CPU-Temperatur auslesen: Wie heiß darf ein Prozessor werden?

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CPU-Temperatur auslesen: Wie heiß darf ein Prozessor werden?

tl;dr: Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, sich die Prozessortemperatur anzeigen zu lassen. Doch CPU-Temperatur ist häufig nicht gleich CPU-Temperatur. Wichtig ist, wo und was wirklich gemessen wird. Und dann stellt sich oft die Frage: Wie heiß darf der Prozessor wirklich werden? Ein Überblick für die heißen Tage des Sommers.

CPU-Temperatur

Update

ComputerBase hat den Artikel auf den aktuellen Stand gebracht. Ab sofort finden sich auch Angaben zur den maximal erlaubten Temperaturen von AMD Ryzen 2000, Ryzen Threadripper und Intel Coffee Lake in dem Artikel wieder.

Update

Dieser Artikel ist bei der Leserschaft auf großes Interesse gestoßen. Gleichzeitig wurde klar, dass einige Aussagen, die im ursprünglichen Artikel getätigt wurden, einer weiteren Ausformulierung bedurften, um die aufgeworfenen Fragen wirklich abschließend beantworten zu können.

Ergänzt wurden zahlreiche Informationen zu unterschiedlichen Temperaturwerten, die für die Steuerung und Nutzung eines Prozessors sowohl für den Nutzer als auch den Hersteller und später die Technik selbst von Bedeutung sind. Dabei wurde insbesondere der Unterschied zwischen Tjunction und Tcase noch einmal deutlicher herausgearbeitet.

In der früheren Version dieses Artikels wurde außerdem angegeben, dass Tcase Max in Abhängigkeit zur TDP eines Kühlers berechnet wird. Dies ist nicht der Fall. Die Redaktion bittet den Fehler zu entschuldigen.

Zugleich geht der Dank an David Burkhardt alias davidzo, ehemaliger System-Engineer bei einem OEM-Hersteller, für die Unterstützung bei der Erweiterung des Artikels. Zwei seiner Tipps zu Lebensdauer und empfehlenswerter Temperatur einer CPU in Abhängigkeit des Anwendungsgebietes sind gegen Ende des Artikels als ausführliche Zitate integriert worden.

Um eine ideale und die maximale CPU-Temperatur ranken sich zahlreiche Mythen. Logisch ist, je kühler die CPU, desto besser. Doch wo Strom fließt, entsteht immer auch Wärme. Häufig wird dazu geraten, dass ein Prozessor unter Last nicht heißer als 70 Grad werden sollte – auch im übertakteten Zustand. Doch wie heiß darf ein Prozessor wirklich werden – und welcher Wert ist mit der CPU-Temperatur gemeint? Die Hitze am Heatspreader oder die der einzelnen Kerne? Zur Verwirrung trägt ebenfalls bei, dass es unzählige Tools gibt, mit denen man Temperaturen und Spannungen eines Computers auslesen kann, diese aber nicht zwingend übereinstimmen.

Wovon hängt die Temperatur eines Prozessors ab?

Die tatsächliche Temperatur der Hauptrecheneinheit hängt immer von mehr als einem Faktor ab. So spielen natürlich der Prozessor selbst und die Art der Last eine große Rolle. Dazu kommt aber noch die Leistungsfähigkeit der Kühlung/des Kühlkörpers. Dies betrifft nicht nur den CPU-Kühler (z.B. Wärmeleitwert) selbst, sondern auch die Gehäuselüftung, die schlussendlich dafür verantwortlich ist, die durch den Prozessor erzeugte Wärme nach draußen zu befördert. Leistungsfähige Grafikkarten können zusätzlich dafür sorgen, dass die Temperatur weiter steigt, da auch deren Abwärme aus dem Case befördert werden muss. Auch die Umgebungstemperatur spielt eine wichtige Rolle.

Möchte man die Temperatur eines Prozessors senken, lohnt sich also häufig, einen Blick auf die Kühlung in Form des Kühlkörpers als auch der Gehäuselüftung zu werfen. Kennt man sich mit dem Innenleben eines PCs und Prozessoren etwas aus, kann man außerdem darüber nachdenken, die an der CPU anliegende Spannung etwas abzusenken, den Chip also zu „undervolten“. Im Gegensatz dazu ist beim sogenannten Overclocking meist eine erhöhte Spannung notwendig, die wiederum zu einer erhöhten Wärmeabgabe führt.

