Mit Luft und Wasser: Sechs CPU-Kühler auf Ryzen 1000 & 5000 im Vergleich
Zuletzt wurden CPU-Kühler von ComputerBase auf einem AMD Ryzen 7 1700X getestet. Ab jetzt erfolgen Tests auf einem Ryzen 9 5950X. Für den Einstand müssen sich sechs bekannte Kühler auf dem neuen Testsystem beweisen. Der Vergleich zum alten Testsystem zeigt, dass es dabei je nach Sichtweise Gewinner oder Verlierer gibt.
Kühler-Anforderungen: Zen 1 und Zen 3 im Vergleich
AMD ist im Jahr 2017 mit seiner damals brandneuen CPU-Serie Ryzen (Test) aus der Versenkung wieder aufgetaucht und war auf einmal wieder konkurrenzfähig zum ewigen Kontrahenten Intel. Das war Anlass genug, um das Testsystem für CPU-Kühler von einem Intel-Prozessor auf eine AMD-CPU umzurüsten. Vier Jahre später hat dieses Testsystem allerdings ausgedient: Der Ryzen 7 1700X wird durch einen aktuellen Prozessor ersetzt.
Das neue Testsystem
Als Ersatz dient das aktuelle AM4-Flaggschiff von AMD. Der Ryzen 9 5950X (Test) mit seinen 16 Kernen bietet hervorragende Anwendungs- und Spieleleistungen. Im Vergleich mit einem 5800X (Test) zeigt er außerdem, dass er für einen Kühlervergleich ein geeigneter Kandidat ist. Er erzeugt eine ansehnliche Verlustleistung, ohne dass dabei die Temperaturen sofort durch die Decke schießen. So kann ein sinnvoller Vergleich über verschiedene Kühlerklassen gezogen werden. Eine CPU mit zu wenig Verlustleistung würde die Kühler nicht ausreichend fordern, wohingegen ein Prozessor mit ab Werk sehr hohen Temperaturen keinen sinnvollen Vergleich zwischen schwächeren und stärkeren Kühlern erlaubt, weil die kleineren Exemplare zu früh schon ausscheiden.
Um Tests im neuen System eine sinnvolle Einordnung zu erlauben, müssen zunächst einige Kühler als Referenzmodelle nachgetestet werden. Diese stellen anschließend eine Grundlage dar, mit der neue Kühler verglichen werden können. Alle Kühler können aus zeitlichen Gründen nicht nachgetestet werden, weshalb auf eine kleinere, aber möglichst aussagekräftige Auswahl zurückgegriffen wird. Die folgenden Modelle kommen dabei zum Einsatz.
Bezeichnung | Typ | Preis | Kaufen |
---|---|---|---|
Arctic Freezer 34 eSports (Test) | Single Tower mit einem 120-mm-Lüfter | 28 Euro | Bestpreis* |
Deepcool AS500 (Test) | Single Tower mit einem 140-mm-Lüfter | 60 Euro | Bestpreis* |
Noctua NH-D15 | Dual Tower mit zwei 140-mm-Lüftern | 85 Euro | Bestpreis* |
Scythe Fuma 2 (Test) | Dual Tower mit zwei 120-mm-Lüftern | 53 Euro | Bestpreis* |
Corsair iCUE H150i Elite Capellix (Test) | AiO-Wasserkühlung mit 360-mm-Radiator | 180 Euro | Bestpreis* |
NZXT Kraken Z63 (Test) | AiO-Wasserkühlung mit 280-mm-Radiator | 226 Euro | Bestpreis* |
Preise Stand 25.05.2021 |
Das Konzept hinter den Kühlertests
Das Prozedere für Kühlertests wird grundsätzlich beibehalten, nur ändert sich die Plattform. Das Konzept hinter dem Testaufbau von ComputerBase findet sich detailliert im Artikel Nur auf den ersten Blick ist Kühlertesten einfach und wird deshalb an dieser Stelle nur kurz zusammengefasst. Prozessorkühler sollen eine CPU möglichst kühl halten und dabei so leise wie möglich bleiben. Deshalb ermittelt ComputerBase die Differenz zwischen der CPU- und der Raumtemperatur und stellt diese dem Schalldruckpegel gegenüber, einer einfach messbaren Größe, die vereinfacht als Maß für die Lautstärke dient.
