ATi Radeon HD 2900 XT im Test: Platzhirsch oder kleiner Bruder der GeForce 8800?

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Wolfgang Andermahr
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Fazit

Die G80-GPU in Form der GeForce-8800-Serie konnte sich nun mehr als ein halbes Jahr ohne Konkurrenz austoben und tat dies eindrucksvoll. AMDs Grafikkartensparte ATi hatte nur noch wenig zu sagen und lag in allen Bereichen stark zurück, ohne in irgendeiner Disziplin Argumente setzen zu können. Doch am heutigen Tag, den 14. Mai im Jahre 2007, soll dieser Zeit ein Ende gesetzt sein: ATi präsentiert die „Radeon HD 2000“-Serie, dessen Flaggschiff Radeon HD 2900 XT ab sofort für einen Kampfpreis von etwa 400 Euro den Besitzer wechseln wird. Doch ist die Zeit von nVidias Dominanz wirklich vorbei? Teilweise schon – aber längst nicht in der Form, wie sie von vielen erwartet worden ist.

Ohne Anti-Aliasing und der anisotropen Filterung ist die Performance der Radeon HD 2900 XT gut. ATi schafft es zwar nicht an die GeForce 8800 GTX heranzukommen, kann sich in 1280x1024 aber einen 18-prozentigen Vorsprung gegenüber der GeForce 8800 GTS, der eigens auserkorenen, direkten Konkurrenzkarte, verschaffen. Das Vorgängermodell Radeon X1950 XTX lässt man um 41 Prozent zurück. In 1600x1200 wächst der Rückstand zur GeForce 8800 GTX von neun auf 13 Prozent an, die Differenz von 18 Prozent zur GeForce 8800 GTS kann die ATi-Grafikkarte aber halten. In 2560x1600 wiederholt sich das Bild. Die GeForce 8800 GTX kann sich 20 Prozent vor der Radeon HD 2900 XT platzieren, während die Radeon-HD-2000-Karte erneut 18 Prozent vor der GeForce 8800 GTS liegt.

Unter Hinzunahme der beiden qualitätssteigernden Features bricht die Performance der Radeon HD 2900 XT stark ein. Gar so stark, dass ihr selbst die Radeon X1950 XTX gefährlich nahe kommt. Einen genauen Grund dafür können wir nicht nennen. ATi spricht von einem Treiberfehler bei Verwendung von Adaptive Anti-Aliasing und konnte uns auch schon eine neue Beta-Version zuschicken. Dieser Treiber zeigt sich aber nur in wenigen Applikationen wie Oblivion als schneller – dort allerdings signifikant. Außerdem ist die Performance mit herkömmlichem Multi-Sampling-Anti-Aliasing ebenfalls nicht gerade berauschend, und hier ändert sich mit dem neuen Treiber nichts. Man kann nur hoffen, dass es sich wirklich um ein Treiberproblem handelt und dieses so schnell wie möglich behoben wird.

ATi Radeon HD 2900 XT
ATi Radeon HD 2900 XT

Bezüglich der Direct3D-10-Performance sieht es zwar nicht schlecht, aber auch nicht wirklich besser aus. So liegt die Radeon HD 2900 XT gesunde 15 Prozent vor der GeForce 8800 GTS, bleibt aber zehn Prozent hinter der GeForce 8800 GTX zurück.

In der Kategorie Bildqualität kann die Radeon HD 2900 XT aufholen. Die Karte tut sich aber schwer, gegen die G80-GPU von nVidia zu bestehen. Wirklich gut gelungen ist das acht-fache Anti-Aliasing, das unserer Ansicht nach qualitativ über dem 8xQAA von nVidia liegt. Der ATi-Algorithmus zeigt quasi keine Schwächen und glättet jedes Spiel bei jedem Winkel mit einer beinahe schon perfekten Qualität. Sehr gut! Das neue Custom-Filter-AA hört sich vielversprechend an, hat aber einen großen Nachteil, der sicherlich nicht jedermanns Sache ist: Das Bild wird leicht unscharf. Die Kantenglättung ist ohne Zweifel sehr gut und allem anderen, was es jemals zuvor gegeben hat, überlegen. Nur sollte jeder für sich entscheiden, ob man die Unschärfe in Kauf nehmen will. Der Edge-Detect-Modus, der die Unschärfe verhindert, scheint dagegen noch nicht wirklich zu funktionieren und kann auch nur umständlich mit einem externen Tool aktiviert werden. Der Qualitätsgewinn gegenüber 8xAA liegt mehr oder weniger bei Null.