AMD berechnet die Maximaltemperatur anders als Intel. Hier zu sehen: Ryzen 5
AMD berechnet die Maximaltemperatur anders als Intel. Hier zu sehen: Ryzen 5

Welche Werte werden gemessen?

Bezüglich der zu einer CPU angezeigten Temperatur kommt es häufig zu Verwirrung, da nicht ganz klar ist, was überhaupt wo gemessen wird. Dieser Artikel bezieht sich hauptsächlich auf CPUs von Intel, das Vorgehen bei AMD dürfte allerdings ähnlich sein.

Eine allgemeine Temperatur, die für Hardwarehersteller interessant ist, wird an der Oberfläche des „Integrated Heat Spreader“ (IHS) gemessen. Das ist die Metallabdeckung, mit der jeder Prozessor ausgestattet ist. Der Sensor befindet sich also nicht direkt am Chip selbst und zeigt in der Regel auch etwas niedrigere Werte an als die Sensoren, die sich direkt in den Kernen befinden. Tatsächlich gemessen wird der Wert nur bei der Konstruktion eines Computers, später lässt sich diese Temperatur nur noch rechnerisch abschätzen. Warum dieser Wert (nämlich „Tcase“) fälschlicherweise trotzdem von Privatanwendern herangezogen wird, findet sich weiter unten im Artikel).

Tcase wird während der Konstruktion eines Computers gemessen und ist für Privatanwender nicht aussagekräftig.
Tcase wird während der Konstruktion eines Computers gemessen und ist für Privatanwender nicht aussagekräftig. (Bild: Intel)

Sehr vereinfacht ausgedrückt gibt es also bei einem Dual-Core-Prozessor drei Temperaturen (allgemein, Kern 1, Kern 2), bei einem Quad-Core entsprechend fünf usw. (In der Realität sind es deutlich mehr Sensoren.) Wichtiger sind immer die Temperaturen der Kerne, da diese deutlich aussagekräftiger sind als die allgemeine CPU-Temperatur. Bei diesen spricht man von „Tjunction“. Tatsächlich befinden sich in einem CPU-Die wesentlich mehr Sensoren, ausgegeben wird aber immer der höchste Wert je Kern.

Bei AMD-Systemen mit den neuen Ryzen-CPUs werden zum aktuellen Zeitpunkt von den einschlägigen Programmen zwei unterschiedliche CPU-Temperaturen ausgelesen – unabhängig zur Kernanzahl. Vermutlich bezieht sich eine dieser Temperaturen auf die höchste Kerntemperatur, während die zweite Zahl ein Wert ist, der vom Mainboard gemessen und anschließend hochgerechnet wird.

Tjunction, Tj Max, Tcase, Tcase Max – was ist was?

Zusammengefasst: Bei der „allgemeinen“ CPU-Temperatur (am IHS) spricht man auch von Tcase, bei den Kerntemperaturen von Tjunction. Erstere ist mindestens fünf Grad niedriger als die Kerntemperatur, häufig ist der Unterschied aber noch deutlich größer. Der Grund dafür liegt einfach in der unterschiedlichen Nähe zur Hitzequelle: den Kernen. Der Begriff Tj Max bezieht sich wiederum auf die maximale Kerntemperatur, bevor der Prozessor drosselt oder das System instabil wird, während Tcase Max die maximale Temperatur beschreibt, die während des Messvorgangs gemessen werden darf. Tjunction ist für den Privatanwender aussagekräftig, Tcase nicht.

Folgende Bezeichnungen sind bei der Temperatur-Messung für Privatanwender von Bedeutung:

