Hallo
Zunächst mein Beileid. Ein solcher Schicksalsschlag ist keinem Menschen zu wünschen - und dennoch trifft es immer genau die, die einfach besser sind als andere. Meinem Vater ist das 1986 ebenfalls geschehen. Er war 40 Jahre alt. Schwindelgefühl, und das war es dann auch schon. Die technische Entwicklung war seinerzeit noch nicht so weit fortgeschritten. Und so hatten die behandelnden Ärzte eine Fehldiagnose gestellt, wodurch viel Zeit ins Land schritt, die man hätte sinnvoll nutzen können (2 Tage sind hier sehr viel). Nach einer Rückenmarktpunktur stand die Diagnose dann fest....Und damit begann das eigentliche Drama. Mein Vater, halbseitig gelähmt, nicht fähig zu sprechen, zu gehen, selbstständig zu essen...eine ganz bittere Erfahrung für einen jungen Spund wie mich.
Was folgte? Es begannen unterschiedlichste Ärzte, verschiedene Operationsmethoden vorzuschlagen. 1986 bestanden da noch nicht soviele Möglichkeiten. Auf jeden Fall wurde seine Schädeldecke geöffnet und das betreffende Blutgefäß verschlossen. Die Bohrungen (3 Stück) beglitten ihn sein restliches Leben (sehr deutlich sichtbar). Nach der OP stellte sich heraus, dass das Hirnwasser nicht anständig zirkuliert. Der Schädel musste nochmal geöffnet werden und es wurde eine Art Abfluss (Fachbegriff war glaub ich Shunt) vom Gehirn in die Bauchhöhle(?) gelegt, sodaß sich der Druck innerhalb des Kopfes abbauen konnte. Diese OP-Methode hat irgendein Arzt glaube aus Amerika an uns herangetragen. War alles ziemlich neu seinerzeit.
Was folgte waren Wach/Koma-Zustaende die naechsten Tage. Wir Kinder durften "Vaddan" dann nach 5 Monaten das erste Mal wieder sehen und erschraken...abgemagert, bleich, und eben immer noch diesen riesigen Turban auf seinem Kopf. Sprache weg, halbseitig gelähmt lag er nun so da. Ich weiss nicht warum, aber es geschah doch das große Wunder, dass er ploetzlich und unerwartet damit begann, Sprachversuche zu unternehmen. Im Laufe der Zeit (etwa 6 weitere Monate) wurde es sogar immer und immer besser, was niemand so erwartet hatte. Nach einer Reha (Hessisch Oldendorf; vielen Dank auch heute noch an die behandelnden Ärzte und die dortigen Therapeuthen) dann der Hammer...Letzte Woche wurde er noch im Rollstuhl geschoben, und nun schob er andere Patienten, die noch nicht solche Fortschritte gemacht haben - es war sehr beeindruckend
Nunja, es folgte noch eine OP am Rückenmark und auch dort wurde nochmals eine Art Ventil eingebaut. Mein Vater lebte danach noch 11 hoffentlich glückliche Jahre, 90% schwerbehindert zwar, aber ich hoffe stark, trotzdem sehr glücklich.
Soviel etwa zu dem Ablauf, wie er sich bei uns abgespielt hat nach diesem Hammer.
Persönlich und 10 Jahre nach dem Tod meines Vaters denke ich, daß ein Defekt in der Schaltzentrale mit das Schlimmste sein kann, was einem Menschen passieren kann. Wie es von Fall zu Fall ablaufen könnte, kann man nicht sagen, da sich die Medizin ja immer mehr verbessert. Vlt wäre unter heutigen Umstaenden sogar 20 Jahre möglich gewesen, wer weiss das schon. Wie die gesundheitliche Entwicklung Deiner Oma ablaeuft, kann man auch nicht sagen. Es spielt aber immer das Alter und der koerperliche Zustand eine Rolle. Natürlich auch die Willenskraft, wieder gesund zu werden.
Ich wünsche Euch auf jeden Fall viel Kraft. Haltet zusammen und freut Euch über jeden Tag, den ihr noch zusammensein dürft. Eine Hirnblutung ist trotz aller medizinischer Fortschritte und Möglichkeiten ein sehr krasser Schicksalsschlag. Ich fühle mit Euch.
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Noch eine persönliche Anmerkung zum Sozialsystem Deutschland und zur Zeit nach dem Tode meines Vaters: Trotz 90% Schwerbehinderung bestand damals keine Möglichkeit Pflegedienste anzuzapfen. Ich habe dann etwa mit 16 Jahren meine Lebenszeit für Pflege usw. hergegeben. Hab dann mit 25 erst die Ausbildung beginnen können, mit 28 war ich dann fertig. Eine Arbeit habe ich nie gefunden. Danke also an die Wirtschaft. Vielleicht liest es ja mal ein Personalchef und erinnert sich an die letzte Absage.