoll groß, arbeitet mit 1.888 × 1.728 Pixeln und kann optional mit einem OLED-Panel und haptischem Feedback bestellt werden. Wie Auto Motor und Sport berichtet, ist das Basismodell der S-Klasse mit einem 11,9 Zoll großen LCD-Panel ausgestattet.

3D-Fahrer-Display mit Autostereoskopie

Das Fahrer-Display als vollständig digitales Kombi-Instrument lässt sich optional in einer 3D-Variante mit Autostereoskopie ordern. Mercedes-Benz kombiniert ein LCD-Panel mit spezieller Pixelstruktur und eine steuerbare LCD-Streifenmaske. Die räumliche Tiefe wird über den Blick auf unterschiedliche Pixel mit dem linken und rechten Auge realisiert. Die Maske arbeitet adaptiv und die Augenposition des Beobachters wird über ein in den Bildschirm integriertes Stereokamerasystem bestimmt. Für das Fahrer-Display und das zentrale Media-Display stehen insgesamt vier Anzeigestile („Dezent“, „Sportlich“, „Exklusiv“, „Klassisch“) und drei Modi (Navigation, Assistenz, Service) zur Auswahl.

AR-Head-up-Display nutzt Mikrospiegel-Array

In die Windschutzscheibe wird eine neue Generation Head-up-Display projiziert. Zur Auswahl werden zwei optionale Varianten stehen, davon ein größeres Modell mit einem Öffnungswinkel von 10 Grad horizontal und 5 Grad vertikal, das in einer visuell wahrgenommenen Entfernung von 10 Metern vor dem Auto eine Anzeigefläche darstellt, die einem Bildschirm mit einer Diagonale von 77 Zoll entsprechen soll.

Neben statischen Anzeigen gibt es ein Augmented-Reality-Overlay für Fahrassistenzsysteme und Navigationsinformationen. Dazu zählen Informationen zum Abstands-Assistenten sowie animierte Abbiegepfeile, die spurgenau auf die Fahrbahn projiziert werden. Für die Projektion kommt erstmals ein Mikrospiegel-Array (DMD, „Digital Mirror Device“) von Texas Instruments zum Einsatz, das 1,3 Millionen Einzelspiegel nutzt, die von der Lichtquelle angeleuchtet werden.

Head-up-Display mit AR-Overlay (Bild: Mercedes-Benz)

Drei Bildschirme für die Fondpassagiere

Im Fond des Fahrzeugs soll das gleiche Infotainment- und Komfort-Angebot wie für den Fahrer und Beifahrer zur Verfügung stehen. Mit bis zu drei weiteren Bildschirmen für die hinteren Fahrzeuginsassen kann die neue S-Klasse bestellt werden. Inhalte sollen sich schnell von einem Display auf ein anderes oder alle teilen lassen. Auch Auswahl und Modifizierung von Navigationszielen sind von den Rücksitzen aus möglich. Mercedes-Benz hat China und die USA als Hauptmärkte für die neue S-Klasse der Baureihe 223 auserkoren, wo „die Chefs oft hinten sitzen“, sagt der Hersteller.

Nvidia Xavier ist 50 Prozent schneller

Bevor auf einzelne MBUX-Funktionen eingegangen wird, gilt es einen Blick auf die Hardware hinter dem neuen System zu werfen. Der Zulieferer ist wie vor zwei Jahren Nvidia, wenngleich ein neues, deutlich schnelleres Xavier-SoC in der S-Klasse verbaut wird, wie der Hersteller auf Nachfrage von ComputerBase bestätigte. Bei der ersten Generation kamen je nach Ausstattung Nvidia-SoCs unter der Bezeichnung „Reilly PX“ und „Parker 128“ zum Einsatz, die dem Jetson TX2 mit Tegra X2 ähnelten. Eine Hexa-Core-CPU mit zwei Denver-2- und vier Cortex-A57-Kernen, Pascal-GPUs mit 128 oder 256 CUDA-Kernen und 8 GB RAM werden seit 2018 in der A-Klasse verbaut.

Sechs Carmel-Kerne für die CPU

Alle von Nvidia angebotenen Xavier-SoCs werden bei TSMC in 12 nm (12FFN) gefertigt. In der neuen S-Klasse wirbt Mercedes-Benz mit einer 50 Prozent höheren Gesamtleistung von CPU und GPU im Vergleich zur bisherigen MBUX-Generation. Im Detail nutzt die ARMv8.2-A-CPU sechs von Nvidia eigens entwickelte Carmel- statt der zwei älteren Denver-2- und vier Cortex-A57-Kerne bei Tegra X2. Die Rechenleistung steigt durch diese Maßnahme von 59.300 DMIPS auf 94.600 DMIPS.

Volta-GPU mit 384 CUDA-Cores

Für die GPU der neuen Plattform, die bei Xavier auf der Volta- statt Pascal-Architektur basiert, wird eine Leistung von 691 GFLOPS angegeben – bisher waren es 500 GFLOPS. Mercedes-Benz nutzt eine Ausbaustufe mit drei „Texture Processing Clusters“ (TPC) und somit sechs Streaming-Multiprocessors (SM), sodass 384 CUDA-Cores zur Verfügung stehen. Der Maximalausbau des Xavier-SoCs kommt auf acht Carmel-Kerne und eine 4-TPC-GPU mit 512 CUDA-Cores.

Mehr RAM und SSD statt HDD

Den LPDDR4-RAM hat Mercedes-Benz von bisher 8 GB auf 16 GB verdoppelt und bindet diesen mit einer Speicherbandbreite von 41.790 MB/s an das SoC an. Die integrierte SSD bietet 320 GB, HDDs kommen nicht mehr zum Einsatz.

