Job: Erwartung & Versprechen != Realität. Was nun?

H43R

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Guten Abend.
Ich würde gerne ein paar Tipps zu meiner aktuellen Job-Situation einholen.

Vorab Warnung und Danksagung. :) Text wird etwas länger. Ich versuche es erträglich und einfach lesbar zu halten. Danke fürs Lesen und Kommentieren 👍

Ein wenig zu meiner Person und Selbsteinschätzung. Vielleicht hilft das.
  • M.Sc. Informatikstudium, an einer normalen, mittelgroßen Universität. Keine Elite-Uni wie RWTH / LMU o.ä.
  • Kaum Erfahrung in der Wirtschaft, da fast alle Nebenjobs im Uni-/ Forschungsumfeld
  • Im Studium beschäftigt mit:
    • Theoretisch
      • Information Retrieval
      • Linked-Data und Ontologien
      • Datenmodellierung
    • Praktisch:
      • Sehr viel Python & Datenverarbeitung und ein wenig statistische Analyse: APIs, Crawling, Preprocessing
        Prototypisch In Jupyter Notebooks und / oder als Softwaremodule für existierende Systeme
      • Entwicklung von eigenen Systeme um einen Mehrwert mit Daten zu generieren (meist in Form einer Web UI).
  • Ein, verglichen mit Kommilitonen und aktuellen Kollegen, gutes Grundverständnis für viele Themengebiete auch über den eigenen Tellerrand hinaus. In viele Themen mal reingeschnuppert mal experimentiert und rumgespielt
    • Unix, Bash Scripting, Cronjobs, Docker
    • "klassische" Java Softwareentwicklung

Zusammenfassen würde ich meine Kompetenz (wenn man das überhaupt so nennen kann, frisch nach dem Studium) so:
Ich denke, ich habe ein gutes Repertoire an "Werkzeugen" aus meinem Studium mitnehmen können. Theoretisches Wissen und auch praktische Erfahrung / Berührungspunkte, hauptsächlich im Kontext "Umgang mit Daten": Datenmodellierung, Daten beziehen, Verwalten, Transformieren, Aufbereiten. Sicherlich fehlen mir auch Erfahrungen in Themen wie bspw. Erfahrungen und Wissen rund um Big Data, Data Warehouse / Data Lake, ... . Man kommt ja nicht allwissend aus dem Studium, ganz im Gegenteil.


Stand heute:
Habe vor 6 Monaten meinem ersten Job in einer Forschungseinrichtung begonnen und jetzt einen "Interessenkonflikt" festgestellt. Beworben wurde meine Stelle als eine "Data Engineering" Stelle. Grob zusammengefasst: Datenmodelle und Softwarelösungen für Data-Processing und -Management entwickeln, Big Data, ETL, usw. . Klang vielversprechend, wurde auch im Gespräch so ähnlich vermittelt.

Ich dachte mir (blauäugig und unerfahren wie ich bin), dass das gut klingt. Mit der Forschungseinrichtung würde ich ich in einer Art von "Research & Development" Ecke laden und interessante Auftragsprojekte bearbeiten. Die Realität sieht aber so aus, dass ich mich ausschließlich mit konzeptionellen Aufgaben beschäftige. Überwiegend Data Governance und Data (Managment) Policies. Mir fehlt da das "Grübeln" und "Tüfteln" bei Problemen. Decken tun sich meine Aufgaben vllt zu 20% mit meiner Aufgabenbeschreibung,.


Was denke ich, dass ich suche?
"Datenverarbeitung" und vor allem die technische Realisierung davon, finde ich spannend. Konzeption von Schemata, Systemen und Datenmodellen, Entwicklung passender Komponenten / Systeme / Schnittstellen. Sowas finde ich nach wie vor super. Wenn wir uns bspw. das CRISP-DM Model vorstellen, sehe ich mich in dem "Data Preparation" und in dem "Data Understanding" Teil. Der gesamte ML / KI und Analytics Bereich ist nicht ganz mein Ding. Reine Softwareentwicklung als quasi Allrounder in bspw. einer KMU finde ich uninteressant. Ich bin mir auch im Klaren, dass der Übergang von dem was ich suche zum Data Scientist, welcher für das "Modeling" (Statistische Modelle, ML/ AI) zuständig ist, fließend ist und auch reine Softwareentwickler sowas machen, wie das was ich suche. "Data Engineering" ist halt ein Begriff unter dem jeder ein wenig was anderes definiert. Software Entwickler --> Schwerpunkt auf Data Services --> "Data Engineer" ist halt vollkommen normal. Ich wollte halot den "direkten" Einstieg in den Bereich versuchen.


