Weg in die Freiberuflichkeit

spcial

Cadet 2nd Year
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Aug. 2015
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31
Moin!

Ich arbeite derzeit als Software-Entwickler/IT-Berater und erwäge immer ernsthafter den Schritt vom Angestellten zum Freiberufler zu gehen. Hat hier villeicht jemand selbst schon diesen Schritt gemacht und kann davon berichten? Oder hat vielleicht sogar den Schritt wieder zurück zum Angestelltenverhältniss gemacht und kann die Gründe dafür erläutern? Ich hätte einfach gerne ein paar Erfahrungsberichte und würde gerne eine ehrliche Meinung hören, um diese für meine weiteren Schritte abzuwägen.

Ein bisschen Background zu mir:
  • Anfang 30
  • IT Ausbildung
  • IT Studium (Bachelor + Masterabschluss + außereuropäischem Auslandsaufenthalt)
  • In den letzten 5 Jahren bereits bei mehreren Arbeitgebern gearbeitet:
  • 1ter Arbeitgeber (großes IT-Beratungsunternehmen): Nach 6 Monaten Probezeit gekündigt, da mir die Tätigkeit zu eintönig war (überwiegend Testautomatisierung, Java)
  • 2ter Arbeitgeber (Konzern Finanz-/Versicherungsbranche): 2 1/2 Jahre gearbeitet als Software-Engineer/IT-Berater (JEE-Umfeld, auch: Prozessautomatisierung). War an sich eine interessante Tätigkeit, da ich an vielen verschiedenen Projekten und Standorten gearbeitet habe. Jedoch hatte ich schon seit längerem den Wunsch im Ausland zu arbeiten und habe ein Jobangebot in Skandinavien bekommen, weshalb ich dann ausgewandert bin.
  • 3ter Arbeitgeber (Skandinavien - Software-Unternehmen im Bereich Graphics/Medien): 1 Jahr als DevOps-Engineer mit Programmiertätigkeit in Python/C++ gearbeitet. Mir hat die Arbeit und vor allem das Umfeld gefallen aber ich bin aus privaten Gründen (Todesfall in der Familie) wieder nach Deutschland gezogen.
  • 4ter Arbeitgeber (Logistik) - dort arbeite ich seit 9 Monaten als Entwickler/Berater hauptsächlich im .NET C# (konventionelle Software-Entwicklung) sowie Python (ML Projekte) Umfeld. Die Arbeit und die Kollegen sind ganz in Ordnung, jedoch finde ich die Unternehmensführung sowie Kultur (direkte Vorgesetzte sowie Unternehmensführung) ziemlich übel.
Nun habe ich bereits für meine recht junge Berufslaufbahn schon einige Arbeitgeber durch, was natürlich Fragen aufwirft bzw. von manchen Arbeitgebern schon kritisch gesehen werden kann. Ansich bin ich aktuell wieder in der Situation, dass ich mir am liebsten wieder neue Herausforderungen/Projekte suchen möchte, da mir die aktuelle Arbeit wieder zu eintönig wird, mir die Herausforderungen fehlen und ich die Unternehmenskultur bescheiden finden. Das liegt, und das gebe ich ehrlich zu, bestimmt auch daran, dass ich ziemlich hohe Ansprüche an meine Tätigkeit habe (manchmal bestimmt auch ungerechtfertigt zu hohe) und ich oft meinen Kopf über die Unternehmenpolitik-/Kultur schüttele und es mir schwer fällt "ein Teil dessen zu werden". Vielleicht auch eine kleine "Anpassungsstörung" ;-)

Ich bin auch schon seit längerer Zeit (nebenberuflich) als Freiberufler gemeldet und arbeite nebenbei an eigenen Projekten (Websites für Freunde die Ausgründen; Automatisierung von manuellen Tätigkeit (teils Scraping, Datenbeschaffung und Datenweiterleitung); eine größere native Android-App die auch einige tausend Downloads hatte; ML - dies jedoch eher aus privater Neugier), was bisher zwar für ein paar Nebeneinnahmen gesorgt hat, jedoch noch nicht annäherend soweit ist, dass ich davon Leben könnte.