Abkürzung Beschreibung
DTS
(Digital Thermal Sensors)
Diese digitalen Sensoren werden seit der Pentium-M-Reihe in CPUs von Intel verbaut und helfen bei der Temperaturbestimmung. Sie geben das Delta zwischen maximaler und aktueller Tjunction-Temperatur aus. Jede CPU verfügt über zahlreiche DTS, ausgegeben wird immer die höchste gemessene Temperatur.
Tjunction Temperatur direkt an den Kernen. Berechnet wird der Wert folgendermaßen: Tjunction = Tjunction Max – DTS-Ausgabe.
Tcontrol Angestrebte Temperatur, liegt die tatsächliche darüber, wird der Lüfter beschleunigt, bis Tcontrol wieder unterschritten wird.
Tjunction Max
(auch TCC Activation Temperature)
Kerntemperatur, ab der gedrosselt wird
PROCHOT#
(Signal)
Erreicht DTS den Wert 0, ist Tj Max erreicht, Prozessor wird daraufhin gedrosselt.
Tcritical
Temperatur, die zu Notabschaltung führt
THERMTRIP#
(Signal)
Überschreitet eine Kerntemperatur Tj Max, wird die Spannungsversorgung der CPU unterbrochen, vereinfacht gesagt wird der Prozessor ausgeschaltet.
PECI
(Platform Environmental Control Interface)
Hardwareinterface, gibt Durchschnittswert der Temperatur des heißesten CPU-Kerns aus, wird für die Lüftersteuerung, Drosselung und Notabschaltung der CPU verwendet
MSR
(Model Specific Register)
Interface zwischen CPU und Software (beispielsweise HWiNFO), gibt Werte für einzelne Kerne aus

Folgende Angaben sind hauptsächlich für Hersteller von Belang:

Abkürzung Beschreibung
Tcase Nur für Hardwarehersteller interessant: Gemessen wird eine Temperatur ganz zentral am Heatspreader. Sie dient als wichtige Grundlage für die Entwicklung einer Kühllösung. Dieser Wert kann später nur noch annäherungsweise berechnet werden.
Tcase Max Maximale Tcase-Temperatur, ebenfalls nur für Hersteller interessant
TDP
Thermal Design Power
Die maximale thermische Verlustleistung generiert von einem Chip (wie einer CPU), auf deren Grundlage eine Kühllösung konzipiert wird. Dabei handelt es sich um einen nominellen Wert, die tatsächliche Verlustleistung kann kurzzeitig höher liegen. Die TDP sagt nichts über den tatsächlichen Energieverbrauch aus.

Tcase ist für den Privatanwender keine nützliche Angabe, aber auch bei Tjunction und Tjunction Max muss man einige Kompromisse in Kauf nehmen:

There are quite a few third-party software utilities available for both Windows and Linux operating systems to read the DTS. However the developers for these tools do not have visibilities on certain information of DTS and they have to make some assumptions. Users of these tools need to be aware of the limitations of these tools.

Intel

Die gängigen Tools weisen also Einschränkungen bezüglich der Genauigkeit auf. Dazu kommt, dass auch die DTS trotz Kalibrierung nicht zu 100 Prozent genau sind – je niedriger die Temperatur, desto ungenauer werden sie. Um einen generellen Eindruck der Temperatur unter Last zu erhalten, sind die aufgeführten Tools aber auf jeden Fall geeignet. Die Idle-Temperaturen sind hingegen Schätzwerte, die stark von den tatsächlichen Temperaturen abweichen können.

Tcase Max gibt es nicht überall

Mobile Prozessoren besitzen keinen IHS, hier wird die Maximaltemperatur immer mit Tjunction angegeben. Ab der Core-i-Generation 7 (Kaby Lake) verzichtet Intel in der eigenen Produktdatenbank auch bei Desktop-Prozessoren auf das uneindeutige Tcase, das für Privatanwender keinen wirklichen Mehrwert bietet, und verwendet Tjunction.

Wirft man in der Intel-Produktdatenbank einen Blick auf die verschiedenen Prozessorgenerationen, fällt auf, dass ältere Modelle teilweise einen höheren Tcase-Max-Wert aufweisen. Dies liegt an der Wärmeleitfähigkeit der Komponenten eines CPU-Packages: von den einzelnen Kernen bis hin zum Heatspreader. Ist diese besser, kann die Verlustleistung kurzzeitiger Temperaturspitzen besser weitergeleitet werden. Tcase kann höher liegen, ohne dass die Kerne Gefahr laufen zu überhitzen. Ist die Leitfähigkeit allerdings schlecht, muss auch Tcase Max niedriger liegen, um allzu hohe Temperaturen in den Kernen zu vermeiden. Je höher ein CPU-Modell taktet, desto heißere Hotspots können entstehen, deswegen haben schnellere CPUs unter Umständen einen niedrigeren Tcase-Max-Wert: Die größere Verlustleistung kann nicht instantan abgeleitet werden.

