Schon lustig, daß ein so kleiner Laden meint, eine Rufbereitschaft zu brauchen...
Wie auch immer: Bevor eine Rufbereitschaft eingerichtet werden darf, muß geklärt sein, wie diese auch vergütet wird und wie die angefallene Mehrarbeit ausgeglichen wird. Zudem sollte betrachtet werden, in welchem Rahmen überhaupt Mehrarbeit anfallen wird.
In Eurem Laden sehe ich kein Problem, dies zu formulieren. Durch den Zweischichtbetrieb (bei gerade einmal zehn MA?) leistet ihr ja noch nicht einmal die vollen Rufbereitschaftsstunden eines nur-Tagesdienstlers.
Klar, für die Betroffenen ist es Mist, daß mindestens einmal im Monat für eine Woche auch abends/nachts das Telefon bimmeln
kann. Willkommen im Arbeitsleben. Sei froh, wenn Du da nur am Telefon hängen mußt und nicht erst meilenweit zur Arbeit fahren mußt.
Kann der Arbeitgeber begründen, daß er eine Rufbereitschaft
sozialverträglich gestalten kann und eine Rufbereitschaft den Interessen des Unternehmens dient, so kann er diese auch einrichten. Hierzu bedarf es jedoch einer im Vorfelde getroffenen Regelung. Diese ist für Euren Chef weder aufwendig noch schwierig.
Eine Befreiung von der Rufbereitschaft ist ebenso möglich, meist aber nur unter arbeitsmedizinischen Gesichtspunkten oder aus wichtigem Grund. Das sorgt jedoch meist für böses Blut unter dem Kollegen und ist auch nicht so einfach zu erreichen. Da ist es einfacher, mit dem Chef zu klären, daß die Rufbereitschaft nicht benötigt wird, da eh kein Kunde zu nachtschlafender Zeit anruft oder aber die "Einsätze" trivial und ohne größeren, wirtschaftlichen Schaden für Kunden und eigenes Unternehmen wären.
TechX schrieb:
Was wäre denn so schlimm daran am Bereitschaftsdienst teilzunehmen, dass man sich strikt verweigern müsste?
Beispiel aus meiner eigenen Vergangenheit: Jeden Tag mindestens ein RB-Einsatz, der mindestens 3h dauerte (inkl. Fahrtzeiten), jede dritte Woche eine Woche Rufbereitschaft, zusätzlich zum normalen Tagesdienst. Ruhezeiten unmöglich einzuhalten, da a) man das Handy während der Rufbereitschaft nicht ausmachen kann und b) die Kunden nicht wissen, daß man einen Rufbereitschaftseinsatz hatte und wie gewohnt auch kurz nach Dienstbeginn schon anrufen. Der Tagesdienst waren dann mindestens acht Stunden (ohne besondere Schonung, denn das war einfach nicht drin), Wochenenden gab's auch keine (mit Glück konnte man am Wochenende wenigstens mal mehr als vier Stunden am Stück schlafen), an Erholungsurlaub war auch nicht zu denken (Personalmangel, schon seit längerem).
Es wurde auch nur deswegen eine Zeit lang von den MA mitgetragen, da es hier um Menschenleben ging, die indirekt davon betroffen waren. Letztlich aber wollten wir alle da nur noch raus aus der Situation (die meisten von uns sind da jetzt auch raus). Gesetzeskonform und sozialverträglich war das schon lange nicht mehr. Leider fehlte jedoch von Oben jegliches Verständnis.
Allerdings kann ich mich auch an positive Beispiele erinnern (nur nicht in Deutschland, warum auch immer), wo man tatsächlich erstens einen richtig guten monetären Ausgleich für die Einsätze bekam, zweitens wirklich ernst gemeinten Dank des Vorgesetzten und drittens auch ohne Probleme Ruhezeiten und manchmal auch extra freie Tage (zusätzlich zu den geleisteten Stunden, die man abfeiern durfte), wenn's länger dauerte oder an Sonn- bzw. Feiertagen war (dann sogar stets, da per BV garantiert, nicht mehr nach Ermessen des Vorgesetzten). Ein weiterer Bonus war, daß man nie Alleine im Einsatz war, mindestens zu zweit oder zu dritt und auch der allgemeine Umgangston war viel freundlicher. Dabei waren die Einsätze weder geringer noch leichter. Wenn jedoch die Randbedingungen stimmen (allen voran der Umgangston und das Verständnis der Vorgesetzten), lässt es sich ertragen.
Dennoch: Schön ist es nicht, jederzeit damit rechnen zu müssen, daß das Telefon bimmelt. Je mehr sich die Einsätze häufen, umso schlimmer ist die nervliche Belastung. Auch, wenn der Umgangston oder die Forderungshaltung des Chefs schon nicht so angenehm ist. Ich war jedes Mal froh, wenn die Bereitschaftszeit vorbei war.
@TE: Schlagt dem Chef mal vor, daß auch er an der Rufbereitschaft teilnimmt wie jeder andere Arvbeitnehmer. Dann kann er das a) auch einmal einschätzen und b) schnell wieder abschaffen. Oft fehlt den Vorgesetzten einfach das wirkliche Verständnis für die Rufbereitschaft und die damit verbundenen Belastungen.