Berufliche Umorientierung Anfang 30 - wie & wo soll/kann es für mich weitergehen?

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Marvolo

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Der Titel offenbart bereits meine große Unsicherheit. Das Wichtigste in Kürze zu meinem bisherigen Hintergrund und wieso ich jetzt da stehe, wo ich aktuell stehe:

Medien/Film/Fernsehen/Radio:
  • während der Schulzeit und bis kurz nach dem Abitur entwickelte sich ein großes hobbymäßiges Interesse am Film/Audio/Medienbereich. Ich hatte damals hobbymäßig immer kleinere Ereignisse filmisch festgehalten, geschnitten (Hochzeiten, Feiern, etc) und auch so habe ich mich immer viel für diesen audiovisuellen Bereich interessiert. Kurz vor'm Abi bot sich bei mir an der Schule die Möglichkeit, einem echten Filmteam einer Filmakademie auszuhelfen, die ganz in der Nähe im Rahmen des Bachelor-Studiengangs einen "Kurzfilm" gedreht haben und sie brauchten noch einen Bimbo (im korrekten Terminus "Set Runner"), der aushilft am Set, die Schauspieler vom Hotel/Bahnhof holt etc pp. Diese Gelegenheit nahm ich wahr und konnte dadurch mit echten Film- und Medienschaffenden der Branche in Kontakt treten und so ein bisschen rumfragen, wie so der Arbeitsalltag ist. Und es bot sich mir ein eher abschreckendes Bild: viele Zeitverträge, unklar, ob regelmäßig Aufträge etc reinkommen, daher auch finanzielle Unsicherheiten, Haifischbecken (nur die Besten der Besten schaffen es zu was), etc.
FSJ: Sozialer Bereich - Jugendhilfe/Arbeit mit Jugendlichen:
  • Da ich persönlich aber absolut kein risikofreudiger Mensch bin und mir Sicherheit, Ordnung und Ruhe wichtig ist, hab ich diesen Bereich dann als Hauptberuf schnell über Bord geworfen und stand dann erstmal unwissend da. Habe mich dann rein für den Lebenslauf, um keine Lücke nach dem Abi zu haben, in ein FSJ geschmissen im Sozialen Bereich. War ein Kinder- und Jugendheim und ich half dort auf der Wohngruppe aus. Hatte diesen Bereich nie auf dem Schirm, aber mit der Zeit gefiel es mir dort und die waren anscheinend so zufrieden, dass sie mir einen Platz für ein Duales Studium Soziale Arbeit anboten. War kurz davor, dies anzunehmen, dann kamen aber wieder Unsicherheiten in mir auf: ständig Schichtarbeit, auch Wochenendarbeit (zumindest in diesem Bereich), Bezahlung ist ja generell im sozialen Bereich eher Mau und damals hatte ich noch das klischeehafte Bild, ich müsste als Mann irgendwann mal Alleinverdiener und Allein-Ernährer einer 4-köpfigen Familie sein, deswegen reichen die knapp 2k netto in diesem Bereich niemals aus. Dass es aber in diesem Feld nicht nur Jugendarbeit und Heime gibt, sondern auch andere Bereiche mit geregelten Arbeitszeiten ohne Schichten und Wochenenden und mit vllt. auch besserem Gehalt als 2k netto, war mir zu dem Zeitpunkt nicht so bewusst.
Studium: Gymnasiallehramt (nicht 100% überzeugt, sondern eher wegen der Sicherheit, weitaus besseren Bezahlung (Verbeamtung) und evtl. Ferien wegen):
  • ich redete mir ein, so als Lehrer hat man ja auch Arbeit mit "Jugendlichen" so wie ichs im Jugendheim hatte, nur eben keine Wochenend- und Feiertagdienste, besseres Gehalt, viele Ferien, etc... Wird also schon irgendwie passen.
  • Die Praktika und sonstigen Hospitationen verliefen an für sich auch gut, man war immer zufrieden mit mir, meinte, ich hätte durchaus das Zeug fürs Unterrichten, aber ich selber war vom ersten Studientag an einfach unsicher, ob das dauerhaft so der richtige Weg sein würde, auch weil ich von meiner Fächerwahl nicht zu 100% überzeugt bin und es eine Fachkombi ist, die einerseits nicht groß gesucht wird, andererseits mitunter den höchsten Arbeitsaufwand fordert, da es 2 Fächer sind, die sehr lese- und laberintensiv sind und daher im Gegensatz zu Sport und Kunst allein schon der Korrekturaufwand immens ist.
  • Mehrmals war ich drauf und dran abzubrechen, aber da ich nicht wusste, was ich anstelle hätte machen sollen, hab ich halt weiter vor mich hin studiert - wer weiß, wofür der Abschluss mal gut sein wird und wie's dann weitergeht, sobald der Abschluss da ist.