Jedoch überlege ich mich komplett vom Angestelltenverhältniss loszusagen und als Freiberufler zu arbeiten und zum Einstieg ggf. über Hays oder Gulp Projekte zu suchen / anzunehmen, um als Externer mein Brot zu verdienen (ggf. erst mal nur 1 Projekt mit 50% Vor-Ort Tätigkeit, falls möglich). Hierbei geht es mir gar nicht hauptsächlich um die finanziellen Möglichkeiten und die hochgelobten Stundenlöhnen als Externer (die, wir mir bewusst sind, nach allen zu berücksichtigten Abgaben und Rücklagen sich auch in Grenzen halten) sondern eher darum meine Schwäche (häufige Wechsel der Arbeitgeber aus Unzufriedenheit) zu meiner Stärke (Projektbasiertes, freiberufliches Arbeiten) zu machen. Dazu kommt, dass mich die Freiheit reizt mein eigener Chef zu sein, meine geleistete Arbeit in Rechnung stellen zu können und mich von der übrigen, für mich lästigen, Unternehmenkultur loszureißen. Meine Arbeitszeugnisse waren bisher alle sehr gut - vor allem wurde immer als meine Stärke gelobt (auch mündlich): Sehr schnelles einarbeiten; zielorientierte, sselbstständige Arbeitsweise und gute Kommunikationsfähgikeiten. In Kombination mit meinen häufigen Jobwechsel finde ich, ist dies eigentlich prädestiniert für die Tätigkeit als Freiberufler oder bin ich hier einem Bären aufgebunden? Dass mit der Tätigkeit als Freiberufler auch einiges an andererweitiger Tätigkeit wie Buchhaltung und Akquise anfällt sowie mit Unsicherheit und Risiko behaftet ist, ist mir auch klar, jedoch kann ich auch dank Ersparnissen und einem nicht ausschweifendem Leben etwas Leerlauf kompensieren. Notfalls sollte mir ja auch der Weg zurück ins Angestelltenverhältniss offen sein, da die Marktlage für Software-Entwickler aktuell nicht schlecht ist oder scheuen sich Arbeitgeber davor ehemalige Freiberufler einzustellen?

Gerne würde ich einfach eure Meinung dazu hören? Hört sich das wohl überlegt an oder sollte ich noch weitere Dinge betrachten? Oder würde mir jemand gänzlich davon abraten (oder mich vielleicht auch ermutigen zu dem Schritt :-))? Liege ich irgendwo falsch?

Ich habe aktuell eine Kündigungsfrist von 4 Wochen, sodass ich mir erst ein Projekt suchen könnte, um dann recht kurzfristig noch zu kündigen, sodass ich nicht das Risiko eingehe ohne Arbeit/Einkommen dazustehen (zumindest für das erste Projekt).

Danke im Voraus für alle Meinungen!
 
Moin,

habe eine ähnliche Situation gehabt, habe mich für einen IG-Metall Konzern entschieden.
Grundsätzlich würde ich an deiner Stelle nur darauf achten min. für 12 Monate Rücklagen zu haben.

Sollte der Fall eintreten das es nicht funktioniert wird es jedoch schwierig, wenn man sich dein Lebenslauf anschaut könnte nicht nur ein Personaller auf die Idee kommen, dass du irgendwie nicht glücklich wirst (hatte das selbe Problem 3 Unternehmen in 4 Jahren).

Grundsätzlich eine sehr gute Idee :-) ich habe mich nicht getraut ^^
 
Also ich kenne die Situation persönlich nicht, jeder hat einer meiner besten Freunde diesen Schritt gewagt (Er ist jedoch weniger in der IT tätig)

Das schwierigste war für ihn am Anfang, aufgrund fehlender Referenzen Projekte zu bekommen. Er musste feststellen, dass es als „NoName“ erstmal sehr schwierig ist, überhaupt an lukrative Projekte heranzukommen.

Auf Dauer war es dann aber auch die Arbeitsbelastung, die für ihn hart war. Die Arbeitslasten waren sehr ungleich verteilt. Man muss sich als Selbstständiger immer bewusst sein, dass es im Grunde keinen Feierabend/Wochenende/Urlaub gibt. Selbst wenn man es formal so festlegt – im Kopf ist man doch irgendwie immer bei der Arbeit.

