Wann liegt ein rechtlich relevanter Mangel vor ?
Schadensersatz wegen Nichterfüllung, §§ 463, 480 Abs. 2 BGB
Gemäß § 463 BGB :
...hat der Käufer beim Stückkauf ausnahmsweise das Recht statt Wandelung oder Minderung Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen, wenn zur Zeit des Vertragsschlusses eine zugesicherte Eigenschaft fehlt (S. 1) oder der Verkäufer einen Fehler arglistig verschwiegen hat (S. 2). Eine vergleichbare Schadensersatzpflicht für den Gattungskauf regelt § 480 Abs. 2 BGB.
aa. Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft, § 463 S. 1
Wie schon ausgeführt wurde, erklärt sich der verschuldensunabhängige Schadensersatzanspruch des § 463 S. 1 BGB daraus, dass der Verkäufer mit der Zusicherung eine Garantie für das Vorhandensein der Eigenschaft übernimmt, also dem Käufer mit der Zusicherung erklärt, er wolle für das Vorhandensein der Eigenschaft haften (s. oben H.II.1.a.cc.).
Ein Schadensersatzanspruch nach § 463 S. 1 BGB setzt zunächst voraus, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine zugesicherte Eigenschaft fehlt. Auf ein Verschulden des Verkäufers kommt es nicht an. Bezüglich der Begriffe "Eigenschaft" und "Zusicherung" kann auf die Erörterung unter H.II.1.a.cc. verwiesen werden.
Grundsätzlich muss die Eigenschaft im Zeitpunkt des Vertragsschlusses fehlen. Entfällt die zugesicherte Eigenschaft erst nach Vertragsschluss, so ist ein Schadensersatzanspruch nach § 463 S. 1 BGB nicht gegeben und der Käufer ist auf seine Rechte gemäß § 462 BGB beschränkt. Zu beachten ist jedoch, dass die Auslegung des Vertrages auch ergeben kann, dass sich die Zusicherung auf einen späteren Zeitpunkt bezieht. Dann ist dieser spätere Zeitpunkt ausschlaggebend.
Beispiel: Der Jäger J kauft beim Hundetrainer H den Labrador "Rex" als Jagdhund. Da der Hund noch nicht vollständig ausgebildet ist, sondern noch einen Monat Ausbildung zu absolvieren hat, soll Übergabe und Übereignung erst einen Monat nach Vertragsschluss stattfinden. H sichert dem J zu, dass "Rex" nach seiner Ausbildung für den Einsatz als Jagdhund vollständig geeignet sein würde.
In diesem Beispiel bezieht sich die Zusicherung nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern auf den späteren Zeitpunkt der Übergabe. Deshalb ist auch dieser Zeitpunkt für einen eventuellen Schadensersatzanspruch des J entscheidend. Angenommen, "Rex" wäre im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch "schussfest" gewesen, hätte sich also bei Abgabe von Schüssen nicht vor dem Geräusch gefürchtet, diese Eigenschaft wäre aber später - z.B. aufgrund eines Ausbildungsfehlers - entfallen. Dann könnte der J von H nach § 463 S. 1 BGB Schadensersatz verlangen, obwohl die Eigenschaft im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorhanden war und erst später entfallen ist.
Da der Käufer Schadensersatz "statt" Wandelung oder Minderung verlangen kann, müssen für einen Anspruch aus § 463 BGB auch die sonstigen Voraussetzungen der Sachmängelgewährleistung (§ 459 Abs. 2 BGB) vorliegen. Das bedeutet zunächst, dass der Schadensersatzanspruch nur gegeben ist, wenn der Mangel nicht nur im Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern auch im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorliegt. Weiterhin schließt die Kenntnis des Käufers vom Mangel nach § 460 S. 1 den Schadensersatzanspruch aus.
bb. Arglistiges Verschweigen eines Fehlers, § 463 S. 2 BGB
Der Schadensersatzanspruch nach § 463 S. 2 BGB setzt voraus, dass der Verkäufer bei Vertragsschluss einen Fehler i.S.d. § 459 Abs. 1 BGB arglistig verschwiegen hat. Zum Begriff des Fehlers siehe oben H.II.1.a.bb.
