Post-Snowden-Ära: Microsoft bringt deutsche Cloud gegen US-Überwachung

Andreas Frischholz
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Post-Snowden-Ära: Microsoft bringt deutsche Cloud gegen US-Überwachung
Bild: Microsoft

Microsoft will das Cloud-Geschäft in Deutschland ausbauen und setzt dabei auf eine Partnerschaft mit der Deutschen Telekom. Der Bonner Konzern soll als „Datentreuhänder“ den Zugang zu den Kundendaten kontrollieren.

Grundsätzlich ist der Plan, dass Microsofts Dienste Azure, Office 365 und Dynamics CRM Online künftig auch auf Rechenzentren in Magdeburg und Frankfurt am Main laufen. Dabei handelt es sich sowohl um private als auch öffentliche und hybride Cloud-Lösungen. Diese sollen dann die gleichen Technologien und Sicherheitsstandards wie die globalen Cloud-Angebote des Redmonder Konzerns bieten.

Dazu zählen etwa Multi-Faktor-Authentifizierungen, biometrische Scans, Smartcards, Datenverschlüsselungen nach SSL/TLS-Protokollen, physische Sicherheitsmaßnahmen, Sicherungen gegen Naturkatastrophen und Stromausfälle. Um den Verbleib der Daten in Deutschland zu sichern, findet der Datenaustausch zwischen den Rechenzentren über ein separates, vom Internet getrenntes Netzwerk statt.

Ohnehin ist der Datenschutz das Besondere an diesem Vorhaben. So stellt Microsoft zwar die Technologie für die Cloud-Dienste, doch der Schutz der Kundendaten soll durch die Kooperation mit der Deutschen Telekom gewährleistet werden. Denn das Tochter-Unternehmen T-Systems wird als Datentreuhänder eingesetzt, der den Zugang zu den Kundendaten kontrollieren und überwachen soll.

Durch diese Konstruktion soll Microsoft erst auf die Kundendaten zugreifen können, wenn der Treuhänder oder der Kunden zustimmt. Und selbst mit einer Zustimmung werden die Daten nur unter Aufsicht von T-Systems abgerufen. Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit eine Einsicht erfolgen kann, wird allerdings nicht genauer beschrieben. Durch die Wahl einer deutschen Rechtseinheit sollte der Zugang allerdings nur nach deutschem Recht gestattet sein.

Datensicherheit im NSA-Zeitalter

Die Telekom profitiert von dieser Kooperation, weil der Konzern auf diese Weise ein weiteres Standbein im Cloud-Geschäft erhält. Und der Vorteil für Microsoft? „Durch die Partnerschaft mit T-Systems können sich Microsoft-Kunden für ein Datenschutzniveau entscheiden, das die Anforderungen deutscher Unternehmen und vieler Kunden des öffentlichen Sektors erfüllt“, erklärte Anette Bronder, Director der Digital Division von T-Systems.

Denn seit den NSA-Enthüllungen sind amerikanische Anbieter stets mit dem Vorwurf konfrontiert, dass US-Behörden jederzeit auf sensible Daten zugreifen können. Diesen Vertrauensverlust spüren die Unternehmen auch im Alltag, denn aus diesem Grund hatte etwa auch die Bundesregierung einen Vertrag mit dem amerikanischen Provider Verizon gekündigt. Und durch das Safe-Harbor-Urteil hat sich das politische Klima in den letzten Wochen nochmals verschärft.

Microsoft als gebranntes Kind

Zumal Microsoft selbst ein gebranntes Kind ist. So klagt das amerikanische Justizministerium derzeit gegen den Redmonder Konzern, um Zugriff auf Nutzerdaten zu erhalten, die allerdings auf Servern in Irland gespeichert sind. Dass in diesem Fall zunächst einmal irisches Recht gilt, soll dabei nicht relevant sein. Denn die Argumentation lautet: Wenn Kundendaten auf den Servern eines amerikanischen Konzerns gespeichert sind, wollen die US-Behörden darauf zugreifen können – und zwar weltweit.

Mit der Telekom als Datentreuhänder setzt Microsoft nun aber einen Türsteher ein, an dem die US-Behörden vermutlich nicht ohne Weiteres vorbei kommen. Und wenn auf diese Weise garantiert wird, dass in Deutschland gespeicherte Daten nicht einfach abgerufen werden können, soll dann wieder das Vertrauen hergestellt werden, das in den letzten Jahren gelitten hat – und damit auch das Cloud-Geschäft bedroht hat.

Der Start der deutschen Microsoft-Cloud ist für die zweite Jahreshälfte 2016 vorgesehen. Die entsprechenden Angebote sollen dann auch für Kunden aus anderen europäischen Ländern bereitstehen.