  • Irgendwann bot sich die Möglichkeit, uni-intern die Prüfungsordnung zu wechseln. Bis dahin war in meinem BL Lehramt auf Staatsexamen. Aber dann kam eine Neuerung: Lehramt ist nun auf Bachelor/Master-System. Heißt, man macht einen stinknormalen Bachelor of Arts in seinen Fächern und fügt dann einen Master of Education an. Nach Rückmeldung mit dem Studiensekretariat schien so ein Master of Education (und ein Bachelor of Arts) einen breitgefächerter aufzustellen, denn erstens sind beides akademische Abschlüsse, was man vom alten Staatsexamen nicht sagen kann - das war halt ein Staatsexamen, aber kein akademischer Uni-Abschluss und ich dachte, wenn ich einen BA und einen Master of Education vorweisen kann, hätte ich sicherlich mehr Optionen und Türen offen abseits vom Lehramt als mit reinem Staatsexamen. Also wechselte ich kurz vorm Staatsexamen, ließ mir einen Großteil der Leistungen anrechnen, aber ein wenig zeitlich hat es mich dann doch wieder zurückgeworfen, da es neue Module gab, die es im alten System nicht gab und die ich daher nachholen musste.
Beendigung des Studiums: kein Lehramtsreferendariat begonnen, sondern momentan in einem Internat als Pädagoge tätig:
  • Von Kommilitonen wusste ich bereits, wie furchtbar, unmenschlich und psychisch auslaugend das Referendariat ist (gleichzeitig wundert man sich aber, warum überall Lehrkräfte fehlen und warum immer weniger ein Lehramtsstudium beginnen und/oder abschließen) und alles in mir sträubte sich, mich dieser spanischen Inquisition und diesem konstanten Druck für 1.5 Jahre auszusetzen. Ich war sicher, ich würde das nach 2 Wochen eh schmeißen. Da kamen bereits Leute an ihre Grenzen, die schon von Kindheit auf für das Lehramt brannten und schwärmten, was soll dann ich mit meinen Selbstzweifeln und Unsichereiten bezüglich diesem Weg dann erst tun?
  • Durch Zufall entdeckte ich etwa 50km vom Studienort entfernt auf dem Land ein Internat. Dort ist eine internatseigene Schule und die Jugendlichen leben dort, gehen nur in den Schulferien nach Hause. Sie suchten einen Internatspädagogen, der die Jugendlichen dort betreut, sobald sie mittags von der Schule kommen. Wie die Lehrer haben wir in den Schulferien frei, da die Jugendlichen dort nach Hause zu den Eltern gehen. Während der Schulzeit heißt es aber natürlich auch Wochenend und Feiertag-Dienste. Hin und wieder auch Nachtdienste.
  • An für sich erinnert es mich ein wenig an meine FSJ-Zeit und an für sich komm ich mit den Jugendlichen auch gut klar und die offenbar auch mit mir, aber das Tätigkeitsfeld ist nichts bis zur Rente:
    • Arbeitszeiten täglich von 12 bis 22.15 Uhr, Sonntagsdienste gehen sogar von 09.30 Uhr bis 22.15 Uhr
    • Ich kann zwar morgens immer ausschlafen, habe aber so gut wie keinen Feierabend, kein Wochenende, vereinzelt mal einen, wenns gut läuft, 2 freie Tage in der Woche, meist total willkürlich an verschiedenen Wochentagen, selten mal am Wochenende.
    • Bezahlung ist momentan bei ca. 3600€ brutto. Ich für mich komm damit zwar gut klar, wohne in 5-Min. Fußweg zur Arbeit, habe generell wenig Fixkosten und Ausgaben und lebe sparsam, bin single. Aber klar, wäre ich nun Lehrer und verbeamtet, hätte ich meine 3.5k netto etc.
Aktueller Stand:
Ich bin schon seit längerem am Rumgucken, habe fest vor, mich wegzubewerben. Ich kann mir die Arbeit mit den Jugendlichen zwar schon irgendwie vorstellen, auch scheine ich einen guten Draht zu haben und mein Zwischenzeugnis klingt sehr gut und zufrieden mit mir, aber ich möchte auf Dauer jetzt einfach was Geregeltes.
Lieber fange ich um 8.00 Uhr morgens an zu arbeiten, wie jeder andere normale Arbeiter auch und habe aber ab 15 / 16 Uhr einen Feierabend und brauch nix mehr hören und sehen vom Laden. Und wenns mal Donnerstag/Freitag wird, möchte ich mich auf ein wohlverdientes Wochenende freuen können, will Zeit für mich haben, Vereine, Freunde, Hobbies.