Offset bei der ersten und zweiten Ryzen-Generation

Bei AMDs Ryzen-CPUs in der ersten Generation hat man das Problem der Temperaturspitzen dadurch gelöst, dass man bei den Modellen mit 95 Watt ein Temperatur-Offset von 20 Grad eingeführt hat. Die Lüfterdrehzahl hängt von der Tjunction-Temperatur ab, dadurch erhöht sich entsprechend die Kühlleistung, aber auch die Lautstärke. Doch das Feature war am Ende verwirrend und nicht einheitlich, da es auch viele Ryzen-Prozessoren ohne Offsets gab – in der zweiten Generation wurde es mit einer Ausnahme deshalb wieder gestrichen. Die Ausnahme ist der Ryzen 7 2700X (Test) mit einem Offset von 10 °C.

Die TDP ist ein zweischneidiges Schwert

Anzumerken gilt es auch an dieser Stelle: Die TDP sagt bei modernen Turbo-Taktraten-CPUs in der Regel nichts über den tatsächlichen Verbrauch einer CPU aus, zumal er von Herstellern auch noch unterschiedlich definiert wird – und sich diese Definition über Jahre hinweg auch immer wieder geändert hat. Unterm Strich handelt sich bei der TDP im Jahr 2018 um einen typischen Verbrauch unter vorab definierter Last, Intels aktuelle Definition macht das sehr deutlich und nennt explizit den Basistakt. Laut AMD ist die TDP „the measurement of an ASIC’s thermal output, which defines the cooling solution necessary to achieve rated performance“ – das ist deutlicher als Intel auf den Kühler bezogen. Beide sind sich aber einig: Eine Kühllösung sollte mindestens für die TDP oder höher ausgelegt sein, um mindestens die mit dem Basistakt definierte Leistung zu ermöglichen.

Prozessor identifizieren

Mit dem kostenlosen Tool CPU-Z kann man den eigenen Prozessor ganz einfach identifizieren, wenn man sich nicht sicher ist, welches Modell genau verbaut ist. Das Modell ist die Grundlage für die empfohlenen Durchschnitts- und Maximaltemperaturen. Auch HWiNFO und AIDA64 geben diese Informationen aus.

CPU-Z
CPU-Z

Prozessortemperatur (mit Tools) auslesen

Um sich die Temperatur eines Prozessors und seiner Kerne anzeigen zu lassen, kann man auf zahlreiche kostenlose und kostenpflichtige Tools zurückgreifen. Als gängigste Programme seien hier HWiNFO, Core Temp und AIDA64 erwähnt. Letzteres ist nach einer kostenlosen Probephase nur noch mit einer Lizenz nutzbar.

Temperatur im BIOS

Die CPU-Temperatur im BIOS ist immer höher als unter Windows im Leerlauf, da hier keine Energiesparmaßnahmen eingesetzt werden und die Kernspannung meist höher ist als unter Windows, um eine Initialisierung des Systems unter allen Umständen gewährleisten zu können. Man sollte also, um einen besseren Eindruck zu erhalten, die Temperaturen immer unter Windows/Linux messen, auch da sich diese unter Last noch einmal unterscheiden.

CPU-Temperatur im BIOS
CPU-Temperatur im BIOS

Temperaturen in HWinfo und AIDA64

Mit AIDA64 und HWiNFO kann man sich umfangreiche Werte und Messdaten des eigenen PCs ausgeben lassen. AIDA64 ist etwas aufgeräumter, allerdings auch kostenpflichtig, während HWiNFO dauerhaft kostenfrei genutzt werden kann, auf den ersten Blick aber unübersichtlich wirkt.

Von Programmen häufig verwendete Bezeichnungen
Abkürzung Beschreibung
CPU Package Höchste Temperatur aller CPU-Kerne (inklusive Grafik)
CPU IA Cores
(auch CPU Max)
Höchste Temperatur der normalen CPU-Kerne
CPU GT Cores Höchste Temperatur in den Grafikkernen einer CPU

AIDA64 gibt folgende Temperaturen aus: CPU (evtl. Messwert, der von Mainboard erhoben wird), CPU Package, CPU IA Cores, CPU GT Cores, einzelne Kerne, PCH und GPU. Wenn weitere Komponenten wie beispielsweise Festplatten oder Netzteile über einen Temperatursensor verfügen, werden diese Daten ebenfalls angezeigt. Darüber hinaus kann man im Bereich Sensoren auch Lüfterdrehzahlen sowie Spannungs- und Leistungswerte einsehen.