Auf ganzer Linie zurückstecken muss ATi bei der anisotropen Filterung, die auf der GeForce 8800 tadellos arbeitet. Bei maximalen Treibereinstellungen flimmert das Bild auf dem R600 immer noch vor sich her, wenn auch nicht mehr ganz so extrem wie auf der Radeon X1950 XTX. Die Bildruhe einer GeForce 8800 erreicht man aber nicht annähernd. Darüber hinaus kann die nVidia-Karte mit einer besseren Präzision und einer leicht besseren Winkelunabhängigkeit punkten, wobei man letzteres aber nur in seltenen Fällen wird erkennen können. Die Standardeinstellungen der Treiber sind in etwa gleichwertig. Bei der Radeon HD 2900 XT flimmern vermehrt die Texturen, auf der GeForce 8800 fällt der brilineare Filter unangenehm auf.

Verbessern muss ATi die Lüftersteuerung der Radeon HD 2900 XT, die insbesondere unter Windows noch ungeschickt agiert und alle paar Minuten den Lüfter laut aufdrehen lässt. Laut ATi soll dieser Fauxpas mit einem zukünftigen Treiber behoben werden. Unter Last hinterlässt der Radiallüfter aber ebenso wenig eine gute Figur. Der Lüfter ist nicht störend, aber klar wahrnehmbar, was spätestens seit der GeForce-8800-Serie nicht mehr zeitgemäß ist. Die Temperaturen liegen im grünen Bereich. Wie es Gerüchte prophezeit haben, fallen die Stromverbrauchswerte schlecht aus. Selbst die GeForce 8800 Ultra könnte man dagegen noch als Stromsparer bezeichnen. Im Idle-Modus hält sich die Differenz noch in Grenzen, doch unter Last steigt sie auf hohe 30 Watt an.

Positiv hervorzuheben ist die Möglichkeit, auf der Radeon HD 2900 XT sowohl Ton als auch Bild über den DVI-Port per HDMI-Adapter an einen HD-Fernseher oder HD-Beamer wiederzugeben. So steht dem künftigen HD-Fernsehabend über den PC nichts mehr im Wege.

Neben der Leistung bedarf es weiterer Verbesserungen im Treiber. So zeigt der Launch-Treiber noch einige teils störende Fehler auf. In Anno 1701 bekommt der Benutzer nur einen Bluescreen zu Gesicht, während man in Splinter Cell 4 immerhin das Spiel zu sehen, dafür aber Grafikfehler auf den Bildschirm gezaubert bekommt. Unter Windows Vista bereitet das Catalyst Control Center Probleme, in dem es manchmal gar nicht oder erst nach einer langen Wartepause startet. Mit einem neuen Treiber, der sich schon in unserem Testlabor befindet, sind diese Schwierigkeiten allerdings Geschichte.

Derzeit fällt es trotz des positiven Preises von 400 Euro schwer, eine Kaufempfehlung für die Radeon HD 2900 XT auszusprechen. Wer auf eine gute Kantenglättung steht, macht mit der Grafikkarte zwar nichts falsch. Die Performance ist mit Anti-Aliasing und der anisotropen Filterung aber enttäuschend (– auch wenn wir zurzeit zumindest teilweise einen Treiberfehler vermuten). Selbst eine fast 80 Euro günstigere GeForce 8800 GTS macht der Radeon HD 2900 XT das Leben schwer, während die GTX-Version gar lässig Kreise um die R600-Karte zieht. Ein weiterer Pluspunkt ist die höherwertige Texturfilterung des G80, der die Radeon HD 2900 XT einzig das sehr gute Anti-Aliasing entgegensetzen kann. Wir empfehlen, mit dem Kauf einer Radeon HD 2900 XT noch einige Zeit zu warten. Falls sich in zukünftigen Treibern die Performance verbessert, ist die Radeon HD 2900 XT für den Preis durchaus eine Überlegung wert. Derzeit ist man mit einer gleich teuren und von Haus aus übertakteten GeForce 8800 GTS aber besser bedient.

A Perfect 10
A Perfect 10

Update 14. Mai, 18:03: Einen ersten Vergleich der derzeit erhältlichen Radeon-HD-2900-XT-Treiber in 3DMark05, Serious Sam II, Splinter Cell 3 und Oblivion haben wir als Ergänzung zum Artikel in einer News-Meldung veröffentlicht.

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