All das bleibt bei den momentanen Arbeitszeiten auf der Strecke. Abends um 22.30 Uhr macht man nix mehr und vormittags arbeiten alle und an Wochenenden darf ich dann meist in meinem "Affenstall" bespaßen.

Lehramt kann ich mir aktuell aber auch nicht vorstellen. Da wird die mentale und gesundheitliche Belastung für mich noch 20x größer sein als es aktuell ist, zumal mir mit meiner Fachkombi da ohnehin kein schönes Dasein droht. Da wird Wochenende drauf gehen für's Korregieren oder sonstigen Vorbereitungskram, abends nach Arbeit noch am Schreibtisch hocken bis tlw. 2 Uhr nachts.

Was ich dauerhaft möchte:
Geregelte / feste Arbeitszeiten, gerne auch Gleitzeit, geregelte Arbeit möglichst nach Schema F/ohne größeren unerwarteten Ausreißer, Feierabende, Wochenenden. Auch Home-Office fände ich sehr attraktiv, aber dafür habe ich wohl mit meinem bisherigen Weg wohl eher das komplett falsche studiert...

Jetzt habe ich in meinem Landkreis geschaut, was es da für offene Stellen gibt, wo man mit meinem bisherigen Hintergrund überhaupt passen könnte... Habe mal eine Initiativbewerbung auf keine konkrete Stelle abgeschickt, sondern damit die mal einschätzen, was so passen könnte. Am ehesten peile ich den öffentlichen Dienst an.

Eine Stelle ist ausgeschrieben als Fallmanager Bereich Beratung & Vermittlung im Jobcenter. Anscheinend braucht man da keinen konkreten Abschluss, sondern einfach irgendeinen akademischen Abschluss. Öffentlicher Dienst, geregelte Arbeitszeiten, etc. Aber auch hier wieder etwas Unsicherheit. Hat da jemand Erfahrung? Wie ist die Arbeit? Man liest ja teilweise auch echt von aggressivem Klientel, vor ein paar Jahren wurde eine Mitarbeiterin mal abgestochen... Also auch wieder etwas abschreckend.

Jugendamt wäre auch interessant, aber anscheinend sind die Vorgaben dort sehr streng. Die wollen streng ihre Absolventen der Sozialen Arbeit (BA). Das kann ich halt leider nicht vorweisen, aber mittlerweile bin ich auch an einem Punkt, wo ich zwar bereit bin, mich fort- und weiterzubilden, aber nochmal ein 3-Jähriges Vollstudium kann ich mir finanziell halt nicht mehr leisten.

Mittlerweile scheint irgendwie fast alles attraktiv zu sein: bester Kumpel arbeitet (ungelernt, ohne Ausbildung) als Verkäufer im Telekom-Laden, liebt seine Arbeit dort und hat von der Bezahlung her mittlerweile fast so viel wie ich. Und mit Handys/Internet etc. kenne ich mich ja auch aus. Aber wäre ich für sowas nicht hoffnungslos überqualifiziert für meinen bisherigen Weg?

Wo / wie kann es weitergehen für mich? Welche Bereiche gibt es, wo man mit meinem Hintergrund unterkommt, möglichst als Quer- und Seiteneinstieg ohne direkt nochmal 3 Jahre ein Vollzeitstudium oder eine Ausbildung machen zu müssen? Nebenberuflich könnte ich mir Weiterbildungen schon vorstellen, aber mittlerweile habe ich mit Miete und Fixkosten halt finanzielle Verpflichtungen...

Vielen Dank euch!
 