AIDA64
AIDA64

HWiNFO zeigt die Temperaturen der Kerne und Core Max an. Außerdem wird die Distanz zu Tj Max ausgegeben. Weiter unten im Sensorfenster findet man außerdem CPU Package, CPU IA Cores und CPU GT Cores. In der Tabelle zum Mainboard werden noch weitere Messwerte ausgegeben, die sich nicht ganz einfach zuordnen lassen, da ihre Beschreibung eher kryptisch ausfällt.

Die Werte dürften bei beiden Programmen auf den Angaben aus dem Model Specific Register einer CPU beruhen.

HWiNFO
HWiNFO

Temperaturen mit Afterburner auch in Spielen anzeigen lassen

Möchte man sich Messwerte wie CPU- oder GPU-Temperatur, Takt und Spannung auch in Spielen anzeigen lassen, kann man auf das nützliche Tool MSI Afterburner zurückgreifen. Mit dem Programm lassen sich Werte festlegen, die in einem Overlay während des Spielens ausgegeben werden sollen.

In den Einstellungen des Afterburner-Programms kann man festlegen, welche Werte per Overlay in Spielen angezeigt werden sollen.
In den Einstellungen des Afterburner-Programms kann man festlegen, welche Werte per Overlay in Spielen angezeigt werden sollen.

Wie heiß darf eine CPU werden?

Die maximale CPU-Temperatur, also Tjunction Max, unterscheidet sich zwischen Intel und AMD. Auch deshalb sind Temperaturvergleiche zwischen den Hersteller nur sehr schwer möglich.

Intel-CPUs

Tj Max beläuft sich bei aktuellen Prozessoren von Intel in der Regel auf 100 Grad. Seit Kaby Lake und damit auch in der neuen Generation Coffee Lake gibt der Hersteller die maximale Temperatur der Kerne für Desktop-Chips direkt an. Dies unterscheidet sich lediglich bei den stromsparenden T-Modelle ein wenig, bei regulären Varianten liegt sie bei 100 Grad.

Es ist also nicht notwendig, sich Gedanken über eine Kern-Temperatur von 70 Grad zu machen. Der Chip hält dies aus und kann dauerhaft 80 Grad oder mehr überstehen.

Generation Angabe in Maximal-Temperatur (Grad Celsius)
Coffee Lake allgemein Tjunction Max 100
Coffee Lake i-xxxxT Tjunction Max 82-100*
Kaby Lake allgemein Tjunction Max 100
Kaby Lake i-xxxxT Tjunction Max 80-92*
Skylake Tcase Max 64–71*
Haswell Tcase Max ~66,4–74,04*
*je nach Modell

AMD-Prozessoren

AMD ist etwas weniger auskunftsfreudig, was Tcase und Tjunction angeht, nur zum Start werden diese bei bestimmten Prozessoren auf Nachfrage mitgeteilt. Für die ersten Ryzen-Prozessoren wurden zwei Tcase-Werte für die 95- und 65-Watt-CPUs genannt: Bei Ersteren beläuft sich der Wert auf 62 Grad Celsius, bei Letzteren auf 72,3 Grad. Auch bei der zweiten Generation sind die Temperaturen für Tcase nur vom Flaggschiff bekannt, es deutet aber auf sehr ähnliche Werte hin wie bisher. AMDs Datenbank führt fast alle Modelle für Temperaturen von maximal 95 Grad auf – diese ist letztlich vergleichbar mit Intels Angaben in ihrer Datenbank für Tjunction.

CPU Tcase Max (Grad Celsius) max. Temperatur (Grad Celsius)
Ryzen 1xxx 72,3 95
Ryzen 1xxxX 62 95
Ryzen 2700X 61,8 95
Ryzen 2xxxGE (Raven Ridge) ? 105
Ryzen 2xxx 72,3 95
Threadripper 1xxx 56 68

Beim Overclocking der Ryzen-Plattform wurden im ComputerBase-Test Temperaturen von um die 100 Grad Celsius erreicht, ohne dass es zu einer Drosselung oder gar Instabilitäten/einer Abschaltung gekommen wäre. Deswegen lag die Vermutung nahe, dass aktuelle AMD-CPUs wie Intel eine Tjunction Max von knapp 100 Grad aufweisen und Tcritical leicht darüber liegt. Die Ausnahme ist Threadripper, die abgewandelten Server-Prozessoren sind aufgrund ihrer schieren Größe etwas empfindlicher, was auch bei Intels Server-CPUs zu geringeren maximalen Temperaturen führt.