Die CPU wird mit einer gut reproduzierbaren synthetischen Last beansprucht, um für alle Kühler gleiche Bedingungen zu schaffen. Dazu wird der Prozessor im Testsystem bei fixierter Spannung und Taktrate betrieben, damit ein Vergleich nicht durch temperaturabhängige und automatische Frequenzanpassungen der CPU beeinflusst wird. Als Nebeneffekt sorgt diese Einstellung zudem dafür, dass die Spreizung zwischen den Kühlern künstlich noch etwas aufgeweitet wird. Je kühler ein Chip bei konstanter Spannung und Frequenz agiert, desto geringer fällt die elektrische Verlustleistung aus. Kurz: Je heißer die CPU wird, desto größer wird die Abwärme. Damit werden gute Kühler für eine niedrige CPU-Temperatur belohnt und schwache Kühler noch etwas weiter abgestraft, sodass die Ergebnisse weiter gespreizt werden als bei auf konstante Abwärme fixierten CPU-Einstellungen.
Die verwendeten Einstellungen der beiden CPUs unterscheiden sich aber selbstredend. Der Ryzen 7 1700X wurde in zwei Profilen getestet, von denen eines einer nicht übertakteten CPU näherkommt, wohingegen das andere als OC-Profil bezeichnet wird, auch wenn es mit seinen Settings mehr auf hohe Stabilität als auf hohe Taktraten ausgelegt ist. Für den Ryzen 9 5950X werden ähnliche Profile genutzt, wobei auch hier ein Mix aus moderater Taktfrequenz und relativ hoher Spannung im OC-Profil dafür sorgen soll, dass eine hohe Leistungsaufnahme bei stabilem Betrieb ermöglicht wird. Das neue Standard-Profil liegt etwas unterhalb der maximalen Leistungsaufnahme der CPU im Betrieb mit Stock-Settings (ca. 95 Watt CPU-Package-Power anstelle von 110 Watt), während das OC-Profil den Wert mit etwa 140 Watt ein gutes Stück übertrifft.
Profil | CPU | Spannung | Taktfrequenz | Leistungsaufnahme* |
---|---|---|---|---|
Standard | Ryzen 7 1700X | 1,15 V | 3,40 GHz | 160 Watt |
Standard | Ryzen 9 5950X | 1,00 V | 2,75 GHz | 150 Watt |
OC | Ryzen 7 1700X | 1,35 V | 3,80 GHz | 230 Watt |
OC | Ryzen 9 5950X | 1,15 V | 3,20 GHz | 220 Watt |
*Gesamtes System, gemessen an der Steckdose. Richtwert, da temperaturabhängig. |
Im Schnitt nimmt das neue Testsystem etwas weniger Strom auf als das alte Testsystem. Dennoch wird die CPU-Kühlung anspruchsvoller, denn die Temperaturen des Prozessors landen durchweg bei höheren Werten. Der genaue Testablauf findet sich in einem separaten Artikel zum Testsystem und zur Methodik von CPU-Kühlertests. In der Kurzfassung wird der Ryzen 9 5950X für 30 Minuten mit Prime95 (Version 30.3) in der Einstellung „small FFTs“ („12k in-place“) auf allen Threads belastet, bevor dann über 5 Minuten das arithmetische Mittel der Differenz zwischen CPU- und Raumtemperatur als Messwert bestimmt wird. Das Gehäuse des Testsystems ist dabei geschlossen, um die CPU-Kühlung wie im realen Anwendungsfall auch mit einer eingeschränkten Luftzufuhr zu fordern. Das Testsystem setzt auf die folgenden Komponenten.