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Warum nicht doch als Lehrer arbeiten? Es gibt keine rosarote Welt und bisher scheinst du mir von der Beschreibung her gut in den Bereich zu passen. Gerade wenn du sagst, dass du ein guten Kontakt zu Jugendliche hast - ist der Stressor Nr. 1 beherrschbarer.

Ggf. hast du jetzt ja einfach Torschlusspanik und traust dich nicht dort weiterzumachen, was du bisher als Ziel hattest. Ist ja völlig legitim. Aber probiere es als Lehrer aus, auch dort gibt es später noch andere Wege die du einschlagen könntest.

PS welches sind deine Fach-Fächer die du studiert hast?

PPS deine Medientätigkeiten - führe die weiter als Hobby - gerne auch mit Bezahlung - wenn du da gut abschalten kannst, dann mach es als Ausgleich zum eigentlichen Job.
 
_killy_ schrieb:
Ggf. hast du jetzt ja einfach Torschlusspanik und traust dich nicht dort weiterzumachen, was du bisher als Ziel hattest. Ist ja völlig legitim.

Eigentlich eher nicht. Lehramt war schon immer eher ein Verlegenheitsstudium und ich sehe mich da eigentlich dauerhaft nicht drin. Klar, ohne es jemals versucht zu haben, ist das immer etwas blöd. Aber ich sehe mich momentan auch einfach nicht in der Lage oder Position es zu versuchen, sprich das furchtbare Ref zu beginnen. Ich habe da echt Angst davor.

_killy_ schrieb:
PS welches sind deine Fach-Fächer die du studiert hast?

Anglistik & Germanistik (also Englisch & Deutsch). Beides gibts wie Sand am Meer und der Bedarf ist sehr überschaubar, sodass ich damit eh nicht wirklich große Einstellungschancen hätte. Zudem sehr korrekturaufwändige Fächer.

_killy_ schrieb:
PPS deine Medientätigkeiten - führe die weiter als Hobby - gerne auch mit Bezahlung - wenn du da gut abschalten kannst, dann mach es als Ausgleich zum eigentlichen Job.

Ja, den Medienbereich hatte ich damals schon ad acta gelegt, also hauptberuflich. Bin aber seitdem auch nebenberuflich bzw. hobbymäßig da nicht mehr aktiv gewesen. Das hat sich mit Beginn des Studiums dann irgendwie größtenteils von alleine verloren.
 
Hallo, wäre vielleicht das Konzept der Montessori Schule für dich interessant? Das entspricht ja schon eher dem "betreuten Lernen" und man beaufsichtigt da wohl mehr, den klassischen Frontalunterricht gibt es dort nicht. Man kann dort auch, soweit ich gesehen habe, sein Referendariat machen.
Das Konzept käme deiner jetzigen Tätigkeit vermutlich schon recht nahe, also vielleicht würde dir das die "Angst" etwas nehmen. Über den Korrekturaufwand kann ich nichts sagen, ich kenne die Art des Leitungsnachweises nicht, aber es klingt auf jeden Fall weitaus entspannter als an einer normalen Schule.
 
Marvolo schrieb:
Eigentlich eher nicht. Lehramt war schon immer eher ein Verlegenheitsstudium und ich sehe mich da eigentlich dauerhaft nicht drin.

Öhm, du hast Lehramt erst auf Staatsexamen studiert und nachher in die Bachelor/Master Kombi gewechselt. Dies sieht nicht nach Verlegenheitsstudium aus, sondern du hattest ein Ziel und hast darauf hingearbeitet.

Marvolo schrieb:
Klar, ohne es jemals versucht zu haben, ist das immer etwas blöd. Aber ich sehe mich momentan auch einfach nicht in der Lage oder Position es zu versuchen, sprich das furchtbare Ref zu beginnen. Ich habe da echt Angst davor.

Es ist vollkommen okay, Angst vor einer neuen Situation zu haben. Bisher hattest du auch ein behütetes Leben geführt. Schule, FSJ, Studium .... du musstest bisher nie wirklich direkt Verantwortung selbst tragen, das ändert sich mit den Einstieg ins Berufsleben nun mal.
Lass dir die Welt von den anderen auch nicht zu schwarz malen - sammle deine eigenen Erfahrungen. Bisher hattest du doch eine gute Verbindung zu den Jugendlichen. Warum soll sich dies so plötzlich ändern? Auch in anderen Jobs gibt es "Highs" and "Lows". ;)

Und wenn du nicht an einer öffentlichen Schule arbeiten möchtest - dann schau dich bei den privaten Schulen um - finde ich eine super Idee von @while (true) .
 