Für Ryzen werden lediglich zwei CPU-Temperaturen ausgegeben, eine stammt vermutlich von einem Sensor am Mainboard.
Für Ryzen werden lediglich zwei CPU-Temperaturen ausgegeben, eine stammt vermutlich von einem Sensor am Mainboard.

Das bereits erwähnte Temperatur-Offset, welches AMD für die ersten Ryzen-CPUs mit 95 Watt in die Prozessoren eingebaut hat, ist mittlerweile zum Großteil wieder Geschichte. Die CPUs zeigen dadurch immer 20 Grad zu viel an, in der zweiten Generation gibt es nur noch für den Ryzen 7 2700X ein Offset von 10 Grad. Ihre tatsächliche Temperatur liegt also deutlich niedriger. Das Tool HWiNFO zeigt beispielsweise in diesen Fällen zwei CPU-Temperaturen an: einmal mit und einmal ohne das Offset.

Ryzen in HWiNFO: Bei Prozessoren mit Temperatur-Offset wird ein zweiter Wert angegeben, der die Differenz subtrahiert.
Ryzen in HWiNFO: Bei Prozessoren mit Temperatur-Offset wird ein zweiter Wert angegeben, der die Differenz subtrahiert.

Temperatur, Lebensdauer und Anwendungsgebiet

Wie heiß eine CPU nun tatsächlich betrieben werden soll/darf, hängt auch vom jeweiligen Einsatzzweck ab. Zwar ist es durchaus so, dass eine dauerhaft erhöhte Temperatur, die Lebensdauer des Chips verkürzen kann, aber:

Die Betriebstemperatur ist einer der Faktoren für die Lebensdauer von Prozessoren und deshalb in PC-Systemen eine häufig diskutierte Zahl. Halbleiter altern durch Elektromigration, bzw. Leckströme. Diese ist sowohl abhängig von der Leistungsdichte, also Versorgungsspannung mal Stromstärke, als auch von der Temperatur des Chips. Der Alterungsprozess wird dabei durch die Blacksche Gleichung beschrieben.

Dieser Alterungsvorgang ist allerdings so langsam, dass er für die meisten Nutzer keine Relevanz hat, bzw. erst nach Dekaden eintritt, also weit nach dem Veralten bzw Austausch des Systems. Prozessoren verfügen daher je nach Anwendung über einen Sicherheitsspielraum bei Takt und Spannung und eine vom Hersteller vorgegebene Grenztemperatur die eingehalten werden muss.

David Burkhardt (ehemaliger System Engineer)

Welche Grenztemperatur für den Hersteller und Nutzer entscheidend ist, hängt sehr stark vom System ab:

Bei Komplettrechnern und Notebooks darf die ausgelesene Temperatur die sogenannte Tj Max von 100°C erreichen, ja sogar kurzzeitig überschreiten. Eine Näherung an die Tj Max begrenzt den möglichen CPU-Turbo Takt und das kurzzeitige Überschreiten drosselt die CPU sogar unter den Basistakt. Der absolute Endpunkt, welcher nie erreicht werden darf, [...] ist Tcritical, der bei Intel Prozessoren bei 104°C liegt. [...] Bei Ultrabooks, All-in-Ones, Tablets und einigen Notebooks ist es seit Jahren üblich, die Kühllösung nicht auf die TDP, sondern auf einen Wert darunter auszulegen, welcher der typischen Nutzung eines Notebooks entspricht. Dass der maximale Turbo dann nicht lange ausgefahren werden kann und die CPU womöglich sogar drosselt, wird bewusst in Kauf genommen. Das BIOS mit der Spannungsversorgung der CPU ist in diesem Fall darauf ausgelegt, dass die CPU trotzdem niemals Tcritical erreicht. Z.B. beim 15“ Macbook Pro mit diskreter Grafik ist die Kühllösung und das Steckernetzteil nur für Vollast einer der beiden Komponenten ausgelegt, entweder CPU oder GPU. Werden beide belastet drosseln sie nach einer kurzen Weile. Das 85-Watt-Netzteil reicht nur für den Durchschnittsverbrauch und nicht um die benötigte Energie bei Turbo und GPU-Last zur Verfügung zu stellen, so dass der interne Akku zwingend als Puffer gebraucht wird. Bei Notebooks mit entnehmbarem Akku läuft der Prozessor zum Teil dauerhaft gedrosselt wenn das Gerät ohne Akku direkt am Netzteil betrieben wird (z.B. Thinkpad x200). Bei gleichem Prozessor kann das eine oder andere OEM-System oder Notebook also durchaus sehr unterschiedliche Performancedaten aufweisen - abhängig von der Kühlung.