Komponente | Typenbezeichnung |
---|---|
Prozessor | AMD Ryzen 9 5950X |
Mainboard | Asus Crosshair VII Hero WiFi |
Arbeitsspeicher | 2 × 8 GB G.Skill FlareX DDR4-3200 |
Grafikkarte | Asus R9 285 Strix (semipassiv) |
Massenspeicher | Crucial BX100 500 GB |
Netzteil | be quiet! Dark Power Pro 11 850 Watt |
Gehäuse | Thermaltake F51 Suppressor |
Lüftersteuerung | Aqua Computer Aquaero 6 LT |
Messergebnisse
Im direkten Vergleich müssen die Kühler zeigen, wie gut sie sich auf den beiden Testsystemen schlagen. Zunächst folgen die Analysen im OC-Profil, das so gewählt ist, dass der Arctic Freezer 34 eSports das gerade noch schafft. Der kleine Kühler arbeitet dabei an seinem Limit, denn dargestellt ist die Temperaturdifferenz zwischen CPU- und Raumtemperatur: Ab 90 °C drosselt die CPU, weshalb die Tests beim Erreichen dieser Temperatur abgebrochen werden. Der Freezer 34 liegt bei niedrigen Drehzahlen auf dem Ryzen 9 5950X nahe an diesem Wert. Eine Temperaturdifferenz von 65,9 K bedeutet bei einer Raumtemperatur von 22 °C bereits eine CPU-Temperatur von 87,9 °C. Diese Differenz erreicht der kleine Kühler bei einer Lüfterdrehzahl von 1.200 U/min. Der Durchgang bei 800 U/min musste bereits wegen zu hoher CPU-Temperaturen abgebrochen werden.
- Differenz CPU- zu Raumtemperatur (Ryzen 9 5950X, OC), interpoliert
- Differenz CPU- zu Raumtemperatur (Ryzen 9 5950X, OC)
- Differenz CPU- zu Raumtemperatur (Ryzen 7 1700X, OC), interpoliert
- Differenz CPU- zu Raumtemperatur (Ryzen 7 1700X, OC)
Bei der Betrachtung der Temperaturverläufe der sechs Kühler im Vergleich zwischen Ryzen 9 5950X und Ryzen 7 1700X fällt auf, dass die Reproduzierbarkeit gemessen am generellen Kurvenverlauf und am Abstand der Kühler zueinander in den meisten Fällen gut aussieht. Corsair H150i, Noctua NH-D15, Deepcool AS500 und Arctic Freezer 34 eSports schneiden wie erwartet ab. Zwei Ausreißer gibt es aber: Scythe Fuma 2 und NZXT Kraken Z63. Beide Kühler erzielen im Vergleich zum alten Testsystem schlechtere Ergebnisse als erwartet – oder aber die anderen Modelle bessere als erwartet, je nach Sichtweise.
Für die Kraken Z63 fällt das Ergebnis allerdings wieder besser aus, wenn sie mit höherer Pumpendrehzahl betrieben wird. Für diesen Test wurde sie bei moderaten 60 % Pumpendrehzahl eingesetzt, denn auf dem Ryzen 7 1700X war die Leistung bereits bei dieser Einstellung überaus beeindruckend und ein zusätzlicher Vorteil, der durch mehr Lärm durch die Pumpe erkauft wird, eher vernachlässigbar. Auf dem Ryzen 9 5950X profitiert die Kraken Z63 hingegen etwas mehr als auf dem 1700X, wenn die Pumpe schneller dreht.
Der Scythe Fuma 2 bietet als Luftkühler keine derartige Option der nachträglichen Optimierung. Er ist keineswegs ein schlechter Kühler, denn auch er hat den übertakteten 16-Kern-Prozessor im Griff. Er kann sich aber deutlich weniger vom Arctic Freezer 34 eSports absetzen als noch auf dem Ryzen 7 1700X.
- Differenz CPU- zu Raumtemperatur (Ryzen 9 5950X), interpoliert
- Differenz CPU- zu Raumtemperatur (Ryzen 9 5950X)
- Differenz CPU- zu Raumtemperatur (Ryzen 7 1700X), interpoliert
- Differenz CPU- zu Raumtemperatur (Ryzen 7 1700X)
Das Bild wiederholt sich, wenn die Kühler die CPU im Standard-Profil bei Laune halten müssen. Wieder stimmen die Ergebnisse von Arctic Freezer 34 eSports, Deepcool AS500, Noctua NH-D15 und Corsair iCUE H150i Elite Capellix mit den bekannten Resultaten auf dem alten Testsystem überein. Die Kraken Z63 bleibt wie beim OC-Profil hinter der Erwartung zurück, während sich der Scythe Fuma 2 bei diesem Testlauf einen etwas größeren Abstand zum kleinen Freezer 34 eSports erarbeiten kann.