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Also ich würde, wie schon gesagt, schon dauerhaft weg vom Lehramt oder auch ähnlichen Sachen wie Nachhilfe geben etc. Das Referendariat an einer Montessuri-Schule wird vermutlich nicht gültig sein für allgemeine, staatliche Schulen, sodass mir sowas dann eigentlich auch nur was für diesen sehr speziellen Schulzweig etwas nützen würde, ähnlich Waldorfschule oder so.
Ergänzung ()

_killy_ schrieb:
Dies sieht nicht nach Verlegenheitsstudium aus, sondern du hattest ein Ziel und hast darauf hingearbeitet.

Ja, einzig und alleine jenes Ziel, dass ich dachte, ich habe mit einem Master of Education mehr Türen offen, die nicht im Lehramt liegen, ohne direkt abbrechen und komplett was neues studieren zu müssen. Der Master of Education hat die "Zusatzbefähigung Lehramt". Ich wollte die Tür zum Lehramt nicht komplett zuschlagen, wollte aber einen Abschluss, der noch mehr kann, als NUR Lehramt, sodass ich nach dem Studium auch in ganz andere Richtungen dauerhaft gehen kann, eben WEIL ich mit Lehramt immer unsicher war...
Ergänzung ()

_killy_ schrieb:
Bisher hattest du doch eine gute Verbindung zu den Jugendlichen. Warum soll sich dies so plötzlich ändern?

Lehramt besteht doch nicht hauptsächlich aus einer guten oder schlechten Verbindung zu Jugendlichen?? Was sich mir innerlich am Lehramt sträubt, ist das Fachliche. Im Studium habe ich mich da halt durchgebissen, weil man es halt musste, aber weder in meiner Freizeit, noch in meinen bisherigen Stationen im Leben habe ich mich mal freiwillig hingesetzt und Goethe, Schiller oder Shakespeare gelesen, oder mich mit irgendwelchen Gedichtsinterpretationen oder Erörterungen befasst.

Als ich mal 3 Monate im Praktikum war und Unterricht vorbereiten musste, war das die größte Qual. Den Stoff so aufbereiten und reduzieren, dass er schülergerecht ist - bevor das möglich ist, muss man sich aber erst mal selbst inhaltlich und thematisch reinarbeiten. Ich saß da ne ganze Woche für eine einzige (!!) Unterrichtsstunde von 90 Minuten dran, um Emilia Galotti inhaltlich erstmal zu lesen, zu verstehen und daraus dann irgendwelche blöden Unterrichtseinheiten zu kreieren, die bitteschön auch noch eine Progression erkennen lassen sollen, also am Ende der Stunde soll ein Erkenntnisgewinn für die Klasse kommen...

Ich saß nur da und dachte: Boah, mich interessiert der ganze Scheiß doch selber nicht und jetzt soll ich das glaubwürdig und feuer-und-flamme-brennend an irgendwelche desinteressierten, pubertierenden Jugendlichen vermitteln?!

Wie soll das auf Dauer funktionieren?!

Im Studium war das alles absehbar: da beschäftigt man sich halt mal ein Semester mit Kafka oder Goethe, gut, das geht rum, da kniet man sich rein und reißt dann seine 1,0 oder 1,3 in der Hausarbeit oder Klausur. Sobald das Semester rum ist, rührt man den Schrott nicht mehr an und hat alles wieder vergessen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dann zieht es dich also in die Schulverwaltung ... schau dich dort um.

Ein Quereinstieg in ein völlig anderen Bereich würde ich an deiner Stelle erst mal nicht ins Auge fassen. Dies wäre mein Plan B an deiner Stelle und nicht Plan A. Du hast ja extrem viel Lebenszeit in deine jetzige Qualifikation gesteckt ... um irgendwo als Küchenhilfe anzufangen wäre mir diese Zeit zu kostbar.

Deine Fachkombi "Deutsch" "Englisch" ist für den Quereinstieg in andere Bereiche wirklich extrem dünn. Der typische Übersetzer ist demnächst als Berufsbild ausgestorben, da die KI Modelle auch kontextbasiert sehr gute Übersetzungen liefern.
 