Bei Gaming-Maschinen, Eigenbau-Workstations und Overclocking etc. versteht sich von selbst, dass die CPU-Temperatur unterhalb der Tjmax bleiben soll - sonst verschenkt man ja CPU-Leistung wenn der Turbo nicht maximal zum Einsatz kommt. Insbesondere bei Overclocking ist aber eine Temperatur deutlich unterhalb der Tjmax wünschenswert. Beim Overclocking, also höherem Takt, steigt die auch ohne Spannungserhöhung die Stromstärke und damit Leistungsdichte. Wenn zusätzlich die Spannung erhöht wird, steigt damit die Stromdichte überproportional und damit auch die Alterung durch Elektromigration. Daher ist bei Overclocking ein größerer Abstand zur Tj Max unbedingt erstrebenswert, da so die schnellere Alterung des Chips im Zaum gehalten werden kann.

Burkhardt

Fazit

Für Anwender die entscheidende Messgröße sollte die Temperatur der Kerne der CPU sein (Tjunction), für die Intel seit Kaby Lake endlich auch klare Vorgaben für das Maximum veröffentlicht. Mit bis zu 100 °C liegt diese Temperatur höher, als es viele Anwender im Alltag vermuten. Bei AMD dürfte die kritische Hürde vergleichbar hoch liegen, eine offizielle Aussage gibt es dazu aber nicht. Die in der Vergangenheit veröffentlichten Vorgaben für die Temperatur am Heat Spreader Tcase ist für Privatanwender hingegen vernachlässigbar.

Trotzdem haben vor allem Nutzer eines auf hohe Leistung ausgelegten Systems ein Interesse daran, die CPU-Temperatur deutlich unter Tj Max zu halten, um einer Drosselung vorzubeugen. OEM-Hersteller gehen hingegen einen Kompromiss ein: Sie setzen häufig auf ein kompaktes und/oder günstiges Design und nehmen eine Drosselung in Kauf.

Nicht außer acht lassen dürfen Heim-Anwender, dass auch andere Komponenten im PC nach einer guten Kühlung verlangen; neben der gut zu überwachenden Grafikkarte ist auch die Spannungsversorgung von CPU und GPU zu nennen. Die Kühlung eines PC-Systems sollte auch diesen Aspekt berücksichtigen, und nicht die minimale Lautstärke bei ausschließlicher Berücksichtigung der CPU-Temperatur das Ziel sein.

Dem Thema TDP bei AMD und Intel wird sich ComputerBase in Kürze noch einmal separat widmen.

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Downloads

  • AIDA64 Download

    4,3 Sterne

    AIDA64 ist ein umfangreiches System-, Diagnose- und Benchmark-Programm für Windows.

    • Version v7.20.6802 Deutsch
    • Version v2.1.0.0, Win 10
  • Core Temp Download

    4,7 Sterne

    Core Temp ist ein kleines Tool, mit dem sich die Temperatur des Prozessors auslesen lässt.

    • Version 1.18.1 Deutsch
  • CPU-Z Download

    4,9 Sterne

    CPU-Z ist ein kleines Tool zum Auslesen von Prozessor-, Speicher-, Mainboard- und Grafikkarten-Daten.

    • Version for ARM64 1.02, Win 11
    • Version 2.09
  • HWiNFO Download

    4,8 Sterne

    HWiNFO informiert über alle Hardware-Komponenten eines PCs und deren Zustand.

    • Version 7.72 Deutsch
    • Version 7.73 Build 5385 Beta Deutsch
  • MSI Afterburner Download

    4,8 Sterne

    MSI Afterburner ist ein Tool zum Übertakten von Nvidia- und AMD-Grafikkarten.

    • Version 4.6.5 Deutsch
    • Version 4.6.6 Beta 3 Deutsch
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