Was nun?
Habe mein "Problem" zu meinen Vorgesetzten getragen.. Weil das Projekt welches ich bearbeite eher kurzfristig / unerwartet ankam, dann muss das halt gemacht werden. Natürlich können die nichts daran ändern, habe ich auch Verständnis für. Das Projekt wird mich mindestens bis Anfang nächsten Jahres begleiten. Es ist sicherlich nett, sich mit Themen wie Governance usw. zu beschäftigen. Aber nicht das, worauf ich ursprünglich beworben und "gefreut" habe. Danach habe ich etwa 1 Jahr von (erstmal) 2 Jahren Laufzeit hinter mir und bin inhaltlich in einer anderen Ecke als geplant. Danach wird sich zeigen, was ich machen soll. Denkbar ist, in laufende andere Projekte einzusteigen, die mehr in meinen Interessenbereich fallen. Vielleicht auch nicht.
Im Worst Case nach dem 2. Jahr werde ich nicht verlängert und muss auf Jobsuche mit kaum / gar keinen Erfahrungen in dem, was ich eigentlich machen möchte.


Weg bewerben oder bleiben und schauen, wie man das beste draus macht?
Die Frage schwebt mir durch den Kopf. Sicherlich finden die Wenigsten ihren Traumjob im 1. Job. Ich mache ja auch keine Fleißarbeit, sondern lerne natürlich täglich dazu.

Ich denke halt, dass ich mir mit meinem ersten Job die Weichen in eine berufliche Richtung stelle. Nach 2 Jahren will man ja eigentlich weiter im Berufszweig und nicht wieder umschwenken. Oder habe ich einfach zu hohe Erwartungen, dass mein Job eine Punktlandung sein muss ?

Vermutlich Corona-bedingt ist auf dem Arbeitsmarkt deutlich weniger los. Ich überlege, ob ich begleitend zum Job einfach mal ein paar Bewerbungen rausschicken soll. Die Auswahl an potenziell interessanten Jobs ist nicht allzu hoch derzeit, aber schaden kann es nicht.



So, genug geweint :)
Meinungen, Tipps, Erfahrungen ?



Nochmals Danke fürs Lesen
Grüße!
 
Schau mal in den großen Portalen nach Business Intelligence oder Data Analyst.

So etwas bieten meistens nur größere Firmen an. Aktuell sucht das irgendwie jeder. Die Frage ist halt möchtest du eher im praktischen bleiben oder Richtung Architektur gehen was dann eher Beratung wäre...
 
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Was steht in deiner Stellenbeschreibung? Womöglich kannst du da ansetzen und die Aufgaben etwas verschieben?
 
Idon schrieb:
Was steht in deiner Stellenbeschreibung?

Etwas paraphrasiert formuliert:

Aufgabe:
Konzeption und Entwicklung von Software-Architekturen, Algorithmen, Datenmodellen für verteiltes Management und Analyse von Daten im Industrie- und Forschungsanwendungen.
Details:
  • Anforderungsanalyse
  • Entwurf von Datenmodellen
  • Entwicklung von Software-Architekturen und Algorithmen
  • Implementierung, Test und Evaluation der Architekturen / Modelle / Algorithmen in Big-Data Systemen


Idon schrieb:
Womöglich kannst du da ansetzen und die Aufgaben etwas verschieben?
Mit der Begründung bin ich auch zu meinen Vorgesetzten gegangen. Sinngemäß habe ich gesagt
"das was ich derzeit und demnächst mache, ist nicht ganz das was ich laut Vertrag machen sollte"
Man könne da erstmal nichts machen. Wäre auch ein Problem mit Budgets bzw. der Ressourcen.
 
Nun. Offenbar machen die ihr Problem zu deinem Problem. Das kann man sich, muss man sich aber nicht gefallen lassen.

Gerade der Öffentliche Dienst verzeiht einem oft viel.
 
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Leider ist das in vielen Betrieben die bittere Wahrheit. Man bewirbt sich für eine interessante Stellenausschreibung (durchläuft ein qualvolles Bewerbungsprozedere) und nach nicht einmal paar Tagen oder Monaten macht man auf einmal etwas ganz anderes.