Die Hardware hinter der 2. Generation MBUX
Die Hardware hinter der 2. Generation MBUX (Bild: Mercedes-Benz)

Mercedes-Benz verbannt 27 Schalter aus dem Interieur

Für Mercedes-Benz stehen allerdings weniger einzelne Aspekte des neuen Systems im Fokus, sondern die Verknüpfung der verschiedenen Funktionen über zahlreiche Sensoren und eine intelligente Bedienung, die aus Touch, Sprache, Gesten und neuerdings auch der Blicksteuerung besteht. Kernfunktionen wie die Steuerung der Scheibenwischer, Klimatisierung, Fahrprogramme oder Lautstärke bleiben zudem direkt erreichbar. Die Temperatur lässt sich über ein permanent am unteren Rand des Media-Displays dargestelltes Menü steuern. Insgesamt hat Mercedes-Benz im Vergleich zur aktuellen S-Klasse 27 mechanische Schalter aus dem Interieur verbannt.

Bedienkonzept im Überblick
Bedienkonzept im Überblick (Bild: Mercedes-Benz)

Interieur-Assistent reagiert auf Blickrichtung

Neu ist der Interieur-Assistent, der mit Kameras in der Dachbedieneinheit und lernenden Algorithmen Kopfrichtung, Handbewegungen und Körpersprache interpretiert und mit entsprechenden Fahrzeugfunktionen reagieren soll. Ein Blick über die Schulter in Richtung Heckscheibe öffnet zum Beispiel das Sonnenrollo. Sucht der Fahrer im Dunkeln etwas auf dem Beifahrersitz, schaltet sich das Licht ein. Für das Verstellen des Außenspiegels reicht künftig ein Blick in dessen Richtung. Das Schiebedach der neuen S-Klasse lässt sich berührungslos mit einer Handbewegung öffnen. Und mit der Favoriten-Pose (Victory-Zeichen) ist es möglich, bevorzugte Funktionen des MBUX abzurufen, wobei Fahrer und Passagiere persönliche Favoriten mit dem System verknüpfen können. Der Interieur-Assistent deckt auch den Bereich Sicherheit ab und überprüft zum Beispiel, ob ein Kindersitz auf dem Beifahrersitz angeschnallt ist.

Sprachbedienung für das Smart Home

Die Sprachbedienung über den Assistenten „Hey Mercedes“ ist in der S-Klasse in 27 Sprachen möglich. Selbst ohne diesen Sprachbefehl sollen Anfragen wie „Mir ist kalt“ oder „Temperatur auf 24 Grad“ zum gewünschten Ziel führen. Auch Telefonanrufe und das Anzeigen der Navigationskarte sollen ohne den expliziten Sprachbefehl durchgeführt werden können. Der Assistent erklärt in der neuen S-Klasse, wo der Verbandskasten verstaut ist oder wie sich ein Smartphone per Bluetooth koppeln lässt. Die Sprachsteuerung umfasst zudem die Bedienung von Komfortfunktionen wie Sitzheizung oder Massage. Haustechnik und Haushaltsgeräte lassen sich dank einer Smart-Home-Funktion mit dem Fahrzeug vernetzen und ebenso per Sprache steuern. „Hey Mercedes“ lässt sich vom Fond aus bedienen, eine blinkende Ambientebeleuchtung verdeutlicht den aktuellen Sprecher.

Die Software-Modelle auf dem Server von Mercedes-Benz sollen mit der Zeit neue Modewörter oder einen geänderten Sprachgebrauch lernen. Außerdem sollen variierende Dialogausgaben natürlichere Konversationen im Vergleich zu den immer selben, stereotypen Antworten ermöglichen. Die Auswertung von Sprachbefehlen findet im Auto und auf Servern von Mercedes-Benz statt, sodass auch ohne Mobilfunkempfang noch (potenziell eingeschränkte) Antworten und weitere Reaktionen möglich sind.

Biometrische Authentifizierung für Mercedes me

Im MBUX der zweiten Generation können bis zu sieben Nutzerprofile hinterlegt werden. Die Verbindung zum eigenen Mercedes-me-Profil erfolgt über das Scannen eines QR-Codes mit dem Android- oder iOS-Smartphone und der Mercedes-me-App. Durch das Speichern der Profile in der Cloud sollen diese in weiteren Fahrzeugen von Mercedes-Benz genutzt werden können, sofern sie ebenfalls mit der neuen MBUX-Generation ausgestattet sind. Die Authentifizierung im Fahrzeug ist klassisch über eine PIN möglich, in der neuen S-Klasse stehen aber auch Fingerabdruck, Gesichts- und Spracherkennung zur Verfügung. Dafür kommen zum Beispiel die Kameras im optionalen 3D-Fahrer-Display zum Einsatz. Der Fingerabdrucksensor sitzt unterhalb des Media-Displays neben anderen wichtigen Basisfunktionen. Über die biometrische Authentifizierung können individuelle Einstellungen abgerufen werden, sie dient aber auch der Absicherung digitaler Bezahlvorgänge aus dem Fahrzeug heraus.

Biometrische Authentifizierung im Überblick
Biometrische Authentifizierung im Überblick (Bild: Mercedes-Benz)

Weitere Details zur neuen S-Klasse im Juli und August

Nachdem heute der Fokus auf dem neuen MBUX liegt, ist für Ende Juli die Vorstellung der Fahrerassistenzsysteme mit Fokus auf Sicherheit und Fahrkomfort geplant. Mitte August soll der Komfort des neuen Innenraums der S-Klasse gezeigt werden.

ComputerBase hat Informationen zu diesem Artikel von Mercedes-Benz unter NDA erhalten. Die einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungszeitpunkt.

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