Noch ein paar Worte zum Lebenslauf: Der häufige Wechsel kann für Festanstellungen durchaus ein Malus sein. Für Consultingfirmen oder Personaldienstleister ist es ein geringeres Problem, aber gerade Firmen, die Personal längerfristig suchen sind hier eher geneigt zu denken, dass du nach 1-2 Jahren ohnehin wieder gehen wirst.
 
Ich spiele schon länger auch mit dem Gedanken etwas nebenher zu machen. Konnte mich bisher aber bei ner 50h-Woche (ohne Fahrzeit/Reisezeit) nicht dazu aufraffen. Auch pünktlich den Stift fallen zu lassen fällt einem komischerweise schwer wenngleich man selbst weiß, dass nur die Firma etwas davon hat und man selbst fast gar nichts.

Das schwierige ist wie immer der Start und entsprechende Projekte vorweisen zu können. Vllt. suchst du dir erst besser mal 3-4 Projekte, die du neben deinem derzeitigen Job stemmen kannst. So fällst du nicht direkt in ein Loch. Wenn das dann klappt, dann solltest du den Schritt wagen. Vor allem benötigst du dann aber besser 3 Kunden, dass wenn einer mal abspringst du nicht gleich in den Bereich der Scheinselbständigkeit fällst.

Dein eigener Boss bist du aber mit Verlaub als Freelancer keines Falls. Das wärst du nur wenn du eine eigene Firma gründest und direkt ein Produkt für den Endkundenmarkt erstellst. Solange du im B2B-Bereich arbeitest wirst du immer die Governance/Compliance-Richtlinien der jeweiligen Firma beachten müssen. Hinzu kommt, dass du auch nur die direkten Anforderungen des Kunden umsetzt und ggf. deine Rechnungen erst nach 2-8 Wochen bezahlt werden. Du kannst dir zwar die Projekte in einem gewissen Rahmen raussuchen, aber das hat immer auch seinen Beigeschmack.

Deine Job-Wechsel würden Personaler zwar kritisch sehen, wenn du aber glaubwürdig versicherst länger im Unternehmen zu bleiben sollte das eher ein Mehrwert als ein Risiko sein.

Ich glaube für mich ist mit einem Zeithorizont von 5 Jahren eine nebenberufliche Tätigkeit der richtige Weg. Das erfordert aber eine Reduktion der Arbeitsstunden vom Angestelltenverhältnis. Wäre das auch etwas für dich?

PS: Ich habe ein ähnliches Profil wie du(Info-Master, verschiedene Projekte im IT-Consulting, nur weniger AG-Wechsel)
 
Danke zunächst für die Antworten. Dass der Anfang der schwierige Part ist, ist mir auch bewusst. Hier kann ich vielleicht sogar meine vielen AG-Wechsel als Vorteil verkaufen, da ich nunmal schon an verschiedenen Projekte gearbeitet habe, was vermutlich für einen Freelancer eine wichtigere Referenz ist, als 5 Jahre in einem Unternehmen am Stück gearbeitet zu haben.

Nun habe ich in der Zwischenzeit bereits mit einem Vermittler für Projekte geredet und zumindest im Raum Hamburg ist es wohl so, dass überwiegend Freelancer mit Vollzeit-Tätigkeit (also schon so Richtung 35-40h) gesucht werden, die dann auch Vor-Ort arbeiten. Gerne hätte ich mir eher Projekte gewünscht die nur 1-2 Tage / Woche gehen und davon dann halt 2-3, auch um den Vorwurf der Scheinselbständigkeit besser von mir weisen zu können. Jedoch habe ich das Gefühl, dass man da als Einsteiger nicht sehr viel Handlungsspielraum hat. Andererseits ist natürlich eine Vollzeit-Auslastung bei entsprechendem Stundenlohn auch nicht schlecht (auch um am Anfang ein entsprechendes Polster aufzubauen).

Jedoch ist die Idee das Angestelltenverhältnis zu reduzieren (ggf. auf 40-60%) und dann für die restliche Zeit ein Projekt als Freiberufler anzunehmen keine schlechte Idee, das lass ich mir nochmal durch den Kopf gehen.
 
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