„Der Ball liegt bei euch“: Ubisoft-CEO nimmt Mitarbeiter in die Pflicht

Max Doll
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„Der Ball liegt bei euch“: Ubisoft-CEO nimmt Mitarbeiter in die Pflicht
Bild: Ubisoft

Ubisoft fährt in stürmischen Gewässern. CEO Yves Guillemot nimmt nun die Angestellten in die Pflicht: Sie sollen das Line-up fristgerecht und in überzeugender Qualität fertigstellen, um das Unternehmen zurück zum Erfolg zu führen.

In einer Mail an Angestellte, die Kotaku vorliegt, schrieb Guillemot, er brauche mehr als je zuvor „die gesamte Energie und Hingabe“ seiner Mitarbeiter, „damit wir auf die Erfolgsspur zurückkehren“. Guillemot forderte die Angestellten darüber hinaus auf, „besonders vorsichtig und strategisch mit Ausgaben“ umzugehen „um sicherzustellen, dass wir so effizient und schlank wie möglich arbeiten“. In diesem Kontext verwies er auf die Verschiebungen der jüngsten Vergangenheit, die Kosten hochgetrieben und Umsätze gesenkt hätten.

Aktuell geht Ubisoft von einem Verlust im mittleren dreistelligen Millionenbereich für das laufende Geschäftsjahr aus, in den kommenden zwei Jahren sollen etwa 215 Millionen US-Dollar eingespart werden, in Teilen durch Umstrukturierungen. Drei weitere, noch unangekündigte Spiele wurden zwischenzeitlich eingestellt, nachdem schon zur Jahresmitte vier Projekte gestrichen wurden. Laut Informationen von Kotaku berichten Angestellte, dass weitere Sparmaßnahmen bereits umgesetzt werden. So seien weniger Zeitverträge erneuert und Abgänge nicht in gleichem Umfang ausgeglichen worden.

Trotz der eingestellten Projekte sprach Guillemot aber von der „größten Pipeline in der Ubisoft-Geschichte“, die zur E3 im Juni vorgestellt werden solle, darunter ein für das nächste Fiskaljahr vorgesehenes, noch unangekündigtes Großprojekt, das wieder Erfolg bringen soll. Verantwortlich dafür sind die Mitarbeiter: „Der Ball liegt bei euch, dieses Line-Up fristgerecht und auf dem erwarteten Qualitätsniveau fertigzustellen und jedem zu zeigen, was wir leisten können“, so der CEO.

Ubisoft braucht Erfolg

Ubisoft braucht tatsächlich wieder Erfolgsmeldungen. Erwartete Verluste und ein seit Jahren sinkender Aktienkurs, der den Wert des Unternehmens auf aktuell rund 2,7 Milliarden US-Dollar hat fallen lassen – weniger als Sony ein einzelnes Studio wert war. Zwar gab es Gerüchte um eine mögliche Übernahme des Publishers. Potentielle Käufer wollen allerdings Potential erkennen können.

Das war in den letzten Monaten schwierig. Mehrfache Verschiebungen des Piratenabenteuers Skulls and Bones, das zuletzt im März 2023 erscheinen sollte und nun erneut verschoben wurde, ein irrfahrender Siedler-Titel – der nun im Februar erscheinen wird – oder Probleme beim Prince-of-Persia-Remake dominierten die Berichterstattung.

Auch Zukunftspläne im Bereich NFTs und Live-Service versprachen bislang vielleicht finanziellen Erfolg, aber wenig klassische Qualität und stießen bei Fans des Publishers auf negative Resonanz. Free-to-Play-Vorstöße, etwa in Form des Battle Royales Hyper Scape, das nach 18 Monaten eingestellt wurde, sind in der Versenkung verschwunden. Das gleiche gilt für Beyond & Good Evil 2, das ebenfalls in Richtung Open World und Live Service getrimmt werden sollte.

Versuche, populäre Trends zu adaptieren, hatten in den letzten Jahren keinen Erfolg. Ubisofts Markenzeichen, die „Ubisoft-Formel“, mit der große, offene Spielwelten voller Aktivitäten beschrieben werden, verliert parallel an Anziehungskraft, weil sie spielerisch stagniert und das Angebot des Publishers dominiert. Kreative Stagnation war dann auch einer der Gründe, die abgehende Mitarbeiter als Grund für ihren Arbeitgeberwechsel nannten. Daneben wurde das Vorgehen gegen Belästigung und Diskriminierung am Arbeitsplatz ebenso als unzureichend empfunden, die Reaktion auf Probleme erscheint ebenfalls ungenügend. Eine hohe Fluktuation von Mitarbeitern war die Folge.

Von Änderungen kein Wort

Die Vielzahl an Schwierigkeiten deutet auf strukturelle Probleme bei Ubisoft hin, die nach wie vor bestehen und etwa die Ausrichtung von Spielen, aber auch die Unternehmenskultur betreffen. Darüber verliert Guillemot aber anscheinend kein Wort. Von eigener Verantwortung oder nötigen Veränderungen wird in der Mail offenbar nicht gesprochen; harte Arbeit soll es richten.