@gbene: Solche Geschichten kann ich zwar potenziell bestätigen, aber man diese eben auch aus dem richtigen Licht betrachten: du hast halt auch "nur" ein duales Studium, welches du "nur" an einer FH gemacht hast und das "nur"
Wirtschaftsinformatiker.
Eine FH hat nun mal, wenn man gewissenhaft studiert, einen geringeren Anspruch als eine Universität und legt auf andere Kompetenzen wert. Ein duales Studium wiederum ist zeitintensiver, da mehr Fleiß vorausgesetzt wird, aber auch einfacher vom stofflichen Standpunkt her, als ein normales Studium...und schlussendlich hat man als Wirtschaftsinformatiker je nach Studienplan mehr oder weniger viel Wirtschaftsmodule, welche allgemein (verglichen mit anderen Fachrichtungen, besonders MINT) einen eher niedrigen Anspruch haben.
Ich möchte weder dich beleidigen noch mich profilieren, das ist absolut nicht meine Intention. Nichtsdestoweniger ist eine FH darauf ausgerichtet, die Studenten in der Praxis zu schulen und weniger in der Theorie/Wissenschaft. Ebenso ist der Studienplan sowie der Studienablauf eher verschult als dem einer Universität ähnlich.
Daraus resultiert dann ein oftmals höherer Workload, weil praxisorientiertes Arbeiten die Wiederholung und das Lernen (im Sinne von eher Auswendiglernen) erfordern. Man wird darauf getrimmt, einen möglichst ertragreichen Output zu generieren und effektive Tätigkeiten zu erlernen, mit den man handfeste, praktische Ergebnisse erzielen kann.
Bei einem dualen Studium, so liest man zumindest von dem ein oder anderen Autor, wird noch mehr des universitären Anspruchs den wirtschaftlichen Kernkompetenzen geopfert. Logischerweise, denn man kann schließlich nicht ein komplettes Studium, welches ohnehin schon eine Vollzeitbeschäftigung ist, parallel zu geregelten Arbeitszeiten in einem Unternehmen betreiben. Ergo müssen die wissenschaftlichen Ansprüche weiter gemindert und/oder Stoff gekürzt werden. Diese Thesen, die man allerorts im Internet findet, fanden schon vielfach Bestätigung in meinem persönlichen Umfeld.
Solche Ausbildungsformen zielen auf Wirtschaftlichkeit, Ertragsreichtum, Fleiß, hohe Belastbarkeit usw. ab...kurzum darauf, den perfekten Arbeitnehmer für ein Unternehmen "heranzuzüchten".
Die Universität hingegen hat den Anspruch, höchstens minimal auf irgendetwas anderes als Wissenschaft einzugehen. Ich vermeide hier explizit den Begriff "unterrichten", denn genau das findet eben an einer Uni nicht statt. Man möchte jedem Studenten so wenig Richtlinien wie möglich vorgeben, es ist explizit erwünscht, dass Studenten einer Universität größtenteils aus Eigenantrieb und freiem Willen tun, was sie tun. Selbstständigkeit und Individualismus sind hier gefragt Kernkompetenzen. Theorie und Wissenschaft stehen absolut im Fokus.
Bedauerlicherweise ist viel den Bologna-Reformen zum Opfer gefallen, aber glücklicherweise hat sich an den Grundprinzipien von Universitäten nicht sehr viel geändert. Leider kann man durch die Freiheiten einer Universität, jenes machen nicht Wenige, auch viel Faulenzen, wenn man es denn drauf anlegt: Ich hatte in meinem Bachelor z.B. nur in den ersten zwei Semestern überhaupt wirkliche Pflichtmodule. Danach und teilweise sogar währenddessen kann man sich seinen Studienplan sehr frei zusammenwählen. Da verfallen Viele der Versuchung und wählen Module, bei denen man wenig tun muss und haben infolgedessen viel Freizeit.
Es gibt aber durchaus auch noch Bildungs- und Wissenschaftverliebten, die das Studium als Chance zur persönlichen Weiterentwicklung sehen. Ich z.B. habe, wo ich nur konnte, weiterführende Mathematikmodule, Algorithmik, theoretische Informatik, künstliche Intelligenz, Robotik usw. gewählt. Nie wählte ich auch nur ein einziges einfaches Modul oder habe überhaupt auch nur nach einfachen Modulen Ausschau gehalten.
So sieht man in meinem Studienplan über die Semester Theoretische Informatik 1 & 2, Algorithmik 1 & 2, Analysis 1 & 2, Lineare Algebra 1 & 2, Höhere Analysis, Graphentheorie, Stochastik, Analytische Geometrie, Data Mining, Praktika sowie Projekte und Seminare zum Thema Robotik, Künstliche Intelligenz, Neuronale Netze u.s.w.
Mal überspitzt formuliert kann keiner meiner Freunde, die an FHs studier(t)en, mehr in Mathematik oder Theorie, in Algorithmik oder anderen schwierigen Disziplinen als ich schon mehr oder weniger nach Plan in den ersten zwei Semstern an der Uni gemacht habe.
Andererseits sind die sehr fleißig, für Arbeitgeber attraktiv und können von 9 bis 20 Uhr im Büro Output generieren. Und das direkt ab dem Tag ihrer Einstellung, da sie anstatt wissenschaftlicher Praktika wie ich, Praktika in Unternehmen absolviert haben und ob sie nun aus der Modellierungsschiene kommen, sich eher im Consulting zu Hause fühlen oder Coder sind: auf ihrem Einsatzgebiet sind sie praktisch absolut fit. Direkt von Tag 1 an liefern sie also gute, praktische Arbeit und wirtschaftliche Erträge/Ergebnisse.
Das sind wiederum Fähigkeiten, die weder in meinem Studium jemals von Relevanz waren, noch habe ich sonstwie viel darüber gelernt. Ich bin also sicherlich in weniger Programmiersprachen so flüssig wie meine FH-Freunde und kann auch sicherlich in einem wirtschaftlich angehauchtem Consultinggespräch weniger Input liefern.
However: Statistiken zu Durchfallquoten, IQ-Verteilungen und generelle Forschungen zu Fleiß/Praxisfertigkeiten vs. Theorie zeigen, dass der Anspruch (im Durchschnitt) und die Studenten (im Durchschnitt) von einem intellektuellem Standpunkt aus gesehen an der Universität fähiger sind, was sie ja auch sein müssen: Theorie und Wissenschaft sind eben die (intellektuell gesehen) schwierigsten Felder, die es überhaupt gibt.
Insofern verwundert es kaum, dass Menschen, deren Intellekt bei beispielsweise theoretischer Physik an einer Universität versagt, an einer FH oder eben in einem dualen Studium problemlos zurechtkommen. Der Anspruch ist eben Fleiß, Wirtschaft, Praxis - das ist im Vergleich nicht schwierig/anspruchsvoll, man muss nur durchhalten.
Ebenso verwundert es ja auch niemanden, dass manch ein theoretischer Physiker z.B. in Consultingangelegenheiten (soziale Komponente) oder anderen Praxistätigkeiten keinen Nobelpreis gewinnen würde...