_killy_ schrieb:
Dann zieht es dich also in die Schulverwaltung ... schau dich dort um.

Was ich mir noch hätte vorstellen können: Schulsozialarbeit. Das sind Sozialarbeiter, die direkt in der Schule arbeiten und Hilfestellungen geben.

ABER... habe mich da natürlich schon schlau gemacht: die haben an für sich nix mit Schule zu tun, auch nicht mit Lehramt, sondern sind direkt der Jugendhilfe und dem Jugendamt unterstellt. Dementsprechend muss man dafür auch Soziale Arbeit studiert haben. Da komm ich mit meinem Lehramt nicht rein bzw. nur äußerst schwer.

Ebenso Jugendamt, was ich mir prinzipiell auch etwas vorstellen könnte. Auch da muss man Soziale Arbeit studiert haben.

Tja, irgendwann ist der Zug fürs Rumstudieren aber abgefahren. Ich habe knapp 1000€ Fixkosten mittlerweile, da steht Erwerbstätigkeit leider mittlerweile an erster Stelle. Wenn überhaupt, dann nebenberufliche Fort- und Weiterbildungen. Aber die meisten dieser Stellen fordern ein Vollstudium und ein Abschluss in Sozialer Arbeit.

Und dann ist ja auch überhaupt die Frage, ob ich mich nicht komplett neu ausrichte... Jetzt krampfhaft und auf Teufel-komm-raus irgendwas in diesen Sparten zu suchen, nur weil das vielleicht noch am ehesten meinem bisherigen Weg entspricht?! Ich weiß nicht...

Soziale Arbeit stand ja so eigentlich auch nie wirklich auf dem Plan. Erst durch mein FSJ im Jugendheim dachte ich, könnte vielleicht was sein. Aber da sind mir dann bei vielen Bereichen auch die Bedingungen wie Gehalt und Arbeitszeiten dauerhaft wieder zu schlecht.

Ich will nicht bis zur Rente ständig bis 10 abends arbeiten und die Wochenenden und Feiertagen durch. Mittlerweile will ich einfach nur noch was ganz geregeltes, von mir aus auch in der Verwaltung im Bürgerbüro am Schreibtisch, keine Ahnung...
 
Sachbearbeiter im Jobcenter ist so ein Job der gerne Quereinsteiger nimmt abseits von beliebten Standorten.
Ich kenne ein paar Leute die das gemacht haben. Es sind geregelte Arbeitszeiten, ja. Besoldung ist Angestellt E9 meistens. Das ist verglichen mit einem A13 Lehrer schon sehr viel weniger Kaufkraft.

Die Arbeit ist auch psychisch schwer belastend. Auch wenn es nicht die Mehrheit ist, hast du oft mit problematischen Gestalten zu tun. Vorstrafen, massiver Drogenkonsum, organisierte Kriminalität etc. Die wollen dann von dir Gott und die Welt bewilligt haben und wenn sie das nicht bekommen drehen die richtig durch. Hat ja keine Konsequenzen für die. Das ist nicht die Regel aber selbst eine solche Erfahrung pro Quartal kann sehr sehr belastend für dich sein.

Kann dann auch gut sein, dass sie dir ab und an mal die Reifen zerstechen oder dich zu Hause besuchen und so. ggf fühlst du dich dann auch nicht unbedingt mehr sicher, wenn du weißt dass du den Leuten jederzeit im Alltag begegnen kannst. Die nehmen nicht ohne Grunde jeden der irgendwie so studiert hat und bezahlen okayish und entfristen schnell. Es ist halt echt kein angenehmer Job. Perspektiven gibts da dann auch keiner. Abseits von E9a auf E9c zu kommen.

Also die Leute die ich kenne die das machen wären alle froh wenn sie in die Option hätten stattdessen Lehrer zu sein.....

Ich glaub Jobcenter unterschätzt zu massiv, bzgl Risiken!. Sprich am besten mal mit 1-2 Leuten die da arbeiten und frag nach Erfahrungen.

Ref ist ein absehbarer Zeitraum. Zur not 1.5 Jahre Kredit aufnehmen.

Falls du partout kein Lehrer sein willst: Duales Studium deiner Wunschrichtung und sich eine Weile einschränken oder Kredit aufnehmen is ggf auch eine Option. Der Zug sich Karrieretechnisch neu auszurichten ist nicht abgefahren.
 
