(Keine) digitale Verwaltung: Staat scheitert an selbstgesteckten Zielen

Andreas Frischholz
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(Keine) digitale Verwaltung: Staat scheitert an selbstgesteckten Zielen
Bild: OZG-Dashboard

579 Verwaltungsleistungen sollen eigentlich bis zum Jahresende digitalisiert werden – das ist zumindest das Ziel, das im Online-Zugangsgesetz (OZG) vom 2017 formuliert wurde. Der Staat scheitert jedoch, für viele Verwaltungsakte ist weiterhin der analoge Weg erforderlich.

Von den 579 Verwaltungsleistungen sind erst 101 komplett online nutzbar, berichtet der Spiegel unter Berufung auf eine Analyse des Vergleichsportals Verivox. 143 Dienstleistungen lassen sich teilweise online abrufen, während sich 326 weiterhin nicht online erledigen lassen.

Dass die Verwaltung digitaler werden müsse, ist seit Jahren eines der regelmäßig wiederholten Schlagwörter. Mäßig ist aber der Fortschritt. „Der Prozess hin zu einer effizienteren, bürgerfreundlicheren Verwaltung kommt kaum voran“, sagt Jens-Uwe Theumer von Verivox im Spiegel. So schneidet Deutschland auch im EU-Vergleich schlecht ab. Laut Zahlen der EU-Kommission liegt das Land bei der Digitalisierung öffentlicher Dienstleistungen nur auf Rang 21 von 35, der Digitalisierungsgrad ist mit 63 Prozent unterdurchschnittlich.

Schwerfälliger Prozess

Wie schwerfällig die Prozesse sind, verdeutlicht symptomatisch die Digitalisierung der Bafög-Anträge. Bafög Digital ist eine der OZG-Dienstleistungen, seit September 2021 können Studierende den Antrag online stellen. Intern werden die digital eingereichten Anträge aber wieder händisch ausgedruckt, berichtete vor kurzem die Funk-Gruppe von ARD und ZDF. Dafür wurde eigens Personal eingestellt, zudem berichten Studentenwerke von Papierengpässen.

Bafög-Anträge sind komplex, was Rückfragen und Nachreichungen erforderlich macht, die sich im Verlauf des Antragsprozess ergeben. So werde laut dem Bericht nur einer von 200 Anträgen direkt vollständig eingereicht. Was aber fehlt, ist ein digitaler Kommunikationskanal. Auf digitale Eingaben müssen die Studentenwerke, die die Anträge bearbeiten, derzeit per Briefpost antworten. „Es fehlt an einer Plattform, um verschlüsselt mit den Studierenden kommunizieren zu können“, sagt Matthias Anbuhl, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks, der Funk Gruppe.

Aufgrund der föderalen Strukturen in Deutschland sind neben dem Bund auch die Länder und Kommunen für die Umsetzung zuständig. Welche Dienstleistungen wo verfügbar sind, hängt daher auch vom Wohnort ab. Wer sich einen Überblick verschaffen will, kann das mit dem OZG-Dashboard des Bundes versuchen.