Analyse der Testergebnisse
Eine mögliche Erklärung für die teilweise aus dem Muster fallenden Ergebnisse der Kühler bietet der Aufbau der CPUs. Während der Ryzen 7 1700X noch auf einen monolithischen Die unter dem Heatspreader setzt, lagert der Ryzen 9 5950X einen Teil seiner Funktionen auf den sogenannten I/O-Chip aus. Zudem setzt der 16-Kerner auf zwei CPU-Chiplets, die die eigentlichen Rechenkerne beinhalten, sodass insgesamt drei Dies unter dem Heatspreader sitzen, die allesamt gekühlt werden wollen.
Dadurch liegt das Zentrum der Wärmeabgabe nicht mehr wie beim 1700X in der Mitte des Heatspreaders, sondern nach außen hin versetzt. Bei der Kraken Z63 ist vorstellbar, dass durch die (dem Endkunden unbekannte) Geometrie des Wasserkühlers die Wärmeaufnahme zu den Rändern hin merklicher abnimmt als bei der Corsair H150i – zumindest bei reduzierter Pumpendrehzahl.
Der Scythe Fuma 2 setzt auf eine leicht konvexe Bodenplatte, sodass es zu einem ähnlichen Phänomen kommen kann: Wärmeleitpaste ist trotz ihres Namens kein idealer Wärmeleiter. Je größer der Abstand zwischen Heatspreader und CPU-Kühlerboden, der durch die Paste überbrückt werden muss, desto schlechter der Wärmeübergang. Dieses Phänomen kann bei den beiden Konkurrenten Noctua NH-D15 (ebene Bodenplatte) und Arctic Freezer 34 eSports (keine Bodenplatte, sondern angeschliffene Heatpipes) nicht auftreten. Der AS500 von Deepcool hat allerdings ebenfalls eine leicht konvexe Bodenplatte und leidet dennoch nicht unter diesem Problem: So einfach verallgemeinern lässt es sich also doch nicht. Was ein Indiz sein kann, muss in der Praxis nicht zwangsläufig zum Problem werden.
Fazit
ComputerBase aktualisiert das Kühler-Testsystem. Vom mittlerweile betagten AMD Ryzen 7 1700X folgt der Wechsel zum aktuellen Ryzen 9 5950X. Damit die künftigen Kühlertests eine fundierte Datenbasis haben, wurden zunächst sechs bekannte Kühler erneut getestet. Der Vergleich zwischen den Ergebnissen auf dem neuen und dem alten Testsystem zeigt dabei, dass die Resultate der Kühler in den meisten Fällen gut übertragbar sind. Nur weil ein bereits bekannter Kühler also im neuen Testsystem nicht mehr getestet wird, heißt das nicht, dass seine Leistung überhaupt nicht mehr eingeschätzt werden kann: Mitsamt der nun erstellten Datenbasis im neuen Testsystem lässt sich der Quervergleich zu den vielen alten CPU-Kühler-Tests noch ziehen.
Allerdings zeigt der Vergleichstest, dass es von jeder Regel auch Ausnahmen gibt. Denn nicht alle sechs getesteten Kühler verhalten sich auf dem neuen Testsystem wie auf dem alten. Zwei Kühler schneiden relativ zu ihrer Konkurrenz schlechter ab – oder aber vier Kühler besser als die zwei schlechteren Exemplare. Eine mögliche Erklärung für dieses Verhalten bietet der interne CPU-Aufbau, der beim 5950X aus mehreren, dezentralen Wärmequellen besteht, wohingegen der 1700X über nur einen Die in der Mitte des Heatspreaders Hitze abgibt.
Trotz dieser Erkenntnis sollte aber erwähnt werden, dass dadurch ein guter Kühler nicht gleich schlecht wird. Ein schwächeres Ergebnis ist selbstredend keine Glanzleistung, aber angesichts der Tatsache, dass ein Kühler erst im Gesamtpaket (leise Lüfter, gute Montage, sinnvoller Lieferumfang, guter Support) empfehlenswert wird, macht das einen nun als etwas schwächer identifizierten Kühler nicht gleich völlig unattraktiv. Da jede CPU-Generation ein leicht anderes Verhalten zeigt, wie es sich hier nochmals bestätigt, sind die Resultate auf einer Testplattform ohnehin nicht zu 100 % übertragbar: Sie sind eine Momentaufnahme, die eine Tendenz abbilden, aber bei der Kühlerwahl sollte nie nur nach dem kürzesten Temperaturbalken geschaut werden.
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