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Soziale Arbeit scheint ja irgendwie dein Ding zu sein. Besteht nicht die Chance, da irgendwo an ein Duales Studium zu kommen? Ich könnte mir vorstellen, dass du mit deinen beiden Abschlüssen auch einige Scheine angerechnet bekommst, so dass die Dauer des Studiums nicht ganz so lang wäre. In Vollzeit vielleicht sogar in 1,5 Jahren schaffbar? Das ist doch auf deine restliche Arbeitszeit prozentual gesehen, nichts.
Ist nur eine Vermutung, aber wie @Yogi666 sagte: Der Zug ist mit 30 noch nicht abgefahren.

Oder du fragst einfach mal bei den Anbietern der Stelle nach (Jugendamt, z.B), ob du auch mit einem Lehramtsstudium da anfangen könntest. Vielleicht sind die da ja offen für Quereinsteiger? Immerhin hat du 2 Abschlüsse und auch Referenzen, wer sagt denn, dass die nicht froh sind, jemanden wie dich zu bekommen? Abschluss in Englisch + Deutsch wird ja in der jetzigen Situation (Migration/Flüchtlinge) evtl. nicht soo unwichtig sein.
 
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Wie oft willst du das noch fragen?

Das hast du den Text doch bestimmt jetzt schon das dritte mal hier so oder ähnlich geschrieben.
Entweder du bist ein troll oder du solltest dir woanders Hilfe suchen.
Die Antworten sind doch immer die selben...
 
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while (true) schrieb:
Oder du fragst einfach mal bei den Anbietern der Stelle nach (Jugendamt, z.B), ob du auch mit einem Lehramtsstudium da anfangen könntest. Vielleicht sind die da ja offen für Quereinsteiger? Immerhin hat du 2 Abschlüsse und auch Referenzen, wer sagt denn, dass die nicht froh sind, jemanden wie dich zu bekommen?

Da habe ich bereits schon angefragt - man sagte mir, "es sei schwierig". Quereinstiege sind dort zwar schon möglich, aber nur in ganz bestimmten (fachlichen) Fällen. Angeblich fehlt mir das Wissen über die Sozialgesetzbücher. Sowas ist natürlich nicht Teil des Lehramtsstudiums. Ob die das aber im Sozialen Arbeit-Studium so generell lernen, ist die andere Frage. Die können sich dort ja sehr stark spezialisieren. Mich würde es nicht wundern, wenn da jemand in 6 Semestern kaum bis gar nicht in Kontakt mit dem SGB gekommen ist und dann aber trotzdem "perfekt" für solche Stellen passt, allein wegen dem gewünschten Abschluss...
Ergänzung ()

Yogi666 schrieb:
Ich glaub Jobcenter unterschätzt zu massiv, bzgl Risiken!. Sprich am besten mal mit 1-2 Leuten die da arbeiten und frag nach Erfahrungen.

Ja, so ganz überzeugt bin ich selber nicht davon. Das Klientel scheint sicherlich nicht ohne zu sein. Ich dachte halt, Jobcenter wäre so ein typischer Bereich im ÖD, wo man streng nach Stechuhr arbeitet, wie man das vom ÖD halt so kennt. Also mit sehr geregelten Arbeitszeiten und auch daraus resultierendem Feierabend und an Wochenenden arbeiten die Ämter ja auch nicht.
 
Im Grunde hast Du doch alle Infos selbst vor Augen.

Du willst eine ruhige Kugel schieben in Verbindung mit einem gesicherten Einkommen.

Halt einfach Ausschau nach Arbeitgebern, die solche Leute suchen.

Solltest Du keine solchen Arbeitgeber finden, dann frage Arbeitgeber was sie stattdessen suchen.

Und genau nach diesen Wünschen/Anforderungen potentieller Arbeitgeber richtest Du Dich aus.

War doch gar nicht so schwer, oder?
 
Easy: Augen zu und durchs referendariat kämpfen.
Danach Verbeamtung als Lehrer und sicherer Job mit Bomben Arbeitszeit und sehr passabler Vergütung.
 
Nachdem der Beitrag vom April 2023 geschlossen wurde mit Verweis auf der gleiche Thema vom Dezember 2023 hier nun das gleiche.

Da gehts weiter
 
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