Netzteile: Tacens vergibt 80Plus-Zertifikat zu Unrecht

Philip Pfab
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Netzteile: Tacens vergibt 80Plus-Zertifikat zu Unrecht
Bild: Tacens

Während Tacens noch an der breiten Verfügbarkeit der eigenen Produkte im deutschsprachigen Raum arbeitet, fällt der Hersteller bereits mit unberechtigten 80Plus-Zertifikaten auf. Die Serien Valeo V und Radix VII AG werden zu Unrecht als 80Plus-Silber angepriesen.

Schon beim Blick auf die offizielle Abbildungen des Herstellers fällt auf, dass beide Serien nur mit einer Eingangsspannung von 200 bis 240 Volt betrieben werden dürfen. Reine 230-Volt-Netzteile für Endkunden können zwar seit April 2014 ebenfalls zertifiziert werden, müssen dafür jedoch auch mit 230 Volt getestet werden. Die betreffenden Netzteile von Tacens wurden laut den offiziellen Testberichten bei Ecova mit 115 Volt getestet. Die bei Ecova getesteten Muster stimmen demnach nicht mit den in Deutschland verkauften Exemplaren überein.

Tacens Radix VII AG
Tacens Radix VII AG (Bild: Tacens)
Tacens Valeo V
Tacens Valeo V (Bild: Tacens)

Auf Anfrage von ComputerBase behauptet Tacens, dass es zulässig wäre, die vorgesehene Eingangsspannung je nach vorgesehenem Verkaufsgebiet anzupassen und das 80Plus-Zertifikat trotzdem zu verwenden. Dies entspricht, wie ComputerBase von Ecova versichert wurde, jedoch nicht den Regeln von 80Plus und ist nicht zulässig. Der Hersteller ist mit seiner offiziellen Begründung im Irrtum. Die Regeln schreiben vor, dass bei jeglicher Modifikation der Elektronik eine erneute Überprüfung durchgeführt wird, um das 80Plus-Zertifikat weiterhin führen zu dürfen.

Reine 230-Volt-Netzteile müssen zudem zwingend mit dieser Eingangsspannung getestet werden und auch leicht höhere Anforderungen erfüllen. Letztere sollen ausgleichen, dass alle Netzteile durch die höhere Eingangsspannung etwa ein bis drei Prozentpunkte an Wirkungsgrad gewinnen.

Hinzu kommt in diesem Fall, dass die offiziellen Ecova-Berichte aus dem Jahr 2009 stammen. Derart alte Technik heute in neuen Produkten zu verwenden, wäre ein sehr ungewöhnlicher Schritt: Moderne Plattformen erreichen den gleichen Wirkungsgrad mit weit einfacheren Mitteln und können somit preiswerter hergestellt werden. Die spanischen Kollegen von RealHardTechX decken die Gründe auf: Der Hersteller nutzt eine Lücke im System 80Plus.

Erklärt eine Netzteilmarke, ihr Produkt sei technisch identisch zu einem bereits getesteten Spannungswandler des gleichen OEM, kann das Zertifikat gegen (reduzierte) Gebühr ohne neuen Test übertragen werden. Allerdings ist auch dies bei Tacens nicht zutreffend: Die 80Plus-Exemplare des Radix VII AG stammen von FSP, die des Valeo V von Enhance. Die tatsächlich verkauften Modelle verwenden jedoch Technik von Andyson.

Dass auch die Verkaufsexemplare die beworbene Effizienz liefern, wäre daher reiner Zufall. Für Käufer, die bereits eines der betroffenen Geräte erworben haben, gelten in Deutschland die gesetzlichen Rechte des Käufers bei Mängeln.

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