Natürlich kann man versuchen zu intervenieren, doch leider bringt das meist nichts, wenn die Arbeit für einen nicht da ist, die man gerne machen möchte oder für eingestellt wurde. Oft steht in Arbeitsverträgen drin, dass man auch Arbeit erledigen muss, die der eigenen Qualifikation entspricht. Nett für den Arbeitgeber. Unerfreulich für den Arbeitnehmer.

Du hast natürlich die Wahl, das Spiel mitzuspielen oder Dir etwas Neues zu suchen. Nur Du allein weißt, was Du willst. Sieh es mal so, Du hast jetzt eine Arbeitsstelle, die Dir einen Einblick in etwas Neues oder Anderes bietet. Nimm das erstmal mit und Du kannst nebenbei nach etwas Neuem suchen. Dabei hast Du ja keinen Zeitdruck.

Als Tipp kann ich Dir geben, dass Du in einem Bewerbungsgespräch erfragst, ob jemand aus der Abteilung anwesend sein kann, damit Du mit diesem sprechen kannst. So kannst Fragen direkt klären und Dir so ein besseres Bild über die neue Arbeitsstelle machen. Personaler in Betrieben, die Fachfremd sind, beschreiben Positionen meist sehr unzutreffend. Oft packen Sie alles mögliche in die Stellenausschreibung...
 
3252 schrieb:
Sieh es mal so, Du hast jetzt eine Arbeitsstelle, die Dir einen Einblick in etwas Neues oder Anderes bietet. Nimm das erstmal mit und Du kannst nebenbei nach etwas Neuem suchen. Dabei hast Du ja keinen Zeitdruck.
Das sehe ich ja auch so :) Es ist ja nicht so, als würde ich reine Fleißarbeit machen und nichts dabei lernen. Ganz öde ist es auch nicht. Ist halt nur etwas an meinen ursprünglichen "Zielen" / Interessen vorbei.


3252 schrieb:
Als Tipp kann ich Dir geben, dass Du in einem Bewerbungsgespräch erfragst, ob jemand aus der Abteilung anwesend sein kann, damit Du mit diesem sprechen kannst. So kannst Fragen direkt klären und Dir so ein besseres Bild über die neue Arbeitsstelle machen
AFAIK kam die Ausschreibung oder deren Inhalte schon von der Fachabteilung. Personaler haben schon mitgewirkt und auch die Vorauswahl getroffen. Ich hatte in verschiedenen Forschungseinrichtungen Gespräche und das Prozedere war meist ähnlich. -> Ein Gespräch, und das direkt ein Fachgespräch mit der Abteilung. Oft Abteilungsleiter und 1-2 Mitarbeiter.
Ich habe im Nachhinein auch mit den Mitarbeitern die beim Gespräch waren gequatscht. War durchweg positiv und nett.

Fragen zu Aufgaben in den Projekten hat man schon beantwortet. Eher high-level aber dennoch recht klar.
Das was im Gespräch erwähnt wurde und was ich in Wirklichkeit mache, sind zwei paar Schuhe.

Ich denke ich spiel das Spielchen noch ein wenig mit. Der ARbeitsmarkt ist irgendwie gerade sehr uninteressant. Fast nur Dauerausschreibungen von großen Berater- / Wirtschaftsprüfer Buden und co.
Vielleicht kann ich einen Teil meiner Aufgaben ein wenig in die Richtung lenken, die ich möchte.
 
"Ich denke halt, dass ich mir mit meinem ersten Job die Weichen in eine berufliche Richtung stelle. Nach 2 Jahren will man ja eigentlich weiter im Berufszweig und nicht wieder umschwenken. Oder habe ich einfach zu hohe Erwartungen, dass mein Job eine Punktlandung sein muss ?"

Zu 1) nein tust du nicht, ich habe mich nach 6 Jahren noch völlig verändert. Gerade in der IT musst du sowieso große Veränderungsbereitschaft haben

zu 2) Anscheinend schon. Wenn es dir nicht mehr gefällt, dann schau nach etwas anderem. Du bist jung, gut ausgebildet und kannst schon etwas Erfahrung vorweisen. Dich wird man mit Handkuss an anderer Stelle nehmen. Netter Nebeneffekt: Kohle sollte es auch mal 10% mehr geben (mindestens).
 
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