Das Verschweigen eines Fehlers kann erst dann zu einer Schadensersatzpflicht des Verkäufers führen, wenn ihn eine Offenbarungspflicht hinsichtlich des Fehlers trifft. Eine solche Aufklärungspflicht ist hinsichtlich eines Fehlers dann zu bejahen, wenn der Umstand für den Entschluss des Käufer, den Vertrag abzuschließen, offensichtlich von wesentlicher Bedeutung ist, und der Käufer deshalb nach der Verkehrsauffassung eine Mitteilung des Umstandes erwarten darf. Keinesfalls muss der Verkäufer von sich aus alle ihm bekannten Umstände mitteilen. Insbesondere brauchen auch unerhebliche Mängel in der Regel nicht offenbart zu werden, wenn nicht der Käufer gerade auf den betreffenden Punkt erkennbaren Wert legt.
Eine Aufklärungspflicht ist zu bejahen, wenn sich der Käufer nach bestimmten Eigenschaften erkundigt. Dann muss der Verkäufer wahrheitsgemäß antworten. Weiterhin kann die Gefährdung des Vertragszwecks des Käufers, der - für den Verkäufer erkennbar - aus einem Fehler folgt, zur Unterrichtung hierüber verpflichten. Eine Offenbarungspflicht kann sich auch aus dem Gesichtspunkt ergeben, dass die Kaufsache besondere Gefahren für den Käufer verursacht, die diesem offensichtlich unbekannt sind.
----> cc. Arglistiges Vorspiegeln einer nicht vorhandenen Eigenschaft, § 463 S. 2 BGB analog :
Das arglistige Vorspiegeln einer nicht vorhandenen Eigenschaft wird nicht ausdrücklich von § 463 S. 2 BGB erfasst. Die ganz h.M. wendet § 463 S. 2 BGB auf diese Konstellation jedoch analog an. Entschiede man anders, so wäre der Vertrag nach § 123 BGB anfechtbar und der Käufer auf Schadensersatz nach Deliktsvorschriften angewiesen. Aufgrund der gleichen Interessenlage ist aber kein einleuchtender Grund ersichtlich, warum der Käufer beim arglistigen Verschweigen nach Gewährleistungsrecht vorgehen können soll, nicht aber beim arglistigen Vorspiegeln einer Eigenschaft.
dd. Rechtsfolge des § 463 BGB - Kleiner und großer Schadensersatz
§ 463 BGB gibt dem Käufer einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung. Der Käufer ist also so zu stellen, als wäre ordnungsgemäß, d.h. mit einer mangelfreien Sache erfüllt worden. Gemäß § 249 S. 1 BGB kann der Gläubiger eines Schadensersatzanspruches grundsätzlich Naturalrestitution verlangen. Im Rahmen des § 463 BGB würde ein solcher Anspruch auf Naturalrestitution bedeuten, dass der Verkäufer den Mangel beseitigen müsste, denn nur dann stände der Käufer genau so da, als wäre ordnungsgemäß erfüllt worden. Mit einem solchen Anspruch auf Beseitigung würde dem Käufer über § 463 BGB jedoch plötzlich ein Nachbesserungsrecht zustehen, welches ihm im System der kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche gerade nicht gewährt wird. Deswegen verpflichtet § 463 BGB den Verkäufer nach allgemeiner Auffassung nicht zur Naturalrestitution, sondern nur zur Leistung eines Schadensersatzes in Geld.
Nach der heute h.M. werden nach § 463 BGB nur sogenannte Mangelschäden nicht jedoch Mangelfolgeschäden ersetzt. Zum Begriff und Ersatz von Mangelfolgeschäden siehe näher unten F.II.2.a.
Der Schadensersatz in Geld kann nach Rspr. und h.L. auf verschiedene Weise berechnet werden. Beim sogenannten "kleinen Schadensersatz" behält der Käufer die mangelhafte Sache und verlangt im Übrigen die Differenz zwischen dem Wert der mangelhaften und dem Wert der mangelfreien Sache.
Quelle :
Quelle :
http://www.ihk-siegen.de/fairplay/merkblaetter/gewaehrl_kauf.pdf