Technologie-Geheimnisse: Micron schließt Shanghai-Campus wegen Leak-Gefahr

Volker Rißka
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Technologie-Geheimnisse: Micron schließt Shanghai-Campus wegen Leak-Gefahr
Bild: Micron

Micron und Industriegeheimnisse respektive Spionage um diese sind ein heikles Thema. Jetzt geht der Konzern drastische Schritte, sein eigener DRAM- und NAND-Campus mit dem Fokus auf Forschung und Entwicklung von neuen Lösungen in Shanghai, China, wird geschlossen.

Dabei geht es laut Medienberichten aus Asien aktuell nicht um eine direkte Spionage oder Angelegenheiten in dieser Richtung, sondern um die massiven Abwerbeversuche chinesischer Firmen. Diese wollen nicht nur die fähigen Arbeitskräfte von Micron mit viel Geld auf ihre Seiten ziehen, sondern hoffen dadurch, auch entsprechendes Know-How mit dem einen oder anderen Geheimnis im Gepäck zu erhalten. Dieses Vorgehen hatte zuletzt massiv zugenommen und tauchte deshalb bei vielen Konzernen als Problem auf.

Jahrelang Probleme mit Technologie-Diebstahl

Micron ist bei dem Thema aber ohnehin ein gebranntes Kind. Viele Jahre lag das Unternehmen mit Parteien in Asien im Streit. Selbst Partner wie UMC hegten wiederum enge Partnerschaften mit chinesischen Herstellern, die im DRAM-Geschäft Fuß fassen wollen. Doch von der technologischen Seite her sind sie Jahre zurück, ohne passende IP geht nichts – Micron wiederum hat über 47.000 Patente. Diese Technologien sollen sich die Firmen zum Teil über Umwege illegal besorgt haben, wobei unter anderem UMC-Mitarbeiter als Verbindungsleute fungierten. Die Aussagen der Staatsanwaltschaft über diese Angelegenheit lasen sich wie das Drehbuch zu einem Kriminalfilm, wie Bloomberg seinerzeit berichtete.

Zwischenzeitlich war Micron dadurch aber auch stark ins Rampenlicht geraten und wurde prompt zu einem Bauernopfer im Handelsstreit zwischen den USA und China und durfte bestimmte Waren nicht mehr nach China einführen. Danach folgten jedoch Siege vor Gericht, erst von taiwanischer Seite , später auch vor einem Gericht in den USA. Drei (ehemalige) Angestellte von UMC wurden dabei zu Haftstrafen von 4,5 bis 6,5 Jahren und Geldstrafen zwischen 4 und 6 Millionen New Taiwan Dollar, umgerechnet 120.000 bis 180.000 Euro, verurteilt. Der Konzern UMC musste wegen Teilnahme am IP-Diebstahl 100 Millionen New Taiwan Dollar, rund 3 Millionen Euro, zahlen. In den USA musste UMC zuletzt 60 Millionen US-Dollar zahlen, nachdem sich ein UMC-Manager überraschend für schuldig bekannte.

Am Ende kam es letztlich immer auf das Kernthema zurück: China sollte keine Technologie von Micron in die Hände bekommen, weshalb der Schritt für die Schließung des Standortes in Shanghai zum Jahresende letztlich doch nicht mehr vollends überraschend ist. Chinas aktualisierter Plan, bis zum Jahr 2025 in vielen Bereichen der Halbleiterindustrie mitreden zu wollen, dürfte die Entscheidung befeuert haben. Die NAND-Forschung im asiatischen Raum wird laut Bericht nun in Singapur gebündelt.

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